Lipödeme behandeln
Insbesondere Frauen leiden abends häufig unter schweren, geschwollenen Beinen. Dicke Beine können unterschiedliche Ursachen haben und sind zunächst kein Grund zur Besorgnis. Sind die Beine jedoch dauerhaft geschwollen, sollte ärztlicher Rat gesucht werden, um ein Lipödem als Ursache auszuschließen. Bei einem Lipödem handelt es sich um eine Fettverteilungsstörung, die auch als Reiterhosenphänomen oder Säulenbein bezeichnet wird. Mit der richtigen Therapie lässt sich ein Lipödem zwar therapieren, eine Heilung ist jedoch noch nicht möglich.
Was ist ein Lipödem?
Lipödeme treten fast ausschließlich bei Frauen auf. Die Erkrankung bewirkt Anlagerungen von Unterhautfettgewebe, die zu Schwellungen an den betroffenen Körperstellen führen. Mit dem Fortschreiten der Krankheit weiten sich die Ansammlungen von Fettgewebe immer stärker aus.
Die Fettablagerungen entstehen in der Regel symmetrisch an Oberschenkeln, Hüften, Po, Knieinnenseiten oder Oberarmen, später auch an den Unterarmen und -schenkeln bis hin zu den Fußgelenken. Fuß- und Handrücken sind nur bei extremen Schweregraden betroffen. Typisch für das Krankheitsbild der Lipödeme ist ein schlanker Oberkörper, sodass die Beine übermäßig dick wirken.
Symptome eines Lipödems
Menschen mit Lipödemen leiden meist unter dicken Beinen mit sichtbaren Anlagerungen von Fettgewebe. Besonders nach langem Sitzen oder Stehen oder an warmen Tagen schwellen die Beine oft durch zusätzliche Wassereinlagerungen noch weiter an.
Seltener treten die Beschwerden auch an den Armen auf. Folgende Symptome sind an den betroffenen Körperstellen außerdem zu beobachten und helfen dabei, ein Lipödem zu erkennen:
- Schmerzen bei Berührung
- Schwere-, Druck- und Spannungsgefühl
- blaue Flecken bereits nach kleinen Stößen
- Besenreiser
- grobe, teils knotige Haut und Orangenhaut (Cellulite)
- kühle, schlecht durchblutete Haut
- X-Beine
Ursachen von Lipödemen
Die genauen Ursachen von Lipödemen sind noch nicht geklärt. Als wahrscheinlich gelten eine genetische Veranlagung sowie hormonelle Auslöser.Lipödeme treten häufig erstmals in oder nach der Pubertät, einer Schwangerschaft oder während der Wechseljahre (Menopause) auf.
Übergewicht gehört nicht zu den Ursachen, kann aber den Verlauf der Krankheit negativ beeinflussen.
Bei Männern kommen Lipödeme nur in Ausnahmefällen vor, beispielsweise bei einer Hormonstörung infolge einer Leberschädigung oder Hormontherapie.
Diagnose eines Lipödems
Die Diagnose eines Lipödems erfolgt anhand eines Sicht- und Tastbefunds (Inspektion und Palpation), der Patientenvorgeschichte sowie gegebenenfalls auf Basis eines Ultraschallbefunds. Vor allem sollte ein*e Facharzt*Fachärztin ausschließen, dass die Symptome durch andere Krankheiten verursacht wurden. Hier kommen zum Beispiel folgende Erkrankungen infrage:
- Adipositas (Fettleibigkeit), die oft zusammen mit einem Lipödem auftritt
- Lipohyperthrophie (eine harmlose Fettansammlung), die sich zu einem Lipödem entwickeln kann
- Lymphödeme (Wassereinlagerungen), die meist asymmetrisch auftreten
Zur Unterscheidung von einer reinen Adipositas kann der Fettstoffwechsel herangezogen werden. Während die sogenannten Adipokine, also bestimmte Lipidhormone, bei Menschen mit Adipositas erhöht sind, sind sie bei Personen mit Lipödemen im Normalbereich.
Ob es sich um Lymphödeme oder Lipödeme handelt, zeigt das sogenannte Stemmersche Zeichen. Lässt sich die Haut an Zehen- oder Fingerfalten anheben, handelt es sich wahrscheinlich um ein Lipödem.
Stadien von Lipödemen im Krankheitsverlauf
Lipödeme sind nicht heilbar und können sich im weiteren Verlauf der Erkrankung sogar noch verschlimmern. Insbesondere dann, wenn sie unbehandelt bleiben. So treten die Fettpolster im Stadium 1 vor allem an den Hüften, Oberschenkeln und der Innenseite der Knie auf. Dabei ist die Haut typischerweise feinknotig (Orangenhaut).
Mit fortschreitender Krankheit erscheint die Haut in Stadium 2 grobknotig mit Dellen ("Matratzenphänomen"), bis im Stadium 3 schließlich große Hautlappen und -wülste entstehen. Das Lipödem kann sich bis zu den Fußknöcheln ausdehnen und diese überlappen. Man spricht dann vom sogenannten "Säulenbein". Als Letztes sind Finger und Zehen betroffen – dies ist der höchste Schweregrad.
