Histaminintoleranz: Symptome, Medikamente und weitere Behandlung
Eine Histaminintoleranz ist eine Unverträglichkeit gegenüber dem Botenstoff Histamin, der in verschiedenen Lebensmitteln steckt. Eine solche Unverträglichkeit kann sich durch unterschiedliche Symptome bemerkbar machen, unter anderem durch Rötungen der Haut und Magen-Darm-Beschwerden. Auch die Psyche kann bei der Intoleranz eine Rolle spielen. Zur Behandlung der akuten Beschwerden kommen verschiedene Medikamente zum Einsatz. Lesen Sie hier, welche Ursachen eine Histaminintoleranz hat, an welchen Symptomen man die Unverträglichkeit erkennt und wie man sie richtig behandelt.
Was ist eine Histaminintoleranz?
Als Histaminintoleranz (auch HI oder Histaminose) wird die Unverträglichkeit gegenüber mit der Nahrung aufgenommenem Histamin bezeichnet. Histamin ist ein Botenstoff, der im Körper bei allergischen Reaktionen freigesetzt wird. Der zu den biogenen Aminen gehörende Stoff wird jedoch nicht nur im Körper produziert, sondern steckt auch in vielen Lebensmitteln. Dort wird er beispielsweise durch Reifung aus der Aminosäure Histidin gebildet. Aus diesem Grund haben beispielsweise reifer Käse oder Rotwein einen besonders hohen Histamingehalt.
Histaminhaltige Lebensmittel werden von Menschen mit einer Histaminintoleranz nur schlecht vertragen. Bei ihnen kommt es nach dem Verzehr zu unangenehmen Beschwerden wie Hautrötungen, Magen-Darm-Problemen oder einer verstopften Nase.
Schätzungen zufolge leidet in Deutschland etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung an einer Histaminintoleranz. Der Großteil der Betroffenen – circa 80 Prozent – ist weiblich. Besonders häufig sind Frauen mittleren Alters betroffen. Es wird deshalb vermutet, dass die Intoleranz meist nicht angeboren ist, sondern im Laufe des Lebens erworben wurde.
Diese Lebensmittel enthalten besonders viel Histamin
Ursachen: Was ist der Auslöser für eine Histaminintoleranz?
Bei einer Histaminintoleranz treten nach dem Verzehr von Lebensmitteln, die viel Histamin enthalten, allergieähnliche Beschwerden auf. Im Gegensatz zu einer Allergie kommt es allerdings nicht zu einer Reaktion des Immunsystems – deswegen spricht man auch von einer Pseudoallergie. Denn nicht der Botenstoff an sich, sondern erst der gestörte Abbau und die damit einhergehende erhöhte Histamin-Konzentration im Blut sorgen dafür, dass es zu Beschwerden kommt.
Normalerweise findet der Histaminabbau über die Enzyme Histamin-N-Methyltransferase (kurz HNMT) sowie Diaminoxidase (DAO) statt. Ersteres wirkt innerhalb der Körperzellen, letzteres außerhalb, genauer im Darm, den Nieren und (bei schwangeren Frauen) in der Plazenta. DAO wird deshalb insbesondere für den Abbau von Histamin gebraucht, das über die Nahrung aufgenommen wird. Bei einer Histaminintoleranz funktioniert dieser Abbau jedoch nicht mehr reibungslos und es sammelt sich Histamin im Körper an. Mögliche Ursachen sind ein Mangel an Enzymen sowie eine verringerte Enzymaktivität.
Ein DAO-Mangel kann beispielsweise durch chronische Darmerkrankungen hervorgerufen werden, da das Enzym unter anderem in der Dünndarmschleimhaut gebildet wird.
Eine verringerte Enzymaktivität deutet darauf hin, dass die Enzyme von anderen Stoffen beansprucht werden – im Verdacht stehen beispielsweise Alkohol oder bestimmte Medikamente. So wird der Abbau des Histamins behindert. Einige Medikamente sollen zudem dafür sorgen können, dass im Körper gespeichertes Histamin freigesetzt wird.
Zu den Wirkstoffen, die mit einer Histaminintoleranz in Verbindung stehen könnten, zählen unter anderem bestimmte Schleimlöser (Acetylcystein), einige schmerzstillende Wirkstoffe wie Metamizol oder der gegen Bluthochdruck eingesetzte Wirkstoff Verapamil. Ob und wie stark bestimmte Medikamente die Aktivität von Enzymen vermindern können, ist aber wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht.
Symptome: Wie merkt man, dass man eine Histaminintoleranz hat?
