Neurodermitis und Stress: Welche Rolle spielt die Psyche?
Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben verläuft. Unterschiedliche Auslöser werden mit dem Auftreten und der Stärke dieser Schübe in Verbindung gebracht. Neben der Ernährung oder allergischen Reaktionen werden auch immer wieder psychische Belastungen wie Stress als Trigger-Faktoren von Neurodermitis diskutiert. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der psychischen Verfassung und Neurodermitis und falls ja, was können Betroffene tun, um diesen positiv zu beeinflussen?
Beziehung zwischen Haut und Psyche
Die Haut ist wegen ihrer vielfältigen und komplexen Aufgaben nicht nur das größte, sondern neben dem Gehirn auch eines der wichtigsten Organe des Menschen. D Ein gesundes Hautbild trägt nicht nur zum körperlichen Wohlbefinden und einer gesteigerten Lebensqualität bei, auch aus ästhetischen Gründen spielt es bei vielen Menschen eine große Rolle. Ist das Hautbild durch eine Erkrankung gestört, kann dies also auch negative Auswirkungen auf die Psyche einer Person haben – und umgekehrt.
Ein Zusammenhang zwischen Hautgesundheit und psychischer Gesundheit konnte auch durch eine europäische Studie aus dem Jahr 2014 bestätigt werden. In deren Rahmen wurden 3.600 Teilnehmende mit Hauterkrankungen untersucht. Das Ergebnis: 29 Prozent neben ihrer Hauterkrankung auch an psychischen Problemen. Haut und Psyche stehen also in enger wechselseitiger Verbindung zueinander.
Warum beeinflusst die Psyche die Haut?
Dies hängt mit unserer Entwicklungsgeschichte zusammen, denn die Haut entwickelt sich beim Embryo aus demselben Keimblatt, also Gewebecluster, wie das Nervensystem. Sie stellt außerdem die Grenze und die Verbindung zu unserem Umfeld dar. Dies macht sich in vielen Bereichen bemerkbar: So kann die Berührung der Haut, beispielsweise beim Kraulen oder Streicheln, positive Empfindungen hervorrufen, ist uns etwas peinlich, erröten wir und sind wir aufgeregt oder ängstlich, bekommen wir eine Gänsehaut.
Bedeutung psychischer Faktoren bei Neurodermitis
Ob psychische Probleme zur Entstehung einer Neurodermitis beitragen können, ist wissenschaftlich noch nicht geklärt. Wie bereits erwähnt, kann jedoch eine wechselseitige Beeinflussung von Psyche und Auftreten sowie Stärke der Beschwerden entstehen.
So kann Stress nachweislich Schübe bei Neurodermitis auslösen oder verstärken. Ursächlich sind hier vermutlich immunologische Reaktionen. Bei Stress erhöht sich häufig die Zahl der weißen Blutkörperchen sowie bestimmter Immunbotenstoffe, sogenannter Zytokine. Beide sind bei Neurodermitis an der Entstehung von Entzündungsprozessen beteiligt.
Auch neigen Menschen bei Stress oder in anderen emotional belastenden Situationen stärker dazu, auf Juckreiz zu reagieren. Kratzen sich Betroffene mit Neurodermitis, verstärkt diese mechanische Reizung die Entzündungen, was wiederum mehr Juckreiz hervorruft – ein Teufelskreis entsteht.
Hinzu kommt der ästhetische Aspekt: Durch entzündete Hautstellen und selbst zugefügte Kratzwunden fühlen sich Menschen mit Neurodermitis häufig weniger attraktiv. Auch werden Betroffene immer wieder mit der Angst von Mitmenschen vor einer vermeintlichen Ansteckung konfrontiert. Juckreiz und Entzündungen können zudem Schlaflosigkeit und Unruhe verursachen, was die negativen psychischen Folgen einer Neurodermitis, wie Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche und Stimmungsschwankungen, weiter verstärkt.
Neurodermitis durch Stress: Was hilft?
Da man heute weiß, dass eine Neurodermitis durch psychische Stress-Situationen verstärkt werden kann, muss jedes gute Therapiekonzept auch auf die psychosomatischen Faktoren eingehen.
Folgende Tipps können dabei helfen, die Auswirkungen negativer psychischer Faktoren auf den Verlauf von Neurodermitis möglichst gering zu halten:
- Therapeutische Hilfe suchen: Psychotherapeutische Beratung kann helfen, Stress und andere negative Emotionen abzubauen oder besser mit ihnen umzugehen. Auch können alternative Verhaltensweisen zum Kratzen trainiert werden.
- Entspannungstechniken anwenden: Methoden wie Yoga, Tai Chi oder autogenes Training können im Alltag dabei helfen, Spannungszustände abzubauen.
- Kratz-Tagebuch führen: In einem Tagebuch kann vermerkt werden, wann der Juckreiz verstärkt auftritt. So lassen sich psychische und andere Auslöser (wie Lebensmittelallergien) besser unterscheiden.
- Nicht unter Druck setzen: Betroffene bauen oft Druck und Schuldgefühle auf, wenn sich die Neurodermitis verschlechtert. Dies kann aber selbst dann geschehen, wenn alle Behandlungsempfehlungen eingehalten werden. Auch hier kann eine Therapie oder eine Selbsthilfegruppe dabei helfen, diese Gefühle besser zu verarbeiten.