Massagepistole: Ist die Anschaffung sinnvoll oder gefährlich?
Verspannungen können beim Sport und nach langen Tagen am Schreibtisch entstehen. Sie sind meist schmerzhaft und führen im Alltag zu Beschwerden und Einschränkungen. Aber wie wird man die lästigen Muskelverspannungen wieder los? Massagepistolen sollen helfen, das Problem zu lösen. Der Trend aus den USA wurde zu Beginn besonders im Profisport genutzt, auch Hobbysportler*innen verwenden das händische Massagegerät bereits. Doch wie sinnvoll sind Massagepistolen und welche Gefahren bergen sie? Was ist bei der Anwendung zu beachten? Wir haben den Test gemacht!
So funktioniert die Massagepistole
Auf dem Markt gibt es mittlerweile verschiedene Massagepistolen, welche optisch meist an einen Akkubohrer erinnern. Die Geräte verfügen über verschiedene Aufsätze für unterschiedliche Muskelgruppen und Körperregionen.
Mithilfe einer wiederholenden Vibration aus kraftvollen Schlägen sollen verklebte Faszien gelöst, Schwellungen und Entzündungen abgebaut und die Durchblutung beispielsweise von Narbengewebe angeregt werden. Ziel ist eine gesteigerte Durchblutung des Gewebes, um extrazelluläre Flüssigkeiten wie venöses Blut und Lymphflüssigkeit abzutransportieren. Dieser Effekt soll die Regeneration fördern und Schmerzen lindern.
Laut Angaben verschiedener Hersteller reichen drei bis fünf Minuten mit einer Massagepistole bereits aus, um die Beschwerden zu reduzieren.
Massagepistole in der Anwendung: Wie sinnvoll ist sie?
Die Massagepistole kann vor, während und zwischen den Sporteinheiten genutzt werden. Vor der Trainingseinheit kann sie helfen, die Muskulatur zu lockern, deren Durchblutung zu fördern, Muskelgruppen zu aktivieren und somit das Verletzungsrisiko beim Sport zu reduzieren. Nach dem Workout dient die Massagepistole besonders der Regeneration, um Muskelkater und Schmerzen vorzubeugen und Lymphflüssigkeit abzutransportieren. Bei bestehendem Muskelkater sollte sie jedoch nicht angewendet werden, um die verletzten Muskelfasern nicht weiter zu irritieren. Auch zwischen den Sporteinheiten oder nach langen Tagen im Büro sollen Verspannungen beispielsweise im Nacken mithilfe der Tiefenmassage behandelt werden.
Massagepistolen sollen bei diesen Beschwerden helfen:
- Schmerzen im oberen und unteren Rücken
- Schmerzen der Gesäßmuskulatur
- Nackenschmerzen
- Tennisarm
- Karpaltunnelsyndrom
- Arthritis
Massagepistolen und deren Wirksamkeit sind bisher wenig erforscht. Eine kleine Studie aus Österreich analysierte, ob sich die Massagepistole positiv auf die Flexibilität, Leistungsfähigkeit und Regeneration der Wadenmuskulatur auswirkt. Das Ergebnis: Die Massagepistole erhöht die Flexibilität der Muskeln und schränkt die Leistungsfähigkeit nicht ein. Daher wird empfohlen, die Selbstmassage in das Aufwärmtraining zu integrieren.
Eine weitere Studie aus Korea verglich die Wirkung einer Massagepistole und regelmäßiger Dehnübungen des Armstreckers auf die Flexibilität des Muskels. Das Ergebnis: Beide Methoden eignen sich, um einen Fortschritt zu erzielen. Der Vibrationsreiz der Massagepistole wird als einfacher und bequemer Weg gesehen, um Erfolge zu erzielen.
Wie gefährlich ist eine Massagepistole?
Da die Anwendung der Massagepistole durch Laien*Laiinnen erfolgt, kann das Gerät keine Therapie erfahrener Physiotherapeut*innen ersetzen.
Drei Physiotherapeuten des Podcasts "Kritische Physiotherapie" ordnen die Massagepistolen dem Wellnessbereich zu. Die Geräte können zwar einen positiven Effekt auf die Muskeln und Faszien haben, sofern die Massagepistolen richtig angewendet werden. Bei falscher Anwendung kann die Massagepistole allerdings auch zu Beschwerden führen.
