Schilddrüsenkrebs (Schilddrüsenkarzinom)
Schilddrüsenkrebs kommt in Deutschland nur selten vor. Es gibt vier verschiedene Arten des Schilddrüsenkarzinoms, wobei die Art Auswirkungen auf die Heilungschancen und Prognose hat. Da Schilddrüsenkarzinome erst sehr spät Symptome verursachen, spielt die Früherkennung mittels Ultraschall eine wichtige diagnostische Rolle. Erfahren Sie in diesem Artikel mehr darüber, was Knoten in der Schilddrüse bedeuten, welche Arten von Schilddrüsenkrebs es gibt und wie man sie behandelt.
Häufigkeit von Schilddrüsenkrebs
Schilddrüsenkrebs ist eine recht seltene Tumorerkrankung. Etwa fünf von 100.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an einer der verschiedenen Arten des Schilddrüsenkarzinoms. Frauen sind circa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Das durchschnittliche Alter bei der Diagnose ist das 50. Lebensjahr. Einige Tumore treten aber auch schon früher auf.
Erste Anzeichen der Erkrankung
Welche Ursachen kann Schilddrüsenkrebs haben?
Es gibt nur wenige Faktoren, über die gesichert bekannt ist, dass sie das Risiko für Schilddrüsenkrebs erhöhen. Dazu gehören genetische Faktoren und die ionisierende Strahlung, zu der auch die radioaktive Strahlung zählt.
Weiterhin wird noch über die Rolle der Hashimoto-Thyreoiditis diskutiert. Bei dieser Erkrankung kommt es durch körpereigene Antikörper zu einer Zerstörung der Schilddrüse. In einigen Untersuchungen von papillären Schilddrüsenkarzinomen hat man Immunzellen entdeckt, die denen einer Hashimoto-Thyreoiditis ähneln. Dies hat zu der Hypothese geführt, dass eine Hashimoto-Thyreoiditis ein Risikofaktor sein kann. Endgültig bestätigen konnte man das aber bisher nicht.
Welche Aufgabe hat die Schilddrüse?
Die Schilddrüse ist ein kleines, schmetterlingsförmiges Organ, welches sich um unsere Luftröhre schmiegt. Sie hat gerade einmal ein Volumen von ungefähr 18 bis 25 Milliliter. Dennoch übernimmt sie in unserem Körper viele wichtige Aufgaben.
Oft als "Dirigentin des Stoffwechsels" bezeichnet, produziert die Schilddrüse die elementar wichtigen Schilddrüsenhormone, die man abgekürzt als T3 und T4 bezeichnet. T3 und T4 regulieren in unserem gesamten Körper die Stoffwechselaktivität. Zudem stellt die Schilddrüse in den sogenannten C-Zellen das Hormon Calcitonin her, welches eine wichtige Rolle im Calciumstoffwechsel spielt.
Ebenso wie andere Organe des Körpers kann auch die Schilddrüse von Krebs, also bösartigen Tumoren, befallen werden. In der Fachsprache wird dies als Schilddrüsenkarzinom oder Struma maligna bezeichnet.
Symptome – wie äußert sich Schilddrüsenkrebs?
Schilddrüsenkrebs ist tückisch, denn er verursacht für eine lange Zeit keine Beschwerden. Über 50 Prozent aller Tumore werden als Zufallsfund entdeckt. Bei sehr fortgeschrittenem Krankheitsbild ergeben sich die Symptome einerseits aus den Hormonen, die zum Beispiel beim medullären Schilddrüsenkarzinom zu viel produziert werden, zum anderen durch die Größenzunahme der Schilddrüse, die tastbar oder sogar sichtbar sein kann.
Mögliche Symptome können sein:
- Schluckbeschwerden
- Heiserkeit
- Lymphknotenvergrößerung am Hals
- Horner-Trias (auch Horner-Syndrom) – damit werden drei verschiedene Symptome auf einmal beschrieben:
- ein herunterhängendes Augenlid
- eine Engstellung der Pupille
- der Augapfel wirkt, als ob er tiefer in der Augenhöhle liege
Beim medullären Schilddrüsenkarzinom kann es durch die massive Freisetzung von Calcitonin zu Durchfall und anfallsartigen Hitzewallungen kommen. Zusätzlich tritt eine deutlich sichtbare Hautrötung im Gesicht auf.
Wie diagnostiziert man Schilddrüsenkrebs?
