Tabletten zur Behandlung von HIV / AIDS
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HIV und AIDS behandeln

Von: Kathrin Mehner (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 01.09.2020

AIDS ist bis heute nicht heilbar, dank verschiedenster Medikamente aber mittlerweile meist gut zu behandeln. Die Medikamente hindern das HI-Virus, das die Immunschwäche auslöst, an der Vermehrung. Durch eine regelmäßige Medikamenteneinnahme kann die Konzentration der Viren so gering gehalten werden, dass die Erkrankung selbst sich kaum oder gar nicht bemerkbar macht. Allerdings können durch die Behandlung selbst Nebenwirkungen auftreten. Erfahren Sie hier mehr über die verschiedenen AIDS-Medikamente, mögliche Nebenwirkungen der Therapie und die Kosten der Behandlung.

HIV positiv und AIDS – wo liegt der Unterschied?

HIV positiv und AIDS werden oft synonym verwendet – ganz korrekt ist dies jedoch nicht. HIV positiv bedeutet lediglich, dass eine Infektion mit dem HI-Virus vorliegt. Erst wenn die Krankheit ausbricht, wird von AIDS gesprochen. Die Abkürzung steht für den englischen Begriff "Acquired Immune Deficiency Syndrom", was so viel wie "Erworbene Immunschwäche-Erkrankung" bedeutet.

Zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Erkrankung können Jahre vergehen – bei etwa 50 Prozent der Betroffenen dauert es 10 Jahre oder länger, bis die Erkrankung ausbricht.

Wann ist eine Behandlung nötig?

Eine Behandlung von HIV ist in der Regel nicht von Beginn an nötig. Durch regelmäßige Kontrollen kann genau festgestellt werden, wie viele HI-Viren sich im Körper befinden und wie stark das Immunsystem durch das Virus bereits angegriffen wurde. Eine Zeitlang kommt der Körper meist gut selbst mit dem Virus zurecht.

Stellt der Arzt bei einer Kontrolle jedoch fest, dass sich das Virus stark vermehrt hat, sollte mit einer medikamentösen Behandlung begonnen werden. Wann genau der optimale Beginn für eine Therapie ist, wird unter Experten noch kontrovers diskutiert.

Vermehrung des HI-Virus

Wie andere Viren benötigt auch das HI-Virus Wirtszellen, um sich vermehren zu können. Zu den Wirtszellen gehören unter anderem die CD4-Helferzellen des Immunsystems. Das HI-Virus dockt an den Wirtszellen an und dringt in diese ein. Es schleust seine eigene DNA in die Zelle ein, sodass diese keine Abwehrzellen mehr, sondern Viren produziert.

Stirbt die befallene Abwehrzelle, sucht sich das HI-Virus eine neue Wirtszelle. Dadurch wird das Immunsystem immer weiter geschwächt, im schlimmsten Fall kann es zu einem Zusammenbruch des Immunsystems kommen. Durch die geschwächte Abwehr können für AIDS-Patienten auch Krankheitserreger lebensbedrohlich sein, die bei Gesunden keinen oder kaum Schaden anrichten.

Medikamente gegen AIDS

Zur Behandlung des HI-Virus gibt es mehrere Medikamente, die meist jedoch in Kombination eingesetzt werden. Die AIDS-Medikamente werden in Abhängigkeit davon, an welchen Punkten des Vermehrungsprozesses sie eingreifen, in verschiedene Gruppen eingeteilt. Im Allgemeinen werden die folgenden fünf Gruppen unterschieden:

  • Entry-Inhibitoren
  • Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)
  • Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)
  • Integrase-Inhibitoren
  • Protease Inhibitoren

Durch die Behandlung mit den AIDS-Medikamenten nimmt die Zahl der HI-Viren im Körper ab und das Immunsystem kann sich wieder erholen. Im Idealfall wird durch die Medikamente die Bildung von neuen HI-Viren vollständig verhindert. Sinkt die Zahl der HI-Viren im Körper, nimmt auch die Ansteckungsgefahr ab. Dieser Faktor spielt unter anderem bei der Verhinderung einer Mutter-Kind-Übertragung eine wichtige Rolle.

Entry-Inhibitoren

Entry-Inhibitoren sorgen dafür, dass die HI-Viren erst gar nicht in die Wirtszellen eindringen können. Im Gegensatz zu den anderen AIDS-Medikamenten wirken sie somit nicht in der Zelle, sondern an deren Oberfläche. Eine Untergruppe der Entry-Inhibitoren – die sogenannten Fusionsinhibitoren – verhindern, dass die Virushülle mit der Zellmembran der Wirtszelle verschmelzen kann.

Neben den Fusionsinhibitoren gibt es noch weitere Entry-Inhibitoren (Attachement-Inhibitoren), die sich zurzeit allerdings noch in der Forschungsphase befinden. Sie verhindern, dass die HI-Viren überhaupt an der Zelloberfläche der Wirtszellen andocken können. Dies geschieht dadurch, dass die entsprechenden Rezeptoren durch das Medikament künstlich besetzt werden.

