Seniorenpaar beim Kaffeetrinken
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Zu wenig Flüssigkeit bei älteren Menschen

Von: Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V., Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 02.01.2019 - 17:05 Uhr

Was tut man, wenn man durstig ist? Einfache Frage, leichte Antwort: etwas trinken. Was aber, wenn der Körper Wasser braucht, ohne das zu signalisieren? Dies ist bei vielen älteren Menschen der Fall – unabhängig davon, ob sie zu Hause oder in einer Einrichtung der Altenpflege leben.

Flüssigkeitsmangel im Alter

Mundtrockenheit, trockene Schleimhäute oder schlaffe Haut sind Anzeichen einer unzureichenden Flüssigkeitszufuhr. Weitere Symptome wie Verstopfung, die veränderte Wirkung eines Medikaments, Verwirrtheit, Schwäche und Schwindel oder erhöhte Anfälligkeit für Infektionen werden nur selten mit Flüssigkeitsmangel in Verbindung gebracht, können aber Folgen von Austrocknung sein.

Gerade bei älteren Menschen werden jedoch fälschlicherweise oft andere Ursachen wie Herzerkrankungen oder Demenz vermutet. Lebensbedrohend wird es bei Bewusstlosigkeit, Kreislauf- oder Nierenversagen. Oftmals ist eine Einweisung ins Krankenhaus erforderlich. Doch soweit muss es nicht kommen.

Ausreichend trinken: kleiner Aufwand, großer Effekt

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt gesunden älteren Menschen eine regelmäßige tägliche Flüssigkeitszufuhr von 2,25 Litern. Davon sollten 1,5 Liter über Getränke, die restliche Menge über das Essen (Gemüse, Salate, Obst, Milchprodukte usw.) aufgenommen werden.

Bei Personen, die pflegebedürftig sind oder in Heimen wohnen, müssen entsprechende Angebote geschaffen und die Betreuer geschult werden. Für Senioreneinrichtungen und ambulante Pflegedienste hat die DGE Eckpunkte zur praktischen Umsetzung erstellt, um die Situation vor Ort zu verbessern.

Ältere Menschen trinken oft zu wenig

Mangelnde Gewohnheit, Angst vor nächtlichen Toilettengängen, Inkontinenz oder Prostataleiden (bei Männern) können wichtige Trinkhemmnisse sein. Für allein Lebende kann das Transportieren schwerer Getränke – ob vom Supermarkt nach Hause oder vom Keller in die obere Etage – zum Hindernis werden. Pflegebedürftige sind manchmal nicht mehr in der Lage, ihr Getränk zu erreichen, selbst wenn es direkt neben ihnen steht. Erschwerend kommt im Alter hinzu, dass häufig das Durstgefühl abnimmt.

Verliert die Niere mit zunehmenden Alter ihre Fähigkeit, den Harn zu konzentrieren, wird mehr Wasser ausgeschieden und die Gefahr des Austrocknens (Dehydration) steigt zusätzlich. Gleiches gilt bei einer erhöhten Protein- und Elektrolytzufuhr, bei starkem Schwitzen (zum Beispiel im Sommer, bei Fieber, in überheizten Räumen, bei körperlicher Anstrengung) aber auch bei Durchfall, Erbrechen und Einnahme von Abführ- oder Entwässerungsmitteln.

Mehr Trinken – wie geht das?

Leben Senioren mit ihrer Familie gemeinsam unter einen Dach, können Kinder und Enkelkinder mithelfen, das richtige Trinkverhalten zu trainieren. Schwieriger ist es in Heimen und in der Altenpflege. Den Mitarbeitern kommt hier eine besondere Verantwortung zu. Es ist deshalb sinnvoll, dass Mitarbeiter beziehungsweise Trägerinstitutionen von Senioreneinrichtungen und ambulanten Pflegediensten ein Getränkekonzept etablieren.

