Kreuzbandriss: Symptome und Behandlung der Knieverletzung
Der vordere Kreuzbandriss (auch Kreuzbandruptur genannt) ist die häufigste Verletzung des Knies. Durch seine Häufigkeitszunahme ist er in den letzten Jahrzehnten zu einer der bekanntesten Sportverletzungen geworden. Allein in Deutschland reißt das Kreuzband ca. 50.000 Mal pro Jahr. Dabei ist das vordere Kreuzband fast 10-mal häufiger betroffen als das hintere. Da ein Kreuzbandriss unbehandelt Spätfolgen nach sich ziehen kann, sollten Sie die Verletzung stets behandeln lassen. Erfahren Sie mehr über Ursachen, Symptome, wann eine Operation sinnvoll sein kann und mit welcher Heilungsdauer zu rechnen ist.
Welche Bänder gibt es im Knie?
Mehrere Bänder bilden im Knie zusammen einen starken Bandapparat zur Stabilisierung des Kniegelenks und ermöglichen gleichzeitig eine höchstmögliche Bewegung für Sport und andere Aktivitäten. Es gibt sowohl an der Innen- als auch an der Außenseite des Knies jeweils ein Seitenband, auch Kollateralbänder genannt, die das Knie von außen gegen Scherbewegungen sichern, wenn das Knie gestreckt ist, in Beugung aber dennoch Bewegung zulassen.
Bei den Kreuzbändern handelt es sich um zwei weitere Bänder, die genaugenommen nicht im Kniegelenk selbst liegen, sondern in der Gelenkkapsel, die das Gelenk umgibt. Es gibt das vordere und das hintere Kreuzband, die sich, wie ihr Name schon andeutet, kreuzen. Sie verbinden Oberschenkel- und Unterschenkelknochen miteinander und verhindern das Weggleiten des Oberschenkelknochens nach hinten und nach vorne. Die Kreuzbänder sind somit bedeutend für die Stabilität im Knie.
Die Kreuzbänder selbst bestehen wiederum aus mehreren Bündeln. Das vordere Kreuzband ist jedoch deutlich dünner als das hintere, weshalb es häufiger reißt. Das hintere Kreuzband ist außerdem das kräftigste Band im Knie. Mit Nährstoffen und Sauerstoff werden die Kreuzbänder über kleine Arterien versorgt.
Ursachen: Wann reißen die Kreuzbänder?
Der typische Verletzungshergang, der zu einem Riss des vorderen Kreuzbandes führt, ist meist ein nach außen oder innen gedrehtes und gleichzeitig gebeugtes Knie bei Stehenbleiben des Unterschenkels. Dies kann bei plötzlichen Richtungswechseln während des Laufens sowie beim Umknicken oder bei Verkehrsunfällen, aber auch bei einigen Sportarten passieren. Ein großes Risiko dafür besteht beim Fußball und Skifahren.
Selten ist allein das Kreuzband gerissen. Auch die Gelenkkapsel, Knorpel, weitere Bänder und die Menisken können verletzt werden. Die beiden Menisken (Innen- und Außenmeniskus) sind zwei Knorpelscheiben, die als Stoßdämpfer die Knorpel des Kniegelenks schonen. Am häufigsten kommt es zu einer gleichzeitigen Verletzung des inneren Seitenbands, des Innenmeniskus und des vorderen Kreuzbands. Diese Kombinationsverletzung als Sonderform nennt man in der Medizin "unhappy triad" ("unglücklicher Dreier").
Das hintere Kreuzband reißt meist beim Sturz auf das gebeugte Knie und ist eine typische Sportverletzung bei Torhüter*innen im Fußballspiel. Aber auch Ausrenkungen des Kniegelenks oder bei einem direkten Anprall auf den Schienbeinkopf bei Hochrasanz-Unfällen kann es zum Riss des hinteren Kreuzbandes kommen. Das hintere Kreuzband reißt zwar seltener, dafür leider häufig nicht allein, auch andere Bänder werden oft in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem wird der hintere Kreuzbandriss häufiger bei der Diagnose "übersehen".
