Morbus Basedow: Symptome, Ursachen & Therapie
Erkrankungen der Schilddrüse, auch Glandula thyroidea genannt, treten ausgesprochen häufig auf: Bei etwa jeder dritten erwachsenen Person in Deutschland bildet sich im Laufe des Lebens eine Form von krankhafter Schilddrüsenveränderung. Eine mögliche Krankheit ist die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow, welche mit einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) einhergeht. Worum es sich dabei handelt, wie man typische Symptome erkennt und wie die Behandlung bei einer solchen Diagnose erfolgen kann, das erklären wir Ihnen in diesem Artikel.
Was ist Morbus Basedow und welche Organe greift er an?
Morbus Basedow (lateinisch Morbus = Krankheit) ist eine sogenannte Autoimmunthyreopathie. Hinter diesem komplizierten Fachausdruck verstecken sich verschiedene Kategorien von chronisch-entzündlichen Schilddrüsenerkrankungen, welche alle durch eine Fehlregulation des eigenen Immunsystems entstehen. Die Folge dieser Fehlsteuerung ist, dass eigene Antikörper sich gegen das Schilddrüsengewebe richten, wodurch verschiedene Typen von Erkrankungen entstehen. Vereinfacht gesagt, greift das Immunsystem also die Schilddrüse an. Darüber hinaus können die Antikörper auch anderswo, etwa im Bereich der Augen, zu Beschwerden und sichtbaren Veränderungen führen.
Mit jährlich 40 Fällen pro 100.000 Personen in Deutschland ist Morbus Basedow keine seltene Krankheit. Frauen sind etwa fünfmal häufiger betroffen als Männer. Wie bei vielen Erkrankungen steigt auch hier das Auftreten mit dem Lebensalter. Circa zwei Drittel der Betroffenen erkranken nach dem 35. Lebensjahr.
Wissenswertes zu Morbus Basedow
Was passiert bei Morbus Basedow?
Bei Morbus Basedow werden die Autoantikörper TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper) gebildet, welche sich gegen die TSH-Rezeptoren der Schilddrüse richten. TSH ist ein im Gehirn gebildetes Hormon. Es spielt für die Funktion der Schilddrüse eine wichtige Rolle, weil es diese zur Hormonproduktion anregt. Die TSH-Rezeptoren der Schilddrüsenzellen bilden bei Aktivierung die wichtigsten Schilddrüsenhormone T3 (Triiodthyronin) und T4 (Thyroxin).
Die TRAK wirken ähnlich wie das Hormon TSH, allerdings ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Bedarf des Körpers an Schilddrüsenhormonen. Sie sorgen für eine Dauerstimulation der Rezeptoren, was zu einer Überproduktion und überhöhten Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen führt.
Was sind die Ursachen von Morbus Basedow?
Die Entstehung von Morbus Basedow steht in Zusammenhang mit einem Protein, welches in der Zellmembran verankert ist, dem HLA-DR3. Zudem geht von man von einer genetischen Prädisposition (einer erblich begründeten Anfälligkeit für eine Krankheit) aus, da sich oft eine familiäre Häufung beobachten lässt. Auch tritt Morbus Basedow teils in Zusammenhang mit anderen Autoimmunerkrankungen auf, wie Diabetes mellitus Typ 1 oder Morbus Addison (Nebenniereninsuffizienz).
Welche Symptome treten bei Morbus Basedow auf?
In 50 Prozent der Fälle zeigt sich eine Kombination aus drei Symptomen, genannt die Merseburger Trias:
- Durch die Dauerstimulation der Schilddrüse entsteht ein permanenter Wachstumsreiz, welcher zur Entwicklung einer Struma führt, auch bekannt als Kropf. Eine Struma ist eine Vergrößerung der Schilddrüse über ihren normalen Umfang hinaus. Die Größe der Schilddrüse wird als Volumen in ml angegeben. Bei Männern ist das mittlere Gesamtvolumen circa 25 ml, bei Frauen circa 18 ml.
- Dazu kommt ein beschleunigter Herzschlag (Herzrasen, Tachykardie).
