Verschlucken – wenn Essen in die Luftröhre gelangt
Hastig gegessen, schnell den Bissen heruntergeschluckt und schon ist es passiert: Ein Nahrungsbrocken rutscht in die Luft- und nicht in die Speiseröhre und wird unter kräftigen Hustenstößen wieder an die Luft befördert. Verschlucken ist nicht ungewöhnlich und kann sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern mal vorkommen. Es kann jedoch gefährlich werden, wenn Fremdkörper aus dem Essen die Luftröhre verstopfen, was zu Luftnot und im schlimmsten Fall sogar zum Ersticken führen kann. Auch gibt es Krankheiten, bei denen das ständige Verschlucken lebensbedrohlich wird. Was man bei Verschlucken tun kann, erfahren Sie hier.
Was passiert beim Verschlucken?
Beim Verschlucken gelangt Nahrung versehentlich in die Luftröhre oder sogar bis in die Lunge. In Mundhöhle und Rachenbereich kreuzt sich der Weg der Nahrung, die zerkleinert in die Speiseröhre gelangen will, mit dem Weg der Atemluft, die von oben über die Nase in Richtung Lunge strömt. Dass so eine "Verkehrskreuzung" anfällig für Störungen wie das Verschlucken ist, liegt auf der Hand. Damit der normale Schluckakt funktioniert, müssen das Zusammenspiel mehrerer Nerven koordiniert werden und verschiedene Vorgänge nacheinander ablaufen – fällt nur ein Nerv aus, ist der Eingang zur Luftröhre ungeschützt und Nahrung gelangt in die Lunge.
Während das Kauen und der Beginn des Schluckens von uns beeinflusst und bewusst eingeleitet wird, erfolgt der Transport der Nahrung vom Rachen zum Magen automatisch und unwillkürlich. Dabei wird reflexartig der Kehldeckel, der das obere Ende der Luftröhre darstellt, zugeklappt, sodass hier der Speisebrei einfach vorbeifließen kann.
Wenn man sich vorstellt, dass ein Erwachsener täglich bis zu 2.000 Mal schluckt, zeigt sich, wie selten dieser Vorgang normalerweise schief geht – umso problematischer wird es, wenn durch Nervenausfälle dieser für uns selbstverständliche Prozess ausfällt.
Abzugrenzen ist das Verschlucken vom Schluckauf: Warum Schluckauf entsteht, ist nach wie vor unklar. Man vermutet, dass er mit den Atemübungen des Ungeborenen zusammenhängt und die Bewegungsabfolge des Schluckaufs Babys beim Saugen hilft. Gegen Schluckauf helfen viele Hausmittel. Was gegen Schluckauf hilft, erfahren Sie hier.
Ursachen: In welchen Situationen verschluckt man sich?
Als gesunder Erwachsener kennt man typische Situationen, die für ein Verschlucken prädestiniert sind: Man schlingt in der kurzen Mittagspause hastig sein Essen hinunter, diskutiert dabei mit Kollegen noch über ein dringliches Problem, is(s)t abgelenkt von äußeren Einflüssen und konzentriert sich nicht auf den Essensvorgang. Auch wenn man beim Essen lachen muss, verschluckt man sich leicht.
Oder man isst in gemütlicher Runde entspannt ein genussvolles Mahl und dann tritt ein unvorhergesehenes Ereignis auf: Es donnert, die Türklingel läutet, ein Bild fällt von der Wand oder im Nachbarzimmer öffnet sich durch einen Windzug knarrend eine Tür.
Sowohl Unkonzentriertheit als auch Erschrecken können dazu führen, dass der normale Schluckakt stockt und die einzelnen Prozesse fehlerhaft weiterlaufen – sei es, dass dann das Essen in die Luftröhre gelangt oder ein zu großer Bissen zu früh heruntergeschluckt wird. Hustenanfälle oder Schmerzen in der Speiseröhre, während der Nahrungsbrocken mühsam zum Magen transportiert wird, sind die Folgen.
Verschlucken bei Babys und Kindern
Auch Säuglinge und Kleinkinder verschlucken sich. Doch bei ihnen kommt es häufiger vor, dass sie während des Spielens Gegenstände in den Mund nehmen und versehentlich herunterschlucken, die nicht für den Verzehr gedacht sind.
Besonders Geldmünzen und kleine Spielzeugteile (Spielsteine, Bauteile, Murmeln) werden verschluckt und erreichen auf diesem Weg den Magen-Darm-Trakt. Dass diese Fremdkörper in die Luftröhre gelangen, ist glücklicherweise selten und führt in der Regel zu einer heftigen Hustenattacke.
Neurologische Erkrankungen als Ursache
Anders sieht es bei Menschen aus, die an einer neurologischen Erkrankung leiden. Ungefähr die Hälfte aller Schlaganfall-Patienten entwickelt nach kurzer Zeit eine Schluckstörung, die dazu führt, dass die Nahrungsaufnahme, das Trinken und selbst das Schlucken des körpereigenen Speichels zu einem Gesundheitsrisiko wird, da tagtäglich die Gefahr einer Aspiration – so wird medizinisch das Eindringen von Fremdstoffen in die Atemwege während der Einatmung genannt – gegeben ist.
Auch andere neurologische Störungen gehen mit einem erhöhten Aspirationsrisiko einher, etwa
- die Parkinson-Erkrankung
- das Schädel-Hirn-Trauma
- die Multiple Sklerose oder
- Tumoren des Nervensystems
Bei all diesen Erkrankungen sind die normalen Nervenleitungen gestört, sodass die Nervenerregung nicht koordiniert ablaufen kann.
