Mann hat einen Hörsturz
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Hörsturz: Ursachen, Symptome und was tun?

Von: Gesundheit-Redaktion, Nadja Annerl (geb. Weber) (Medizinredakteurin), Marina Bierbrauer (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 18.02.2025

Jährlich erleiden in Deutschland etwa 150.000 Menschen einen Hörsturz, also einen plötzlichen Verlust des Hörvermögens. Meistens ist der Hörverlust auf ein Ohr beschränkt, kann aber auch beide Ohren betreffen. Welche Symptome neben dem Hörverlust zusätzlich auftreten können, wie man einen Hörsturz behandelt sowie welche körperlichen und psychischen Ursachen die Erkrankung auslösen können, erfahren Sie in folgendem Artikel.

Definition: Was ist ein Hörsturz?

Bei einem Hörsturz, auch Ohrinfarkt genannt, treten ohne erkennbare Ursache plötzliche Hörprobleme bis hin zur völligen Gehörlosigkeit auf. Meist ist nur ein Ohr betroffen. Ein Hörsturz kann sich auf einige wenige Frequenzen (Tonhöhen) begrenzen oder aber alle Frequenzen betreffen – die Ausprägung ist also von Fall zu Fall unterschiedlich.

Ein Hörsturz kann in jedem Alter auftreten. Kinder sind jedoch nur sehr selten betroffen. Die meisten Patient*innen sind zwischen 40 und 60 Jahren alt, dabei tritt die Erkrankung bei Frauen und Männern in etwa gleich häufig auf.

Hörsturz: Welche Ursachen gibt es?

Über die genauen Ursachen des Krankheitsbildes Hörsturz und seine Entstehung besteht noch Unklarheit. Man spricht deshalb von einer sogenannten idiopathischen Innenohrschwerhörigkeit beziehungsweise einer Schallempfindungsschwerhörigkeit. Als idiopathisch werden in der Medizin solche Krankheiten und Beschwerden bezeichnet, deren Ursachen (bislang) unbekannt sind. 

Die Forschung geht zum Teil davon aus, dass die Blutversorgung im Innenohr gestört ist, sodass die Hörzellen nicht mehr richtig funktionieren können. Es wird angenommen, dass das Zusammenkommen mehrerer Faktoren eine solche Durchblutungsstörung auslöst. Andere Fachleute hingegen sind der Meinung, dass ein Hörsturz auch ohne eine vorhandene Durchblutungsstörung auftreten kann.

Vermutet werden auch weitere Ursachen, etwa bestimmte Viren, die Hör- und Gleichgewichtsnerven befallen, oder Probleme mit der Wirbelsäule. Keine der Theorien konnte bisher jedoch sicher belegt werden.

Psychische Ursachen und Stress im beruflichen und/oder privaten Umfeld gelten aber in jedem Fall als ausschlaggebende Faktoren.

Zusammenfassend werden folgende Auslöser für einen Hörsturz vermutet:

Hörsturz erkennen: Symptome und Anzeichen

Das plötzliche (und zumeist einseitige) Auftreten von Hörproblemen ist das wichtigste Hörsturz-Symptom. Dabei kann die Hörminderung sehr unterschiedlich ausfallen: von einem leicht eingeschränkten Hörvermögen bis zur völligen Gehörlosigkeit.

Als mögliches erstes Anzeichen eines Hörsturzes gilt ein Druckgefühl im Ohr. Häufig fühlt sich das Ohr dumpf oder pelzig an oder als wäre es mit Watte verstopft.

Auch die folgenden Symptome sind typisch für einen Hörsturz:

Tinnitus und Schwindel treten häufig zusammen mit einem Hörsturz auf. Ohrenschmerzen hingegen bleiben bei einem Hörsturz in der Regel aus.

Diagnostik: wann und zu welchem Arzt?

Bei einer plötzlichen Hörstörung sollten Sie zu einem*einer Arzt*Ärztin gehen, wenn sich die Beschwerden nach 24 Stunden nicht von alleine wieder gebessert haben. Zuständig ist eine Fachpraxis für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO). Ist der Hörverlust sehr stark, treten weitere Symptome wie Schwindel auf oder besteht bei Ihnen bereits eine andere Ohrerkrankung, sollten Sie noch am selben Tag ärztlichen Rat suchen.

