Kind mit Asperger-Syndrom
© Getty Images/UrsaHoogle (Symbolfoto)

Asperger-Syndrom: Ursachen und Symptome

Von: Daniela Kirschbaum (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 25.02.2025

Das Asperger-Syndrom zählt zum autistischen Spektrum und ist gekennzeichnet durch Auffälligkeiten im Sozialverhalten. Betroffenen fällt zudem die Reizverarbeitung schwer, sie neigen zu stereotypen Verhaltensweisen und Veränderungen versetzen sie in Stress. Die tiefgreifende Entwicklungsstörung ist unterschiedlich stark ausgeprägt und mitunter mit deutlichem Leidensdruck verbunden. Speziell zugeschnittene Therapien dienen der Stärkung sozialer Kompetenzen. Mehr zu den Ursachen von Asperger, zu Symptomen bei Erwachsenen und Kindern sowie zur Behandlung lesen Sie im Folgenden.

Definition – was ist das Asperger-Syndrom?

Bei der nach dem Kinderarzt Hans Asperger benannten Entwicklungsstörung handelt es sich um eine Störung im autistischen Spektrum. Anders als im ICD 10 (internationale Klassifikation von Krankheiten), wird in der Folgeversion, dem ICD 11, nicht mehr zwischen verschiedenen Subtypen unterschieden. Somit gilt die Diagnose Asperger-Syndrom seit 2022 als veraltet. Stattdessen spricht man nun bei sämtlichen Formen von Autismus von einer Autismus-Spektrum-Störung. Dennoch wird der Begriff Asperger-Syndrom im allgemeinen Sprachgebrauch häufig noch verwendet.

Im Unterschied zu anderen Störungen im Spektrum sind beim Asperger-Autismus die geistige und sprachliche Entwicklung nicht eingeschränkt. Spezielle Interessen und Inselbegabungen können auftreten, wobei sich der Intelligenzquotient zumeist im Normbereich befindet. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Man geht allerdings davon aus, dass Asperger bei Frauen teilweise übersehen wird. Dies könnte daran liegen, dass Mädchen und Frauen häufiger dazu neigen, die typischen Anzeichen bewusst zu überspielen.

Wird die Autismus-Spektrum-Störung als Erkrankung oder Behinderung bezeichnet, fühlen sich Betroffene nicht selten diskriminiert. Wenngleich das Sozialgesetzbuch von Behinderung spricht, ist ein entsprechendes Verständnis für die Betroffenen und sprachliche Sensibilität im Alltag wichtig.

Symptome: Wie äußert sich das Asperger-Syndrom?

Was ist nun typisch für Menschen mit Asperger? Wie zeigt sich das Asperger-Syndrom bei Kindern und Erwachsenen?

Tatsächlich handelt es sich um eine Entwicklungsstörung mit vielen Gesichtern. So finden sich eine Vielzahl unterschiedlich stark ausgeprägter Anzeichen, die mit mehr oder weniger starkem Leidensdruck verbunden sein können. Betroffen sind vor allem die sprachliche und nicht-sprachliche Kommunikation sowie das Sozialverhalten. Doch auch die Wahrnehmung und motorische Fähigkeiten können betroffen sein.

Charakteristisch für diese Form des Autismus sind vor allem ein auffälliges Sozialverhalten sowie Schwierigkeiten in der Reizverarbeitung. Betroffene zeigen zudem häufig stereotype Verhaltensweisen und ein starkes Bedürfnis nach Routinen. 

Äußerlich sichtbare Anzeichen für Asperger gibt es nicht. Das heißt, spezielle Merkmale im Gesicht oder Körperbau kommen nicht vor.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die wichtigsten Symptome.

Kommunikation und Interaktion

Anzeichen für das Asperger-Syndrom zeigen sich häufig bei der Kommunikation mit anderen Menschen:

  • Die non-verbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Blickkontakt) ist reduziert. Signale des Gegenübers werden nicht verstanden oder fehlgedeutet.
  • Sprachmelodie und Stimmlage sind auffällig. Die Sprechweise ist oftmals langsam und gleichförmig, die Lautstärke kann variieren. Mitunter passen der Inhalt des Gesprochenen und die Stimmlage nicht zusammen. In der Kommunikation wirken Betroffene langatmig und umständlich. Smalltalk wird eher vermieden.
  • Sprache wird wortwörtlich genommen, sodass das Verstehen und die Anwendung von Sarkasmus und Ironie schwerfallen.

Individuelles und soziales Verhalten

Im persönlichen und sozialen Verhalten kann es zu Beeinträchtigungen und Auffälligkeiten kommen:

  • Es kommt zu gleichförmigen und ritualisierten Verhaltensweisen. Veränderungen und neue Situationen führen mitunter zu starken Stressreaktionen. Strukturen und Regeln werden als überaus wichtig empfunden.
  • Betroffenen fällt es schwer, sich in andere hineinzuversetzen (mangelnde Empathiefähigkeit).
  • Da die Mimik und Gestik anderer unzureichend gedeutet werden kann, ist der soziale Umgang erschwert. Es fällt Betroffenen nicht leicht, soziale Regeln zu verinnerlichen und Anschluss zu finden. Sie haben Schwierigkeiten, in Gruppen zu bestehen und Beziehungen aufzubauen. Im sozialen Raum empfinden sie sich häufig als deplatziert und erleben Ausgrenzung.

