Zöliakie: Symptome, Diagnose und Therapie bei Sprue
Die Zöliakie, auch bekannt als Sprue, ist eine chronische Erkrankung, die infolge einer Unverträglichkeit gegenüber Gluten auftritt. Bei Gluten handelt es sich um ein Stoffgemisch aus zwei Proteinen, das in zahlreichen Getreidearten vorkommt. Führende Symptome einer Zöliakie sind Entzündungen und Schäden an der Darmschleimhaut, in deren Folge Verdauungsstörungen und eine Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen auftreten können. Die Ernährung der Betroffenen ist stark beeinträchtigt und erfordert besondere Anpassungen, da Gluten in vielen gängigen Lebensmitteln vorkommt, die in unserer täglichen Ernährung weit verbreitet sind, zum Beispiel Brot, Gebäck, Bier und auch einigen Fleischersatzprodukten. Unter einer konsequent glutenfreien Ernährung ist ein beschwerdefreies Leben jedoch möglich. An welchen Symptomen man eine Zöliakie erkennt, wie die Diagnose gestellt wird und was der Unterschied zur Glutenunverträglichkeit und Glutensensitivität ist, das und mehr erfahren Sie im Folgenden.
Was ist eine Zöliakie?
Bei der Zöliakie handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Verzehr von glutenhaltigen Lebensmitteln zu einer chronischen Entzündung im Dünndarm führt. Gluten ist ein Klebereiweiß, das in zahlreichen Lebensmitteln vorkommt. Es ist Bestandteil verschiedener Getreidesorten, wie Weizen, Gerste und Roggen.
Durch eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten kommt es zu einer Entzündung und Schädigung der Darmschleimhaut und in der Folge zu einer Verkleinerung der Darmzotten. Dabei handelt es sich um Ausstülpungen an der Oberfläche der Darmschleimhaut, die für die Aufnahme von Nährstoffen, wie Eisen und Calcium, erforderlich sind.
Die Dünndarmzotten vergrößern die Darmoberfläche erheblich und sind wichtig für die Verdauung. Wenn sich diese Zotten verkleinern, kommt es zu einer reduzierten Aufnahme von wichtigen Nahrungsbestandteilen, wodurch vielfältige Symptome auftreten können.
Welche Ursachen stecken hinter der Zöliakie?
Die genauen Ursachen, die zur Ausbildung einer Unverträglichkeit gegenüber Gluten führen können, sind noch weitgehend ungeklärt. Es wird vermutet, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und Umwelteinflüssen sowie Immunfaktoren eine Rolle spielt.
Dass genetische Ursachen hinter der Erkrankung stecken könnten, wird dadurch deutlich, dass Verwandte von Zöliakie-Patient*innen häufig ebenfalls betroffen sind. Es wird geschätzt, dass bei einem Großteil der Erkrankten die genetische Veranlagung auf bestimmte Gene zurückzuführen ist. So tragen Menschen mit Zöliakie oftmals bestimmte Genvarianten, die mit einem Risiko für die Entstehung der Krankheit in Verbindung gebracht werden. Konkret handelt es sich dabei um die Antigene HLA-DQ2 und HLA-DQ8. Diese sind wichtig für die Funktionalität bestimmter Proteine, die für die Erkennung und Bekämpfung von Krankheitserregern eine Rolle spielen und somit das Immunsystem unterstützen. Bei den Betroffenen liegen bestimmte Varianten dieser Gene vor, welche Gluten irrtümlich als schädlich erkennen und somit eine überschießende Immunreaktion auslösen, in deren Folge die Schleimhaut im Dünndarm geschädigt wird. Das Immunsystem produziert Antikörper, die die Dünndarmschleimhaut angreifen und schädigen. Da sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen richtet, spricht man von einer Autoimmunerkrankung.
Allerdings wird geschätzt, dass auch rund ein Viertel aller gesunden Menschen diese Gene in sich trägt, ohne eine Zöliakie auszubilden. Daher wird angenommen, dass auch andere Faktoren bei der Entwicklung der Erkrankung eine Rolle spielen. Dies sind vermutlich weitere, bislang unentdeckte Gene, aber auch Umweltfaktoren und andere bisher unbekannte Auslöser. Umweltbelastungen wie Infektionen bereits im jungen Lebensalter, insbesondere des Magen-Darm-Traktes, sowie Stress könnten hier ebenso relevant sein.
Wie kommt es zur Ausbildung der schädigenden Antikörper?
