Blinddarmentzündung: Symptome erkennen und Erkrankung behandeln
Eine Blinddarmentzündung oder Appendizitis ist eine Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis), eines kleinen Anhängsels am Blinddarm. Der Name Blinddarmentzündung ist zwar allgemein gebräuchlich, aber eigentlich nicht zutreffend, da sich die Entzündung nur auf den Wurmfortsatz, der dem Ende des Blinddarms anhängt, beschränkt. Welche Ursachen eine Entzündung dieses Wurmfortsatzes haben kann, welche Symptome sie auslöst und ob es einen Test gibt, mit dem sich eine Blinddarmentzündung erkennen lässt, das und mehr lesen Sie im Folgenden.
Welche Ursachen hat eine Blinddarmentzündung?
Die genauen Auslöser einer Blinddarmentzündung sind noch nicht geklärt. Vermutlich kann eine Verstopfung des Wurmfortsatzes dessen Entzündung fördern. Der Appendix hängt wie ein Wurm am Blinddarm und hat einen Durchmesser von circa einem Zentimeter. Aufgrund der Enge im Bereich der Mündung kann es leicht zu einem mechanischen Verschluss kommen, beispielsweise durch:
- Kotsteine (verhärtete Stuhlbrocken)
- Kirschkerne sowie andere Obstkerne oder Fremdkörper
- Wurmbefall
- alte Narben
- Knicke bei Verwachsungen
- geschwollene Lymphknoten
- selten Tumoren
Aber auch bei einer Entzündung des übrigen Darms, bei einer Mandelentzündung, Grippe, Masern oder Scharlach können über das Blut Krankheitserreger in den Wurmfortsatz gelangen.
Seine Mündung verschließt sich dann durch das Anschwellen des Gewebes. Dadurch stauen sich Sekrete an und die damit verbundene Ansammlung von Bakterien aus dem Dickdarm führt zu einer heftigen Reaktion, da der Appendix nicht wie der übrige Darm der Verdauung dient, sondern ein Organ der Infektabwehr ist.
Darüber hinaus stehen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn, im Verdacht, eine Entzündung des Blinddarms zu begünstigen.
Blinddarmentzündung: Symptome erkennen
Eine Blinddarmentzündung kann typische Symptome verursachen, doch da diese nicht immer auftreten, ist die Entzündung oftmals nicht leicht zu erkennen.
Die Symptome entwickeln sich innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach Beginn der Entzündung. Klassischerweise zeigt sich dabei folgender Verlauf:
- Typischerweise kommt es zunächst zu Schmerzen im Bereich des Bauchnabels oder darüber, welche meist das erste Anzeichen darstellen. Je nach Lage des Appendix (beispielsweise im kleinen Becken oder zwischen den Dünndarmschlingen) sind aber auch Schmerzen im Rücken, in der Flanke oder im Intimbereich möglich.
- Diese Bauchschmerzen verlagern sich innerhalb weniger Stunden in den rechten Unterbauch, die Bauchdecke ist angespannt.
- Am sogenannten Mac-Burney-Punkt (zwischen Nabel und Beckenkamm rechts) sind die Anzeichen einer lokalen Bauchfellentzündung mit Abwehrspannung, lokalem Druck- und Klopfschmerz vorhanden. Bereits eine leichte Berührung ist sehr schmerzhaft.
- Es kommt außerdem zu Übelkeit, die öfter mit Erbrechen und Appetitlosigkeit einhergeht.
- Auch Fieber tritt bei einer Blinddarmentzündung häufig auf.
- Mitunter ist die Darmtätigkeit eingeschränkt und es kommt zu Verstopfung.
Tests bei Verdacht auf Blinddarmentzündung
Ein paar Tests können dabei helfen, eine Blinddarmentzündung besser zu erkennen:
- Bei einer Blinddarmentzündung können sich die Schmerzen im rechten Unterbauch beim Gehen oder Hüpfen verschlimmern, vor allem wenn das rechte Bein belastet wird. Teils beginnen Betroffene deshalb leicht zu hinken.
- Liegt man auf dem Rücken, sollte man das rechte Bein anheben und Richtung Körper ziehen. Auch in diesem Fall kann eine Verstärkung der Unterbauchschmerzen ein Hinweis auf eine Blinddarmentzündung sein.
- Wird mit der Hand etwas Druck auf den rechten Unterbauch ausgeübt, verstärken sich die Schmerzen. Auch nach dem Wegziehen der Hand werden die Beschwerden nicht direkt besser, sondern verschlimmern sich kurz (Loslass-Schmerz).
Blinddarmentzündung – wann zum Arzt?
Bei Verdacht auf eine Blinddarmentzündung sollten Sie unverzüglich ärztlichen Rat suchen oder direkt ins Krankenhaus fahren. Denn in vielen Fällen ist eine schnelle Operation erforderlich, um Komplikationen zu vermeiden. Darüber hinaus sollten Sie bis zur weiteren Abklärung nichts mehr essen, da dies die Beschwerden verschlimmern könnte.