Was sind die Symptome bei einem Kreuzbandriss?
Durch folgende Symptome macht sich ein Kreuzbandriss häufig bemerkbar:
- schlagartig einsetzender, eher stechender Schmerz
- Wegknicken, Gangunsicherheit bis zur vollständigen Bewegungseinschränkung
- Gelenkschwellung
- Gelenkerguss (Flüssigkeitsansammlung durch Blut im Gelenk)
- Bluterguss (Hämatom)
Das sind mögliche Hinweise auf einen Riss des hinteren Kreuzbandes:
- Schmerzen bei Druck in der Kniekehle
- Knie kann schlecht gebeugt werden
Doch Vorsicht, nicht immer liegen die Symptome so deutlich nach dem Verletzungshergang vor. Manche Betroffene empfinden zunächst kaum Probleme. Erst viel später machen sich Beschwerden bemerkbar – meist in Form von Instabilitätsgefühl oder Schmerzen infolge der durch die veränderte Kniemechanik entstandenen Knorpel- oder Meniskusschäden.
Diagnose beim Kreuzbandriss
Nach einer Befragung zum genauen Verletzungshergang und den Symptomen, wird der*die behandelnde Arzt*Ärztin mit einer Reihe von Funktionstests versuchen herauszufinden, welche der Bänder geschädigt sind. Dabei wird auf eine vermehrte Beweglichkeit des Knies bei Zug oder Druck gegen den um 90° angewinkelten Unterschenkel geachtet. Lässt sich der Unterschenkel wie eine Schublade nach vorne ziehen, kann dies für eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes sprechen. Zeigt das Bein Instabilität bei Druck gegen das Schienbein, liegt eher eine Verletzung des hinteren Kreuzbandes vor. Diese Tests werden "vorderer und hinterer Schubladen-Test" genannt.
Daneben gibt es noch weitere Funktionstests, die die Verdachtsdiagnose stützen. Allerdings ist diese Art der Untersuchung bei frischen Kreuzbandrissen wegen der starken Schmerzen und der daraus resultierenden erhöhten Muskelanspannung nicht immer durchführbar.
Ältere Kreuzbandrisse zeigen sich vor allem durch eine deutlich erkennbare Instabilität im Knie. Eventuell kann auch ein geschwollenes Knie (Erguss) vorhanden sein. Meistens gehen länger zurückliegende Kreuzbandrisse ohne Schmerzen einher, weswegen die Tests einfacher durchzuführen sind und die Verletzung besser zu diagnostizieren ist.
Anschließend an die klinische Untersuchung sollte durch eine MRT (Kernspinntomografie) der Ort der Verletzung genau bestimmt werden. Hier lassen sich Verletzungen des Kreuzbandes sicher beurteilen. Gerade wenn von einer Knorpelverletzung und einer Beteiligung der Menisken auszugehen ist, liefert die MRT wichtige Informationen.
Das Bein sollte zudem noch geröntgt werden, um zusätzliche Knochenbrüche ausschließen zu können. Dazu wird das Bein von vorne, von der Seite und zusätzlich noch die Kniescheibe geröntgt.
Im Rahmen einer Arthroskopie (Gelenksspiegelung) kann neben den Kreuzbändern auch der Zustand der Seitenbänder, Menisken, Knorpeloberfläche und der Gelenkkapsel beurteilt werden. Hierzu wird über kleinere Schnitte eine Kamera ins Gelenk eingeführt. Ebenso können über diese Technik die Kreuzbänder operiert werden.
Erste Hilfe und Behandlung: Was tun bei einem Kreuzbandriss?
Die betroffene Person kann bereits selbst direkt nach Verletzungsereignis Schmerzen und Schwellung lindern, indem das Bein hochgelagert, gekühlt und geschont wird. Ein Kreuzbandriss heilt jedoch nicht gut von allein aus und sollte daher medizinisch versorgt werden.
