Darmkrebs
Bösartige Darmtumoren nehmen in den Industrieländern eine unrühmliche Spitzenposition ein: Bei den Krebsarten stehen sie bei Männern und Frauen an dritter Stelle. Im Jahr 2018 waren weltweit 1,8 Millionen Menschen an Darmkrebs erkrankt. Fast alle bösartigen Neubildungen gehen vom Drüsengewebe der Dickdarmschleimhaut (Adenokarzinom) aus, Krebs im Bereich des Dünndarms ist sehr selten.
Wo genau entsteht der Krebs?
Mit Abstand am häufigsten tritt Darmkrebs als kolorektales Karzinom auf. Das heißt, der Krebs befindet sich im Bereich des Grimmdarms (Kolonkarzinom), also einem Teil des Dickdarms zwischen Mastdarm und Blinddarm und/oder im Bereich des Mastdarms (Rektumkarzinom).
Da zum Dickdarm nicht nur der Grimmdarm, sondern auch der Blinddarm mit seinem Wurmfortsatz gehört und der Mastdarm (Rektum) bis hin zum After wiederum ein eigenständiger Abschnitt hinter dem Dickdarm ist, sind die gängigen Bezeichnungen Dickdarmkrebs oder Darmkrebs eigentlich ungenau.
Ursachen für Darmkrebs
Die überwiegende Mehrzahl der Karzinome geht aus gutartigen Schleimhautwucherungen (Adenome, Polypen) hervor. Die Entartungswahrscheinlichkeit ist abhängig vom histologischen Aufbau und von der Größe (ab einem Zentimeter) der gutartigen Wucherung.
Durch zunehmende Mutationen unterscheiden sich die Zellen dermaßen stark von der ursprünglichen Struktur, dass sie ein ungeregeltes und unkontrolliertes Wachstum entwickeln. Sie verlieren den Kontakt zu anderen Darmzellen, verlassen den Zellverband und durchdringen das umliegende Gewebe. Gelangen sie in Blut- oder Lymphbahnen, können sie in den gesamten Körper verschleppt werden und Metastasen bilden. Am häufigsten entsteht entartetes Gewebe im Enddarm (Rektum). Je weiter man im Dickdarm hinaufgeht, umso seltener ist es anzutreffen.
Im weiteren Verlauf der Erkrankung können Ableger vor allem in der Leber und bei tiefer Lokalisation des Karzinoms (im unteren Rektum) auch in der Lunge entstehen. Von diesen Organen aus kann eine weitere Streuung in den gesamten Organismus stattfinden. Menschen, die aufgrund der genetischen Veranlagung dazu neigen, Darmpolypen zu bilden, sind besonders gefährdet, an Darmkrebs zu erkranken. So existieren gewisse genetische Erkrankungen (familiäre adenomatöse Polyposis = FAP), die unbehandelt in jedem Fall zu Darmkrebs führen.
Zusätzlich begünstigt Zigarettenrauchen – wie bei fast allen Krebsarten – auch hier die bösartige Wucherung. Gewisse Operationen im Dickdarmbereich (zum Beispiel die Verbindung der Harnleiter mit dem Dickdarm) oder chronische Entzündungen der Verdauungsorgane (Colitis ulcerosa) sind ebenfalls mit einem erhöhten Krebsrisiko verbunden.
Ernährungsbedingte Einflüsse
Daneben kennt man ernährungsbedingte Einflüsse: Fleisch- und fettreiche, ballaststoffarme Kost und Übergewicht sind wesentliche Risikofaktoren. Sie führen dazu, dass der Stuhl längere Zeit im Darm verweilt und damit die Kontaktzeit mit der Schleimhaut verlängert ist. Dies reizt die Darmschleimhaut führt dazu, dass vermehrt Giftstoffe in die Darmzellen gelangen – und erhöht damit die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich unkontrolliert vermehren.
Symptome für Darmkrebs
Lange Zeit verursacht Darmkrebs häufig keine oder allenfalls milde und uncharakteristische Beschwerden. Gerade deshalb sollten besonders Menschen über 45 Jahren auf folgende Anzeichen achten, die einer Abklärung bedürfen:
- jede Änderung der Stuhlgewohnheiten (häufiger Stuhlgang zu ungewohnten Zeiten, hartnäckiger Durchfall oder/ und Verstopfung)
- Bauchkrämpfe und schmerzhafter Stuhlgang
- Blähungen, häufige Übelkeit oder ungewöhnliches Völlegefühl
- Blut oder Schleim im Stuhl (auch bei bekannten Hämorrhoiden), durch Darmverengungen bedingter sehr dünner Stuhl, extrem übelriechender Stuhl
Viele dieser Beschwerden, wie Durchfall oder Verstopfung, können ganz unterschiedliche Ursachen haben und müssten kein Anzeichen für Darmkrebs sein. Im Zweifelsfall sollte jedoch immer ein Arzt aufgesucht werden, insbesondere, wenn die Beschwerden über einen längeren Zeitraum anhalten oder wiederkehrend sind.