Wirkstoffe: Enfuvirtide, Maraviroc

Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)

Damit das HI-Virus seine Erbinformationen in die der Wirtszelle einbauen kann, muss es diese zunächst verändern: Es muss seine Erbinformationen von einsträngiger RNA in doppelsträngige DNA umwandeln. Für diesen Prozess wird ein bestimmtes Enzym benötigt, die sogenannte "Reverse Transkriptase".

Durch die Einnahme von NRTI wird ein Baustein in die Wirtszellen eingeschleust, der den Erbgut-Bausteinen des Virus ähnelt. Wird dieser Baustein durch das Enzym in die Erbinformation eingebaut, kann die DNA-Kette anschließend nicht mehr verlängert werden. Dadurch wird die Aktivität des Enzyms gehemmt und es kann keine weitere virale DNA mehr gebildet werden.

Wirkstoffe: Zidovudin, Lamivudin, Abacavir, Didanosin, Stavudin, Emtricitabin

Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)

NNRTI greifen ebenso wie NRTI am Enzym "Reverse Transkriptase" an. Im Gegensatz zu NRTI werden durch die Einnahme jedoch keine falschen Bausteine in die viralen Erbinformationen eingeschleust. Stattdessen hemmen NNRTI die Wirkung des Enzyms direkt: Sie lagern sich an die "Reverse Transkriptase" an und verhindern, dass diese die Erbinformationen des HI-Virus neu zusammensetzen kann.

Wirkstoffe: Nevirapin, Efavirenz

Integrase-Inhibitoren

Konnte die Erbinformation des Virus durch die "Reverse Transkriptase" umgeschrieben werden, muss sie im nächsten Schritt in den Zellkern der Wirtszelle eingeschleust werden. An dieser Stelle setzen die Integrase-Inhibitoren an: Sie verhindern, dass die Erbinformationen in die Wirtszelle eingebaut werden können und unterbinden somit eine weitere Verbreitung des Virus.

Wirkstoffe: Raltegravir, Elvitegravir

Protease-Inhibitoren (PI)

Wurde die Erbinformation des HI-Virus bereits in die Zelle eingeschleust, werden dort neue Bausteine für weitere Viren hergestellt und anschließend zusammengesetzt. Die einzelnen Bausteine sind zunächst noch miteinander verbunden. Damit sie korrekt zusammengesetzt werden können, müssen sie zuvor durch das Enzym Protease getrennt werden.

Protease-Inhibitoren hemmen dieses Enzym in seiner Wirkung. Dadurch können keine weiteren Viren hergestellt werden und das Virus kann sich nicht mehr vermehren.

Wirkstoffe: Forsamprenavir, Indinavir, Nelfinavir, Ritonavir

Kombinationstherapie gegen HIV und AIDS

Die verschiedenen Medikamente gegen HIV und AIDS sind zwar alle für sich wirksam und bremsen die Vermehrung des HI-Virus, allerdings kann keines der Medikamente die Vermehrung vollständig verhindern. Dies liegt daran, dass durch Fehler bei der Reproduktion der Viren Mutationen entstehen können, die sich trotz eines bestimmten Medikamentes weitervermehren.

Wird nur ein Medikament eingenommen, kann sich ein mutiertes HI-Virus sehr schnell ausbreiten. Wenn der Großteil der Viren im Körper mit dem veränderten Bauplan ausgestattet ist, ist das Medikament nicht mehr wirksam. Um dies zu verhindern, werden meist verschiedene AIDS-Medikamente miteinander kombiniert. Tritt dann eine Mutation auf, durch die ein Medikament nicht mehr wirksam ist, greift das nächste und verhindert eine weitere Ausbreitung der Mutation.

Durch eine Kombinationstherapie kann die Zahl der HI-Viren so niedrig gehalten werden, dass diese größtenteils nicht mehr im Körper nachweisbar sind. Die Nachweisgrenze liegt bei 25 bis 50 Kopien pro Milliliter Blut.

Hochaktive Antiretrovirale Therapie (HAART)

Mitte der 90er Jahre wurde die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART) – eine Kombinationstherapie zur Behandlung von AIDS – eingeführt. Sie ist bis heute die Standardbehandlung bei AIDS-Patienten. Im Rahmen der Therapie werden mindestens drei verschiedene Wirkstoffe miteinander kombiniert.

Besonders häufig werden im Rahmen der Kombinationstherapie zwei Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI) mit einem Nicht-Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) oder einem Protease-Inhibitor (PI) kombiniert. Mittlerweile werden aber auch neuere Medikamente wie Entry- oder Integrase-Inhibitoren in die Therapie miteinbezogen.

Durch eine engmaschige Kontrolle überprüft der behandelnde Arzt immer wieder, ob sich beim Patienten Resistenzen gegen ein bestimmtes Medikament ausgebildet haben. Ist dies der Fall, wird ein Wirkstoffwechsel vorgenommen.

Individuelle Therapie ist wichtig

Um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, muss die AIDS-Therapie immer individuell auf den Patienten abgestimmt werden.