Schmerzen werden mit Schmerzmitteln wie zum Beispiel Ibuprofen oder Diclofenac bis zur weiterführenden Therapie behandelt. Bei starken Schmerzen durch hochgradigen Ergussbildung kann der*die Arzt*Ärztin das Kniegelenk punktieren, um den Überschuss an Flüssigkeit abzuziehen.
OP bei einem Kreuzbandriss
Die weiterführende Therapie erfolgt individuell. Aufgrund möglicher Spätfolgen wird ein Riss des vorderen Kreuzbandes immer häufiger operiert. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch auch eine konservative Therapie ohne OP möglich.
Wann sollte ein vorderer Kreuzbandriss operiert werden?
Beim vorderen Kreuzbandriss ist eine OP zu empfehlen bei:
- sportlich und beruflich aktiven Personen
- hohen Belastungsanforderung an das Bein
- Kindern und Jugendlichen
- einem zusätzlichen Meniskusriss
- deutlicher Instabilität des Beins
Was tun bis zur OP?
Operiert werden alleinige Risse des vorderen Kreuzbands entweder kurz nach der Verletzung oder vier bis sechs Wochen später. Falls der Innenmeniskus mitgeschädigt ist, wird erst nach ungefähr zwei Monaten operiert. In der Zwischenzeit wird das Knie mit einer Orthese (Schiene) vorsorgt, die von außen angelegt das Knie immobilisiert und somit ruhigstellt. Je nach Ausmaß der Beschwerden und abhängig von der Fitness der betroffenen Person kann in dieser Zeit bereits eine physiotherapeutische Behandlung zur Vorbereitung auf die OP erfolgen.
Hinteres Kreuzband gerissen: Wann ist eine Operation nötig?
Das hintere Kreuzband lässt durch seine bessere Durchblutung nach einem Riss einen günstigeren Heilungsverlauf erwarten als der vordere Kreuzbandriss. Deshalb genügt meist eine konservative Therapie mittels einer Schiene.
Eine Operation des hinteren Kreuzbandes kann jedoch unter folgenden Umständen erwogen werden:
- Versagen der konservativen Therapie
- hohe sportliche Aktivität
- starke Instabilität
- kompliziertere Verletzungen wie zum Beispiel:
- Ausriss knöcherner Anteile
- Ausrenkung des Kniegelenks
OP-Methode bei einem Kreuzbandriss
Bei der Operation wird nicht das gesamte Knie geöffnet, sondern es werden lediglich kleinere Schnitte gesetzt, über die eine Kamera und die Instrumente eingeführt werden. Diese OP-Methode nennt sich arthroskopische vordere oder hintere Kreuzbandplastik.
Das kaputte Kreuzband wird durch eine körpereigene Sehne des*der Betroffenen ersetzt (autologe Kreuzbandplastik), da eine alleinige Naht der kaputten Sehne zu einem weniger guten Endergebnis führt als ein kompletter Ersatz. Meist wird dazu die Sehne der Oberschenkelmuskulatur (Musculus gracilis oder semitendinosus) entnommen. Seltener werden Teile des Kniescheibenbandes verwendet, da dies häufig bei viel knienden Berufsgruppen (wie zum Beispiel Fliesenleger*innen) zu Bandrissen aus der Entnahmestelle führen kann.
Die entnommenen Sehnen werden oft als Doppel- oder Vierfachstrang genommen, um die Reißfestigkeit zu erhöhen und um die komplexen Bewegungen im Kniegelenk zu ermöglichen. Zur Befestigung werden, je nach Anzahl der gebildeten Bündel, Tunnel in die Knochen des Knies gebohrt. Anschließend werden die Sehnen-Implantate mit Schrauben jeweils am Oberschenkel und Unterschenkelknochen angebracht.
