Zirkumskripte & systemische Sklerodermie
Die Sklerodermie ist eine Autoimmunerkrankung. Es handelt sich um eine entzündliche rheumatische Erkrankung, die zu den Kollagenosen zählt. Die Krankheit ist durch eine zunehmende Verhärtung des Bindegewebes gekennzeichnet. Die ersten Symptome zeigen sich häufig an den Fingern. Später können die Veränderungen auch auf Arme, Beine und Rumpf übergehen. Im schlimmsten Fall ist auch das Bindegewebe an inneren Organen betroffen, mit schweren bis lebensbedrohlichen Folgen. An welchen Symptomen erkennt man eine Sklerodermie, was versteht man unter einer zirkumskripten oder systemischen Sklerodermie und wie wird die Erkrankung behandelt?
Was ist eine Sklerodermie?
Der Name Sklerodermie leitet sich aus den griechischen Begriffen skleros (= hart) und derma (= Haut) ab, was das Krankheitsbild bereits recht treffend charakterisiert. Infolge einer Bindegewebsvermehrung verdicken und verhärten sich Haut und/oder Schleimhaut. Die Veränderungen schreiten fort und können im Prinzip alle Stellen des Körpers betreffen. Denn Bindegewebe kommt in allen menschlichen Organen vor und erfüllt – je nach Zusammensetzung – zahlreiche Abwehr-, Versorgungs- und Stützfunktionen. Kommt es zur Verdickung und Verhärtung, führt dies zum Elastizitätsverlust der Haut – Betroffene fühlen sich oftmals wie in einem engen Panzer.
Für die Betroffenen geht eine Sklerodermie häufig mit starken Einschränkungen der Lebensqualität oder sogar Lebenswartung einher. Die Erkrankung ist relativ selten – betroffen sind vorwiegend Frauen mittleren Alters, aber selbst im Kindesalter kommt die Krankheit vor. Die Sklerodermie wird den Kollagenosen zugerechnet, einer Gruppe von Erkrankungen, die mit entzündlichen Bindegewebsveränderungen unterschiedlicher Art einhergehen.
Sklerodermie wird als Oberbegriff für unterschiedliche Krankheitsformen verwendet. Die Verhärtung von Gewebe und Organen durch das unkontrolliert wachsende Bindegewebe, sprich das Symptom an sich, nennt man Sklerose. Unterschieden werden die zirkumskripte (= lokalisierte, umschriebene) Form, die nur das Bindegewebe der Haut betrifft, und die progressive systemische Sklerodermie, die – in sehr unterschiedlichem Ausmaß – auch das Bindegewebe innerer Organe mit einbeziehen kann.
Ursachen der Sklerodermie
Auslöser von Sklerodermie ist eine Fehlregulation des Immunsystems, also eine Abwehrreaktion des Körpers gegen eigenes Gewebe (Autoimmunerkrankung). Deren genaue Ursache ist allerdings unbekannt.
Auch inwieweit zusätzlich genetische Faktoren oder Störungen der Bindegewebsneubildung beziehungsweise der Gefäßregulation, also einer Veränderung der Weite der Gefäße, als Ursache eine Rolle spielen, ist nach wie vor unklar. Daneben wird über den Einfluss von viralen oder bakteriellen Eiweißen, UV-Licht, Umweltgiften, Geschlechtshormonen, Medikamenten und bestimmten Tumoren diskutiert.
Bei der zirkumskripten Form der Sklerodermie wurden lange auch Borrelien als ursächlicher Auslöser der Erkrankung vermutet, wobei dies mittlerweile als widerlegt gilt. Allerdings kann eine Borreliose dem erstmaligen Auftreten der Sklerodermie-Symptome vorausgehen und quasi als "Trigger" wirken.
Verlaufsformen, die einer Sklerodermie ähneln, aber spezifische Auslöser haben, nennt man auch "Sklerodermie-ähnliche Erkrankungen". Dazu gehören entsprechende Symptome nach einer Stammzelltransplantation bei Leukämie oder nach Kontakt mit bestimmten Substanzen (beispielsweise Vinylchlorid oder Silikate) zum Beispiel nach dem Einsatz von Silikonimplantaten oder im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit.