Auch Blut im Stuhl sollte ärztlich abgeklärt werden, selbst wenn der Betroffene an Hämorrhoiden leidet – diese sind so häufig, dass Krebs und Hämorrhoiden gleichzeitig vorkommen können. Jeglicher Ursache von Blut im Stuhl muss gründlich nachgegangen werden, um eine mögliche Krebserkrankung ausschließen zu können.
Untersuchung auf Darmkrebs
Sollte Verdacht auf Darmkrebs bestehen, ist der Hausarzt zunächst der richtige Ansprechpartner. Bei Bedarf kann dieser den Betroffenen an einen Gastroenterologen überweisen. Nach einem Gespräch zur Krankheitsgeschichte kann dieser auch einen Okkultbluttest (Hämocculttest) vornehmen. Dazu wird eine Stuhlprobe im Labor auf sehr geringe Blutmengen untersucht. Ist der Test positiv, muss dies nicht zwangsläufig auf Darmkrebs hindeuten. Auch andere Erkrankungen, wie beispielsweise Hämorrhoiden, können Blut im Stuhl auslösen.
Auch ein Bluttest kann erste Hinweise liefern. Je nach Krankheitsstadium findet sich bei manchen Patienten im Blut ein vom Tumor ausgehendes Eiweiß (Tumormarker) das carcino-embryonale Antigen (CEA). Dieses eignet sich zwar nicht für die Neuerkennung des Dickdarmkrebses, da es nicht nur bei diesem Typ Krebs vorkommt, seine Bestimmung kann aber bei der Nachsorge eingesetzt werden (steigt die Konzentration wieder an, ist das eine Zeichen, dass der Krebs [wieder] aktiv ist).
In den meisten Fälle wird Darmkrebs durch Austasten des Rektums und durch die Spiegelung des Dickdarms (Koloskopie) entdeckt. Um einen Eindruck vom histologischen Typ und vom Grad der Entartung (Dysplasie) zu erlangen, führt der Arzt gleichzeitig eine Gewebeentnahme (Biopsie) durch. Liefert eine Koloskopie nicht die gewünschten Informationen, besteht die Möglichkeit einer Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel.
Mit Hilfe von Ultraschall, Röntgenuntersuchungen und Computertomographie wird das Ausmaß des Krebsbefalls und das Vorliegen von Metastasen erfasst.
Stadien und Heilungschancen bei Darmkrebs
Wichtig für die Prognose ist, wie weit der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose in die Darmwand eingedrungen ist und an welcher Stelle er wächst. Je näher er am Darmausgang sitzt, desto schlechter ist die Prognose, da er von dort aus einfacher über Lymph- und Blutgefäße seine Tochtergeschwülste streuen kann.
Sind die bösartigen Tumorzellen ausschließlich auf den Darm beschränkt, sind die Heilungschancen sehr gut. Sogar bei Überschreitung der Darmwand und Befall von Lymphknoten können noch über die Hälfte der Patienten geheilt werden. Liegen mehrere Lebermetastasen vor, ist die Überlebenswahrscheinlichkeit jedoch (noch) gering; liegt nur eine einzige Metastase vor, besteht allerdings Hoffnung auf Heilung.
Je früher ein Befund (Polyp oder Krebs) erkannt wird, desto kleiner ist der Eingriff und desto besser ist die Prognose. Ziel der Therapie ist, den Betroffenen von seinem Krebsleiden zu heilen (kurative Therapie). Alter und Allgemeinzustand sowie die Ausdehnung des Tumors sind dabei wichtige Einflussgrößen.
Im Allgemeinen unterscheidet man bei Darmkrebserkrankungen fünf Stadien:
- Stadium 0: In diesem frühesten Stadium wird meist nach der Entfernung eines Polypen im Rahmen einer Darmspiegelung festgestellt, dass in dessen Schleimhaut bereits Krebszellen vorlagen. Eine weitere Therapie ist hier in der Regel nicht nötig.
