Restless-Legs-Syndrom (RLS) – was hilft gegen unruhige Beine?
Das Restless-Legs-Syndrom (RLS, auch Wittmaack-Ekbom-Syndrom) zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen und macht sich in Form von Missempfindungen und Bewegungsdrang in den Beinen bemerkbar (Restless legs = ruhelose/unruhige Beine). Diese vermehrt in Ruhe auftretenden Beschwerden bessern sich meist bei Bewegung. Behandlungsbedürftige Formen liegen nur bei einem Teil der Betroffenen vor. Doch auch wenn eine Therapie vonnöten ist, so weist die Erkrankung eine sehr gute Prognose auf und ist vergleichsweise einfach zu behandeln. Wir informieren über die Ursachen des Restless-Legs-Syndroms und erklären, was hilft.
Wie häufig ist das Restless-Legs-Syndrom?
Generell kann das Restless-Legs-Syndrom in jedem Lebensalter auftreten, jedoch steigt die Prävalenz (Häufigkeit einer Krankheit in der Bevölkerung) mit zunehmendem Alter. So wird etwa zehn Prozent aller über 65-Jährigen die Diagnose RLS gestellt, während das Auftreten bei Kindern selten ist. Frauen sind doppelt so oft betroffen wie Männer. Dabei steigt auch die Wahrscheinlichkeit, an dem Syndrom zu erkranken, mit der Anzahl an Geburten, die eine Frau hatte.
Was ist die Ursache für das Restless-Legs-Syndrom?
Bei den Ursachen der Krankheit unterscheidet man primäre und sekundäre Formen. Bei der primären Form geht man stark von einer genetischen Prädisposition (also einer erblich bedingten Anfälligkeit) aus. So besteht auch bei der Hälfte der Fälle eine positive Familienanamnese, was bedeutet, dass das Syndrom bereits in der Familie aufgetreten ist.
Die sekundären Formen treten in Zusammenhang mit vielen verschiedenen Faktoren oder als Folgekrankheit im Rahmen einer Grunderkrankung auf. Beispiele hierfür sind:
- Eisenmangel
- Vitamin-B12-Mangel
- Folsäuremangel
- Morbus Parkinson
- Niereninsuffizienz, Urämie
- Diabetes mellitus
- Medikamente: Neuroleptika (Form von Antipsychotika), Antidepressiva, Metoclopramid
- Schwangerschaft: beim Auftreten von RLS im Rahmen einer Schwangerschaft sind die Beschwerden in 97 Prozent der Fälle nach der Entbindung rückläufig
Wieso genau es im Rahmen dieser Erkrankungen oder ausgelöst durch diese Faktoren zu einer RLS-Erkrankung kommt, ist nicht eindeutig geklärt. Für die primäre Form konnten bereits einige Risiko-Gene identifiziert werden, welche bei einer Person den Ausbruch der Krankheit wahrscheinlicher machen.
Bei der sekundären Form geht man aktuell davon aus, dass es Veränderungen im Bereich der Neurotransmitter (chemische Botenstoffe) und der Signalübertragung im Gehirn gibt. Die Botenstoffe Dopamin, Glutamat, GABA und Adenosin stehen dabei im Fokus der Forschung. Ebenso scheint eine zu geringe Speicherung von Eisen im Gehirn ein möglicher Grund für die Entstehung von RLS sein. Psychische Ursachen spielen laut aktuellem Wissensstand keine Rolle.
Symptome: Wie fühlt sich das Restless-Legs-Syndrom an?
Das RLS äußert sich vor allem durch einen starken Bewegungsdrang der Beine (unwillkürliche Beinbewegungen) und sensible Störungen der Beine (Missempfindungen, Kribbeln, Schmerzen oder Hitzegefühl). Diese Symptome treten zumeist in Ruhe auf oder werden durch Ruhe verstärkt. Es ist eine periodische Schwankung der Beschwerden beobachtbar: So kommt es häufig zu einer Verschlimmerung der Beschwerden abends vor dem Zubettgehen, beim Einschlafen und nachts.
Bei dem Großteil der Betroffenen kommt es zu einer Besserung oder sogar einer vollständigen Rückbildung der Symptome bei Bewegung. Auch Wärme- oder Kältezufuhr können die Beschwerden oft lindern. Häufig sind Begleitbeschwerden wie Schlafstörungen. Müdigkeit und Erschöpfung können die Folge sein.
Wie wird RLS diagnostiziert?