Progressive systemische Sklerodermie: Symptome
Bei der progressiv systemischen Sklerodermie (PSS) werden nochmals drei Formen unterschieden: Die diffuse systemische Sklerodermie, die den gesamten Körper betreffen kann, die limitierte kutane Sklerodermie, die weniger Bereiche des Körpers umfasst, sowie die Sine Sklerodermie, die nur die Organe betrifft.
Symptome der diffusen systemischen Sklerodermie
Die Symptome einer diffusen systemischen Sklerodermie können je nach Verlauf der Erkrankung äußerst unterschiedlich ausfallen und müssen nicht bei jeder betroffenen Person auftreten. Folgende Symptome sind möglich:
- Sichtbare Schwellungen und Verhärtungen des Gewebes: An Unterarmen, Händen oder Fingern treten leichte Schwellungen auf. Auch Rumpf oder Gesicht können betroffen sein. Die Schwellungen können vor allem morgens Schmerzen verursachen. Es folgt eine Verhärtung des Gewebes an den betroffenen Stellen. Dadurch kann es zu Bewegungseinschränkungen und der Schädigung von Zellen (Nekrosen) kommen. Typisch bei Sklerodermie sind die sogenannten "Rattenbiss-Nekrosen". Insbesondere die Fingerspitzen sind dabei Geschwüre und Entzündungen. Im Gesicht kann eine Zuspitzung von Nase und Mund in Form von Faltenbildung und schmalen Lippen auftreten. Die Mundöffnung verkleinert sich.
- "Weißfingersyndrom" (Raynaud-Syndrom): Das Raynaud-Syndrom ist generell kein seltenes Krankheitsbild und kann auch unabhängig von einer Sklerodermie auftreten. Im Rahmen der Erkrankung kommt es bei Betroffenen jedoch gehäuft vor. Auch die Anfälle treten häufiger auf (mehr als fünfmal pro Tag). Beim Raynaud-Syndrom werden die Finger zunächst blass und färben sich dann bläulich und schließlich rot. Ausgelöst werden die Symptome durch Durchblutungsstörungen. Diese können auch das Gesicht betreffen.
- Einschränkungen an Gelenken, Sehnen und Muskeln: Ein häufiges Symptom sind Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Bewegungseinschränkungen. An den Sehnen kann ein Reibungsgefühl entstehen.
Je nachdem, ob und wenn ja welche inneren Organe von der Sklerodermie betroffen sind, kann es darüber hinaus zu weiteren Beschwerden kommen.
Häufig betroffen sind Speiseröhre und Magen-Darm-Trakt. Erstes Anzeichen dafür ist die Verkürzung des Zungenbändchens. Es kann zu Schluckstörungen, Sodbrennen und Verdauungsstörungen kommen. Auch die Lunge wird nicht selten durch die Bindegewebevermehrung beeinträchtigt, was insbesondere Kurzatmigkeit zur Folge hat.
Bei fast der Hälfte der Betroffenen kommen auch Veränderungen von Nieren- und/oder Herzgewebe vor. Nierenschwäche und Bluthochdruck sind häufigere Folgen, seltener sind Herzschwäche und Herzrhythmusstörungen. Auch Muskulatur, Skelett- und Nervensystem können betroffen sein, was zum Beispiel zu Gelenk- und Muskelschmerzen führt. Die Sklerodermie wird deshalb auch den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises zugerechnet.
Symptome der limitierten kutanen Sklerodermie
Bei der limitierten kutanen Sklerodermie können ähnliche Symptome auftreten. Schwellungen und Verhärtungen des Gewebes treten jedoch nicht am Rumpf oder im Gesicht auf. Zudem sind bei einer limitierten kutanen Sklerodermie deutlich seltener die Organe betroffen. Typisch für diese Form der Sklerodermie ist das gehäufte Vorkommen von Kalzinose, also Kalkablagerungen unter der Haut.
Eine Sonderform der limitierten kutanen Sklerodermie ist das sogenannte CREST-Syndrom. CREST ist ein Akronym aus den Symptomen, die ausschließlich auftreten: Calcinosis (Kalkeinlagerungen in Haut und Muskeln), Raynaud-Syndrom, Esophagus (Speiseröhrenbeteiligung), Sklerodaktylie (Fingerverhärtung) und Teleangiektasien (Gefäßerweiterungen).
Symptome der Sine Sklerodermie
Bei der Sine Sklerodermie treten nur Veränderungen des Bindegewebes an den Organen auf. Das heißt, es kommt nur zu Beschwerden an den betroffenen Organen, die typischen Hautveränderungen fehlen.