- Stadium I: Auch hier wird ein kleiner Tumor im Frühstadium meist im Rahmen einer Darmspiegelung entdeckt und in einem kleinen operativen Eingriff mittels Endoskop entfernt. In diesem Stadium ist der Darmkrebs gut heilbar.
- Stadium II: Eine OP zur Entfernung des Tumors ist in der Regel notwendig. Beim Dickdarmkrebs endet damit im Normalfall die Behandlung, während beim Mastdarmkrebs häufig eine zusätzliche Bestrahlung und Chemotherapie durchgeführt wird.
- Stadium III: In diesem Stadium hat der Darmkrebs bereits auf die Lymphknoten gestreut. Zusätzlich zu Operation wird eine Chemo- und oder Strahlentherapie notwendig.
- Stadium IV: Der Tumor hat bereits Metastasen in anderen Organen gebildet. Mittels medikamentöser Behandlung und Operationen werden diese behandelt.
Komplikationen bei Darmkrebs
Besonders bei sehr schnell wachsenden Tumoren besteht die Gefahr eines Darmverschlusses (Ileus), welcher umgehend operativ behoben werden muss. Metastasen können den Abfluss der Galle verhindern und zu einem Leberversagen führen.
OP bei Darmkrebs
Kernstück bei der Behandlung von Darmkrebs ist nach wie vor der operative Eingriff. Der Chirurg versucht, beim Entfernen des betroffenen Dickdarmabschnittes den Afterschließmuskel zu erhalten, um eine normale Stuhlentleerung aufrechtzuerhalten. Doch nicht immer ist das möglich, vor allem wenn der Krebs im unteren Darmabschnitt sitzt oder sich bereits stark ausgebreitet hat. Dann wird das Darmende durch die Bauchdecke über einen künstlichen Darmausgang (Kolostoma) nach außen geführt. Die Metastasen (zum größten Teil in der Leber) werden wenn möglich auch chirurgisch entfernt.
In den letzten Jahren sind als weitere Therapieoptionen die Überwärmung (Hyperthermie) durch Mikrowellen oder das Einbringen chemischer Mittel direkt in der Metastase dazugekommen. Die Kombination von OP und nachfolgender Chemotherapie und/oder Bestrahlung kann die Prognose verbessern. Es besteht die Hoffnung, dass in Zukunft eine Heilung sogar bei ausgedehnten Krankheitsbefunden möglich sein wird.
Palliative Therapie
Kommt eine Operation nicht in Frage, wird versucht, eine Linderung der Beschwerden zu erzielen (palliative Therapie). Dies geschieht durch Aufrechterhaltung der Darmdurchgängigkeit (Engstellen können ggf. mit Laser bestrahlt werden) und durch den Einsatz von Chemotherapie und Röntgenstrahlen.
Die richtige Ernährung zur Vorbeugung
Verschiedenen Substanzen in der Nahrung wird eine darmschützende Funktion nachgesagt, so zum Beispiel Vitamine (Vitamin E, C, Folsäure) und Acetylsalizylsäure. Die Studien ergeben jedoch zum Teil widersprüchliche Resultate – in manchen Fällen wurden bei hochdosierten Vitamingaben sogar mehr Krebsfälle beobachtet. Statt Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen, ist es deshalb sinnvoller, auf eine vielseitige und ausgewogenen Ernährung zu achten: fettarm, kohlehydrat- und ballaststoffreich, viel Gemüse und Früchte, viel Flüssigkeit, idealerweise Grüntee. Das garantiert eine ausreichende Vitaminzufuhr ohne die Gefahr einer Überdosierung und eine schnelle Stuhlpassage durch reichlich Ballaststoffe.
Auch Bewegung soll vorbeugen – zumindest unterstützt sie die Darmtätigkeit und hilft gegen Übergewicht.
Krebsvorsorge und Darmspiegelung
Viele Fachleute empfehlen ab einem Alter von 50 Jahren im Rahmen der Früherkennung zusätzlich zu der jährlichen rektalen Untersuchung noch eine Darmspiegelung in regelmäßigen Abständen (alle drei Jahre). Auch die regelmäßige Untersuchung des Stuhls auf Blut sollte zur Krebsvoruntersuchung gehören.
Erfolgreich behandelte Patienten müssen sich einer genau vorgegebenen Tumornachsorge unterziehen, welche unter anderem im Nachweis des CEA besteht. Durch diese Maßnahmen kann ein Wiederauftreten (Rezidiv) des Krebses früh erfasst und therapiert werden.