Ein Fallbericht einer chinesischen Sportlerin mit unbehandelter Eisenmangelanämie weist auf diese Problematik hin: Die Oberschenkelmuskulatur der Athletin wurde nach einer 30-minütigen Einheit auf dem Fahrrad zirka zehn Minuten lang von ihrem Trainer mit einer Massagepistole behandelt. Die Folge: Die Athletin litt an Müdigkeit, Schmerzen in den Oberschenkeln und Problemen beim Gehen, auch der Urin verfärbte sich.
Die Ärzte*Ärztinnen diagnostizierten in diesem Fall eine Rhabdomyolyse. Hierbei handelt es sich um einen Zell-Zerfall der Skelettmuskulatur. Verschiedene Zellinhalte wie Elektrolyte (Kalium oder Calcium) und verschiedene Proteine können in das Blut austreten und zu leichten bis zu lebensbedrohlichen Beschwerden führen.
Häufige Symptome sind:
- Schmerzen
- Schwellungen der betroffenen Muskulatur
- Muskelschwäche
- verfärbter Urin
Ursachen der Erkrankung sind unter anderem traumatische Verletzungen, extreme körperliche Anstrengung und Sauerstoffmangel der Muskulatur. Die Fachleute gehen in diesem einen Fall davon aus, dass die lange und regelmäßige Anwendung der Massagepistole für die Rhabdomyolyse verantwortlich sein könnte.
Wird die Massagepistole richtig angewandt, kann sie eine gute Ergänzung zu einer Therapie sein. Die Anwendung sollte allerdings nur nach Rücksprache mit Ärzten*Ärztinnen und Physiotherapeut*innen erfolgen.
Zudem sollten man sich an die Zeitangaben und empfohlenen Vibrationsstufen halten und diese bei Bedarf reduzieren.
Massagepistole im Test
Doch wie gut ist eine Massagepistole für das subjektive Wohlbefinden? Wer sich davon überzeugen will, sollte die Produkte selbst einmal ausprobieren.
Die Redaktion hatte die Möglichkeit, eine Massagepistole selbst zu testen. Hierbei handelte sich um das Gerät MuscleGun Carbon. Preislich liegt das Gerät im oberen Segment.
Die Massagepistole wird in einem kleinen Koffer geliefert und ist daher gut und problemlos zu verstauen. Insgesamt werden vier verschiedenen Aufsätze für unterschiedliche Körperpartien mitgeliefert.
Auf fünf verschiedenen Vibrationsstufen soll das Gerät bis zu 3.200 Hübe pro Minute erreichen. Das Benutzerhandbuch erklärt verständlich den passenden Aufsatz, Vibrationsstufen für entsprechende Muskelgruppen und die passende Bewegung des Geräts.
Das Gerät liegt insgesamt gut in der Hand, ist allerdings sehr schwer. Die empfohlenen Vibrationsstufen sind in manchen Bereichen sehr hoch angesetzt, daher empfiehlt es sich, mit geringeren Stufen zu starten und sich langsam zu steigern.
Besonders der Massageball, der bei größeren Muskelpartien eingesetzt wird, sorgt für einen angenehmen Effekt. Insgesamt massiert das Gerät sehr gut, Rückenmassagen sollte allerdings besser durch eine zweite Person durchgeführt werden, um die maximale Entspannung zu erreichen. Insgesamt funktioniert die Eigenanwendung aber problemlos.
Inwiefern die Massage tiefe Muskeln erreicht, ist im Selbsttest schwer einzuschätzen. Das Gerät hilft aber dabei, leichte Verspannung schnell und einfach zu lösen und Muskelkater sowie anderen Beschwerden vorzubeugen.
Aus subjektiver Sicht lindert die Massagepistole die Beschwerden, ersetzt aber nicht die professionellen Massagen von Physiotherapeut*innen. Besonders bei Verletzungen und langanhaltenden Beschwerden sollte daher medizinischer Rat eingeholt werden. Ein entspannender Wellnesseffekt kann in jedem Fall mithilfe der Massagepistole erreicht werden.
Tipps zur Anwendung
Beachten Sie folgende Tipps zum richtigen Umgang mit der Massagepistole:
- Tasten Sie sich langsam an die verschiedenen Vibrationsstufen heran.
- Schwangere sollten die Anwendung vorher ärztlich abklären.
- Bei medizinischen Problemen sollte ebenfalls vor der Verwendung ärztlicher Rat eingeholt werden.
- Die Massage sollte man nicht auf offenen Wunden oder chirurgischen Schnitten durchführen.