Die Schilddrüse liegt nah unter der Haut, weshalb man mit dem Ultraschallgerät das Organ gut sehen kann. Ärzte*Ärztinnen achten dabei auf den Aufbau des Gewebes. Im Idealfall sieht das Gewebe überall gleich aus und weist eine regelmäßige Struktur auf. Bei sehr vielen Menschen ist das nicht der Fall und man findet in dem Schilddrüsengewebe kleine "Knoten", die in den meisten Fällen harmlos sind, aber auch auf einen Tumor hindeuten können.
Zusätzlich zur Sonographie, also dem Ultraschall, kann man im Labor die Blutwerte bestimmen. Wichtig ist hierbei das TSH (Thyroidea-stimulierendes Hormon), welches einen Hinweis auf eine Schilddrüsenüberfunktion oder eine Schilddrüsenunterfunktion gibt.
Es existieren auch Tumormarker. Dabei handelt es sich um die beiden Stoffe Thyreoglobulin und Calcitonin. Eine alleinige Erhöhung dieser Werte bestätigt aber noch keinen Schilddrüsenkrebs. Viel mehr benutzt man diese Werte als Kontrolle nach der Therapie, um zu ermitteln, ob sich irgendwo noch Tumorreste befinden.
Dies kann man sich so vorstellen: Wird die komplette Schilddrüse operativ entfernt, sollten sich keine Schilddrüsenzellen mehr im Körper befinden. Dementsprechend kann auch das Protein Thyreoglobulin nicht mehr hergestellt werden. Findet man einige Monate oder Jahre später den Tumormarker Thyreoglobulin wieder im Blut, ist dies ein mögliches Zeichen einer Metastase oder eines Neuwuchses.
Was ist ein Knoten in der Schilddrüse?
Ein Schilddrüsenknoten ist zuerst einmal eine Auffälligkeit im Ultraschallbild. Die Knoten können sehr klein oder sehr groß sein. Sind sie flüssigkeitsgefüllt, spricht man von Zysten. Die meisten Knoten besitzen eine dünne, bindegewebshaltige Kapsel, mit der man sie vom übrigen Gewebe unterscheiden kann.
Knoten unter einem Milliliter Volumen sind erst mal unverdächtig. Werden die Knoten in der Schilddrüse jedoch immer größer, oder sind sie bereits über einen Milliliter gewachsen, kontrolliert man die Schilddrüse mittels einer Szintigrafie. Bei dieser Untersuchung werden radioaktiv markierte Substanzen genutzt, um die Stoffwechsellage der Schilddrüse darzustellen.
Hierbei unterscheidet man zwischen heißen und kalten Knoten. Bei einem heißen Knoten handelt es sich um ein Areal, wo sehr viel Stoffwechselaktivität herrscht. Bei einem kalten Knoten liegt dementsprechend weniger Stoffwechselaktivität vor.
Ein kalter Knoten und gewisse Anzeichen im Ultraschall sind tumorverdächtig. In diesem Fall wird der*die behandelnde Arzt*Ärztin entweder zu einer Nadelbiopsie oder zu einer OP raten, um den verdächtigen Knoten zu entfernen.
Mithilfe der Biopsie kann festgestellt werden, um welchen Tumor es sich handelt. Dafür wird das gewonnene Gewebe unter dem Mikroskop betrachtet. In der Regel wird aber zur OP geraten, da bei einem Tumor die Schilddrüse fast immer komplett entfernt werden muss. Nur bei sehr kleinen Tumoren kann man lediglich einen Lappen der Schilddrüse entfernen.
Behandlung von Schilddrüsenkrebs
Die Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms richtet sich nach der Art des Tumors. Allgemein lässt sich sagen, dass die Schilddrüse meist operativ entfernt wird. Sofern vorher keine Biopsie erfolgt ist, wird der entnommene Tumor im Anschluss an die OP untersucht, um seine Art und damit das weitere Vorgehen zu bestimmen.
Nach der OP gibt es weitere Behandlungsansätze. Beim papillären Schilddrüsenkarzinom kommt die sogenannte Kombinationstherapie zum Einsatz. Darunter versteht man die Kombination aus Operation und Radiojodtherapie. Die Schilddrüse ist das einzige Organ, welches Jod aufnimmt. Diesen Umstand macht man sich zunutze, indem man dem Körper radioaktives Jod verabreicht. Der Tumor nimmt dieses auf und wird durch die Strahlung der Substanz sehr gezielt zerstört. So können selbst Metastasen behandelt werden.
Für andere Tumore, wie das medulläre Schilddrüsenkarzinom, ist die Radiojodtherapie unwirksam. Bei einigen Tumoren, die man nicht eindeutig zuordnen kann (diese werden undifferenzierte Tumore genannt), kann man nach der OP mit einer Bestrahlung von außen versuchen, weiter zu therapieren.
