Frau mit Nierenkrebs hat Rückenschmerzen
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Nierenkrebs

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin), Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 16.12.2020

Nierenkrebs, also ein Tumor im Bereich der Nieren, macht sich häufig erst spät bemerkbar und wird daher in vielen Fällen nur zufällig entdeckt. Mögliche Symptome sind Rückenschmerzen und Blut im Urin oder unspezifische Beschwerden wie Abgeschlagenheit, Fieberschübe und Gewichtsverlust. Jedes Jahr erkranken in Deutschland gut 15.000 Menschen an Krebs im Bereich der Nieren und ableitenden Harnwege. Betroffen sind vor allem ältere Menschen zwischen 60 und 75 Jahren, Männer erkranken dabei häufiger an Nierenkrebs als Frauen.

Nierenkrebs: Welche Arten gibt es?

Es gibt nicht "den" Nierentumor, sondern das Krebsgewebe kann ganz unterschiedlich beschaffen sein:

  • Im Bereich der Nieren kommen bei Erwachsenen zu 95 Prozent Nierenzellkarzinome (auch: Nierenkarzinom oder Adenokarzinom der Niere) vor. Sie gehen von den Zellen der Harnkanälchen aus (Tubulussystem), die für die Urinbildung zuständig sind.
  • Als Sonderform gilt das Onkozytom, das etwa vier Prozent der Fälle ausmacht und zwar in bildgebenden Verfahren einem Nierenkarzinom ähnelt, aber keine Metastasen bildet.
  • Bösartige Veränderungen im Bereich des Nierenbeckens sind sehr viel seltener. Sie gehen nicht von den Nierenzellen, sondern von der Schleimhaut der ableitenden Harnwege aus, und gleichen damit den Krebsarten, die in der Harnblase (Blasenkrebs) und den Harnleitern überwiegend auftreten. Ihre Behandlung unterscheidet sich daher von der des Nierenzellkarzinoms.
  • Daneben können sich in seltenen Fällen bösartige Tumoren entwickeln, die ebenfalls nicht vom Nierengewebe ausgehen, sondern sich in der Muskulatur entwickeln (Sarkome) oder vom lymphatischen Gewebe ausgehen (Lymphome).
  • Bei Kindern (vor allem bei Kindern unter fünf Jahren) treten überwiegend Wilms-Tumoren (Nephroblastome) auf.

Aufgrund der Häufigkeit des Nierenzellkarzinoms behandelt der folgende Artikel nur diese Form des Nierenkrebs.

Anzeichen für Nierenkrebs

Nierenkrebs: Ursachen und Entstehung

So vielfältig wie das Ursprungsgewebe sind auch die möglichen Ursachen; oft werden allerdings – wie bei anderen Krebsarten auch – keine speziellen Auslöser gefunden. Prinzipiell sind verschiedene Mechanismen denkbar, zum Beispiel physikalische, chemische, hormonelle und infektiöse Faktoren; beim Nierenkrebs auch eine erbliche Komponente.

Daneben sind einige Faktoren bekannt, die das Risiko für Nierenkrebs erhöhen:

  • Mit Abstand wichtigster Risikofaktor ist das regelmäßige Rauchen. Die Nieren filtern tagtäglich schädliche Substanzen aus dem Blut, so auch solche, die beim Zigaretten-, Pfeife- oder Zigarrenrauchen ins Blut übergehen. Durch den ständigen Kontakt zu diesen krebserregenden Schadstoffen verdoppelt sich das Risiko, an Nierenkrebs zu erkranken. Auch Passivrauchen gilt als Risikofaktor.
  • Bluthochdruck scheint das Risiko für die Entstehung von Nierenkrebs zu erhöhen.
  • Weiterer Risikofaktor ist Übergewicht – vor allem bei Frauen (vermutlich durch die dadurch verursachte Hormonverschiebung); bei Männern spielt wohl eher die Art der Fettverteilung eine Rolle.
  • Auch bestimmte Lebensgewohnheiten, wie starker Alkoholkonsum, regelmäßige fettreiche Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität und zu wenig Flüssigkeitsaufnahme (wegen der verminderten Durchspülung der Nieren und einer erhöhten Konzentration schädlicher Substanzen) und scheinen das Nierenkrebsrisiko zu erhöhen.
  • Daneben gelten bestimmte (teils angeborene) Erkrankungen, wie zystische Nieren oder eine chronische Nierenfunktionsschwäche, als Risikofaktoren für die Entstehung von Nierenkrebs. Eine chronische Nierenschädigung kann beispielsweise durch die langjährige Einnahme von Schmerzmitteln begünstigt werden.
  • Nach einer Nierentransplantation gilt das Risiko ebenfalls als erhöht.
  • Auch Substanzen wie Halogenkohlenwasserstoffe oder Kadmium (vor allem bei Berufen, die diesen häufig ausgesetzt sind) könnten eine Rolle spielen.

