Kleines Kind erhält Impfung im Arm
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Impfen im Kindesalter: Was die STIKO empfiehlt

Von: Gesundheit-Redaktion, Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 23.09.2020

Die Gefahren, die einst von Krankheiten wie Keuchhusten, Diphterie oder Masern ausgingen, scheinen heutzutage weit weg zu sein. Dabei ist es noch nicht allzu lange her, dass jedes Jahr tausende Kinder und auch Erwachsene daran starben oder nach schweren Krankheitsverläufen dauerhafte Schäden erlitten. 

Kaum noch Todesopfer dank konsequentem Impfen

Selbst heute fordern diese Krankheiten in Deutschland noch Todesopfer, wenn auch längst nicht mehr so viele wie noch zu Zeiten unserer Großeltern. Grund für diese positive Entwicklung ist vor allem das konsequente Impfen von Kindern bereits in den ersten Lebensmonaten.

In vielen Ländern sind Kinderkrankheiten wie Masern oder Polio (Kinderlähmung) darum heutzutage fast ausgerottet.

Impfempfehlungen durch die STIKO

Zuständig für Krankheitskontrolle und Vorbeugung ist in Deutschland das Robert-Koch-Institut (RKI). Mit der Ständigen Impfkommission (STIKO) gehört eine Institution zum RKI, die ausschließlich damit befasst ist, die "Allgemeinen Impfempfehlungen" als Richtlinien für Ärzte und Gesundheitseinrichtungen rauszugeben.

In einem jährlichen erscheinenden Impfkalender werden die aktualisierten Impfempfehlungen für alle Altersgruppen aufgelistet sind. 

Keine umfassende Impfpflicht in Deutschland

Eine Impfpflicht gibt es in Deutschland bisher nur für die Masern. Ansonsten müssen Eltern für ihre Kinder die Entscheidung treffen, ob sie geimpft werden sollen oder nicht. Auch wenn man von den meisten Krankheiten in Deutschland kaum etwas hört, werden Impfungen ausdrücklich empfohlen.

  • Zum einen wird so das Kind gegen zahlreiche Krankheiten geschützt. Das ist vor allem dann von Bedeutungen, wenn das Kind in den Kindergarten kommt und Ansteckungsgefahren ausgesetzt ist. Auch auf Reisen in Länder, in denen Kinderkrankheiten wie Polio noch sehr verbreitet sind, bietet eine Impfung Schutz. 
  • Zum anderen wird die Ausbreitung dieser Krankheiten verhindert, wenn möglichst viele Menschen geimpft sind. Chronisch kranke Menschen, die aufgrund eines schwachen Immunsystems nicht geimpft werden dürfen, sind auf diese Weise ebenfalls geschützt. Man spricht dann von Herdenimmunität.

Auch wenn Babys durch die Muttermilch einen gewissen Schutz ("Nestschutz") erhalten, kann Stillen das Impfen nicht ersetzen. Denn der Schutz durch die Antikörper der Mutter hält nur begrenzte Zeit vor und schützt zudem nicht vor allen Krankheiten. Auch treten einige Erkrankungen besonders oft bei Säuglingen und Kleinkindern auf oder sind für diese besonders gefährlich. Daher wird dringend geraten, die empfohlenen Impfungen im Kindesalter gewissenhaft durchzuführen.

Impf-Nebenwirkungen geringer als Folgen einer der Krankheiten

Obwohl eine Impfung nicht ganz ohne Risiko ist, steht die Wahrscheinlichkeit dafür in keinem Verhältnis zu den Folgen, die eine der jeweiligen Krankheiten möglicherweise mit sich bringen könnte. 

Vermeintliche Impf-Nebenwirkungen wie Rötungen der Haut, Schwellungen, Übelkeit oder Fieber können in den ersten drei Tagen nach der Impfung durchaus vorkommen. Sie sind Zeichen dafür, dass das Immunsystem arbeitet und Antikörper bildet.

14 Impfungen für Kinder empfohlen

Derzeit werden 14 Impfungen angeboten, die im Kindesalter empfohlen und von der Krankenkasse bezahlt werden. Die Impfungen werden bereits ab der sechsten Lebenswoche verabreicht und müssen in festgelegten Abständen aufgefrischt werden. In der Regel werden Kombinationsimpfstoffe verwendet, um die Anzahl der nötigen Injektionen insbesondere bei Kindern und Babys zu reduzieren.

1. Tetanus (Wundstarrkrampf)

Die Infektionskrankheit befällt die muskelsteuernden Nervenzellen und endet unbehandelt tödlich. Ausgelöst wird die Krankheit durch einen Erreger, der vor allem in der Erde vorkommt und durch Wunden in den Körper gelangt.