Oftmals ist der Therapieerfolg besonders groß, wenn der Arzt beziehungsweise die Praxis bereits viel Erfahrung mit der Behandlung von AIDS-Patienten hat. Idealerweise sollten mit HIV infizierte Personen beziehungsweise AIDS-Patienten deswegen eine HIV-Ambulanz oder eine HIV-Schwerpunktpraxis aufsuchen.

Konsequente Behandlung entscheidend

Aufgrund möglicher Nebenwirkungen haben einige Patienten Angst vor der Behandlung. Ist dies bei Ihnen der Fall, sollten Sie offen mit Ihrem Arzt über Ihre Befürchtungen sprechen. Keinesfalls sollten Sie ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt die Medikamente unregelmäßig einnehmen oder ganz absetzen – ansonsten wird der Erfolg der Therapie gefährdet.

Wird der Behandlungsplan nicht genau verfolgt, kann dadurch die Viruslast im Körper erneut ansteigen. Ebenso kann das Auftreten von Resistenzen gefördert werden.

AIDS: Lebenserwartung und Heilungschancen

AIDS ist bis heute nicht heilbar. Durch die in den vergangenen Jahren entwickelten Medikamente kann die Erkrankung aber mittlerweile wirksam behandelt werden. Wird das Virus im Körper frühzeitig entdeckt, ist für die Betroffenen ein nahezu normales Leben möglich. Ihre Lebenserwartung liegt häufig nur minimal unter der von gesunden Personen.

Um das Auftreten von lebensgefährlichen Infektionen zu vermeiden, ist eine lebenslange Einnahme der AIDS-Medikamente notwendig. Durch die Medikamente kann die Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert und die Lebenserwartung gesteigert werden. Vollständig aus dem Körper entfernt werden kann das Virus bislang jedoch nicht.

Kosten übernimmt die Krankenkasse

Die Kosten für eine AIDS-Behandlung sind relativ hoch. Wie hoch die Kosten genau sind, ist individuell verschieden. Sie sind unter anderem von der eingenommenen Wirkstoffkombination und der Dosierung abhängig. Als grober Anhaltspunkt kann mit 1.500 Euro pro Monat gerechnet werden.

Entscheidend für die Kosten ist auch, ob neben den AIDS-Medikamenten noch weitere Mittel gegen die Nebenwirkungen, die durch die Behandlung hervorgerufen werden, eingenommen werden müssen. Die Kosten für die AIDS-Therapie trägt in Deutschland die Krankenkasse.

Nebenwirkungen der AIDS-Therapie

Durch die Einnahme von AIDS-Medikamenten kann es zu vielfältigen Nebenwirkungen kommen. Welche Nebenwirkungen genau auftreten, ist individuell verschieden und vor allem von den eingenommenen Medikamenten abhängig. Generell gilt, dass viele Medikamente heutzutage besser verträglich sind als noch vor einigen Jahren. Dadurch ist eine Therapie mittlerweile mit deutlich weniger Nebenwirkungen verbunden. Wie sich die Einnahme neuerer AIDS-Medikamente langfristig auf die Gesundheit der Patienten auswirkt, muss allerdings noch abgewartet werden.

Generell wird bei den Nebenwirkungen einer AIDS-Therapie zwischen Kurz- und Langzeitnebenwirkungen unterschieden. Zu den Kurzzeitnebenwirkungen zählen Symptome wie

Die Beschwerden sind meist gut behandelbar und lassen in der Regel nach einigen Wochen wieder nach.

Langzeitnebenwirkungen der Behandlung

Langfristig wurden durch die Einnahme von Medikamenten gegen HIV Nebenwirkungen wie Organschäden sowie Nervenentzündungen und damit verbunden Sensibilitätsstörungen beobachtet. Eventuell wird durch die Medikamente auch die Entstehung von Erkrankungen wie Osteoporose oder Diabetes gefördert.

Bei vielen AIDS-Patienten wird durch die Behandlung außerdem der Fettstoffwechsel gestört. In der Folge können die Blutfettwerte ansteigen, sodass ein höheres Risiko für Arteriosklerose und somit auch für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt besteht. Darüber hinaus können auch Hautausschläge und depressive Verstimmungen zu den Folgen einer HIV-Therapie gehören.

Bei vielen Patienten tritt außerdem eine Störung der Fettverteilung im Körper auf, durch die eine Umschichtung des Körperfettes erfolgt. Häufig kommt es zu einer Fettanlagerung an Bauch und Nacken einerseits und einem Schwund von Unterhautfettgewebe an Armen, Beinen und im Gesicht andererseits.

Nebenwirkungen behandeln

Einige Nebenwirkungen, die im Rahmen einer AIDS-Therapie auftreten, können selbst wiederum durch Medikamente behandelt werden. Damit keine Wechselwirkungen auftreten, müssen die verschiedenen Medikamente umständlich aufeinander abgestimmt werden.

Es muss sichergestellt werden, dass durch weitere Mittel die Wirksamkeit der AIDS-Medikamente nicht herabgesetzt wird. Um den Erfolg der Behandlung nicht zu gefährden, ist es deswegen ungemein wichtig, dass sich die Patienten genau an die Vorgaben des Arztes halten.