Die Diagnose der Krankheit wird größtenteils auf Grundlage der Anamnese, also des Arzt-Patient-Gesprächs, gestellt. Dabei werden die Beschwerden des*der Patienten*Patientin erfragt und eine Familienanamnese durchgeführt. Anschließend erfolgt eine neurologische Untersuchung.
Zusätzliche Diagnostik kann helfen, Grunderkrankungen, welche RLS auslösen, zu erkennen. Durch ein Blutbild können etwa Parameter, welche auf einen Eisenmangel oder eine gestörte Nierenfunktion hinweisen, dargestellt werden. Auch kann so geschaut werden, ob andere Veränderungen des Blutbildes feststellbar sind und damit andere Faktoren ausschlaggebend für die Symptomatik sind. So kann eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) beispielsweise zu Schlafstörungen beitragen. Dies kann durch ein Blutbild erkannt werden und den Verdacht auf RLS hinsichtlich dieser Symptomatik entschärfen.
Zur Bestätigung der RLS-Diagnose wird der betroffenen Person einmalig abendlich eine Dosis L-Dopa (Levodopa) mit einem Decarboxylasehemmer gegeben. Bei Ansprechen auf die Medikation und einem Nachlassen der Symptome kann eine RLS-Diagnose sicher gestellt werden. Auch wenn dies ein sehr deutliches Zeichen für das Vorliegen eines RSL ist, schließt ein Nichtansprechen das Vorhandensein der Krankheit jedoch nicht sicher aus.
Zusätzlich wird bei einigen Arten von RLS-Erkrankungen eine Polysomnografie vorgenommen. Dies ist eine im Schlaflabor durchgeführte Untersuchung, welche normalerweise zwei Tage dauert und in welcher alles Schlafphasen individuell betrachtet werden. Diese Untersuchung hilft dabei, ein RLS von einem Schlafapnoe-Syndrom abzugrenzen. Sie wird bei atypischem RLS (welches nicht auf die Therapie mit L-Dopa anspricht) oder jungen Patient*innen angewendet, bevor diese eine Dauertherapie bekommen.
Differenzialdiagnosen: andere Ursachen für unruhige Beine
Bei der Diagnosestellung werden auch andere Ursachen für die Beschwerden ausgeschlossen. So gibt es auch bei RLS einige Krankheiten, die ähnliche Symptome mit sich bringen und bei welchen eine Abklärung erforderlich ist. Zu den gängigsten Differenzialdiagnosen zählen:
- Akathisie: Bewegungsstörung mit rastloser motorischer Unruhe
- nächtliche Wadenkrämpfe
- Polyneuropathie (PNP): Erkrankung, bei welcher Struktur und Funktion mehrerer peripherer Nerven gestört sind
- Periodic Limb Movement Disorder (PLMD): periodische Bewegungen der Beine im Schlaf, Schlafstörungen und Tagesmüdigkeit
Restless-Legs-Syndrom: Was hilft?
Die Therapie des Restless-Legs-Syndroms unterscheidet sich abhängig von der Form der Erkrankung.
Allgemein sollte damit begonnen werden, nach ärztlicher Rücksprache potenziell verstärkende oder auslösende Medikamente abzusetzen oder zu reduzieren. Bei sekundären Formen des RLS steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
Behandlung ohne Medikamente – was tun?
Viele Betroffene wünschen sich eine nicht-medikamentöse Behandlung oder hoffen auf Hausmittel. Die folgenden Tipps können zur Linderung der ungewollten Beinbewegungen und Störungen der Empfindungen beitragen:
- Moderates körperliches Training oder ablenkende Aktivitäten sind bei abendlicher Symptomatik förderlich.
- Wichtig ist zudem die sogenannte Schlafhygiene. Dazu zählen vor allem feste Schlafzeiten, somit auch die Vermeidung von zum Beispiel Schichtarbeit. Auch eine Koffein-Abstinenz kann bei einer guten Schlafhygiene helfen.
- Eine spezielle Diät kann zwar nicht empfohlen werden, generell sind aber eine gesunde Ernährung mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen sowie eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ratsam. Eisenreichen Lebensmitteln kann dabei eine besondere Bedeutung zukommen.
- Werden die Beschwerden durch bestimmte Nahrungsmittel oder Lebensgewohnheiten verschlimmert, sollten diese möglichst vermieden werden. Individuelle Auslöser könnten beispielsweise Zucker, Alkohol, Kaffee, Tee oder Nikotin sein. Ob eine Verbesserung oder Verschlechterung durch solche Genussmittel generell überhaupt möglich ist, ist jedoch wissenschaftlich nicht geklärt.