Die Symptome einer Histaminintoleranz treten immer dann auf, wenn sich zu viel Histamin im Blut befindet. Meist machen sie sich etwa eine Stunde nach dem Verzehr von besonders histaminhaltigen Lebensmitteln bemerkbar. Doch wie äußert sich eine Histaminunverträglichkeit? Welche Symptome auftreten, ist von Person zu Person verschieden. Besonders häufig kommt es bei einer Histaminintoleranz zu diesen Symptomen:
- Kopfschmerzen oder Migräne
- Magen-Darm-Probleme (Durchfall, Blähungen, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder Bauchkrämpfe)
- plötzliche Hautrötungen mit Hitzegefühl (Flush)
Meist sind die Rötungen der Haut mit einem mehr oder weniger starken Juckreiz verbunden. Der Hautausschlag sieht oft aus wie hektische Flecken, es können auch Quaddeln zu erkennen sein. Die Hautrötungen entstehen oft im Gesicht, können aber am ganzen Körper auftreten und verschwinden in der Regel innerhalb von 24 Stunden von selbst. Aufgrund der Magen-Darm-Beschwerden wird teils fälschlicherweise ein Reizdarm diagnostiziert. Die den Magen-Darm-Trakt betreffenden Symptome können teilweise auch zu Gewichtsproblemen führen, wenn aufgrund der Beschwerden oder aus Angst vor Schmerzen einseitig oder zu wenig gegessen wird.
Neben diesen Beschwerden kann sich eine Histaminintoleranz aber noch durch eine Reihe weiterer Unverträglichkeitsreaktionen bemerkbar machen. Dazu gehören:
- Herzrhythmusstörungen, zum Beispiel Herzrasen oder Herzstolpern
- Erschöpfungszustände oder Müdigkeit
- Asthma
- eine verstopfte oder plötzlich laufende Nase
Welcher Arzt bei Histaminintoleranz?
Hat man den Verdacht, an einer Histaminunverträglichkeit zu leiden, ist die Hausarztpraxis die erste Anlaufstelle. Gegebenenfalls überweist der*die Arzt*Ärztin Sie dann für die weitere Diagnose und Behandlung an eine Fachpraxis für Allergologie, innere Medizin oder Gastroenterologie (Fachrichtung für Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes sowie zugehöriger Organe, wie der Leber).
Diagnose: Gibt es einen Test auf Histaminintoleranz?
Die Diagnose einer Histaminunverträglichkeit erfolgt oft erst spät, weil die Symptome sehr unspezifisch sind und kein sicherer Test zum Nachweis der Intoleranz existiert. Oftmals sind die andauernden Symptome auch für die Psyche der Betroffenen sehr belastend.
Um eine Histaminintoleranz zu diagnostizieren, müssen zunächst andere Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen, ausgeschlossen werden. Dazu zählen unter anderem Nahrungsmittelallergien und weitere Nahrungsmittelintoleranzen (zum Beispiel Fruktoseintoleranz oder Laktoseintoleranz) sowie chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder ein Magengeschwür.
Doch auch dann ist eine sichere Diagnose oft nicht möglich. Mithilfe eines Bluttests können unter anderem die Histaminabbaukapazität des Körpers (DAO-Aktivität im Blutserum) bestimmt sowie die Histaminkonzentration im Blut gemessen werden. Bei betroffenen Personen kann die Aktivität der verantwortlichen Enzyme etwa auf die Hälfte der normalen Aktivität reduziert sein. Die Aussagekraft solcher Tests gilt jedoch als gering und nicht ausreichend für eine sichere Diagnose. Auch Selbsttests, die in Drogeriemärkten oder online gekauft werden können, sind deshalb nicht zuverlässig.
Am besten kann daher eine Umstellung der Ernährung Hinweise darauf liefern, ob eine Histaminintoleranz vorliegt. Dafür müssen für etwa zwei Wochen histaminhaltige Lebensmittel so gut wie möglich vermieden werden (Karenz). Dazu sollte ein Ernährungstagebuch geführt werden, in dem verspeiste Lebensmittel und Beschwerden festgehalten werden, aber auch andere Einflussfaktoren wie beispielsweise psychische Faktoren (Stress), die Einnahme von Medikamenten oder die Menstruation. Verbessern sich durch diesen Test die Beschwerden und wurden andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten bereits ausgeschlossen, gilt es als wahrscheinlich, dass tatsächlich eine Histaminintoleranz vorliegt.
Ein anschließender Provokationstest unter ärztlicher Aufsicht kann helfen, die individuell verträgliche Histaminmenge zu ermitteln. Dazu wird Histamindihydrochlorid in Form einer Lösung oder von Kapseln verabreicht – begonnen wird mit einer niedrigen Dosierung, die langsam gesteigert wird. Der Abstand zwischen den Dosen beträgt meist 30 bis 60 Minuten, um mögliche körperliche Reaktionen abzuwarten.