- Das dritte Anzeichen ist ein Exophthalmus, auch als sogenannte endokrine Orbitopathie bezeichnet. Darunter versteht man eine Entzündung des Inhalts der Augenhöhle (Orbita), welche immunologisch bedingt ist, also durch eine Fehlregulation des Immunsystems entsteht. Bei Morbus Basedow besetzen die TRAK häufig auch Rezeptoren außerhalb der Schilddrüse, etwa im Bereich hinter dem Augapfel oder allgemein bei den Augen. Wieso das passiert, ist nach heutigem Stand nicht abschließend geklärt. Durch die Antikörper kommt es zu einer Entzündungsreaktion des Augapfels, der Augenmuskeln, der Augenlider und mehr. Durch Wassereinlagerungen und Muskelschwellungen kann es zu einer Zunahme des Gewebevolumens hinter dem Augapfel kommen, wodurch ein leicht heraustretender Augapfel entstehen kann, der Exophthalamus.
Weitere Symptome können sein:
- Gewichtsabnahme trotz Appetit
- veränderte Glukosetoleranz (erhöhte Blutzuckerwerte)
- Durchfall
- starkes Schwitzen, Wärmeintoleranz
- Veränderung der Psyche (Nervosität, verminderte Leistungsfähigkeit, Schlafstörungen)
- diffuser Haarausfall
- Zyklusstörungen
- Muskelschmerzen oder Muskelschwäche
- Gelenkschmerzen
Wie wird Morbus Basedow diagnostiziert?
Die Diagnose von Morbus Basedow wird durch das Überprüfen mehrerer Faktoren gestellt. Dazu zählen die Untersuchung verschiedener Blutwerte im Labor, ein Ultraschall der Schilddrüse und eine Schilddrüsenszintigrafie. Dabei handelt es sich um eine Untersuchungsmethode aus der Nuklearmedizin.
Typisch für Morbus Basedow sind ein unauffälliges Blutbild, jedoch erniedrigte TSH-Spiegel und erhöhte T3- und T4-Spiegel, also erhöhte Werte der Schilddrüsenhormone. Zudem wird geschaut, ob TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) vorliegen.
Gelegentlich lassen sich Thyreoglobulin-Antikörper (Anti-TG) und/oder Thyreoperoxidase-Antikörper (Anti-TPO) nachweisen. Die Anti-TPO lassen sich vor allem bei einem Morbus Basedow mit sogenannter Hashimoto-Komponente finden. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine weitere Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche jedoch andere Ursachen hat. Im Verlauf ist der Übergang zwischen den verschiedenen Krankheiten aber oft fließend, da sich ähnliche Fehlfunktionen des Immunsystems zeigen.
Im Ultraschall der Schilddrüse lässt sich klassischerweise ein echoarmes und stark vergrößertes Schilddrüsengewebe erkennen.
Bei der Schilddrüsenszintigrafie werden Radiopharmaka (Arzneimittel mit radioaktiven Substanzen) in die Vene gespritzt. Nach einer gewissen Zeit wird gemessen, wie viel Strahlung ausgesendet wird. Anhand derer lässt sich die Stoffwechselleistung der Schilddrüse darstellen.
Wie erfolgt die Therapie bei Morbus Basedow?
Begonnen wird die Behandlung mit einer medikamentösen Therapie. Dabei steht eine Normalisierung der T3- und T4-Blutspiegel im Vordergrund. Anschließend soll ein Normalspiegel konstant gehalten werden. Klassischerweise werden hierfür die Medikamente Thiamazol und Carbimazol verwendet, die zu den sogenannten Thyreostatika gehören.
Nach etwa 6 Monaten wird der TRAK-Spiegel im Blut kontrolliert. Liegen die Werte bei über 10 IU/L (internationale Einheiten pro Liter) ist ein Nachlassen der Symptome unwahrscheinlich und eine Operation oder Radiojodtherapie ist höchstwahrscheinlich notwendig. Jedoch gehen in 50 Prozent der Fälle die Beschwerden bereits mit der medikamentösen Therapie zurück. Bringt die Behandlung mit Thyreostatika Erfolge, so wird nach circa 12 bis 18 Monaten ein Auslassversuch gestartet. Kehrt die Erkrankung jedoch nach einer gewissen Zeit zurück, so müssen andere Formen der Therapie zum Einsatz kommen.
OP und Radiojodtherapie als Mittel der Behandlung
Bei einer weiterhin bestehenden Erkrankung gibt es zwei Möglichkeiten des weiteren Verfahrens: eine Operation oder eine Radiojodtherapie.