Bei einem Hörsturz handelt es sich um eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, der*die HNO-Arzt*Ärztin stellt die Diagnose Hörsturz dann, wenn keine andere Ursache beziehungsweise Erkrankung als Auslöser für den Hörverlust festgestellt werden kann. Dazu gehören beispielsweise ein Lärmtrauma, Erkrankungen wie Morbus Menière, Gürtelrose mit Ohrbeteiligung oder auch Ohrschmalzpfropfen.

Für die Diagnostik werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt, beginnend mit der Anamnese. Dabei werden Sie zu Ihren Beschwerden und deren Dauer, zu bestehenden Vorerkrankungen und einzunehmenden Medikamenten befragt. Im Anschluss erfolgt eine Untersuchung des Ohrs mit einem Ohrmikroskop (Ohrspiegelung) sowie ein Hörtest (Stimmgabeltest oder Tonaudiometrie). Auch der Gleichgewichtssinn und der Blutdruck werden einer Prüfung unterzogen.

Weitere Untersuchungen zur Diagnosefindung, wie eine Blutuntersuchung oder ein MRT (Magnetresonanztomografie), können folgen, auch um seltene, schwerwiegende Ursachen auszuschließen. Dies können zum Beispiel ein Schlaganfall oder bösartige Tumoren im Gehirn oder im Ohr sein.

Hörsturz oder Tinnitus?

Da ein Tinnitus oft zusammen mit einem Hörsturz auftritt, fragen sich viele, ob sie nun einen Hörsturz oder einen Tinnitus haben. Dabei ist wichtig zu wissen: Bei einem Hörsturz handelt es sich um eine eigenständige Erkrankung. Das ist beim Tinnitus nicht der Fall – ein Tinnitus ist ein Symptom. Er kann als Folge oder Begleiterscheinung anderer Krankheiten auftreten – darunter einem Hörsturz.

Behandlung: Was tun bei einem Hörsturz?

Ein Hörsturz muss nicht immer mit Medikamenten behandelt werden. Dennoch sollte man frühzeitig ärztlichen Rat suchen, wenn die Symptome nach etwa einem Tag nicht nachgelassen haben.

Liegt nur eine leichte Hörminderung ohne weitere Beschwerden vor, kann nach ärztlicher Rücksprache zunächst einige Tage abgewartet werden, ob der Hörsturz von alleine wieder verschwindet.

Bei starkem oder vollständigem Hörverlust, wenn zusätzlich Schwindelgefühle und/oder ein Tinnitus auftreten sowie beim Vorliegen weiterer Erkrankungen des Ohres wird eine sofortige Behandlung empfohlen.

Hörsturz-Therapie mit Kortison

Ein Hörsturz wird in erster Linie mit Kortison (Glukokortikoiden) behandelt, zum Beispiel mit den Wirkstoffen Prednisolon oder Dexamethason. Diese Medikamente werden für einige Tage in Form von Tabletten eingenommen. Ist dies nicht erfolgreich, kann das Kortison auch direkt ins Mittelohr gespritzt werden. Der Gehörgang wird dazu zuvor betäubt. In sehr schweren Fällen sind auch Infusionen mit Kortison möglich. Dann kann es notwendig sein, einige Tage im Krankenhaus zu bleiben.

Man hat festgestellt, dass diese Medikamente bei vielen Betroffenen eine positive Wirkung zeigen. Wie und warum Kortison bei einem Ohrinfarkt hilft, konnte die Forschung bislang jedoch nicht sicher herausfinden. Aufgrund fehlender Studien zur Wirksamkeit wird die Kortison-Therapie bei Hörsturz daher nicht von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt, obwohl sie in den Leitlinien empfohlen wird.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten

Darüber hinaus gibt es weitere, alternative Therapien gegen einen Hörsturz. Dazu zählen antivirale Medikamente oder Antibiotika sowie die Sauerstofftherapie (hyperbare Oxygenierung). Dabei befindet man sich in einer Überdruckkammer und atmet reinen Sauerstoff ein. Dies soll die Sauerstoffversorgung von schlecht durchblutetem Gewebe fördern. Auch pflanzliche Mittel, zum Beispiel mit Ginkgo, werden zum Teil empfohlen.

Da die Wirkung bei keiner dieser Behandlungen belegt ist, werden sie nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen und Patient*innen müssen sie selbst bezahlen.

