Diabetische Nephropathie – Diabetes und Niere
Bei der diabetischen Nephropathie spielen die Früherkennung und Therapie eine essentielle Rolle. Denn wird die Störung der Niere zu spät erkannt, kann sie chronisch werden. Einer Nierenschädigung bei Diabetikern vorzubeugen beziehungsweise sie zu behandeln, ist sehr gut möglich, wenn Kontrollmaßnahmen (gute Blutzuckereinstellung, optimaler Blutdruck, Kontrolle auf Mikroalbumine) und eine adäquate Behandlung erfolgen. Wird eine Nierenschädigung jedoch zu spät bemerkt, kann sie nicht mehr rückgängig gemacht werden und mündet unweigerlich in einem Nierenversagen.
Die diabetische Nephropathie gehört zu den häufigsten Folgeerkrankungen von Diabetes. Diabetes-Typ-1 und Diabetes-Typ-2-Patienten sich gleichermaßen mit einer Häufigkeit von 20 bis 40 Prozent betroffen. Die Erkrankung der Niere stellt in Deutschland mittlerweile mit etwa 35% die häufigste Ursache für ein dauerhaftes Versagen der Nierenfunktion dar.
Welche Aufgabe haben die Nieren?
Die Nieren haben in unserem Körper wichtige Funktionen zu erfüllen. Sie entgiften den Körper von den im Stoffwechsel anfallenden Schlacken, kontrollieren den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, die Menge und Zusammensetzung des Blutes sowie den Blutdruck. Außerdem sorgt die Niere dafür, dass im Blut immer genügend rote Blutkörperchen vorhanden sind.
Vereinfacht gesagt erfolgt die Filteraufgabe der Nieren in zwei Schritten: Zuerst wird das Blut in den sogenannten Nierenkörperchen gefiltert. Durch die feinen Poren der Nierenkörperchen gehen jedoch neben den Abfallstoffen auch viele andere Stoffe, die der Körper benötigt, mit durch. Deshalb schließt sich ein zweiter Schritt an, nämlich die Rückgewinnung der für den Körper wertvollen und lebensnotwendigen Stoffe.
Ursachen der diabetischen Nephropathie
Bei Menschen mit Diabetes – sowohl bei Typ 1 als auch bei Typ 2 – kann es durch anhaltend hohe Blutzuckerwerte beziehungsweise genetische Veranlagung zu einer Veränderung der kleinen Gefäße der Niere kommen. Die Filterleistung der Niere nimmt immer mehr ab und damit auch die Entgiftungskapazität. Es kommt zu einer sogenannten diabetischen Nephropathie.
Doch was begünstigt eine diabetische Nephropathie? Folgende Faktoren erhöhen das Risiko für die Entstehung einer solchen Nierenschädigung:
- Bluthochdruck (Hypertonie)
- schlechte Blutzuckereinstellung
- lange Diabetesdauer, genetische Veranlagung
- hohe Eiweißzufuhr, erhöhte Blutfettwerte
- Zigarettenrauchen
Diabetische Nephropathie: Symptome
Diabetiker merken selbst nicht, wenn ihre Nieren mit der Zeit geschädigt werden, da sie keine Schmerzen verspüren und sich auch der Urin nicht sichtbar verändert. Erst in einem fortgeschrittenen Stadium, nach einigen Jahren, kann es zu spürbaren Symptomen kommen. Dazu gehören:
- Blutarmut (Anämie)
- Müdigkeit, Erschöpfung und Leistungsschwäche
- Kopfschmerzen
- Juckreiz
- Gewichtszunahme
- Wassereinlagerungen (Ödeme), vor allem in den Beinen
- schäumender Urin
- Übelkeit oder Erbrechen
- Bluthochdruck
- erhöhte Bluttfettwerte
- Verfärbung der Haut (milchkaffeefarben)
- Störungen im Wasser- Salzhaushalt
- Infektanfälligkeit
Diagnose der diabetischen Nephropathie
Je früher die Krankheit erkannt wird, umso effektiver kann einer Verschlechterung entgegengewirkt werden. Jeder Diabetiker sollte deshalb sein Augenmerk auch auf seine Nieren lenken. Liegt ein Diabetes vor, werden regelmäßig zwei Werte kontrolliert, um eine diabetische Nephropathie so früh wie möglich zu diagnostizieren: zum einen der Albuminwert im Urin und zum anderen der Kreatininwert.