Behandlung der Histaminunverträglichkeit: Ernährungsumstellung in drei Schritten
Wurde eine Histaminintoleranz festgestellt, kommt es auf die richtige Behandlung der Unverträglichkeit an. Zu Beginn der Therapie erfolgt – am besten nach einer individuellen Ernährungsberatung – eine Ernährungsumstellung, die in drei Schritten vorgenommen wird. Oft wird diese Ernährungsumstellung auch bereits im Rahmen der Diagnosestellung durchgeführt. Die Kosten für eine Ernährungsberatung wird bei Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit in der Regel durch die gesetzlichen Krankenkassen ganz oder zumindest zu großen Teilen übernommen.
- Schritt 1 (Karenzphase): Um eine Histaminintoleranz erfolgreich behandeln zu können, sollte für mindestens zwei Wochen auf Lebensmittel mit besonders hohem Histamingehalt verzichtet werden. Auch solche, die die Freisetzung von Histamin im Körper anregen (Histaminliberatoren) sollten ausgelassen werden. Dazu gehören beispielsweise Tomaten und Erdbeeren. Greifen Sie stattdessen auf histaminarme Nahrungsmittel wie Kartoffeln oder Reis zurück. Durch diese Maßnahme wird der Histaminspiegel im Blut gesenkt. Achten Sie während dieser Phase darauf, dass Sie trotz der eingeschränkten Lebensmittelauswahl mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt sind.
- Schritt 2 (Testphase): Nach dieser ersten Phase der Vermeidung sollten Betroffene langsam und vorsichtig austesten, welche Lebensmittel sie außerdem noch vertragen. Ergänzen Sie dazu Ihre Diät in den nächsten vier bis sechs Wochen vereinzelt um neue, histaminreiche Lebensmittel. Achten Sie darauf, Ihren Körper zu Beginn nicht gleich zu überfordern: Probieren Sie nicht zu viele Lebensmittel auf einmal aus und nehmen Sie die ausgewählten Lebensmittel nur in kleinen Mengen zu sich. Beobachten Sie dabei genau, wie Sie auf die einzelnen Lebensmittel reagieren. Sie können in einem Ernährungstagebuch festhalten, welche Lebensmittel Sie gegessen haben, wie groß die Menge war und ob danach Beschwerden aufgetreten sind oder nicht. Auch Begleitumstände wie beispielsweise Stress oder eingenommene Medikamente können Sie in dem Tagebuch notieren.
- Schritt 3 (Dauerernährung): Mithilfe einer Ernährungsberatung oder einer ärztlichen Beratung lässt sich aus den gesammelten Erkenntnissen ableiten, welche Lebensmittel gut vertragen werden. So kann eine individuelle Ernährungsempfehlung entwickelt werden.
In diesem Artikel finden Sie ausführliche Informationen zur richtigen Ernährung bei Histaminintoleranz.
Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel bei Histaminintoleranz
In manchen Situationen – beispielsweise auf Reisen – ist es nicht möglich, nur die Lebensmittel zu sich zu nehmen, die man gut verträgt. Zudem treten bei einigen Betroffenen auch nach der Ernährungsumstellung weiterhin Beschwerden auf. Manchmal ist es auch nicht möglich, auf die Medikamente, die eine Histaminunverträglichkeit begünstigen, zu verzichten. In solchen Fällen können die Symptome kurzzeitig mit Medikamenten behandelt werden. Dafür kommen entweder Antihistaminika oder eine Enzymersatztherapie infrage.
Antihistaminika sorgen dafür, dass das Histamin im Körper nicht mehr seine volle Wirkung entfalten kann. Sie sind insbesondere dann geeignet, wenn es zu Symptomen wie Hautausschlägen, allergischem Schupfen, Kopfschmerzen oder Schwindel kommt. Gegen Magen-Darm-Beschwerden sind sie weniger wirksam, da sie auch solche als Nebenwirkungen auslösen können. Die Tabletten wirken auch dann, wenn die Symptome bereits aufgetreten sind. Einige Antihistaminika, wie etwa Cetirizin, sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
Alternativ besteht die Möglichkeit, dem Körper die benötigten Enzyme über Nahrungsergänzungsmittel mit DAO zuzuführen. Dies empfiehlt sich vor allem vor dem Verzehr von histaminreichen Speisen, auf die man trotz Unverträglichkeit nicht verzichten möchte. Diese Nahrungsergänzungsmittel können also nur vorbeugend angewendet werden. Darüber hinaus gibt derzeit keine wissenschaftlichen Beweise für ihre Wirksamkeit.
Ob eine Therapie der Histaminintoleranz mit Medikamenten sinnvoll ist und welche Tabletten dann geeignet sind, sollte in einem ärztlichen Gespräch geklärt werden. Keines der Mittel ist dazu geeignet, eine Histaminintoleranz zu heilen.
Da neben Lebensmitteln auch Medikamente die Ursache der Histaminintoleranz sein können, sollten entsprechende Medikamente nach Möglichkeit vermieden werden. Setzen Sie verschriebene Mittel jedoch nur nach ärztlicher Rücksprache ab.