Diagnose einer Appendizitis
Die Diagnose der akuten Appendizitis beruht auf der Krankengeschichte und der körperlichen Untersuchung. Während der oben beschriebene "klassische" Verlauf oft deutliche Hinweise auf eine Blinddarmentzündung liefern kann, kann es jedoch zu Abweichungen von diesem Verlauf kommen, insbesondere bei Kindern, Schwangeren und älteren Betroffenen. Auch für eine*n erfahrene*n Ärztin*Arzt ist es mitunter sehr schwierig, eine Blinddarmentzündung mit Sicherheit zu erkennen.
Folgende Anzeichen lassen sich bei der Untersuchung oftmals feststellen:
- Typisch ist Fieber mit einer Temperaturdifferenz von mehr als einem Grad Celsius zwischen Achselbeuge und After.
- Beim Abtasten des Bauches sowie oft auch bei der rektalen Untersuchung ist ein Druckschmerz feststellbar. Der Druckschmerz zeigt sich außerdem oft bei Druck auf einen bestimmten Punkt im rechten Unterbauch.
- Die Blutwerte zeigen zudem häufig Entzündungszeichen, beispielsweise in Hinblick auf die weißen Blutkörperchen oder das C-reaktive Protein (CRP).
- Bei einer Ultraschalluntersuchung wird oftmals der entzündete und geschwollene Wurmfortsatz sichtbar, in Einzelfällen kann auch eine Computertomografie (CT) nötig sein.
- Bei Kindern ist eventuell Durchfall, hohes Fieber, Appetitlosigkeit und eine frühe Verschlechterung des Allgemeinbefindens feststellbar.
- Bei älteren Patient*innen kann die Symptomatik abgeschwächt sein, jedoch mit einem rascheren Verlauf einhergehen.
- Während einer Schwangerschaft ist die Lage der Appendix verändert (er liegt meist höher im Bauchraum), sodass sich die Schmerzen untypisch äußern können. Außerdem werden Übelkeit und Unterleibsschmerzen häufiger als typische Schwangerschaftsbeschwerden fehlgedeutet.
Ausschluss anderer Erkrankungen
Andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie eine Blinddarmentzündung sind einige Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, wie eine Magenschleimhautentzündung, Magen-Darm-Grippe mit Durchfall, Entzündung der Gallenblase bei Steinleiden (Gallenkolik), Morbus Crohn und Nierenkolik.
Bei Frauen können ähnliche Beschwerden wie bei der Appendizitis durch eine Entzündung der Eileiter, Eileiter- oder Bauchhöhlenschwangerschaft, Endometriose, eine stielgedrehte Ovarialzyste und Schmerzen zur Zeit des Eisprungs verursacht werden. Daher sollte bei Frauen eine gynäkologische Erkrankung durch entsprechende Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Bei Kindern kann eine entzündliche Lymphknotenschwellung oder -entzündung in der Bauchhöhle (mesenteriale Lymphadenitis) oder eine zwerchfellnahe Lungenentzündung eine Appendizitis vortäuschen.
Behandlung meist durch Blinddarm-OP
Im Zweifelsfall wird jeder Befund, bei dem nach mehrstündiger Beobachtung eine Blinddarmentzündung nicht ausgeschlossen werden kann, operiert. Bei fortgeschrittenen Entzündungen wird mitunter zunächst eine Therapie mit Antibiotika und intravenöser Flüssigkeitsgabe eingeleitet, um die Entzündung zu bekämpfen, bevor die OP stattfinden kann.
Die Operation, bei der der Wurmfortsatz entfernt wird (Appendektomie), erfolgt durch Öffnen der Bauchdecken mit einem kleinen Schnitt am rechten Unterbauch. Bei stark übergewichtigen Betroffenen oder unklarer Diagnose wird der Schnitt größer und längs der Mitte des Unterbauches gelegt, da der*die Chirurg*in dann eine bessere Übersicht hat. Man bezeichnet dieses Verfahren als offene Blinddarmoperation.
Bei der sogenannten laparoskopischen Appendektomie werden optische Instrumente, also Kameras (Endoskopie), eingesetzt, wodurch nur drei kleine Schnitte erforderlich sind. Diese Methode wurde früher nur bei geplanten Eingriffen vorgenommen, etwa bei der Entfernung bei einer chronischen Blinddarmentzündung beziehungsweise nach mehrmaliger leichter Entzündung in einem beschwerdefreien Zeitraum. Mittlerweile wird diese Technik auch bei Notfällen eingesetzt und ist die gängigste OP-Methode.