Symptome bei Nierenkrebs

Leider treten Beschwerden bei Nierenkrebs oft erst spät auf und die Symptome sind dann eher unspezifisch. Folgende Anzeichen sollten zügig ärztlich abgeklärt werden:

  • Blut im Urin: Nicht immer sind Blutungen als solche zu erkennen – manchmal ist der Urin auch nur dunkler als sonst. Frauen schieben die Zeichen auch schon mal fälschlicherweise auf die Wechseljahre. Manche Blutungen lassen sich nicht mit bloßem Auge, sondern erst mithilfe von Teststreifen nachweisen.
  • Eher einseitige Nierenschmerzen, also Schmerzen in der Flanke und seitliche Rückenschmerzen können Anzeichen eines Nierenkrebs sein, insbesondere auch, wenn im Bereich der Nieren eine Verdickung tastbar ist.
  • Geschwollene Beine können ein Symptom von Nierenkrebs darstellen.
  • Neu aufgetretener Bluthochdruck oder Blutdruckschwankungen können ein Hinweis auf einen Nierentumor sein.
  • Unspezifische Symptome, die über einen längeren Zeitraum anhalten und für die keine Ursache erkennbar ist, zum Beispiel ständige Müdigkeit, nächtliche Schwitzattacken, anhaltendes Fieber, hohe Kalziumwerte, Gewichtsverlust und Darmprobleme können auf harmlose, aber auch ernste chronische Erkrankungen hinweisen.

Oftmals wird Nierenkrebs im frühen Stadium eher zufällig entdeckt, beispielsweise im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraums.

Wie wird die Diagnose gestellt?

Der erste Schritt zur Diagnose von Nierenkrebs ist die Anamnese, also das Gespräch zwischen Arzt und Patient. Dabei werden vor allem aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen sowie berufliche und familiäre Belastungen erfragt.

Nach dem Gespräch wird der Arzt eine gründliche körperliche Untersuchung durchführen. Je nach Verdacht und zur Therapieplanung schließen sich weitere Tests an. Dazu gehören zum Beispiel:

  • eine Untersuchung von Urin und Blut
  • bildgebende Verfahren wie eine Röntgenuntersuchung der Harnwege (Urografie), eine Ultraschalluntersuchung, eine Computer- oder Kernspintomografie (CT und MRT), eine Knochen- und Nierenszintigrafie oder Röntgendarstellung der Nierengefäße
  • eine Blasenspiegelung
  • eine Gewebsentnahme (Biopsie)

Zuständiger Ansprechpartner ist zunächst der Hausarzt, er kann dann je nach Bedarf zu Fachärzten wie Urologen oder Radiologen überweisen.

Stadien von Nierenkrebs

Für die Auswahl der richtigen Behandlung muss ermittelt werden, in welchem Stadium sich der Tumor befindet. Dabei erfolgt die Einteilung anhand der sogenannten TNM-Klassifikation. Entscheidend sind:

  • die Größe des Tumors (T)
  • die Beteiligung der Lymphknoten (N)
  • ob sich Metastasen gebildet haben (M)

Anhand dieser Buchstaben und von Ziffern kann eine Aussage über die Ausdehnung und Größe des Tumors getroffen werden (T1 bis 4), und beschrieben werden, ob Lymphknoten befallen oder Metastasen vorhanden sind (zum Beispiel N0 und M1)

Grundsätzlich gilt Nierenkrebs als heilbar, jedoch verringert sich diese Wahrscheinlichkeit deutlich, wenn sich Metastasen gebildet haben, der Tumor also gestreut hat.

Nierenzellkarzinom: Welche Behandlung gibt es?

Bestätigt sich die Verdachtsdiagnose, ist das vorrangige Ziel, den Tumor und gegebenenfalls vorhandene Tochtergeschwülste komplett zu entfernen oder – wenn das nicht möglich ist – das Geschwulst möglichst lange am Weiterwachsen und -streuen zu hindern. Das bevorzugte Verfahren richtet sich dabei vor allem nach der Art des Tumors, seiner Größe und Lokalisation.

