Leukämie: Symptome und Lebenserwartung bei Blutkrebs
Die Leukämie, umgangssprachlich auch Blutkrebs genannt, ist eine bösartige Erkrankung des blutbildenden Systems, die Personen aller Altersgruppen betreffen kann. Wie Leukämie entsteht, welche Symptome auftreten können, wie die Therapie aussieht und wie hoch die Überlebenschancen von Betroffenen sind, lesen Sie hier.
Was ist eine Leukämie?
Genau genommen ist das Wort Leukämie ein Sammelbegriff für eine Gruppe von Krebserkrankungen des blutbildenden Systems. Ein Teil der weißen Blutzellen, der Leukozyten, vermehrt sich bei diesen Erkrankungen aufgrund von Mutationen unkontrolliert. Diese unkontrolliert wachsenden Zellen verdrängen zunehmend die normalen Blutzellen im Knochenmark und im Blut.
Der Begriff Leukämie stammt aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt so viel wie "weißes Blut". Das Blut der Betroffenen wird bei der Erkrankung jedoch nicht tatsächlich weiß, sondern der Anteil an weißen Blutzellen ist im Vergleich zu den roten Blutzellen erhöht.
Wie entsteht eine Leukämie?
Um zu verstehen, wie es zu einer Leukämie kommt, muss man zunächst die Zusammensetzung des Blutes verstehen. Im Blut des Menschen gibt es drei große Zellgruppen:
- Erythrozyten: Die roten Blutkörperchen dienen vor allem dem Sauer- und Nährstofftransport im Körper und geben dem Blut seine typische, rote Farbe.
- Thrombozyten: Die Blutplättchen sorgen dafür, dass das Blut nach einer Verletzung gerinnt.
- Leukozyten: Die dritte und größte Gruppe sind die weißen Blutkörperchen. Sie übernehmen verschiedene Aufgaben im Bereich der Immunabwehr und finden sich sowohl im Blut als auch im lymphatischen System. Demnach unterteilt man sie in Zellen der lymphatischen Reihe und Zellen der myeloischen Reihe (Zellen des Blutes).
Alle weißen Blutzellen werden im Knochenmark aus sogenannten Vorläuferzellen gebildet. Kommt es bei diesem Vorgang aufgrund von Mutationen, also genetischen Veränderungen in den Vorläuferzellen, zu einem Fehler, dann bilden sich unkontrolliert unreife weiße Blutzellen, die sich sowohl im Knochenmark als auch im Blut anreichern und die Produktion funktionsfähiger Blutzellen einschränken können. Man spricht dann von einer Leukämie.
Risikofaktoren für Blutkrebs
Eine Leukämie hat ihre Ursache in verschiedenen Mutationen, die zu einer gestörten Bildung von Leukozyten führen. Wie es zu diesen Mutationen kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Bestimmte Risikofaktoren können jedoch die Entstehung der Mutationen begünstigen. Diese Risikofaktoren unterscheiden sich grob in exogene (von außen kommende) und endogene (von innen kommende) Faktoren.
Zu den exogenen Faktoren zählen vor allem besondere krebserregende Chemikalien, wie beispielsweise Benzol, sowie Strahlung, wie Röntgen- oder radioaktive Strahlung.
Endogene Faktoren umfassen insbesondere genetische Faktoren, die zu einer erhöhten Gefahr für Mutationen beitragen. Zusätzlich können Vorerkrankungen wie die primäre Myelofibrose (einer chronischen Erkrankung des Knochenmarks) im Verlauf zu einer Leukämie führen.
Welche Formen der Leukämie gibt es?
Je nachdem, ob es bei den Leukozyten im lymphatischen System oder im Blut zu einer Mutation kommt, spricht man von einer lymphatischen Leukämie (LL) oder myeloischen Leukämie (ML).
Zusätzlich berücksichtigt man bei der Einteilung von Blutkrebs, wie schnell sich die Symptome entwickeln. Tritt die Krankheit sehr schnell und heftig auf, dann spricht man von einer akuten Leukämie.
Kommt es dagegen erst nach vielen Jahren zur Entstehung von Symptomen, dann wachsen die entarteten Blutzellen langsamer und man spricht von einer chronischen Leukämie.