Symptome der zirkumskripten Sklerodermie
Auch bei der zirkumskripten Sklerodermie gibt es verschiedene Formen, die jeweils leicht unterschiedliche Symptome aufweisen. Bei dieser Form sind keine inneren Organe von der Erkrankung betroffen. Ein Übergang von einer zirkumskripten zu einer progressiv systemischen Sklerodermie (und umgekehrt) kommt nicht vor.
Diese Formen der zirkumskripten Sklerodermie gibt es:
- Limitierte zirkumskripte Sklerodermie (Plaque-Form, Morphea): Bei dieser Form der zirkumskripten Sklerodermie kommt es zur Entstehung von rötlich eingefärbten Herden verhärteter Haut. Diese Hautveränderungen sind meist circa einen Zentimeter groß. Sie entstehen vor allem an Stellen, auf die Druck ausgeübt wird, beispielsweise am Übergang von der Hüfte zur Leiste. Die limitierte Version ist die häufigste Form der zirkumskripten Sklerodermie. Tritt vor allem im Erwachsenenalter auf.
- Generalisierte zirkumskripte Sklerodermie: Die oben beschriebenen Herde betreffen mindestens drei Körperregionen und können zu größeren Bereichen verschmelzen.
- Lineare zirkumskripte Sklerodermie: Bei der linearen Form treten meist im Gesicht, an Armen und Beinen linienförmige Bindegewebsverhärtungen auf. Auch das umgebende Muskelgewebe kann betroffen sein. In der Folge kommt es zu Einschränkungen in der Beweglichkeit. Die bekannteste Form tritt am Kopf auf ("Säbelhieb-Sklerodermie", auch "en Coup de sabre" genannt). Tritt vor allem bei Kindern auf.
- Tiefe zirkumskripte Sklerodermie: Diese Form der zirkumskripten Sklerodermie ist sehr selten. Dabei sind tiefere Bindegewebsschichten (Faszien, Muskeln, Fettgewebe) von der Verhärtung betroffen. Auf der Haut können symmetrische Schädigungen sichtbar sein, vor allem an Armen und Beinen.
Sklerodermie: Diagnose
Die Diagnose Sklerodermie wird durch einen*eine Rheumatolog*in gestellt. Neben der Krankengeschichte und den Haut-Symptomen sind unter anderem auch die Laborbefunde von Blut und Gewebe wichtig für die Diagnosestellung. Dafür ist es zentral, zwischen der progressiven systemischen Sklerodermie und der zirkumskripten Sklerodermie zu unterscheiden.
Bei der progressiven systemischen Sklerodermie finden sich bestimmte Eiweißstoffe der Abwehr (antinukleäre Antikörper) im Blut, die nicht nur zur Diagnosesicherung, sondern auch zur Bestimmung der vorliegenden Form und damit der Prognose dienen. Bei einem Großteil der Personen mit diffuser systemischer Sklerodermie können auch Antikörper gegen DNS-Topoisomerase I gemessen werden. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen mit einer limitierten systemischen Sklerodermie lassen sich Anti-Zentromer-Antikörper im Blut nachweisen.
Mit speziellen Untersuchungen, wie zum Beispiel der Kapillarmikroskopie, bei der die kleinen Gefäße am Nagelbett beurteilt werden, der Druckmessung in der Speiseröhre, dem Herzultraschall oder der Lungenfunktionsprüfung, lassen sich Aussagen über die Organbeteiligung und das Stadium treffen. Auch der Nachweis von Kalkablagerungen via Röntgenuntersuchung ist möglich.
Die zirkumskripte Sklerodermie wird durch optische Merkmale erkennbar. Darüber hinaus werden meist Auto-Antikörper im Blut bestimmt, also körpereigene Antikörper, die sich gegen gesundes Gewebe richten. Insbesondere bei Kindern werden häufig noch die antinukleären Antikörper sowie der Rheumafaktor bestimmt. Da eine Borreliose dem erstmaligen Auftreten einer zirkumskripten Sklerodermie vorausgehen kann, sollte auch auf Borrelien getestet werden.
Im Zweifelsfall wird bei Verdacht auf eine systemische oder zirkumskripte Sklerodermie die Diagnose durch eine mikroskopische Untersuchung einer Probe des betroffenen Gewebes überprüft.