Als letzte Option werden derzeit gezielte Medikamente entwickelt, die auch bei fortgeschrittenen Tumoren, die nicht mehr auf Bestrahlung reagieren, wirken sollen. Eine Chemotherapie kommt nur in seltenen Fällen zum Einsatz.
Welche Arten von Schilddrüsenkrebs gibt es?
Man unterscheidet zwischen vier unterschiedlichen Tumorarten:
- papilläres Schilddrüsenkarzinom
- follikuläres Schilddrüsenkarzinom
- anaplastisches Schilddrüsenkarzinom
- medulläres Schilddrüsenkarzinom
Die drei ersten entstehen aus den Schilddrüsenzellen, den sogenannten Thyreozyten. Das medulläre Schilddrüsenkarzinom entsteht aus den C-Zellen (Calcitonin-produzierende Zellen). Die Klassifikation des Tumors ist entscheidend für die Art der Behandlung und die Prognose.
Papilläres Schilddrüsenkarzinom
Das papilläre Schilddrüsenkarzinom ist mit ungefähr 60 Prozent das am häufigsten vorkommende Karzinom der Schilddrüse. Es entsteht aus den Zellen der Schilddrüse (Thyreozyten) und verursacht zunächst keine Symptome, was das Erkennen erschwert. Ein frühes Anzeichen kann ein unverschieblicher Knoten in der Schilddrüse sein, den man tasten kann.
Zusammen mit dem follikulären Schilddrüsenkarzinom hat das papilläre Karzinom die beste Heilungschance. Da es sich aus den Schilddrüsenzellen entwickelt und diesen auch recht ähnlich ist, können Betroffene eine Radiojodtherapie erhalten. Bei dieser Form des Schilddrüsenkrebses kann man mit der Kombinationstherapie über 90 Prozent der Betroffenen heilen.
Medulläres Schilddrüsenkarzinom
Das medulläre Schilddrüsenkarzinom, auch C-Zell-Karzinom genannt, entwickelt sich aus den Calcitonin-produzierenden Zellen der Schilddrüse. Diese nehmen kein Jod auf, weshalb hier eine Radiojodtherapie unwirksam wäre. In der Regel ist eine operative Entfernung der Schilddrüse aber ausreichend, um den Krebs zu entfernen.
In seltenen Fällen kommt es zu Metastasen. In diesem Fall ist das medulläre Schilddrüsenkarzinom nicht heilbar. Man kann es aber mit neuartigen Immunmodulatoren palliativ behandeln.
Follikuläres Schilddrüsenkarzinom
Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom ähnelt dem papillären. Es unterscheidet sich jedoch unter dem Mikroskop und im Metastasierungsweg, also der Art und Weise, wie sich die Metastasen im Körper ausbreiten. Das papilläre Karzinom metastasiert in die Lymphknoten, während das follikuläre sich über die Blutbahn ausbreiten und so in der Lunge oder im Knochen landen kann.
Das follikuläre Schilddrüsenkarzinom tritt ab dem 50. Lebensjahr auf. Ähnlich wie das papilläre Karzinom kann man das follikuläre mit einer Kombination aus Operation und Radiojodtherapie behandeln. Die Überlebenschancen sind etwas schlechter als bei der papillären Form, da das follikuläre Karzinom früher metastasiert. Ohne Metastasierung liegt die Heilungschance aber bei über 95 Prozent.
Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom
Das anaplastische Schilddrüsenkarzinom tritt ab dem 60. Lebensjahr auf und ist mit ungefähr 5 Prozent der Fälle sehr selten. Leider ist hier die Prognose für die Lebenserwartung eher schlecht. Dieser Tumor wächst äußerst schnell und die Betroffenen können nur selten rechtzeitig behandelt werden. Die mittlere Überlebenszeit bei diesem Tumor beträgt einige Monate.
Wie gut ist Schilddrüsenkrebs heilbar?
Glücklicherweise existieren einige wirksame Behandlungsmöglichkeiten bei den verschiedenen Tumoren der Schilddrüse. Lediglich beim anaplastischen Karzinom ist die Todesrate immer noch extrem hoch.
Nach einer Schilddrüsenoperation müssen die Betroffenen ein Leben lang die Schilddrüsenhormone als Medikamente einnehmen. Wichtig ist außerdem eine gute Nachsorge, mit regelmäßiger Sonographie und der Erhebung von Blutwerten, um mögliche Metastasen eines Schilddrüsenkrebses frühzeitig zu erkennen.