Prinzipiell stehen mehrere Methoden zur Verfügung, die einzeln oder kombiniert angewendet werden können: Eine Operation, bei der die betroffene Niere teilweise oder komplett entfernt wird, eine Ablation, eine systemische Therapie oder eine Strahlentherapie.

  • Eine Operation gilt als wichtigste Form der Behandlung und kommt zum Einsatz, wenn der Krebs noch nicht gestreut hat. Oft lässt sich der Tumor dann vollständig entfernen und der Krebs so heilen. Jedoch kann es auch nach Entfernung des Tumors zu einem Rückfall kommen.
  • Bei der sogenannten Ablation wird das Krebsgewebe durch Hitze oder Kälte zerstört. Dieses Verfahren kommt nur bei kleinen Nierentumoren zum Einsatz und wenn keine OP möglich ist (etwa aufgrund eines hohen Alters).
  • Hat der Tumor gestreut, ist eine Heilung in der Regel nicht möglich. Dann kommen sogenannte systemische Therapie zum Einsatz, um den Tumor am weiteren Wachstum zu hindern und Beschwerden zu lindern. Dazu gehören die zielgerichtete Therapie mit Medikamenten, die Krebszellen angreifen, die Immuntherapie, bei der die körpereigenen Abwehrzellen angeregt werden, sowie supportive Therapieverfahren, die zum Ziel haben, die Symptome zu lindern.
  • Eine Strahlentherapie kommt nur zum Einsatz, wenn der Krebs bereits Metastasen gebildet hat. Eine Heilung ist durch die Bestrahlung nicht möglich.
  • Eine Chemotherapie ist nicht zur Behandlung von Nierenkrebs geeignet.

Als Active Surveillance oder Aktives Zuwarten bezeichnet man es, wenn (vor allem bei älteren Betroffenen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen und wenn der Tumor sehr klein ist) zunächst auf eine Therapie verzichtet wird und man die Entwicklung des Tumors weiter beobachtet. Da Nierentumoren in der Regel im Alter sehr langsam wachsen, wird in solchen Fällen abgewogen, ob man Betroffenen die Risiken und Strapazen einer Operation noch zumutet.

Nachsorge: Worauf muss man nach der Behandlung achten?

Unmittelbar nach der Behandlung können Betroffene eine Reha (medizinische Rehabilitation) wahrnehmen. Neben Bewegungstherapie und verschiedenen Beratungsangeboten erhalten die Patienten dort auch eine psychologische Betreuung.

Wichtig ist, dass der Betroffene regelmäßig die Nachuntersuchungen wahrnimmt. Nur so lässt sich der Krankheitsverlauf kontrollieren und bei einem Rückfall frühzeitig erneut therapeutisch eingreifen, beziehungsweise die Behandlung anpassen. Bei komplikationslosem Verlauf finden die Kontrolltermine in den ersten beiden Jahren im Abstand von einigen Monaten statt, dann halbjährlich und später einmal jährlich.

Empfohlen wird, mit dem Rauchen aufzuhören und generell auf einen gesunden Lebensstil zu achten. Weitere Maßnahmen richten sich nach dem individuellen Krankheitsbild und der durchgeführten Behandlung.

Wie sind Verlauf und Prognose?

Die individuelle Überlebensrate ist sehr unterschiedlich und hängt nicht nur von der Art und dem Ort der bösartigen Veränderung ab, sondern auch davon, zu welchem Zeitpunkt der Tumor festgestellt wird. Krebs im Bereich der Nieren zeigt sich häufig erst sehr spät und wird deshalb oft nur zufällig im Rahmen von Bauchuntersuchungen im Frühstadium erfasst. Eine generelle Prognose oder Aussagen zur Lebenserwartung sind daher schwer zu treffen.

Wird der Tumor frühzeitig entdeckt, solange er noch auf die Niere begrenzt ist, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei etwa 70 Prozent oder höher, falls der Tumor sehr klein ist. Sind hingegen bereits die Lymphknoten befallen, geht man von einer 5-Jahres-Überlebensrate von etwa 20 Prozent aus. Trotzdem ist die durchschnittliche Überlebensrate im Vergleich zu vielen anderen Krebsarten recht hoch.

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