Insgesamt werden unter dem Begriff Leukämie also vier Krankheitsbilder zusammengefasst, die sich je nachdem, wo die Mutation auftritt und wie schnell sich Beschwerden entwickeln, unterscheiden:
- Akute myeolische Leukämie (AML): Die entarteten Zellen stammen aus der blutbildenden Zellreihe. Die Krankheit schreitet schnell fort. Sie betrifft am häufigsten Erwachsene, die über 70 Jahre alt sind.
- Akute lymphatische Leukämie (ALL): Die entarteten Zellen stammen aus der lymphatischen Zellreihe. Die Krankheit schreitet schnell fort. Die akute lymphatische Leukämie ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung im Kindesalter. Meist sind Kinder um das fünfte Lebensjahr betroffen.
- Chronische myeloische Leukämie (CML): Die entarteten Zellen stammen aus der blutbildenden Zellreihe. Die Krankheit entwickelt sich langsam. Die chronische myeloische Leukämie kann in jedem Lebensalter auftreten, kommt aber bei älteren Männern gehäuft vor.
- Chronische lymphatische Leukämie (CLL): Die entarteten Zellen entstammen der lymphatischen Zellreihe. Konkret handelt es sich um Entartungen der B-Lymphozyten. Die Krankheit entwickelt sich langsam. Männer sind im Schnitt doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Das Risiko steigt im Alter an.
Welche Symptome treten bei Leukämie auf?
Die Form und Ausprägung der auftretenden Symptome ist teils abhängig von der zugrundeliegenden Leukämieform, also ob diese akut oder chronisch verläuft. Sie unterscheiden sich bei Frauen und Männern nicht. Die unten genannten Symptome, wie Müdigkeit und Blässe, können auch durch andere Erkrankungen oder Mangelerscheinungen ausgelöst werden. Im Zweifelsfall sollten Sie aber ärztlichen Rat suchen, um die Ursache der Beschwerden abklären zu lassen.
Akute Leukämien
Die Symptome bei akuten Leukämien entwickeln sich sehr schnell. Betroffene zeigen innerhalb weniger Tage typische Symptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und grippeähnliche Symptome. Dazu kommt häufig die sehr typische sogenannte B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust).
Es kommt oftmals bereits nach kurzer Zeit zu ersten Anzeichen dafür, dass die normale Blutbildung gestört ist. Durch die fehlende Bildung von Blutplättchen (Thrombozyten) kommt es zu spontanen und vermehrten Blutungen. Es kann zum Beispiel vermehrt zu Nasen- oder Zahnfleischbluten kommen.
Auch sogenannte Petechien treten bei Leukämie häufig auf, wenn die Bildung der Blutplättchen nicht richtig funktioniert. Das sind kleine Einblutungen, die kleine rote Flecken auf der Haut bilden. Auch Blutergüsse bilden sich schneller als bei gesunden Personen. Diese Hämatome (blaue Flecken) sehen auch bei Leukämie aus wie normale blaue Flecken, bilden sich jedoch ohne erkennbaren Grund.
Chronische Leukämien
Chronische Leukämien entwickeln sich langsamer. In den frühen Stadien zeigen sich meist keine Symptome, weshalb die Erkrankung oft lange nicht oder nur durch Zufall entdeckt wird. Sehr typisch ist eine Vergrößerung der Milz. Das liegt daran, dass die Milz beim Neugeborenen noch einen Teil der Blutbildung übernimmt. Beim heranwachsenden Kind verschiebt sich die Blutbildung dann ins Knochenmark. Wird durch Blutkrebs die Blutbildung im Knochenmark jedoch unterdrückt, kann es zur erneuten Blutbildung in der Milz kommen. Durch die vermehrte Anstrengung wächst diese jedoch deutlich. Dies kann zu leichten Schmerzen im linken Oberbauch führen.
Zusätzlich kann es bereits in den frühen Stadien zu Müdigkeit, Blässe und Abgeschlagenheit kommen.