In beiden Fällen ist eine Vollnarkose erforderlich. Um Sicherheit über die Ursache der Entzündung zu erhalten, wird das entfernte Gewebe immer im Labor untersucht.
Üblicherweise kann die betroffene Person vier bis fünf Tage nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen werden, sofern der Darm wieder normal funktioniert und das Allgemeinbefinden es zulässt. Danach sollte man sich anfangs schonen, üblicherweise erfolgt eine Krankschreibung für zwei bis drei Wochen.
Therapie ohne OP mit Antibiotika
Eine konservative Behandlung ohne Operation kann bei subakuter Appendizitis, also einer unkomplizierten Blinddarmentzündung, Anwendung finden. Unkompliziert ist die Erkrankung, wenn lediglich der Wurmfortsatz entzündet ist und sich noch kein Eiter gebildet hat. Das bedeutet für den Betroffenen Bettruhe, Nahrungskarenz (Verzicht auf Nahrung), Gabe von Antibiotika, Laborkontrolle und wiederholte Untersuchungen. Durchgeführt wird die Therapie für zwölf bis 24 Stunden. Sollte dann keine Besserung eintreten, ist auch in solchen Fällen eine Operation notwendig.
Auch bei Kindern kommt oft eine Therapie mit Antibiotika und Schmerzmitteln zum Einsatz. Zeigt diese nicht die gewünschten Erfolge, ist eine Operation erforderlich.
Obwohl die operative Entfernung des Wurmfortsatzes als Standardbehandlung bei einer Blinddarmentzündung gilt, deuten erste Studien darauf hin, dass in vielen Fällen die Gabe von Antibiotika ausreichend sein könnte. Sie ist jedoch nur für eine relativ kleine Gruppe von Betroffenen mit leichter Blinddarmentzündung geeignet.
Vorteil der Behandlungsmethode ist, dass auf eine Operation mit Narkose verzichtet wird und auch keine OP-Narbe entsteht. Da der Wurmfortsatz erhalten bleibt, besteht allerdings das Risiko, dass sich dieser erneut entzündet.
Komplikationen nach einer Blinddarmentzündung
Die unkomplizierte Blinddarmentzündung ist nach der Operation geheilt. In einigen Fällen kann es einige Jahre nach der Blinddarmoperation jedoch zu Verwachsungen im Bereich der Abtragungsstelle kommen, die dann zu einem mechanischen Darmverschluss führen können.
Auch kann es wenige Tage nach der Operation zu einem Abszess, also einer Eiteransammlung in der Bauchdecke (Bauchdeckenabszess) oder der Bauchhöhle (Douglas-Abszess), kommen.
Wurde eine Blinddarmentzündung nicht behandelt und ist von selbst wieder abgeklungen, können in der Folge Narbenbildungen und Verklebungen entstehen, die eine erneute Entzündung des Blinddarms begünstigen oder sogar einen Darmverschluss verursachen können.
Blinddarmdurchbruch
Die wichtigste Komplikation bei einer Blinddarmentzündung ist der Durchbruch des eitrigen Sekrets aus dem geschädigten Wurmfortsatz in die freie Bauchhöhle. Man spricht dann von einem Blinddarmdurchbruch. Im Schnitt kann es etwa ein bis eineinhalb Tage nach Beginn der Beschwerden zu einem Durchbruch des Blinddarms kommen. Im Moment des Durchbruchs kann die betroffene Person durch die Aufhebung des Sekretstaus kurzzeitig eine Erleichterung spüren, wobei die Schmerzen aber rasch wieder zunehmen. Durch die Streuung der Bakterien im Bauchraum kann es zu einer Bauchfellentzündung kommen, was akut lebensbedrohlich sein kann. Diese gefährliche Komplikation gilt es, durch eine rechtzeitige Behandlung (meist eine Operation) unbedingt zu verhindern.
Nach einem Durchbruch ist auch eine Abkapselung und Abgrenzung durch Verkleben mit dem "großen Netz" (Omentum majus, eine schürzenartig vor den Bauchorganen hängende, fettreiche Gewebestruktur) und umgebenden Dünndarmschlingen mit Eiterablagerungen möglich (Abszess). Diese Abszesse können die Darmtätigkeit beeinträchtigen und mitunter eine Darmlähmung verursachen.
Chronische Appendizitis
Ein Sonderfall ist die chronische Appendizitis. Dabei handelt es sich um eine unkomplizierte Blinddarmentzündung, die immer wieder auftritt, wobei die Beschwerden nach wenigen Tagen von selbst nachlassen.
Die Anzeichen der Erkrankung sind untypisch. Betroffene klagen häufig über wiederkehrende Unterbauchschmerzen und es kann zu einer Druckempfindlichkeit im rechten Unterbauch kommen. Andere Symptome treten meist nicht auf. Das erschwert die Diagnosestellung, die meist nur mithilfe von bildgebenden Verfahren gestellt werden kann.