Wichtige Eckpunkte des Konzepts sollten sein:

  1. Altersgerechte Getränke anbieten: Besonders geeignet sind Trinkwasser, Mineralwasser, stilles Wasser, verdünnte Obstsäfte (Schorlen) sowie Früchte- und Kräutertees. Zwischen verschiedenen Kalt- und Heißgetränken sollte abgewechselt werden, die Vorlieben und Gewohnheiten der Bewohner sollten Berücksichtigung finden. Falls gewünscht, können zusätzlich – in Maßen – Kaffee, schwarzer Tee und gegebenenfalls am Abend Bier und Wein(schorlen) gereicht werden.
  2. Auch Suppen, Milch- und Buttermilchgetränke sowie Obst-, Gemüse- und Multivitaminsäfte leisten einen Beitrag zur Flüssigkeitsversorgung. Die Getränke sollten dabei über den Tag verteilt angeboten und getrunken werden. Wichtig ist, dass sie jederzeit erreichbar sind. Das Getränkeangebot muss der Stoffwechselsituation und dem Gesundheitszustand angepasst sein.
  3. Strukturelle Maßnahmen in der Einrichtung treffen: Neben der Frage, welche Getränke in Altenheimen angeboten werden, ist auch das "Wie" entscheidend. Ein für alle Heimbewohner zugänglicher Trinkplan erinnert an das regelmäßige Trinken zu bestimmten Zeiten. Bei Personen mit unbefriedigendem Trinkverhalten können Trinkprotokolle geführt werden. Eine Schulung der Mitarbeiter und eine individuelle Beratung der Senioren verbessern die Akzeptanz und die Umsetzung.
  4. Die Einrichtung von Selbstbedienungsmöglichkeiten für Getränke (zum Beispiel Getränkeoase) ist hilfreich.
  5. Leere Gläser und Becher sollten immer wieder aufgefüllt werden.
  6. Je weniger jemand isst, desto mehr sollte getrunken werden: Bei geringer Nahrungsaufnahme, kleinen Mahlzeiten oder seltener Mahlzeitenaufnahme fehlt das in der Nahrung enthaltene Wasser.
  7. Hilfs- und pflegebedürftige Senioren benötigen adäquate Hilfeleistung und Unterstützung beim Trinken. Spezielle Trinkgefäße empfehlen sich bei Bettlägerigen und das Anreichern der Getränke bei Geschwächten beziehungsweise bei verminderter Energie- und Nährstoffaufnahme.
  8. Auf die Flüssigkeitsversorgung von (vermeintlich) selbständigen Bewohnern achten.
  9. Demenzkranke greifen häufiger zum Becher, wenn sich in ihm eine gefärbte oder farbige Flüssigkeit befindet.

Trinkplan für Senioren

So könnte ein möglicher Tages-Trinkplan für Senioren aussehen:

MahlzeitGetränkeTrinkmenge
Frühstück2 Tassen Milchkaffee, Tee oder Kakao250 ml
Zwischenmahlzeit1 Glas Fruchtsaftschorle oder Buttermilch200 ml
Mittagessen1 Glas Mineralwasser
1 Teller Suppe

200 ml
150 ml

Zwischenmahlzeit1 große Tasse Tee oder Milchkaffee200 ml
Später Abend1 Saftschorle, Mineralwasser oder gegebenenfalls 1 Glas Bier beziehungsweise Wein(schorle)200 ml
Gesamtmenge(dazu kommt noch die Flüssigkeit, die über die Nahrung zugeführt wird)1.500 ml

Wann zu viel trinken schaden kann

Eine Begrenzung der Flüssigkeitsmenge, gegebenenfalls sogar eine Bilanzierung kann bei Patienten mit (starker) Herzinsuffizienz beziehungsweise Störungen der Flüssigkeitsausscheidung (zum Beispiel bestimmte Nierenschädigungen) erforderlich sein.

Hier ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt unerlässlich.