Das Gluten-Molekül enthält verschiedene Abschnitte, welche große Mengen der Aminosäuren Glutamin und Prolin enthalten. Diese können für Menschen mit Zöliakie schädigend sein und führen zu einer Aktivierung des Immunsystems, indem sie an die Zellen der Darmschleimhaut und insbesondere an die vermehrt vorliegenden Antigene HLA-DQ2 und HLA-DQ8 binden. Infolge dieser Bindung kommt es zu einer Kettenreaktion, die zu einer Entzündung führt und unterschiedliche Antikörper freisetzt, unter anderem den Transglutaminase-Antikörper. Dieser schädigt die Gewebetransglutaminase, welche unter anderem wichtig für die Verbindung von Zellbestandteilen der Darmzellen ist. Wird sie beschädigt, kommt es zu einer Zerstörung von Darmzellen und folglich zu einer Verminderung der Schleimhautoberfläche.
Zöliakie bei Kindern
Eine ausreichend lange Stillzeit galt längere Zeit als Schutzfaktor für Säuglinge mit genetischer Veranlagung. Diese These gilt aber mittlerweile als widerlegt. In der Leitlinie zur Behandlung von Zöliakie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten wird darauf hingewiesen, dass neuere Studien keinen Zusammenhang zwischen Stillverhalten und Stilldauer sowie dem Zöliakie-Risiko von Kindern feststellen.
Die Einführung von glutenhaltigen Lebensmitteln kann entsprechend den Empfehlungen zur Säuglingsernährung ab dem fünften Lebensmonat des Kindes beginnen.
Welche Symptome treten bei Zöliakie auf?
Im Rahmen einer Zöliakie ist die Verdauung meist massiv eingeschränkt. In der Folge kommt es unter anderem vermehrt zu teils heftigen Durchfällen, weil die tiefer gelegenen Darmabschnitte mit der weitgehend unverdauten Nahrung überfordert sind.
Die Symptome von Zöliakie können insgesamt aber vielfältig sein und sich von Person zu Person unterscheiden. Das Vollbild der Zöliakie, bei der alle dazugehörigen Symptome auftreten, liegt nur bei circa einem Viertel der Patient*innen vor. Bei vielen Betroffenen zeigen sich über Jahre gar keine Symptome, sodass die Erkrankung oft lange unerkannt bleibt.
Zu den häufigsten Symptomen des Verdauungstraktes gehören die Folgenden:
- Bauchschmerzen
- Blähungen
- Durchfall, wässriger und dünner Stuhl
- Fettstühle (glänzendes, lehmfarbenes Aussehen des Stuhls, klebrige Konsistenz und säuerlich fauliger Geruch)
- ein aufgeblähter Bauch
- Übelkeit, seltener auch Erbrechen
Auch an der Haut kann es durch die Zöliakie zu einer direkten immunologischen Reaktion kommen. So kann ein Hautausschlag, die sogenannte Dermatitis herpetiformis Duhring, auftreten, eine chronische blasenbildende Hauterkrankung, die mit starkem Juckreiz einhergeht.
Weitere Symptome möglich
Zusätzlich können weitere Symptome auftreten, die mit der unzureichenden Aufnahme von Nährstoffen im Darm zusammenhängen. So kommt es bei einigen Menschen zu einem Gewichtsverlust durch die unzureichende Energieaufnahme. Teils wird dies auch ausgelöst durch eine bewusst reduzierte Nahrungsaufnahme zur Vermeidung der gastrointestinalen Symptome.
Müdigkeit und Blutarmut (Anämie) können infolge der reduzierten Aufnahme wichtiger Mineralstoffe, wie Eisen, hinzukommen. Langfristig besteht zudem durch die verringerte Aufnahme von Calcium die Gefahr der Ausbildung eines Knochenschwundes (Osteoporose). Auch Muskelschwäche und Muskelschwund können auftreten.
Darüber hinaus kann auch die Psyche Schaden nehmen, es können sich Depressionen und neurologische Probleme infolge des Mangels an wichtigen Nährstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen ausbilden.
Oft bleibt die Ursache für diese versteckten Symptome lange unerkannt und die Betroffenen suchen verschiedene Ärzt*innen auf, um ihnen auf den Grund zu gehen. Eine internistische Abklärung mit der entsprechenden Diagnostik ist bei solchen Anzeichen daher sehr wichtig. Bleibt die Glutenunverträglichkeit unerkannt, kann es bei Kindern und Jugendlichen durch die Mangelversorgung schon frühzeitig zu Entwicklungsverzögerungen kommen. Bei Erwachsenen erhöht sich das Risiko für Darmkrebs. Auch Unfruchtbarkeit ist eine weitere mögliche Folge bei einer langfristigen Verschleppung der Diagnose.