Die STIKO empfiehlt, im zweiten Lebensmonat mit der Impfung zu beginnen. Eine Auffrischung ist in regelmäßigen Abständen auch im Erwachsenenalter nötig.

2. Diphterie

Diphterie ist eine hochansteckende Erkrankung der oberen Atemwege. Ohne Behandlung führt sie zum Tod. Vor allem in Ländern der ehemaligen UDSSR kommt Diphterie häufig vor.

Während Kinder durch Impfungen recht gut gegen die Erkrankung geschützt sind, haben Erwachsene mangels Auffrischungsimpfung oft keinen ausreichenden Schutz.

Die STIKO empfiehlt, im zweiten Lebensmonat mit der Impfung zu beginnen. Eine Auffrischung ist in regelmäßigen Abständen auch im Erwachsenenalter nötig.

3. Keuchhusten (Pertussis)

Keuchhusten ist eine hochansteckende Infektionserkrankung, bei der es über mehrere Wochen zu krampfartigen Hustenanfällen kommt. Für Babys kann die Krankheit lebensbedrohlich sein.

Eine Impfung wird von der STIKO ebenfalls ab dem zweiten Lebensmonat empfohlen. Eine Auffrischung ist auch im Erwachsenenalter in regelmäßigen Abständen nötig.

4. Haemophilus influenzae Typ b (Hib)

Seit 1990 wird diese Impfung für alle Kleinkinder empfohlen, da das Bakterium vor allem bei Kindern unter 18 Monaten Gehirnhautentzündungen (Meningitis) und weitere entzündliche Erkrankungen hervorrufen kann.

Die STIKO empfiehlt, im zweiten Lebensmonat mit der Impfung zu beginnen. Nach vollständiger Grundimmunisierung sind im Erwachsenenalter keine Auffrischungen mehr nötig.

5. Poliomyelitis (Kinderlähmung)

Der Polio-Erreger befällt vor allem die Nervenzellen im Rückenmark und ist äußerst ansteckend. 

Zwar läuft die Erkrankung meistens harmlos und ähnelt einem grippalen Infekt mit Durchfall. Bei etwa einem Prozent der Patienten kommt es jedoch zu Lähmungen der Gliedmaßen. Auch Schäden in der Atemmuskulatur und im Gehirn können die Folge sein. Der Krankheitsverlauf ist bei Erwachsenen oft schwerer als bei erkrankten Kindern.

Die STIKO empfiehlt, im zweiten Lebensmonat mit der Impfung zu beginnen. Eine Auffrischung wird für Jugendliche im Alter von 9 bis 17 Jahren empfohlen.

6. Hepatitis B (Gelbsucht)

Hepatitus-B-Viren können eine tödliche Leberentzündung auslösen. Die Gefahr, als Säugling oder Kind an Hepatitis B zu erkranken, ist relativ gering, da die Viren durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten übertragen werden.

Dennoch wird von der STIKO eine Impfung ab dem zweiten Lebensmonat empfohlen, da die Ansteckungsgefahr mit zunehmendem Alter zunimmt. Eine spätere Auffrischungsimpfung ist nach erfolgreicher Grundimmunisierung nicht notwendig.

7. Pneumokokken

Die Bakterien können eine Vielzahl von Krankheiten hervorrufen. Die Hauptgefahr für Säuglinge, Kinder und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sind jedoch Lungenentzündungen. Auch eine Mittelohr- oder Hirnhautentzündung (Meningitis) kann die Folge einer Pneumokokken-Infektion sein.

Die STIKO rät daher zu einer Impfung ab dem zweiten Lebensmonat, die im Seniorenalter noch einmal als Standardimpfung wiederholt wird. Für Frühgeborene wird empfohlen, bei der Grundimmunisierung vier anstelle von drei Impfdosen zu verabreichen.

8. Rotaviren

Rotaviren sind sehr ansteckend und bei Kindern eine der häufigsten Ursachen für Durchfall und Erbrechen. Besonders bei Säuglingen besteht im Falle einer Erkrankung das Risiko des Austrocknens, was eine Behandlung im Krankenhaus erforderlich macht.

Die erste Schluckimpfung gegen Rotaviren wird von der STIKO deshalb bereits im Alter von sechs Wochen empfohlen. 

9. Meningokokken C

Diese Bakterien können eine lebensgefährliche Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis) hervorrufen, von der vor allem Kinder unter fünf Jahren und Jugendliche besonders oft betroffen sind.

Die STIKO empfiehlt die einmalige Impfung nach dem ersten Lebensjahr.