Kontrolle der Urin-Albumin-Ausschüttung
Erstes Anzeichen einer beginnenden Nephropathie sind kleinste Spuren von Eiweiß im Urin. Man bezeichnet dies als die sogenannte Mikroalbuminurie (20-200 mg Albumin/Liter Morgenurin). Sie ist somit der wichtigste Faktor zur Früherkennung einer diabetischen Nierenerkrankung.
Die Urin-Albumin-Ausschüttung sollten bei Diabetikern deshalb einmal jährlich kontrolliert werden. Bei Typ-1-Diabetikern ab fünf Jahre nach Diabetesmanifestation, bei Typ-2-Diabetikern jedoch bereits ab der Diagnosestellung. Auch dann, wenn noch keine Anzeichen für eine diabetische Nephropathie vorliegen.
Der Nachweis ist mittels spezieller Teststreifen frühzeitig und einfach möglich. Dabei wird an drei Tagen innerhalb von mehreren Wochen der erste Morgenurin getestet. Zur Diagnose einer Nephropathie wird von mindestens zwei der drei Morgenurine eine Konzentration von > 20 mg Albumin/Liter gefordert.
Das nächste Stadium ist charakterisiert durch eine größere Menge an Eiweiß im Harn, die sogenannte Makroalbuminurie (mikros: klein, gering; makros: groß, viel). Besteht erst einmal eine anhaltende Makroalbuminurie (> 300 mg/l Albumin/24 h Urin), kann das Fortschreiten der Nierenerkrankung durch entsprechende Medikamente in den meisten Fällen nur noch eingedämmt werden, ist also nicht mehr umkehrbar.
Erhöhter Kreatininwert kann auf Nephropathie hindeuten
Zur möglichst frühzeitigen Diagnose einer Nierenerkrankung sollte ebenfalls die Filterleistung der Nieren in regelmäßigen Abständen überprüft werden, optimalerweise einmal jährlich. Liegt eine Funktionsstörung der Niere vor, zeigt sich das durch erhöhte Kratininwerte im Blutplasma und Urin. Kreatinin ist ein Produkt des Muskelstoffwechsels.
Je mehr die Entgiftungsleistung der Nieren eingeschränkt ist, umso höher das Kreatinin. Zusammen mit dem Kreatininspiegel, Körpergewicht, Alter und Geschlecht wird die Filterleistung der Niere bestimmt.
Bei Neudiagnose Diabetes immer auch die Nieren checken
Vor allem bei älteren Menschen bleiben erhöhte Blutzuckerwerte häufig über einen sehr langen Zeitraum unentdeckt und auch die Diagnose einer Diabeteserkrankung erfolgt oft erst nach Jahren. Deshalb sollte beim Bekanntwerden eines Diabetes immer auch immer abgeklärt werden, ob eventuell auch bereits die Nierenfunktion eingeschränkt ist.
Folgen einer diabetischen Nephropathie
Die Krankheit verläuft in fünf Stadien, von denen das letzte Stadium die chronische Niereninsuffizienz ist. Beinahe jeder dritte Diabetes-Patient entwickelt im verlauf der Erkrankung eine Nierenfunktionsstörung mit unterschiedlich starker Ausprägung. Unbehandelt kann die diabetische Nephropathie bei etwa einem Drittel der Betroffenen in einem Nierenversagen enden.
In Deutschland kommen jedes Jahr mehrere Tausend diabetische Patienten neu an die Dialyse. Diabetes mellitus ist damit die häufigste Ursache für ein chronisches Nierenversagen.
Therapie und Behandlung der diabetischen Nephropathie
Bereits im Stadium einer Mikroalbuminurie sind angemessene therapeutische Maßnahmen erforderlich, um den Übergang in die chronische, also nicht mehr rückgängig zu machende, Form des Nierenschadens zu verhindern. Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Liegt bereits eine diabetische Nephropathie vor, erfolgt die Kontrolle und Dokumentation der Mikroalbuminurie engmaschiger als bei der prophylaktischen Untersuchung zur Frühdiagnostik, etwa alle drei bis sechs Monate.
- Bei nierenkranken Diabetikern sollten möglichst niedrige Blutdruckwert (120/80 mmHg) angestrebt werden. Denn: Je niedriger der Blutdruck, desto besser arbeitet die Niere. Bewährt haben sich hier die sogenannten ACE-Hemmer und die Angiotensin-II-Antagonisten. Die Betroffenen profitieren durch einen niedrigeren Blutdruck nicht nur durch ein langsameres Voranschreiten der Nierenerkrankung, sondern auch durch die Senkung der Häufigkeit von Schlaganfällen und Herzinfarkten. Der Grund: Ein hoher Blutdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Erkrankungen und Todesfälle an Herz und Gehirn.
