Morbus Bechterew
Morbus Bechterew gehört zur Gruppe der entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen. In medizinischen Fachkreisen wird Morbus Bechterew auch als Spondylitis ankylosans bezeichnet. Spondylitis bedeutet dabei, dass eine Entzündung an den Wirbelkörpern vorliegt, während ankylosans die Neigung zur Versteifung beschreibt. Betroffene berichten häufig über chronische Rückenschmerzen, die morgens besonders stark ausgeprägt sind. Der Verlauf dieser unheilbaren Erkrankung ist sehr variabel. Durch verschiedene Therapiemöglichkeiten können die Beschwerden der Betroffenen gemildert und das Voranschreiten der Erkrankung verlangsamt werden.
Was ist Morbus Bechterew?
Der Morbus Bechterew (M. Bechterew) ist ein Vertreter der sogenannten Spondylarthritiden. Diese Erkrankungen fallen in den Bereich der Rheumatologie. Aus bis jetzt noch nicht völlig geklärten Ursachen kommt es zu Entzündungen im Bereich der Wirbelkörper. Diese Inflammationen führen über Jahre dazu, dass Knochen umgebaut werden und die dazugehörigen Gelenke versteifen. Die Wirbelsäule ist am häufigsten betroffen, es können jedoch auch andere Gelenke befallen sein.
Gemeinsam haben diese Spondylarthritiden eine genetische Komponente. Bei 90 bis 95 Prozent aller von Morbus Bechterew Betroffenen kann man eine Veränderung im Protein HLA-B27 nachweisen. HLA ist Englisch und steht für "human leukocyte antigen". HLA-B27 ist also ein Protein, welches sich hauptsächlich auf den Leukozyten (den weißen Blutkörperchen) befindet. Da die Leukozyten für unsere Immunantwort verantwortlich sind, besagt eine Theorie zur Entstehung von M. Bechterew, dass bei einem Defekt im Protein HLA-B27 die Leukozyten nicht richtig funktionieren und es so zu entzündlichen Prozessen im Bereich der Wirbelsäule kommt.
Die Veränderung im HLA-B27 Protein ist vererbbar und somit auch das Risiko, an Morbus Bechterew zu erkranken.
Wie beginnt Morbus Bechterew?
Häufig beginnt die Krankheit zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Männer sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Nach aktuellen Studien geht man davon aus, dass in etwa 0,5 Prozent aller Menschen in Mitteleuropa in ihrem Leben am Morbus Bechterew erkranken. Allerdings kommt es nur bei ungefähr 50 Prozent zu einer Diagnose, da nicht bei jedem die Symptome stark ausgeprägt sind und die Erkrankung in vielen Fällen mild verläuft.
Das häufigste Frühsymptom ist Rückenschmerz, der mehrere Wochen anhält. Die Schmerzen sind vornehmlich im unteren Rücken lokalisiert und treten auch in der Nacht auf. Sehr typisch für die Rückenschmerzen bei Morbus Bechterew ist der Umstand, dass sich die Schmerzen nach Bewegung bessern.
Daneben kann es zu Schmerzen im Bereich der Sehnenansätze kommen (Enthesiopathien).
Welche Symptome hat man bei Morbus Bechterew?
Da der Morbus Bechterew eine sogenannte Systemerkrankung ist, gibt es neben den typischen Rückenschmerzen noch einige weitere Symptome und Begleiterkrankungen. Dazu zählen:
- Müdigkeit
- Schmerzen in verschiedenen Gelenken, zum Beispiel in Hüfte, Schulter oder Knie
- Fieber
- Fersenschmerz
- Gewichtsverlust
- Hautveränderungen wie eine Psoriasis vulgaris
- verminderte Knochendichte und dadurch höheres Frakturrisiko
- Schmerzen im Iliosakralgelenk (Kreuzbein-Darmbein-Gelenk)
- Entzündung der Augen (Uveitis anterior)
- entzündliche Veränderungen des Magen-Darm-Trakts
- Entzündung der Vorsteherdrüse bei Männern (Prostatitis)
Wie diagnostiziert man einen Morbus Bechterew?
Bei Verdacht auf Morbus Bechterew stehen dem*der Arzt*Ärztin verschiedene Methoden zur Verfügung, um die Erkrankung zu diagnostizieren.
Im MRT kann man am besten die entzündlichen Prozesse in den Gelenken erkennen. Aus diesem Grund ist dieses Verfahren gut für die Frühdiagnostik geeignet.
In der Untersuchung der Blutwerte können einige entzündliche Parameter, wie das CRP (C-reaktives Protein) oder die BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) auf Morbus Bechterew hinweisen. Viel genauer ist die Bestimmung des bereits erwähnten Antigens HLA-B27.