Nicht mehr empfohlen werden durchblutungsfördernde Infusionen oder Tabletten. Diese wurden früher aufgrund der Annahme, dass ein Hörsturz die Folge einer Durchblutungsstörung ist, verschrieben. Jedoch konnte in Studien inzwischen nachgewiesen werden, dass durchblutungsfördernde Mittel einen Hörsturz nicht bessern.

Ein Hörsturz braucht Zeit und Ruhe

Unbedingt sollten sich Betroffene nach einem Hörsturz viel Erholung und Entspannung gönnen sowie Stress vermeiden. Deshalb werden Sie bei einem Hörsturz auch mindestens für einige Tage krankgeschrieben. Ruhe und positive Gedanken fördern den Selbstheilungsprozess.

Schenken Sie Ihrem Wohlbefinden mehr Aufmerksamkeit – besonders wenn Sie vermuten, dass Ihr Hörsturz auf berufliche Überanstrengung oder privaten Stress zurückzuführen ist.

Um zukünftig belastenden Situationen besser begegnen zu können, empfiehlt es sich, eine Entspannungsmethode zu erlernen. Das kann beispielsweise autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Yoga, Tai Chi oder Ähnliches sein.

Auch wenn es gegen einen Hörsturz keine klassischen Hausmittel gibt, können Sie ausprobieren, was Ihnen gut tut. Einige Betroffene empfinden zum Beispiel Wärme, wie durch Auflegen eines Kirschkernkissens auf das Ohr, als wohltuend und angenehm.

Hörsturz: Dauer, Prognose und Verlauf

Der Verlauf eines Hörsturzes, seine Dauer und die Prognose können sich sehr unterschiedlich gestalten. Wenn die Behandlung frühzeitig beginnt, kann in den meisten Fällen das Gehör wieder völlig hergestellt werden.

Oft (je nach Quelle in etwa der Hälfte aller Fälle) heilt der Hörsturz nach einigen Tagen von selbst oder durch die Einnahme von Kortison. Es ist aber nicht vorherzusagen, ob eine solche Spontanheilung (Spontanremission) einsetzt.

Die Prognose scheint umso günstiger zu sein, je leichter die Hörminderung ausfällt. Wenn keine Begleitsymptome auftreten, kommt es ebenfalls häufiger zu einer vollständigen Heilung. Bei starkem Hörverlust und/oder weiteren Symptomen, vor allem Schwindel und Ohrgeräuschen, dauert die Genesung meistens länger und es bleiben öfter Beschwerden bestehen.

Hörstürze im Mittel- oder Tieftonbereich heilen häufiger vollständig wieder aus. Allerdings kommt es hier auch vermehrt zu Rezidiven (Rückfällen).

In manchen Fällen besteht nach einem Hörsturz weiterhin ein Hörverlust oder eine Hörminderung. Oftmals hilft dann das Tragen eines Hörgerätes und bei Ertaubung eines Cochlea-Implantats. Manchmal bleibt auch ein Tinnitus zurück, selbst wenn das Hörvermögen vollständig wiederhergestellt ist.

Bei Patient*innen, die Risikofaktoren wie Stress oder Bluthockdruck nach einem Hörsturz nicht entgegenwirken, ist die Gefahr eines erneuten Auftretens besonders erhöht.

Einem Hörsturz vorbeugen

Da die genauen Auslöser unbekannt sind, kann man einem Ohrinfarkt nicht unmittelbar vorbeugen. Allerdings können folgende Tipps helfen, das Risiko für das Auftreten eines Hörsturzes zu senken:

  • Wichtig ist es, keinem dauerhaften Stress ausgesetzt zu sein und sich regelmäßige Ruhepausen einzuräumen. Denn das tut nicht nur Ihrem Gehör, sondern dem ganzen Körper und der Psyche gut.
  • Menschen mit chronischen Krankheiten, wie Diabetes oder Bluthochdruck, sollten ihre Grunderkrankung soweit möglich behandeln lassen.
  • Auch bei akuten Infektionen oder einer Mittelohrentzündung sollte man ärztlichen Rat suchen, um Schäden im Inneren des Ohrs abzuwenden.
  • Von Zigaretten sollte man besser die Finger lassen, da Nikotin nicht nur einen Hörsturz begünstigt, sondern auch zahlreiche andere gesundheitliche Risiken mit sich bringt.
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