10. Masern

Masern sind eine sehr ansteckende, meldepflichtige Krankheit. Ohne Impfung oder eine durchgemachte Masernerkrankung erkranken Menschen bei Kontakt zu dem Virus mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit. Masern können mit ernsthaften Komplikationen wie Lungen- oder Hirnhautentzündung einhergehen und in seltenen Fällen zum Tod führen.

Die STIKO empfiehlt darum eine Impfung gegen Masern, die ab dem ersten Lebensjahr (zwischen dem vollendeten 11. und 14. Lebensmonat) verabreicht wird. Eine Zweitimpfung erfolgt im zweiten Lebensjahr. Nach diesen zwei Impfungen besteht ein lebenslanger Impfschutz.

Seit dem 1. März 2020 gilt in Deutschland das Masernschutzgesetz. Dieses beinhaltet eine Impflicht für alle Kinder ab dem abgeschlossenen ersten Lebensjahr. Ein entsprechender Nachweis über eine Impfung muss vor Eintritt in den Kindergarten oder die Schule erbracht werden. Für Kinder, die bereits die Schule oder den Kindergarten besuchen, müssen die Impfung bis zum 31. Juli 2021 nachgewiesen werden.

Diese Regelung gilt auch für medizinisches Personal sowie Lehrer, Erzieher und Tagesmütter. 

11. Mumps

Mumps ist eine ansteckende Viruserkrankung. Da die typischen Symptome nicht immer auftreten, wird die Krankheit oftmals nicht erkannt. In fast zehn Prozent der Fälle geht Mumps mit einer Hirnhautentzündung einher. Auch Entzündungen der Bauchspeicheldrüse, des Hörnervs oder der Hoden und Nebenhoden (insbesondere bei Jugendlichen) können die Folge sein.

Die zweimalige Impfung sollte ebenso wie die Masern-Impfung ab dem ersten und im zweiten Lebensjahr erfolgen.

12. Röteln

Röteln sind vor allem für Schwangere gefährlich, da das ungeborene Kind schwerwiegende Schäden nehmen kann. Die Impfung wird dennoch auch für Jungs empfohlen, da die Krankheit sehr ansteckend ist nur durch hohe Impfraten ein Schutz der ungeborenen Kinder möglich ist.

Wie bei Masern und Mumps werden auch für Röteln zwei Impfungen in den angegebenen Zeiträumen empfohlen. 

Die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) erfolgt üblicherweise nicht einzeln, sondern mit dem kombinierten MMR-Impfstoff.

13. Windpocken (Varizellen)

Windpocken gehören zu den Viruserkrankungen und sind sehr ansteckend. Der Erreger der Windpocken verbleibt nach der Infektion im Körper und kann nach vielen Jahren eine Gürtelrose auslösen.

Die STIKO empfiehlt die zweistufige Standardimpfung, die nach dem ersten Lebensjahr erfolgen sollte. Sie kann auch als Kombination mit der MMR-Impfung gegeben werden.

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14. Humane Papillomviren (HPV)

Einige HP-Viren können Gebärmutterhalskrebs auslösen sowie Genitalwarzen und einige weitere Formen von Krebs (auch bei Männern) verursachen. HPV ist sexuell übertragbar. Bereits bestehende Infektionen können durch die Impfung nicht behandelt werden, sodass es ratsam ist, die Impfung vor dem ersten Sexualkontakt zu verabreichen. 

Die STIKO empfiehlt Mädchen und Jungen, sich zwischen dem neunten und dem vierzehnten Lebensjahr gegen HP-Viren impfen zu lassen. Ein vollständiger Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs besteht dennoch nicht, da dieser auch andere Ursachen haben kann.

Sechsfach-Impfung: 3+1 Schema oder 2+1 Schema?

Die sogenannte Sechsfach-Impfung umfasst den Schutz gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b, Poliomyelitis und Hepatitis B. Dafür sind mehrere Impfungen erforderlich. Bis zum Sommer 2020 empfahl das RKI für Säuglinge das sogenannte 3+1 Schema, bei auf drei kurz hintereinanderliegende Impftermine in einem größeren Abstand ein weiterer folgte. Somit erfolgten die Impfungen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten.

Das neue, reduzierte 2+1 Schema sieht bei gleichem Impfschutz weniger Impfungen für die Grundimmunisierung vor, indem die Impfung im Alter von 3 Monaten entfällt. So wird die Anzahl der erforderlichen Impftermine reduziert. Umso wichtiger ist es dabei jedoch, bereits im Alter von 8 Wochen mit den entsprechenden Impfungen zu beginnen und die empfohlenen Abstände der Impfungen genau einzuhalten.

Für Frühgeborene, die vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt gekommen sind, wird weiterhin das 3+1 Schema empfohlen.