Agoraphobie – Symptome, Ursachen & Behandlung
Bei der Agoraphobie handelt es sich um eine spezielle Form der Angsterkrankung. Betroffene haben beispielsweise Angst vor Menschenmengen oder öffentlichen Plätzen, auch das Reisen kann ihnen Probleme bereiten. Die Phobie kann auch mit einer Panikstörung einhergehen. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Ursachen und Symptome der Agoraphobie vor und erklären, wie die Behandlung erfolgt.
Definition: Was ist Agoraphobie?
Agoraphobie zählt – wie beispielsweise die soziale Phobie oder die generalisierte Angststörung auch – zu den Phobien. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert die Agoraphobie in ihrer Klassifikationsliste ICD-10 als eine Furcht vor oder Vermeidung von Menschenansammlungen, öffentlichen Plätzen, Reisen ohne Begleitung oder Reisen mit großer Entfernung vom Wohnort. Generell kann das Verlassen des (schützenden) Hauses dabei Angstsymptome auslösen, also beispielsweise auch das Einkaufen im Supermarkt oder der Weg zur Arbeit. Diese Angst kann entweder mit (ICD-Code F40.01) oder ohne (F40.0) Panikstörung auftreten.
Das Wort Agora stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Marktplatz oder öffentliche Versammlungsstätte. Umgangssprachlich nennt man Agoraphobie auch Platzangst, dieser Begriff wird allerdings fälschlicherweise auch für die Klaustrophobie verwendet. Diese wiederum bezeichnet die Angst vor engen Räumen, ist also das komplette Gegenteil der Agoraphobie. Die korrekte Bezeichnung für die Klaustrophobie lautet eigentlich Raumangst.
Agoraphobie: Wichtiges in Kürze
Welche Symptome treten bei Agoraphobie auf?
Wird ein Mensch mit Agoraphobie mit einer angstauslösenden Situation konfrontiert, kommt es zu verschiedenen Symptomen, die teilweise als sehr quälend empfunden werden. So empfinden Betroffene:
- Herzrasen
- Schwitzen beziehungsweise plötzliche Schweißausbrüche
- Zittern
- einen trockenen Mund
- Atemnot
- Engegefühl und Schmerzen in der Brust
- Übelkeit
An psychischen Symptomen können außerdem Schwindel, Benommenheit und das Gefühl, sich außerhalb seines Körpers zu befinden, hinzukommen. Letzteres wird auch Depersonalisation genannt. Die Phobie kann sich sogar so weit steigern, dass Betroffene eine Angst zu sterben empfinden. Kommt es im Zusammenhang mit der Angst zu Panikattacken, spricht man von einer Agoraphobie mit Panikstörung.
Wie diagnostiziert man eine Agoraphobie?
Als allererstes sollte ein*e Facharzt*Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie eine allgemeine psychiatrische Anamnese erheben und organische Ursachen für die Angststörung ausschließen. Das Anamnesegespräch sollte auch das aktive Erfragen nach der Einnahme von Drogen oder Medikamenten beinhalten, da manche Substanzen in seltenen Fällen eine Agoraphobie auslösen können.
Zu den Kernfragen gehören, welche Symptome genau in welchen Situationen auftreten und wie lange diese schon bestehen. Außerdem sollten angstverstärkende sowie -abschwächende Faktoren ermittelt werden.
Im Anschluss wird der*die Patient*in internistisch und neurologisch untersucht, inklusive eines Drogentests, um somatische (psychisch bedingte) Differenzialdiagnosen auszuschließen.
Ist dies geschehen, wird die Diagnose Agoraphobie mit oder ohne Panikstörung mithilfe der Panik- und Agoraphobie-Skala (PAS) erhärtet. Dabei werden der Person 13 Fragen gestellt, die sie mit jeweils 5 Antwortmöglichkeiten beantworten kann. Dieser Test eignet sich nicht nur zur Stellung der Diagnose, sondern auch zur Bestimmung des Schweregrads der Angst sowie der anderen Beschwerden.