Diagnose: Wie kann man eine Zöliakie feststellen?
Zur Diagnose einer Zöliakie ist eine gründliche ärztliche Untersuchung erforderlich. Im Gespräch werden zunächst die Symptome der betroffenen Person und mögliche Risikofaktoren, wie eine familiäre Vorbelastung, erfasst.
Beim Verdacht auf eine Zöliakie schließt sich eine Blutuntersuchung an. Diese dient dazu, bestimmte Antikörper zu erkennen, die mit Zöliakie in Verbindung gebracht werden. Die relevanten Blutwerte sind der Transglutaminase-Antikörper (tTG-Ak), der Anti-Endomysium-Antikörper (EMA-Ak) sowie Gliadin-Antikörper vom Typ IgA und IgG. Ein erhöhter Spiegel dieser Antikörper im Blut kann auf eine Entzündung der Dünndarmschleimhaut im Rahmen einer Zöliakie hinweisen.
Sofern die Blutuntersuchung erhöhte Antikörper-Spiegel aufweist, folgt eine Ösophagogastroduodenoskopie, auch bekannt als Magenspiegelung, zur endgültigen Diagnosesicherung. Dabei wird eine Kamerasonde über den Mund bis in den Dünndarm eingeführt. Diese Untersuchung wird von einem*einer Facharzt*Fachärztin für Gastroenterologie durchgeführt und ermöglicht es, das Innere des Dünndarms anzusehen und den Zustand der Dünndarmschleimhaut zu beurteilen. Während der Endoskopie kann eine Dünndarmbiopsie durchgeführt werden. Dabei werden Gewebeproben aus dem Dünndarm entnommen, die anschließend mikroskopisch auf Veränderungen der Darmzotten untersucht werden.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können zusammen mit den festgestellten Symptomen dazu beitragen, eine genaue Diagnose zu stellen und eine passende Therapie einzuleiten.
Wann ist ein genetischer Test angeraten?
Genetische Tests sind kein klassischer Bestandteil für die Diagnostik einer Zöliakie, können jedoch in einigen Situationen sinnvoll sein:
- familiäre Vorbelastung: Falls in der Familie der betroffenen Person gehäuft Zöliakie auftritt, kann eine genetische Untersuchung zur Feststellung von genetischen Varianten, die mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Zöliakie verbunden sind, durchgeführt werden. Sinnvoll ist dies, wenn zwar keine Symptome auftreten, aber das Risiko für eine Krankheitsentwicklung in der Zukunft besteht. Insbesondere vor Beendigung des Stillens und Umstellung auf glutenhaltige Nahrung ist dies in solchen Fällen bei Babys eine sinnvolle Maßnahme.
- uneindeutige Laborergebnisse: Falls die Laborergebnisse eine Zöliakie nicht eindeutig belegen können, aber entsprechende Symptome vorliegen, die nicht anderweitig erklärt werden können, kann ein genetischer Test dazu beitragen, die Diagnose zu unterstützen.
Gibt es einen Zöliakie-Test zur Selbstdiagnose?
Vermehrt werden im Handel auch Stuhltests zur Selbstdiagnose einer Zöliakie angeboten. Mit ihrer Hilfe soll der Nachweis von Antikörpern im Stuhl erfolgen, deren Vorkommen ein Hinweis auf eine Zöliakie sein kann. Von diesen Tests ist jedoch abzuraten, da sie keine sichere Diagnostik ermöglichen.
Wie wird eine Zöliakie behandelt?
Da Medikamente für eine ursächliche Behandlung derzeit nicht zur Verfügung stehen, ist Zöliakie gegenwärtig nicht heilbar. Die Behandlung besteht daher hauptsächlich aus einer glutenfreien Ernährung. Lebensmittel, die Gluten enthalten, müssen vollständig gemieden werden. Neben Weizen, Gerste, Dinkel und Roggen sind das alle Lebensmittel, die aus diesen Getreidesorten hergestellt werden, zum Beispiel Brot, Nudeln, Gebäck und Bier.
Glücklicherweise stehen seit einigen Jahren immer mehr Lebensmittel zur Verfügung, die auf diese Inhaltsstoffe verzichten. So gibt es Ersatzprodukte, die aus glutenfreien Getreidesorten wie Quinoa, Buchweizen, Hirse, Mais oder Reis hergestellt werden. Verschiedene Firmen haben sich auf die Herstellung glutenfreier Lebensmittel spezialisiert und bieten zahlreiche Produkte an.