Aspiration bei einer Operation
Ein Sonderfall ist die Aspiration bei einer Operation. Durch die Narkose wird der Schluckmechanismus außer Kraft gesetzt und Nahrung oder Flüssigkeit, die kurz vor der Operation eingenommen wurde, kann dann aus der Speiseröhre zurücklaufen und in die Luftröhre gelangen – darum wird von den Narkoseärzten so viel Wert darauf gelegt, dass man vor einer geplanten Operation nüchtern bleibt.
Ist Verschlucken gefährlich?
Verschluckt man sich beim Essen, können Fremdkörper in der Luftröhre diese verstopfen, was zu Luftnot und schlimmstenfalls zum Ersticken führen kann. Wenn man sich beim Trinken verschluckt, können Flüssigkeiten in Bronchien und Lungenbläschen laufen und dort eine Lungenentzündung hervorrufen. Diese beiden Folgen der Aspiration können tödlich sein.
Auch das Verschlucken eines zu großen Happens kann lebensgefährliche Folgen haben: Der Mediziner spricht vom so genannten Bolustod, der auftritt, wenn ein zu großer Nahrungshappen (ein Bolus) zwischen Kehlkopf und Speiseröhre festsitzt und einen Herzstillstand auslöst.
Verschluckt – was kann man tun?
Wenn ein Bissen im Hals steckt, kann das Symptome wie anhaltenden Husten, Atemnot, pfeifende Geräusche beim Atmen oder sogar eine rote oder blaue Verfärbung im Gesicht infolge der unterbrochenen Atmung zur Folge haben. Dann sollte man der betroffenen Person unbedingt helfen.
Eine Sofortmaßnahme, die gegen Verschlucken angewandt wird, kennt jeder von uns: Man klopft dem Betroffenen auf den oberen Rücken zwischen die Schulterblätter und unterstützt damit den Hustenmechanismus, der den verschluckten Gegenstand wieder nach oben befördert. Dies ist ein einfaches Mittel, um kleinere Essensstücke oder Krümel in der Luftröhre loszuwerden und meist ist das Problem nach kurzem Husten gelöst.
Selbst Säuglingen und Kleinkindern kann mit dieser Methode geholfen werden: Legen Sie dazu den Säugling bäuchlings auf Ihren Oberschenkel oder Ihren Unterarm und klopfen Sie leicht auf seinen Rücken. Kleinkinder sollen sich stark nach vorn beugen – meist reicht allein diese Bewegung, dass ein Hustenreflex ausgelöst wird.
Heimlich-Griff bei Verschlucken
Behindert der verschluckte Fremdkörper die Atmung sehr, kann der Betroffene bewusstlos werden – spätestens jetzt sind lebensrettende Erste-Hilfe-Maßnahmen gefragt. Verständigen Sie den Notarzt und unterstützen Sie die Atmung des Betroffenen, indem Sie regelmäßig eine Atemspende durchführen, bis der Notarzt eintrifft.
Eine drastische Maßnahme, die verwendet wird, wenn jemand wirklich zu ersticken droht, ist der Heimlich-Griff, bei dem mit beiden Armen um den Brustkorb des Betroffenen gefasst wird und synchron zu den Hustenversuchen massiv Druck nach oben ausgeübt wird. Dieser Griff befördert größere Happen aus Speise- und Luftröhre wieder ans Tageslicht, sollte aber wegen der möglichen Begleitverletzungen nur von darin Geschulten ausgeführt werden.
Was tun bei verschluckten Kleinteilen?
Droht ein Baby durch Verschlucken zu ersticken, sollte sofort der Notruf verständigt werden, da das Heimlich-Manöver hier nicht angewendet werden kann. Auch wenn das Kind wieder Luft bekommt, der Gegenstand aber nicht ausgehustet wurde, ist ärztlicher Rat erforderlich, denn der Fremdkörper könnte in die Lunge gelangt sein.
Bei heruntergeschluckten Gegenständen im Kleinkindalter, die mit Sicherheit nicht in die Lunge, sondern durch die Speiseröhre in den Magen gelangt sind, ist Abwarten eine mögliche Therapieoption – allerdings darf dann der verschluckte Fremdkörper im Durchmesser nicht größer als 2 Zentimeter sein und keine scharfen oder spitzen Kanten haben. Im Laufe einer Woche wird der Fremdkörper auf natürlichem Weg ausgeschieden.
Wenn Sie sich über die Qualität des Fremdkörpers nicht sicher sind, suchen Sie Ihren Arzt auf, eine Röntgenaufnahme kann oft Größe, Aufenthaltsort und Materialfragen des Fremdkörpers klären.
Chronische Schluckstörungen behandeln
Chronische Schluckstörungen gehen oft nicht nur mit Lungenentzündungen einher, sondern führen dazu, dass der Betroffene immer weniger isst und trinkt: Er verliert an Gewicht und sein Ernährungsstatus verschlechtert sich. In spezialisierten Fachabteilungen und Kliniken kann genau untersucht werden, wie es zum Eindringen von Nahrung in die Luftröhre kommt. Dazu werden
- die verschiedenen Rachenmuskeln untersucht
- der Essvorgang genau beobachtet und
- mittels Endoskopie und Kontrastmittel-Röntgenaufnahmen Abweichungen von dem normalen Schluckvorgang festgestellt
Je nach Ergebnis wird dann die Nahrung an das spezielle Problem des jeweiligen Patienten angepasst, verschiedene Schlucktechniken mit einer abweichenden Körperhaltung ausprobiert oder versucht, den normalen Schluckablauf mit beispielsweise Biofeedback-Methoden wiederherzustellen. Die Therapie muss meist mehrere Monate durchgeführt werden, doch dann kann bei über 60 Prozent der Betroffenen eine Verbesserung erzielt werden.