Bei der chronisch lymphatischen Leukämie kommt es zusätzlich häufig zu Lymphknotenschwellungen, die nicht schmerzhaft sind, aber zum Beispiel am Hals oder in der Leiste tastbar sein können.
Häufig entwickeln sich erst nach vielen Jahren starke Beschwerden, die dann den Symptomen einer akuten Leukämie gleichen und schnell behandelt werden müssen.
Diagnose bei Leukämie
Um eine Leukämie zu diagnostizieren wird zunächst besprochen, welche typischen Symptome aufgetreten sind (zum Beispiel Fieber, Müdigkeit und erhöhte Infektanfälligkeit). Anschließend wird das Blut auf Zeichen einer Leukämie untersucht. Häufig kann hier im Blutbild bereits eine Erhöhung der weißen Blutkörperchen nachgewiesen werden. Zusätzlich werden mittels eines Blutausstrichs einzelne Zellen unter dem Mikroskop sichtbar. So können unnormale Zellen erkannt werden.
Ist die Blutuntersuchung auffällig, folgt eine Knochenmarkuntersuchung, bei der mittels einer dünnen Hohlnadel unter örtlicher Betäubung Knochenmark entnommen wird. Diese Untersuchung gilt als beweisend für eine Leukämie, wenn der Anteil unreifer Zellen im Knochenmark bei über 20 bis 25 Prozent liegt. Da eine Knochenmarkuntersuchung aufwändiger ist als ein Blutbild und mit Risiken verbunden ist, wird sie in der Regel nicht direkt durchgeführt.
Die Untersuchungen von Blut und Knochenmark geben auch Hinweise darauf, welche Form der Leukämie vorliegt. Dazu wird untersucht, welche Untergruppen der Leukozyten bösartig verändert sind und ob Veränderungen an den Chromosomen der Zellen vorliegen.
Vor Beginn einer Therapie folgen dann eventuell weitere Untersuchungen, um das Ausmaß der Erkrankung zu verstehen und die bestmögliche Therapieoption zu finden. Möglich sind beispielsweise Untersuchungen der Rückenmarksflüssigkeit oder ein Ultraschall, mit dem festgestellt werden kann, ob weitere Organe von der Krebserkrankung betroffen sind.
Behandlung bei Leukämie
Die Therapie der Leukämie richtet sich stark nach Form und Verlauf der Erkrankung.
Die chronisch lymphatische Leukämie ist nach aktuellem Stand der Forschung nicht heilbar, aber medikamentös eindämmbar. Einige Betroffene benötigen jahrelang keine Therapie, da die Krankheit in der Regel sehr langsam voranschreitet.
Die chronisch myeloische Leukämie wird mit sogenannten Tyrosin-Kinase-Inhibitoren behandelt. Das sind Medikamente, die in einen Signalweg der Tumorzellen eingreifen. Diese können dadurch nicht weiterwachsen und sich nicht länger vermehren.
Da akute Leukämien sehr aggressiv und schnell fortschreiten, ist bei ihnen ein frühzeitiger Therapiebeginn von großer Bedeutung. Zum Einsatz kommen insbesondere Zytostatika (Chemotherapie). Diese sollen die entarteten Zellen abtöten und es dem Körper ermöglichen, wieder gesunde Blutzellen zu bilden. Die Chemotherapie kann durch andere Therapieformen, etwa eine Strahlentherapie, ergänzt werden.
In einigen Fällen ist es dennoch sinnvoll, eine Stammzelltransplantation durchzuführen. Dies ist beispielsweise angezeigt, wenn eine Chemotherapie nicht den gewünschten Behandlungserfolg bringt. Bei einer Stammzelltransplanation werden einer gesunden Person Stammzellen entnommen und auf den*die Patient*in übertragen. Diese sollen dann die Produktion der Blutzellen übernehmen. Vorher werden die verbliebenen blutbildenden Zellen der erkrankten Person durch eine intensive Chemo- und Strahlentherapie zerstört. Die Behandlung ist also sehr belastend und sollte sorgfältig abgewogen werden.
Was ist eine Stammzelltransplantation?