- Massagen oder Kühlen/Wärmen können helfen, die Symptome zu lindern.
Medikamente zur Behandlung von RLS
Die Symptome des Restless-Legs-Syndroms können medikamentös behandelt werden. Die Indikation hierfür ist der individuelle Leidensdruck, wenn beispielsweise nächtliche Schlafstörungen mit anschließender Tagesmüdigkeit die Lebensqualität negativ beeinflussen.
Die empfohlene Therapie bei leichten Beschwerden ist die sogenannte dopaminerge Therapie mit dem auch zur Diagnostik verwendeten L-Dopa. Da es hier in manchen Fällen auch zu einer Verschlechterung der Symptomatik kommen kann, wird die kleinste, ausreichend wirksame Dosis verwendet und auch die Therapiedauer gegebenenfalls begrenzt. Da die Wirkung von L-Dopa durch eiweißreiche Lebensmittel vermindert werden kann, sollte der in der Packungsbeilage empfohlene Abstand zu den Mahlzeiten eingehalten werden.
Bei mittelschweren bis schweren Beschwerden oder einem Wirkungsverlust des L-Dopa werden Dopaminagonisten eingesetzt (zum Beispiel Pramipexol, Ropinirol oder Rotigotin).
Weitere alternative Möglichkeiten zur medikamentösen Therapie sind Medikamente, welche größtenteils in Deutschland keine Zulassung zur Behandlung von RLS haben. Dieser Einsatz wird "off-Label-Use" genannt und erfordert eine besondere Aufklärung des*der Patienten*Patientin. Die genutzten Medikamente werden eingesetzt, um Symptome zu mildern, welche im Verlauf einer RLS-Erkrankung auftreten können. Dazu zählen etwa Opioide (wenn es zu einem unzureichenden Ansprechen auf eine dopaminagonistische Therapie kommt), Antikonvulsiva (vor allem bei RLS mit begleitender Polyneuropathie) und Benzodiazepine (insbesondere bei anhaltender Schlaflosigkeit).
Bei Schwangeren wird eine medikamentöse Therapie wenn möglich vermieden, da einige Medikamente kontraindiziert sind. Jedoch kann eine Substitution von Eisen und Folsäure durch entsprechende Präparate problemlos erfolgen, wenn ein Mangel der Auslöser ist.
Kann RLS wieder weggehen?
RLS ist keine Krankheit, die zwangsläufig das restliche Leben bestehen bleibt. Der klassische Fall einer regredienten (zurückgehenden) Form ist die schon angesprochene Schwangerschaft. Wieso unruhige Beine im Rahmen einer Schwangerschaft auftreten, ist noch nicht geklärt. Jedoch wird bei bis zu jeder vierten Frau während oder nach einer Schwangerschaft im Laufe des Lebens RLS diagnostiziert. Doch wie schon erwähnt, in 97 Prozent der Fälle lassen die Beschwerden nach der Entbindung wieder nach, bis hin zur vollkommenen Beschwerdefreiheit. Grundsätzlich können die Restless Legs also geheilt werden.
Auch bei den sekundären Formen des Restless-Legs-Syndroms stehen die Chancen für das Verschwinden der Krankheit gut, solange es zu einer erfolgreichen Behandlung der auslösenden Grundkrankheit kommt.
Beim Auftreten einer primären Form von RLS ist das Heilen der Krankheit selten möglich, häufig lassen sich Beschwerden aber sehr gut medikamentös lindern, sodass es zu keinerlei Einschränkungen oder Veränderungen der Lebenserwartung kommt. Beginnt man eine Therapie im frühen Krankheitsverlauf, so ist es möglich, dass es im Laufe der Zeit zu einer Dosisreduktion der Medikamente kommen kann. Auch das komplette Absetzen ist in einigen Fällen ohne Probleme möglich. Jedoch ist aufgrund eines langsamen, aber stetigen Fortschreitens der Krankheit häufig eine lebenslange Therapie nötig.
Ist RLS eine Vorstufe von Parkinson?
RLS ist keine Form oder Vorstufe von Parkinson, sondern eine eigenständige Krankheit. Das Risiko, Parkinson zu entwickeln, ist beim Restless-Legs-Syndrom also nicht erhöht. Jedoch wird bei beiden Erkrankungen eine ähnliche Medikation eingesetzt, welche das dopaminerge System im Gehirn beeinflussen soll. Der Unterschied hierbei besteht in der Dosis der Medikamente. Im Rahmen einer Parkinsonbehandlung werden höhere Dosen verwendet als bei einer RLS-Therapie.