Für Betroffene ist es wichtig, beim Lebensmittelkauf aufmerksam die Etiketten aller Produkte zu lesen, um glutenhaltige Zutaten identifizieren zu können. Immer häufiger lässt sich auf Produkten auch das Glutenfrei-Symbol entdecken, welches das schnelle Erkennen geeigneter Lebensmittel ermöglicht. Darüber hinaus kann eine Ernährungsberatung sinnvoll sein, um trotz des Verzichts auf Gluten eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, die alle notwendigen Nährstoffe enthält, beizubehalten oder zu erlernen.
Da Menschen mit Zöliakie ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an Nährstoffen aufweisen, insbesondere bei Eisen, Calcium, Vitamin D, Vitamin B12 und Folsäure, muss auf eine ausreichende Zufuhr geachtet werden. Sollte eine Deckung des Bedarfs trotz entsprechender Ernährung nicht erreicht werden können, ist die Einnahme von passenden Nahrungsergänzungsmitteln sinnvoll.
Regelmäßige ärztliche Untersuchungen und Blutuntersuchungen sind wichtig für eine Überwachung des Krankheitsverlaufs und können sicherstellen, dass die Ernährungstherapie erfolgreich ist. Einmal jährlich sollte der Gewebetransglutaminase-Antikörper im Blut bestimmt werden. Bei wiederkehrenden Problemen trotz einer angepassten Ernährung kann eine erneute Gastroskopie zur Beurteilung der Darmschleimhaut von Zeit zu Zeit sinnvoll sein. Sollte es infolge der Zöliakie zu einem Untergewicht gekommen sein, ist eine Gewichtszunahme anzustreben.
Auch ohne Symptome ist die Beibehaltung einer glutenfreien Diät lebenslang erforderlich, denn selbst der Verzehr kleiner Mengen Gluten kann zu erneuten Entzündungen im Dünndarm führen und langfristige Schäden verursachen.
Ernährung: Welche Lebensmittel sind bei Zöliakie geeignet?
Neben glutenfreien Getreidesorten und glutenfreien Ersatzprodukten gibt es zahlreiche Lebensmittel, welche von Natur aus kein Gluten enthalten und daher bedenkenlos konsumiert werden können. Dazu gehören beispielsweise:
- Fleisch- und Wurstwaren ohne Würzzusatz aller Art
- Fisch und Meeresfrüchte
- Eier
- Milch und Milchprodukte (Vorsicht bei Aroma-Zusätzen, Puddings oder Cremespeisen)
- unverarbeiteter Käse (Vorsicht bei paniertem Käse, veganen Ersatzprodukten, Schmelzkäse und Harzer Käse)
- Butter
- unverarbeitete Nüsse
- Gemüse, Salat
- Obst (Vorsicht bei Trockenobst)
- in Maßen Zucker (Vorsicht bei Süßstoffen)
Einige der aufgeführten Lebensmittel können in verarbeiteten oder besonderen Darreichungsformen Gluten enthalten. Der Zusatz "Vorsicht" soll darauf hinweisen, dass diese Lebensmittel gesondert auf enthaltenes Gluten geprüft werden sollten.
Prognose: Wirkt sich Zöliakie auf die Lebenserwartung aus?
Mit einer angepassten und glutenfreien Diät haben die meisten Menschen mit Zöliakie eine normale Lebenserwartung. Unter einer vollständig glutenfreien Ernährung sind die Schäden an der Darmschleimhaut oftmals vollständig umkehrbar und die Dünndarmschleimhaut erholt sich.
Bei Kindern kann es neben der typischen Symptomatik jedoch zu Wachstumsstörungen, einem verzögerten Pubertätseintritt und Entwicklungsverzögerungen kommen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend für die Vermeidung von Komplikation und Folgeerkrankungen.
Unterschiede von Zöliakie zur Glutenunverträglichkeit und -sensitivität
Während es sich bei Zöliakie um eine ausgeprägte Autoimmunerkrankung handelt, sind Glutenunverträglichkeit und -sensitivität, auch Glutenintoleranz genannt, weniger schwerwiegende Reaktionen auf Gluten.
Ihre Mechanismen sind noch weitgehend unbekannt, es liegen weder allergische noch autoimmune Reaktionen den Beschwerden zugrunde. Menschen mit Glutenunverträglichkeit oder -sensitivität können ähnliche Symptome wie Menschen mit Zöliakie aufweisen, beispielsweise Bauchschmerzen und Durchfall. Ihre Dünndarmschleimhaut wird jedoch nicht zerstört, sodass eine glutenfreie Ernährung medizinisch nicht unbedingt dauerhaft zwingend erforderlich ist. Die Betroffenen sind somit etwas freier in ihrer Ernährung und können diese nach ihrem Befinden gestalten.