Lymphödeme als Folge eines Lipödems
Im Verlauf der Erkrankung behindern die durch das Lipödem vergrößerten und verformten Fettzellen vermehrt den Abfluss der Lymphflüssigkeit. In den Zellzwischenräumen entstehen dadurch Wasseransammlungen, sogenannte Lymphödeme. Diese bewirken dann auch Schwellungen der Hände und Füße.
Bleibt ein Lipödem jahrelang unbehandelt, werden auch die großen Lymphgefäße von dieser Abflussstörung erfasst. Man spricht dann von einem Lymphödem oder einem Lipolymphödem, als Mischform aus Lipo- und Lymphödem.
Entstauungstherapie gegen Lipödeme
Basis der Behandlung eines Lipödems ist die Entstauungstherapie. Sie erfordert das tägliche Tragen von Kompressionsstrümpfen oder -verbänden, um die Größe des Lipödems zu reduzieren oder konstant zu halten. Vor allem beim Sport sollten immer Kompressionsstrümpfe getragen werden, um das Gewebe zu unterstützen.
Auch Kompressionsgeräte kommen im Rahmen der "apparativen intermittierenden Kompression" (AIK) zum Einsatz. Die Kompression des Lymphgewebes kann die Schmerzen lindern und dem Fortschritt der Krankheit entgegenwirken.
Durch manuelle Lymphdrainage, eine spezielle Massageart, kann zusätzlich der Abtransport des Ödems begünstigt werden. Zur lymphologischen Physiotherapie gehören außerdem funktionelle Rehabilitation und Atemphysiotherapie. Diese speziellen Behandlungen sollten jedoch nur von Spezialisten durchgeführt werden und nicht von Masseuren, die keine Ausbildung im Bereich der Lymphdrainage haben.
Weitere Formen der Behandlung beim Lipödem
Das betroffene Lymphgewebe kann sich nicht wieder zurückbilden. Beim Lipödem kann nur eine operative Fettabsaugung (Liposuktion) das krankhaft veränderte Fettgewebe entfernen. Bei einer OP des Lipödems besteht jedoch das Risiko, die oberflächlichen Lymphgefäße zu zerstören, was ein zusätzliches Lymphödem zur Folge haben kann.
Eine OP von Lipödemen in Form einer Liposuktion bedeutet oftmals nur eine vorübergehende Besserung, denn das Fettgewebe bildet sich im Gegensatz zu gesunden Personen wahrscheinlicher und schneller wieder aus. Eine ausführliche ärztliche Beratung ist daher unverzichtbar. Zudem sollten Betroffene sich darüber bewusst sein, dass die Kosten für eine Fettabsaugung im Stadium 1 und 2 in der Regel nicht von den Krankenkassen übernommen werden, auch wenn Fachleute eine frühestmögliche Behandlung von Lipödemen mittels Operation empfehlen.
Seit Dezember 2019 können Betroffene, die unter einem Lipödem im Stadium 3 leiden, unter bestimmten Voraussetzungen eine Liposuktion auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen durchführen lassen. Diese Regelung gilt zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2024.
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten ist neben der ärztlichen Diagnose, dass zuvor mindestens sechs Monate lange eine konservative Therapie durchgeführt wurde, die ohne Linderung der Beschwerden verlaufen ist. Die Liposuktion soll nur bei einem BMI unter 40 durchgeführt werden. Bei einem BMI ab 35 soll zudem eine Adipositas-Behandlung stattfinden.
In der Alternativmedizin, wie zum Beispiel der Homöopathie, werden zur Therapie von Lipödemen unter anderem Schüssler Salze und Jojobaöl eingesetzt.
Was kann man selbst bei Lipödemen tun?
Sport und gesunde Ernährung sind wichtige Behandlungselemente bei Lipödemen, auch wenn sie die Lipödeme nicht reduzieren können. Regelmäßige Bewegung und eine langfristige Ernährungsumstellung helfen jedoch, zusätzliches Übergewicht zu vermeiden. Übergewicht kann das Fortschreiten der Krankheit begünstigen.
Durch körperliche Aktivität werden zudem Wasseransammlungen verringert. Vermeiden Sie gezielten Muskelaufbau an den betroffenen Stellen und Sportarten, die ruckartige Bewegungen erfordern. Geeignet sind zum Beispiel leichtes Walking oder Aquagymnastik.
Hautpflege lindert die Symptome
Da bei Lipödemen die Mikrozirkulation der Haut gestört sein kann, ist sie anfälliger für Entzündungen und narbige Veränderungen. Deshalb sollte man bei Lipödemen auf eine geeignete Hautpflege achten.
Die empfindlichen Hautstellen sollten mit einer speziellen feuchtigkeitsspendenden Lotion vorsichtig eingecremt und nicht durch enge Kleidung oder Selbstmassagen zusätzlich gereizt werden. Besonders geeignet für die Pflege sind pH-hautneutrale Seifen und Cremes, die Urea oder Dexpanthenol enthalten.
Psychische Folgen von Lipödemen
Lipödeme stellen für die Betroffenen oft eine schwere psychische Belastung dar. Die Erkrankten leiden nicht nur unter körperlichen Schmerzen, sondern auch unter seelischen.
Die negativen Reaktionen von Mitmenschen, die Beeinträchtigung der Lebensqualität sowie die Frustration durch erfolglose Diäten und Sportprogramme führen mitunter zu Depressionen oder Essstörungen. Psychologische Unterstützung gehört daher immer zu einer erfolgreichen Therapie eines Lipödems.