Ursachen: Wie entsteht eine Agoraphobie?
Die Ursachen der Agoraphobie sind noch nicht ganz geklärt, aber in der Wissenschaft geht man von einer Mischung aus genetischen Einflüssen und Umweltfaktoren aus. So kann der Verlust einer nahestehenden Person oder ein Trauma in der Kindheit als Ursache einer Agoraphobie in Betracht gezogen werden.
Darüber hinaus kann eine bestehende Panikstörung, etwa eine generalisierte Angststörung, dazu führen, dass Betroffene aus Angst vor entsprechenden Situationen und erneuten Panikattacken das Haus nicht mehr verlassen und daher eine Agoraphobie entwickeln. Aber auch die Einnahme einiger Beruhigungsmittel, zum Beispiel sogenannter Benzodiazepine wie etwa Valium, wird mit einem höheren Risiko in Verbindung gebracht.
Was sind die Folgen von Agoraphobie?
Agoraphobie kann die Aktivitäten des täglichen Lebens und somit die Lebensqualität massiv beeinflussen. Im schlimmsten Fall sind die Betroffenen durch ein starkes Vermeidungsverhalten eine lange Zeit an ihren Wohnort gebunden und trauen sich gar nicht mehr aus ihrem Haus. Somit sind sie in höchstem Maße von Angehörigen und Freunden abhängig, um ihren Alltag zu bewältigen und können oftmals ihren beruflichen Pflichten nicht mehr nachgehen. Außerdem kann eine stark ausgeprägte Agoraphobie zu weiteren psychiatrischen Problemen führen wie etwa Substanzmissbrauch, Depression oder Suizidgedanken. Auf jeden Fall sollte man eine Agoraphobie ernst nehmen und behandeln.
Therapie: Was tun gegen Agoraphobie?
Die Platzangst gilt grundsätzlich als heilbar. Allerdings ist es ratsam, sich dafür in professionelle Therapie zu begeben. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Agoraphobie zu therapieren. Die sogenannte systematische Desensibilisierung ist die unangenehmste, aber auch die erfolgreichste Therapieform. Sie ist eine Unterform der Verhaltenstherapie. Dabei wird die betroffene Person direkt und unmittelbar mit ihrer Angst konfrontiert. Das heißt, sie besucht zusammen mit ihrem*ihrer Therapeuten*Therapeutin oder einer nahestehenden Person einen weitläufigen Ort oder eine Menschenmasse, bis die Panik abflaut. Dabei ist es wichtig, bis zum Nachlassen der Angst zu bleiben, da sich die Agoraphobie sonst weiter verfestigt.
Begleitend kann der*die Psychotherapeut*in betroffenen Menschen Entspannungstechniken beibringen, damit sie besser mit stressigen Situationen umgehen können. Zusätzlich zur Psychotherapie kann auch der Austausch in einer (Online-)Selbsthilfegruppe Betroffene dabei unterstützen, ihre Angst zu überwinden.
Eine Agoraphobie kann außerdem medikamentös behandelt werden. Dabei werden am häufigsten selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) verschrieben. Dies ist eine Untergruppe der Antidepressiva, die die Konzentration des Neurotransmitters (Botenstoffs) Serotonin im sogenannten synaptischen Spalt, also dem kleinen Ort zwischen zwei Nervenzellen, erhöhen. Dadurch wird die chemische Dysbalance im Gehirn wieder ausgeglichen und es kommt zu einer Besserung der Symptome.
Alternativ können trizyklische Antidepressiva eingesetzt werden. Diese Medikamente haben zusätzlich eine stark sedierende Wirkung und dämpfen somit die Paniksymptome.
Bei sehr starken Panikattacken können Benzodiazepine wie Diazepam (Valium) helfen, mit den Symptomen im Notfall besser klarzukommen. Aufgrund des hohen Abhängigkeitspotenzials sollte diese Substanzgruppe allerdings nur bei unerträglichen Symptomen und nur für eine kurze Zeit eingesetzt werden.