Behandlung der Sklerodermie
Da die Ursache unklar ist, können nur die Symptome behandelt werden. Ziel ist, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern oder zu verlangsamen und die Beschwerden zu lindern. Die Behandlungen unterscheiden sich dabei abhängig von der jeweiligen Form der Sklerodermie.
Therapie der progressiven systemischen Sklerodermie
Bei der progressiven Form erfolgt die Behandlung mit Medikamenten wie Kortikoiden, Immunsuppressiva, gefäßerweiternden, blutdrucksenkenden Mitteln und Schmerzmitteln. Daneben hat die physikalische Therapie einen hohen Stellenwert. Dazu gehören zum Beispiel Krankengymnastik, Lymphdrainage, Bindegewebsmassage, Kohlesäurebäder, Elektrotherapie und Wärmebehandlungen.
Gute Erfahrungen wurden auch mit der Infusionstherapie mit Iloprost gemacht, einem Wirkstoff, der bestimmte Zellen schützt.
Die Behandlung ist davon abhängig, welche Beschwerden auftreten und welche Organe von der Sklerodermie betroffen sind und kann damit sehr unterschiedlich ausfallen.
Therapie der zirkumskripten Sklerodermie
Bei der zirkumskripten Sklerodermie stehen der Erhalt der Beweglichkeit und die Linderung von Hautsymptomen im Vordergrund, sollten diese Beschwerden verursachen. Eine physiotherapeutische Behandlung kann zum Erhalt der Beweglichkeit entscheidend beitragen.
Gehen mit den Hautveränderungen keine Beschwerden einher, müssen sie nicht unbedingt behandelt werden. Sie sollten jedoch ärztlich kontrolliert werden. Zur Linderung leichter Symptome können auch kortisonhaltige Salben (Glukokortikoide) zum Einsatz kommen.
Bei schweren Hautveränderungen kann eine systemische Therapie mit Glukokortikoiden und Methotrexat erfolgen, letzteres vor allem bei Beschwerden an den Gelenken. Auch eine Therapie mit UV-Strahlen (Phototherapie) kann in manchen Fällen hilfreich sein.
In manchen Fällen sind auch operative Eingriffe unumgänglich, zum Beispiel um Hautdefekte aufzufüllen oder Versteifungen zu beheben.
Sklerodermie und Ernährung
Generell haben Personen mit Sklerodermie durch die entzündlichen Prozesse im Körper einen erhöhten Energiebedarf. Durch eingeschränkte Mundöffnung und/oder Verdauungs- und Schluckbeschwerden kann zudem eine verminderte Nahrungsaufnahme und eine schlechtere Verarbeitung von Nährstoffen vorliegen. Treten solche Beschwerden auf, ist eine Ernährungsberatung eine sinnvolle Ergänzung der Therapie.
Generell sollte auf eine ausgewogene und möglichst nährstoffreiche Ernährung geachtet werden. Pfefferminzhaltige Bonbons oder Kaugummis und häufige kleine Mahlzeiten bessern zudem die Mundtrockenheit und die Schluckbeschwerden.
Selbsthilfe bei Sklerodermie
Auch darüber hinaus können Betroffene etwas tun: Eine sorgfältige Hautpflege mit fettenden Salben, das Anwenden von Augensalben und regelmäßige Bewegungsübungen (beispielsweise in Form von Stricken, Malen oder dem Spielen eines Instruments) lindern die Beschwerden. Auch spezielle Atemübungen können bei Lungenbeschwerden helfen. Gegen Durchblutungsstörungen helfen das Vermeiden von Kälte und Feuchtigkeit sowie bei Raucher*innen ein konsequenter Verzicht auf Zigaretten. Es empfiehlt sich, den Jahresurlaub in den kalten Wintermonaten in südlichen Ländern zu verbringen.
Betroffenen-Netzwerke können zusätzliche Unterstützung bieten, um mit der Erkrankung besser zurechtzukommen.
Verlauf und Prognose der Sklerodermie
Die Prognose hängt stark von der Form und dem Befallsmuster ab. Die zirkumskripte Sklerodermie zeigt in vielen Fällen nach eineinhalb bis zwei Jahren einen spontanen Stillstand. Bei der progressiven Form sind die Leistungseinschränkung umso höher und die Lebenserwartung umso schlechter, je stärker die Organe geschädigt sind.