- Auch der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin kann ein Fortschreiten der diabetischen Nephropathie verlangsamen. Dieses Medikament gilt als sehr bedeutsam zur Therapie der diabetischen Nierenerkrankung. SGLT-2-Hemmer verringern die Aufnahme von Kohlenhydraten im Blut, weshalb weniger Glukose zur Energiegewinnung zur Verfügung steht. Gibt es keine Glukose mehr zu verstoffwechseln, schaltet der Körper seinen Stoffwechsel um und beginnt, Fett zur Energiegewinnung heranzuziehen. Im diesem Zustand der Ketose ist die Konzentration von Natrium-Ionen und Chlorid-Ionen erhöht, was auch den Staudruck in den Nierenkörperchen verringert. Dadurch verringert sich ebenfalls die Hyperfiltration der Niere. Mediziner gehen davon aus, dass alleine dieser Effekt von Empagliflozin das Fortschreiten der diabetischen Nephropathie bremst.
- Blutzucker optimal einstellen und anhand des HbA1c-Wertes (unter 7,0 Prozent beziehungsweise unter 53 mmol/mo) die Langzeiteinstellung überprüfen.
- Infektionsgefahr der ableitenden Harnwege verringern sowie auf engmaschige augenärztliche Kontrollen achten.
- Auf Rauchen und Alkoholgenuss sollte verzichtet werden.
- Der Abbau von Übergewicht ist eine wichtige Therapiemaßnahme. Schon eine geringe Gewichtsabnahme kann eine deutliche Verbesserung der Blutdruck- und Stoffwechseleinstellung bewirken. Beim Abnehmen können weiterhin helfen:
- Ein aktiver Lebensstil mit viel Bewegung kann helfen, die Blutdruckwerte gering zu halten und überschüssiges Körpergewicht zu reduzieren.
- Ballaststoffreiche, ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse.
Ernährung bei diabetischer Nephropathie
Eine Ernährungsanpassung kann nicht nur für den Verlauf der Diabetes-Grunderkrankung selbst, sondern auch für die diabetische Nephropathie einen großen Nutzen haben. Im ersten Schritt ist ein niedriger Blutzuckerwert anzustreben und Übergewicht sowie seinen Folgeerkrankungen entgegenzuwirken.
Auch eine salzarmer Speiseplan sowie der Verzicht auf Nikotin sind in jedem Fall empfehlenswert. Ebenso sind allgemeingültige Empfehlungen, die den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen können, zu beachten. Außerdem sollten Betroffene Fertiggerichten meiden und auch anstelle von tierischen Fettquellen besser auf vollwertige, hochwertige pflanzliche Öle, Nüsse, und Samen setzen.
Erhöhte Proteinzufuhr: ratsam oder nicht?
Im Falle der diabetischen Nephropathie gibt es widersprüchliche Empfehlungen bezüglich der Proteinzufuhr. Oft halten sich Diabetiker an die Empfehlung einer erhöhten Proteinzufuhr, die für eine Gewichtsreduktion hilfreich sein kann.
Doch eine erhöhte Eiweißzufuhr gilt auch als Risikofaktor für das Fortschreiten der diabetischen Nephropathie, da eine solche auch eine erhöhte Filterleistung der Niere erfordert. Deshalb kann es für einige Patienten auch sinnvoll sein, eiweißreiche, tierische Lebensmittel gegen eiweißarme, vorwiegend pflanzliche Lebensmittel auszutauschen.
Was sollten Betroffene essen?
Eine nierenschonende Ernährung enthält für die meisten Patienten viel Gemüse und allgemein viele pflanzliche Lebensmittel, da sich diese günstig auf den Blutzuckerspiegel auswirken, Entzündungen entgegenwirken sowie die Säurelast im Körper verringern.
Dialysepatienten profitieren oft von einer fettreichen Ernährung, da Fette im Vergleich zu Kohlenhydraten mehr Energie und weniger Kalium beinhalten.
Da die Empfehlungen zur optimalen Ernährung je nach Krankheitsstadium und -verlauf bei der diabetischen Nephropathie extrem schwanken können, ist meist die Beratung durch einen geschulten Ernährungsberater oder -mediziner sinnvoll. Liegt etwa bereits eine dialysepflichtige Nephropathie vor, liegt der Fokus häufig eher darauf, einer Mangelernährung gegenzusteuern.