Das klassische Röntgen eignet sich gut, um die später auftretenden Veränderungen an der Wirbelsäule darzustellen. Im Endstadium kann es durch die entzündlichen Veränderungen zu einer sogenannten "Bambusstabwirbelsäule" kommen. Hierbei bildet der Körper über die Jahre kleine, knöcherne Anbauten (Syndesmophyten), die die einzelnen Facettengelenke der Wirbelsäule miteinander verbinden. Durch diese Verbindung kann sich die Wirbelsäule aber kaum noch bewegen und die Betroffenen steifen ein.
Welche weiteren Tests führt man bei Morbus Bechterew durch?
Für Ärzt*innen ist es wichtig zu wissen, wie beweglich die Wirbelsäule einer Person mit Morbus Bechterew noch ist. Dazu gibt es verschiedene Methoden. Eine Möglichkeit besteht darin, dass mit einem Messband evaluiert wird, wie weit sich jemand nach vorne oder nach hinten beugen kann.
Schreitet die Krankheit unbehandelt fort, entwickeln Morbus Bechterew Betroffene eine typische Haltung. Tendenziell krümmt sich die Wirbelsäule nach vorne und steift so ein. Dadurch fällt es den Betroffenen immer schwerer, sich gerade aufzurichten. Im Endstadium laufen Menschen mit Morbus Bechterew in gekrümmter, vornübergebeugter Haltung, die so stark ausgeprägt sein kann, dass Betroffene mit ihrem Gegenüber nicht mehr in Blickkontakt treten können.
Welche Behandlungen gibt es bei Morbus Bechterew?
Um dem Fortschreiten der Erkrankung entgegenzuwirken, existieren verschiedene Behandlungsansätze. Am wichtigsten ist die Physiotherapie. Menschen mit Morbus Bechterew benötigen ihr ganzes Leben lang physiotherapeutische Behandlung, um einerseits die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten und andererseits die Schmerzen zu bessern. Die meisten Übungen kann man dabei zu Hause durchführen. Regelmäßige Treffen mit dem*der Physiotherapeut*in stellen dabei sicher, dass die Übungen korrekt ausgeführt werden.
Eine weitere wichtige Säule in der Therapie sind die Schmerzmedikamente, wie zum Beispiel Ibuprofen. Dieses Medikament gehört zur Gruppe der NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika) und wirkt sowohl entzündungshemmend als auch schmerzlindernd. Tritt ein akuter Schub der Krankheit auf, kann es sein, dass Ibuprofen auch für mehrere Wochen am Stück gegeben wird.
Weitere Medikamente und Maßnahmen, die in der Therapie des Morbus Bechterew eingesetzt werden, sind:
- Kortikosteroide gegen die Entzündung
- Biologika, um die fehlerhafte Immunantwort zurückzufahren
- Wärme- und Kälteanwendungen
- Massagen
- Elektrotherapie
- Haltungsschulungen
- Operationen im Ausnahmefall (zur Begradigung der Wirbelsäule)
Wie wirkt sich Morbus Bechterew auf den Beruf aus?
Durch die zunehmende Versteifung der Wirbelsäule und die chronischen Schmerzen können Betroffene in ihrer beruflichen Tätigkeit eingeschränkt werden, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Um dies zu erfassen, werden Betroffene nach der Internationalen Klassifikation für Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) beurteilt. Abhängig von der Stärke der Beschwerden können sie so als schwerbehindert eingestuft werden.
Fällt der Arbeitsalltag Betroffenen immer schwerer, kann ein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gestellt werden. Genauere Informationen erhält man bei der Deutschen Rentenversicherung.
Wie gefährlich ist Morbus Bechterew?
Obwohl der Morbus Bechterew eine unheilbare Erkrankung ist, ist die Lebenserwartung nicht eingeschränkt. Die Krankheit kann bei jedem unterschiedlich verlaufen. Es gibt Fälle, in denen es durch starke Schübe zu rascher Verschlechterung der Beweglichkeit kommt, und andere Fälle, in denen die Betroffenen kaum etwas von ihrer Erkrankung bemerken.
Entscheidend ist, dass sich Betroffene regelmäßig körperlich betätigen. Durch die physiotherapeutischen Übungen kann man möglichst lange ein aktives Leben gestalten. Bezüglich Ernährung gibt es keine spezielle "Bechterew-Diät", mit der nachweislich der Verlauf verbessert werden kann. Eine gesunde und ausgewogene Kost im Zusammenspiel mit körperlicher Aktivität kann sich aber positiv auf die Krankheit auswirken.