Bei einer Operation kann die ganze Schilddrüse entfernt werden. Das führt zu einer Schilddrüsenunterfunktion, welche anschließend durch Medikamente dauerhaft ausgeglichen werden muss. Ein Leben ohne Schilddrüse ist jedoch kein Problem; eine Schilddrüsenunterfunktion kann leichter als eine Überfunktion behandelt werden und bringt im Normalfall keine Einschränkungen mit sich. Alternativ zur vollständigen Entfernung wird ein Teil der Schilddrüse behalten, sodass man ein normales Level der nötigen Schilddrüsenhormone weiterhin selbst produzieren kann.
Bei einer Radiojodtherapie wird Schilddrüsengewebe lokal durch Betastrahlung mit radioaktiven Jod-Ionen zerstört. Diese Methode erzielt bei Morbus Basedow meist einen guten Behandlungserfolg. Jedoch kommt es auch hier häufig als Konsequenz zu einer Schilddrüsenunterfunktion, welche lebenslänglich mit Medikamenten ausgeglichen werden muss.
Therapie der endokrinen Orbitopathie
Die endokrine Orbitopathie lässt sich im Regelfall durch die medikamentöse Morbus-Basedow-Therapie, welche Normwerte der Schilddrüsenhormone anstrebt, sehr gut behandeln. Sollte es jedoch weiterhin zu Beschwerden oder einer Verschlechterung kommen, gibt es andere Möglichkeiten: So kann etwa eine Behandlung mit Glucocorticoiden zur Eindämmung der entzündlichen Reaktion erfolgen, zum Beispiel als Doppeltherapie aus Kortison-Infusionen und Einnahme eines Immunsuppressivums (Mycophenolat-Tabletten). Der Exophthalamus selbst ist jedoch meist unumkehrbar.
Kann Morbus Basedow wieder verschwinden und wie lange lebt man damit?
Die Prognose bei Morbus Basedow ist sehr unterschiedlich. Bei circa 50 Prozent der Behandelten kommt es unter ständiger Medikamenteneinnahme zu einer Verbesserung der Symptome. In der anderen Hälfte der Fälle, welche auch vorerst eine Besserung durch die medikamentöse Therapie erfahren haben, dauert es im Schnitt ein bis zwei Jahre, bis es zu einer weiteren Verschlechterung kommt. Oft endet dieser Rückfall in einem chronischen Verlauf, der eine Operation oder eine Radiojodtherapie nötig macht.
Unbehandelt kann die Krankheit einen tödlichen Verlauf nehmen. So kann es beispielsweise zu einer thyreotoxischen Krise kommen, einer akuten Entgleisung des Stoffwechsels mit extrem ausgeprägten Symptomen einer Überfunktion der Schilddrüse. Dies kann im schlimmsten Fall zu einem Koma oder Kreislaufversagen führen. Eine korrekte Behandlung kann aber einen schlimmen Krankheitsverlauf verhindern und in der Regel besteht dann keine verringerte Lebenserwartung.
Eine Methode, Morbus Basedow natürlich zu heilen, ist bislang nicht bekannt. Alle pflanzlichen Heilmittel, die auf die Schilddrüsenfunktion wirken, sind unzureichend bei der Erkrankung. Wie bei fast jeder Krankheit sind aber eine ausgewogene Ernährung sowie ein gesunder Lebensstil ratsam.
Was ist ein Morbus-Basedow-Schub?
Im Zuge einer Therapie kann es zu einem Nachlassen der Symptome kommen. Da jedoch nicht die Krankheit selbst endgültig geheilt ist, kann es jederzeit wieder zu einem Rückfall und einem erneuten Auftreten der Symptome kommen. Dieses Wiederkehren von Anzeichen und Komplikationen bezeichnet man umgangssprachlich als Morbus-Basedow-Schub.
Morbus Basedow und Schwangerschaft
Da es im Rahmen von Morbus Basedow zu Zyklusveränderungen kommen kann, ist eine Familienplanung mit Kinderwunsch generell erschwert. Zudem wird bei einer aktiven Basedow-Krankheit von einer Schwangerschaft abgeraten. Die Rate der Frühaborte ist unter der nötigen medikamentösen Therapie erhöht. Zudem werden die TRAK transplazentar (über die Plazenta) übertragen. Somit besteht bei einem Fötus ein erhöhtes Risiko für eine Thyreotoxikose (akute und lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung aufgrund einer Schilddrüsenüberfunktion) nach der Geburt. Aufgrund des erhöhten Risikos für den Fötus ist bei einer Schilddrüsenüberfunktion eine sofortige Therapie ratsam.