Reizverarbeitung, Wahrnehmungs- und Denkprozesse, Bewegungen

Auch in der Wahrnehmung der Umwelt sowie bei Denk- und Bewegungsmustern können Symptome auftreten:

  • Reize aus der Umwelt, wie Licht oder Geräusche, können schwer gefiltert und verarbeitet werden, weshalb es häufig zur Reizüberflutung kommt.
  • Es besteht eine Neigung zu Spezialinteressen. In manchen Teilleistungsbereichen ist eine überdurchschnittliche Intelligenz vorhanden.
  • Grob- und Feinmotorik können eingeschränkt sein, wodurch Betroffene etwas ungeschickt wirken.
  • Bei Aufregung und in Stresssituationen kann es zu sich wiederholenden Bewegungsmustern kommen.

Welche Symptome zeigen Erwachsene mit Asperger-Syndrom?

Erwachsene zeigen zwar grundsätzlich ähnliche Symptome wie Kinder. Da die Betroffenen im Laufe ihres Lebens aber meist gelernt haben, sich an verschiedene Gegebenheiten anzupassen, sind diese Symptome oftmals schwächer ausgeprägt.

Ursachen: Wie entsteht das Asperger-Syndrom?

Wie das Asperger-Syndrom genau entsteht, ist wissenschaftlich noch nicht zur Gänze geklärt. Dass die Entwicklungsstörung allerdings vererbbar ist, gilt als gesichert. In der frühen Phase der Gehirnentwicklung dürfte es zu Veränderungen an mehreren Genen kommen.

Neben der genetischen Komponente werden auch Faktoren wie das Alter der Eltern, Infektionen während der Schwangerschaft sowie ein Folsäuremangel zu Beginn der Schwangerschaft oder eine Frühgeburt diskutiert.

Diagnose: Wie lässt sich das Asperger-Syndrom feststellen?

Das Asperger-Syndrom ist angeboren, wodurch sich charakteristische Merkmale in der Regel bereits in der Kindheit zeigen. Da Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sein können, sind allerdings auch spätere Diagnosen bei Jugendlichen oder Erwachsenen nicht ungewöhnlich.

Die Diagnostik des Asperger-Syndroms findet unter Einbeziehung unterschiedlicher Aspekte, darunter die Wahrnehmung, das Verhalten, das Denken und Fühlen sowie die Motorik, statt. Es gibt verschiedene Standard-Tests, die für Kinder und Erwachsene gleichermaßen infrage kommen, wie etwa die Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (MBAS) oder der Autismus-Spektrum-Quotient-Test (AQ-Test). Dabei handelt es sich um spezielle Fragebögen, in denen Betroffene oder Erziehungsberechtigte Einschätzungen zu bestimmten Vorlieben und Verhaltensweisen oder auch dem Umgang mit anderen Menschen beantworten müssen (beispielsweise ob es schwerfällt, Gesichtsausdrücke anderer zu deuten).

Wichtig ist es, eine Autismus-Spektrum-Störung von Krankheitsbildern wie ADHS, Angst- oder Zwangsstörungen abzugrenzen.

Wie kann man das Asperger-Syndrom behandeln?

Bei der Behandlung des Asperger-Syndroms konzentriert man sich darauf, die Kompetenzen der Betroffenen zu stärken. Dabei stehen die Verbesserung sozialer und kommunikativer Fähigkeiten sowie die Steuerung von Gefühlen im Fokus. Psychotherapie wirkt unterstützend. Eine spezifische Methode ist etwa der TEACCH-Ansatz, ein pädagogisch-therapeutischer Ansatz. Ziel des Konzeptes ist es, Betroffenen zu größtmöglicher Selbständigkeit zu verhelfen, was sich in einer Verbesserung der Lebensqualität niederschlägt. Bei diesem Ansatz steht der einzelne Mensch im Zentrum. Feste zeitliche und räumliche Strukturen und die Arbeit mit bildlichen Reizen als Grundkonzepte helfen dabei, sich Strategien anzueignen, um im Alltag besser zurechtzukommen und Wege zur Kommunikation zu finden. Die Kommunikation geschieht beispielsweise mithilfe von Symbolen, Bildkärtchen und Gebärden, mit denen Betroffene auch eigene Gefühle oder Bedürfnisse ausdrücken können.

Darüber hinaus erzielt man mit tiergestützter Therapie sowie Ergo- oder Musiktherapie gute Ergebnisse. Nicht zuletzt kann soziales Kompetenztraining Betroffene dabei unterstützen, in alltäglichen Situationen besser zurechtzukommen. Für Kinder und Jugendliche mit Asperger-Autismus ist außerdem eine Schulassistenz sinnvoll, also ein*e Schulbegleiter*in, während Betroffene im Erwachsenenalter von Selbsthilfegruppen profitieren.

Asperger-Syndrom: Prognose und Verlauf

Das Asperger-Syndrom ist nicht heilbar und bleibt lebenslang bestehen. Mit entsprechender Therapie und Förderung kann es im Laufe der Zeit allerdings zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome kommen. Die soziale Teilhabe fällt dann mitunter leichter, was den Leidensdruck verringert. Einer selbständigen Lebensweise, die Berufstätigkeit, Sozialkontakte, Partnerschaft und Sexualität beinhaltet, steht die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung nicht zwingend entgegen.

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