Kreuzbandriss: Alternativen zur OP
Eine konservative Therapie kann nach einem Kreuzbandriss erwogen werden bei:
- geringem Stabilitätsverlust
- hohem Lebensalter
- wenig Aktivität und Belastung des Beins im Alltag
- alleiniger Verletzung des hinteren Kreuzbandes
So erfolgt die Behandlung ohne OP wenn das vordere Kreuzband betroffen ist: Bei der konservativen Behandlung wird das Bein mit einer Knieorthese versorgt. Diese wird für drei Monate getragen und stabilisiert und entlastet das Knie. Zusätzlich erhält die betroffene Person Physiotherapie.
Auch das hintere Kreuzband kann ohne OP therapiert werden: Verletzungen des hinteren Kreuzbandes werden zumeist konservativ, also rein mit Physiotherapie behandelt. Die Übungen soll vor allem den vierköpfigen Oberschenkelmuskel stärken.
Wie lange braucht ein Kreuzbandriss zum Heilen?
Die Heilungsdauer im Sinne einer Wiederherstellung der Belastung und Funktionsfähigkeit des Kniegelenks beträgt nach einer OP sechs bis neun Monate.
Nach operativer Versorgung des vorderen Kreuzbandrisses darf das Bein für die nächsten vier Wochen zunächst nur mit 50 Prozent des Körpergewichts belastet und maximal bis 90° gebeugt werden. Für die Dauer von drei Monaten wird das Knie mithilfe einer Knieorthese entlastet und eine mehrwöchige Physiotherapie durchgeführt.
Nach einer Operation des hinteren Kreuzbands gilt: Zunächst darf das Bein nach der OP für sechs Wochen mit maximal 20 kg teilbelastet und nur in Bauchlage bis 90° gebeugt werden, aber nicht selbst aus eigener Kraft, sondern lediglich passiv. Für die nächsten zwölf Wochen sollte eine Orthese getragen werden, nachts wird diese gegen eine Orthese ohne Scharnier ausgetauscht. Sechs Wochen nach der Operation beginnt das fokussierte Training zur Stabilisierung des Kniegelenks.
Reha nach Kreuzbandriss
Die Rehabilitation erfolgt in mehreren Schritten:
- Schmerzlinderung, Schwellungsabbau, Thromboseprophylaxe
- Förderung passiver Bewegung
- Training der Muskulatur zur aktiven Stabilisierung, Wiedererlangen der Leistungsfähigkeit
- Schmerzfreiheit und Sicherheit im Kniegelenk
Durch eine Operation gelingt es 80 Prozent der Betroffenen, wieder auf ihr vorheriges Sport- und Aktivitätsniveau zu gelangen. Neben den üblichen OP-Risiken (zum Beispiel Infektionen) kann es zu Bewegungseinschränkungen und einer bleibenden Instabilität kommen.
Wie lange kein Sport nach einer Kreuzbandriss-OP?
In Abhängigkeit von Schmerzen und Schwellung kann – sofern die Beweglichkeit es zulässt – ab der vierten Woche nach der OP wieder mit Schwimmen und Radfahren angefangen werden und nach drei Monaten mit Lauftraining auf ebenem Untergrund. Sportarten mit Belastung durch Drehbewegungen im Knie sollten für mindestens sechs Monaten vermieden werden. Wer Risikosportarten betreibt, sollte ein Jahr lang Pause einlegen, um einen erneuten Bänderriss zu vermeiden.
Prognose: Wie schlimm ist ein Kreuzbandriss?
Ein Kreuzbandriss geht nicht immer unbemerkt am Körper vorüber und kann zu Spätfolgen führen. So kann er etwa das Risiko für Schäden an Meniskus und Gelenkknorpel erhöhen. Bei instabilen Bändern und daher erhöhter Beweglichkeit des Unterschenkelknochens gegenüber dem Oberschenkelknochen, kommt es zu einem Verschieben der Gelenkflächen und zu vermehrter Belastung der Menisken und des Gelenkknorpels. Ebenso ist das Risiko größer, später eine Arthrose im Kniegelenk zu bekommen.