Frau trinkt Aminosäure-Shake zum Abnehmen
© iStock.com/CentralITAlliance

Abnehmen & Muskelaufbau mit Aminosäuren

Von: Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 06.01.2023 - 10:22 Uhr

Insbesondere bei Menschen, die viel Sport treiben, erfreut sich die Einnahme von Aminosäuren großer Beliebtheit, um den Aufbau von Muskeln zu fördern und Trainingsergebnisse zu verbessern. Aber auch beim Abnehmen sollen Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Aminosäuren helfen können. Woher kommen diese Annahmen, können Aminosäuren wirklich beim Muskelaufbau und bei der Gewichtsabnahme unterstützen und sind durch die Einnahme auch Nebenwirkungen möglich?

Aminosäuren wichtig für den Muskelaufbau

Unterschiedliche Unternehmen bieten Sportler*innen Pulver, Kapseln oder Getränke an, die durch die darin enthaltenen Aminosäuren das Muskelwachstum anregen und den Muskelabbau hemmen sollen.

Fakt ist: Der Körper wandelt pflanzliches und tierisches Protein aus der Nahrung in Aminosäuren und dann in körpereigenes Protein um. Dieses stellt wiederum einen wichtigen Bestandteil von Muskeln dar. Bei einer Unterversorgung beginnt der Körper deshalb nach einer Weile damit, Muskulatur abzubauen, um die darin enthaltenen Proteine nutzen zu können. Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen ist also wichtig, um Muskulatur erhalten und aufbauen zu können.

Einige Aminosäuren wirken sich besonders positiv auf den Muskelaufbau aus. Dabei handelt es sich um die essentiellen Aminosäuren Isoleucin, Valin und Leucin. Diese kann der Körper nicht selbst herstellen, sodass sie über Lebensmittel aufgenommen werden müssen. Isoleucin, Valin und Leucin sind sogenannte verzweigtkettige Aminosäuren, die auch als Branched-Chained Amino Acids, kurz BCAA, bezeichnet werden. Sie sind in vielen Lebensmitteln, wie Rindfleisch, Thunfisch, Molke, Erbsen oder Erdnüssen in ausreichenden Mengen enthalten.

Kann also die zusätzliche Einnahme von Aminosäure-Präparaten den Muskelaufbau unterstützen?

Unterstützen Aminosäure-Präparate den Muskelaufbau?

Dass der Körper grundsätzlich bestimmte Aminosäuren benötigt, um Muskelmasse zu erhalten und aufzubauen, ist unumstritten. Viele Sportler*innen erhoffen sich deshalb durch die Einnahme von BCAA in Pulver- oder Kapselform oder über spezielle Getränke, ihren Muskelaufbau zu steigern. Dabei soll man die Aminosäuren direkt nach dem Training einnehmen, um den besten Effekt zu erzielen.

Es gibt allerdings bisher keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass die Aufnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Leucin, Isoleucin oder Valin einen positiven Effekt auf den Aufbau von Muskelmasse hat. Zwar besteht bei Leistungssportler*innen tatsächlich ein erhöhter Bedarf an Aminosäuren, dieser kann jedoch in den allermeisten Fällen durch die Nahrung gedeckt werden. Dazu sollte lediglich der Anteil an proteinreichen Lebensmitteln gesteigert werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt dahingehend:

  • bei moderatem Sport (vier- bis fünfmal pro Woche circa 30 Minuten Training von mittlerer Intensität): 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich
  • bei Leistungssport (mindestens fünf Stunden Training pro Woche): 1,2 bis 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich

Hält man sich an diese Empfehlungen, ist eine zusätzliche Aufnahme von Aminosäuren über spezielle Präparate nicht notwendig und hat darüber hinaus keinen Nutzen.

Ebenfalls als gesundheitsförderlich und als sinnvolle Ergänzung beim Training werden die Aminosäuren Arginin und Glutamin beworben. Arginin soll die Durchblutung fördern und Glutamin einen positiven Effekt auf die Regeneration von Muskeln haben. Auch hierfür fehlen jedoch wissenschaftliche Belege.

Sind Sie privatversichert?
Ja, zum Glück
18%
Ja, aber ich möchte wechseln
2%
Nein, zu teuer
29%
Nein, gesetzlich genügt mir
51%
Mehr Umfragen

Sind Aminosäuren zum Abnehmen geeignet?

Nicht nur beim Muskelaufbau sollen Aminosäure-Präparate helfen. Nahrungsergänzungsmittel mit der Aminosäure L-Carnitin sollen den Körper zudem bei der Fettverbrennung unterstützen und so beim Abnehmen helfen und überflüssige Pfunde bei Männern und Frauen schneller schmelzen lassen.

Tatsächlich spielt die Aminosäure eine wichtige Rolle beim Energiestoffwechsel, genauer gesagt bei der Gewinnung von Energie aus Fettsäuren. L-Carnitin ist aber keine essentielle Aminosäure, das heißt sie kann eigenständig durch den Körper gebildet werden. Zusätzlich ist der Stoff in großer Menge in tierischem Protein, also beispielsweise in Fleisch, Fisch und Milchprodukten, enthalten. Doch auch in pflanzlichen Lebensmitteln, wie Pilzen, steckt L-Carnitin. In der Regel steht L-Carnitin dem Körper also in ausreichender Menge zur Verfügung.

Eine zusätzliche Einnahme der Aminosäure, beispielsweise in Form von Diät-Drinks, Kautabletten oder als Kapseln, kann laut wissenschaftlichen Studien nicht dazu beitragen, schneller Gewicht zu verlieren. Stattdessen wird überschüssiges L-Carnitin über den Urin wieder ausgeschieden. Zum Abnehmen sind solche Präparate daher aus medizinischer Sicht nicht geeignet.

Nebenwirkungen durch Aminosäure-Präparate möglich

Durch die Einnahme von Aminosäure-Präparaten kann es nach bisherigem Kenntnisstand zu Nebenwirkungen kommen, insbesondere, wenn die empfohlene Tageshöchstdosis überschritten wird.

Die maximale Tagesdosis für BCAA beträgt laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung für gesunde erwachsene Männer und Frauen:

  • Valin: 2 Gramm
  • Leucin: 4 Gramm
  • Isoleucin: 2,2 Gramm

Jugendliche, Schwangere oder Personen mit einer eingeschränkten Nierenfunktion sollten vor der Einnahme in jedem Fall ärztliche Rücksprache halten.

Es gibt Hinweise darauf, dass sich bei einer Überdosierung von BCAA der Ammoniakspiegel im Blut erhöhen könnte. Ammoniak wird beim Abbau von BCAA gebildet. Ein erhöhter Ammoniakspiegel kann neurologische Schäden zur Folge haben.

Neben dieser schwerwiegenden Nebenwirkung können durch die Einnahme isolierter Aminosäuren insbesondere beim Überschreiten der Tagesdosis über einen längeren Zeitraum auch gesundheitliche Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall auftreten. Auch eine vermehrte Ausscheidung von Calcium und Wechselwirkungen mit Medikamenten sind möglich.

Auch bei der längerfristigen Einnahme zu hoher Dosen L-Carnitin können Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Zudem kann es zur Entstehung eines fischigen Körper- und Mundgeruchs kommen. Die empfohlene Tagesdosis für isoliertes L-Carnitin liegt bei maximal 4 Gramm täglich oder einem Gramm als Einzeldosis.