Für eine Stammzelltransplantation kommen pro Patient*in nur wenige Personen in Betracht. Es gilt, einen sogenannten "genetischen Zwilling" zu finden, dessen genetische Merkmale denen des*der Patient*in möglichst ähnlich sind. Grund dafür ist ein Schutzmechanismus des Körpers. Alles, was dieser als "körperfremd" erkennt, versucht er zu vernichten, um sich selbst zu schützen. Je ähnlicher sich also die Zellen der Spenderperson und der betroffenen Person sind, desto besser nimmt der Körper die neuen Zellen an.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Stammzellen einem*einer Spender*in entnommen werden können. Die bekanntere Möglichkeit ist eine Knochenmarkpunktion, bei der die Stammzellen aus einem großen Knochen (in der Regel dem Becken) entnommen werden. Mittlerweile ist es aber auch möglich, die Stammzellen aus dem Blut zu entnehmen. Dabei wird dem*der Spender*in zunächst ein Medikament gegeben, welches dafür sorgt, dass die Stammzellen aus dem Knochenmark ins Blut übergehen. Aus diesem können sie dann herausgefiltert werden. Da diese Methode weniger invasiv und mit geringeren Risiken verbunden ist, wird sie mittlerweile bevorzugt.
Da es sehr schwer ist, in kurzer Zeit eine geeignete Spenderperson zu finden, gibt es unterschiedliche Organisationen, bei denen man sich als Stammzellspender*in kostenlos registrieren lassen kann. Wird eine Stammzellspende benötigt, können diese Spenderdateien Leben retten.
Wie hoch sind die Überlebenschancen bei Leukämie?
Akute Leukämien führen unbehandelt nach etwa einem Jahr zum Tod. Dank moderner Medikamente und guter Behandlungsmöglichkeiten sind die Überlebensraten bei Leukämie in den letzten Jahren jedoch stark gestiegen.
Mittlerweile haben Kinder, die an einer akuten lymphatischen Leukämie erkrankt sind, eine Überlebenschance von über 80 Prozent.
Auch die Therapie der chronisch myeloischen Leukämie ist in den letzten Jahren deutlich verbessert worden, wodurch eine fast normale Lebenserwartung erreicht werden kann.
Bei der akuten myeloischen Leukämie ist die Überlebensrate stark abhängig vom Alter der betroffenen Person. Während Erwachsene, die jünger als 30 Jahre sind, noch eine Überlebenschance von über 60 Prozent aufweisen, sinkt diese im Alter ab.
Bei der chronischen lymphatischen Leukämie konnte die 5-Jahres-Überlebensrate auf über 85 Prozent gesteigert werden, auch wenn es nach wie vor keine Heilung gibt.
Wie stirbt man an Leukämie?
Eine Leukämie ist eine potenziell tödliche Erkrankung. Wenn sie nicht behandelt wird, führt sie häufig innerhalb kurzer Zeit zum Tod. Ursächlich dafür sind verschiedene Prozesse im Körper, die durch die Leukämie nicht mehr richtig ablaufen können. Wenn zu viele weiße Blutkörperchen gebildet werden, können die anderen Blutzellen nicht mehr produziert werden. Dies führt zum einen zu Blutungen (da die Gerinnung nicht mehr funktioniert). Wenn diese zum Beispiel im Gehirn auftreten, sind sie lebensbedrohlich. Zum anderen droht durch die verminderte Bildung von roten Blutkörperchen eine Anämie (Blutarmut). Bei sehr starker Anämie kann kein Sauerstoff mehr durch den Körper transportiert werden, was letztendlich zum Herzversagen führt.
Auch Infektionen können den Körper stark schwächen, da die weißen Zellen zwar vermehrt produziert werden, meist jedoch nicht funktionsfähig sind und so den Körper nicht mehr vor Viren oder Bakterien schützen können. So kann eine bei einer gesunden Person eher harmlose Infektion schnell lebensbedrohlich werden.
Moderne Therapiemöglichkeiten und Medikamente können das Risiko für solche Komplikationen heutzutage häufig verringern und die Ursachen der Leukämie behandeln, weshalb bei Verdacht auf eine Erkrankung des blutbildenden Systems schnellstmöglich ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden sollte.