Leistenbruch bei einem Mann
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Leistenbruch bei Mann & Frau: Symptome & Behandlung der Leistenhernie

Von: Henrik Janke (Student der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 30.05.2023 - 11:07 Uhr

Ein Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt, ist eine Verletzung im Bereich der Leiste, bei der ein Teil des Bauchfells durch eine Schwachstelle in der Bauchwand ausgestülpt wird. Männer haben aufgrund ihrer Anatomie ein höheres Risiko für einen Leistenbruch. Typisches Symptom ist eine Schwellung oder Vorwölbung, die von Schmerzen begleitet sein kann. Es ist wichtig, einen Leistenbruch frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen, um Komplikationen zu vermeiden und eine schnelle Genesung zu ermöglichen. Nicht in allen Fällen ist zur Behandlung jedoch eine OP erforderlich. Mehr über Symptome und Behandlung des Leistenbruchs lesen Sie hier.

Definition: Was ist ein Leistenbruch?

Ein Leistenbruch tritt auf, wenn der Bauchraum durch eine Schwachstelle in der Bauchwand ausgestülpt wird. Dies kann dazu führen, dass sich das äußere Bauchfell (Peritoneum parietale), auch als Bruchsack bezeichnet, zusammen mit inneren Organen wie dem Darm (Bruchinhalt) durch diese Schwachstelle drückt. Diese wird als Bruchpforte bezeichnet und befindet sich im Bereich der Leiste.

In der Fachsprache wird ein Leistenbruch auch Leistenhernie, Inguinalhernie oder Hernia inguinalis genannt. Eine Hernie bezeichnet dabei immer einen Eingeweidebruch. Eine andere Form ist beispielsweise ein Nabelbruch (Nabelhernie).

Klassifikation: Welche Arten des Leistenbruchs unterscheidet man?

Es gibt verschiedene Arten von Leistenhernien, die auftreten können. Je nach Bruchform unterscheidet man:

  • direkte Leistenhernie: Der Bruchsack tritt direkt durch die Bauchwand im Bereich des sogenannten Hesselbach-Dreiecks, wo es nur wenige Muskeln gibt. Die Gefäße der Bauchwand (epigastrischen Gefäße) sind dabei seitlich (lateral) gelegen.
  • indirekte Leistenhernie: Der Bruchsack tritt über den inneren Leistenring und den Leistenkanal durch die Bauchwand. Hierbei befinden sich die epigastrischen Gefäße mittig vom Bruchsack (medial).
  • Skrotalhernie: Der Bruchsack reicht bis in den Hodensack, was zu weiteren Komplikationen führen kann.

Ursachen: Wie kommt es zu einem Leistenbruch?

Die Ursachen eines Leistenbruchs hängen auch von dessen Art ab: Die direkte Leistenhernie kann nur erworben werden, sie ist also niemals angeboren, sondern entsteht erst im Laufe des Lebens. Dahingegen kann die indirekte Leistenhernie auch angeboren sein und ist daher die häufigste Form bei Babys und Kindern.

Eine erworbene Hernie wird durch eine Schwäche von Bindegewebe oder Bauchmuskulatur begünstigt. Diese kann angeboren sein oder beispielsweise in einem höheren Alter auftreten, wenn die Festigkeit von Bauchmuskulatur und Bindegewebe langsam nachlässt. Eine solche Muskelschwäche tritt beispielsweise auch bei Frauen während der Schwangerschaft auf, weil der Bauch stark gedehnt wird. Ein starker Bauchinnendruck, etwa durch schweres Heben, zu starkes Pressen bei einer Verstopfung oder heftigen Husten, ist vermutlich nicht die Ursache eines solchen Bruchs, kann die Ausstülpung durch die Bruchlücke jedoch zum Vorschein bringen.

Männer sind besonders oft von einer Hernie in der Leistenregion betroffen, ebenso Jungen häufiger als Mädchen. Das liegt daran, dass Männer und Jungen einen besonders ausgeprägten Leistenkanal (Canalis inguinalis) haben. Dieser verläuft in der Leistenregion vom Hüftknochen zum Schambein und beinhaltet unter anderem den Samenstrang. Seinen Boden bildet das sogenannte Leistenband, das die Bauchorgane nach unten hin abschirmt. Die Hinterwand dieses Leistenkanals ist es, die die anatomische Schwachstelle in der Bauchdecke darstellt.

Symptome: Wie fühlt sich ein Leistenbruch an?

Das erste Anzeichen eines Leistenbruchs ist eine Schwellung oder Vorwölbung in der Leistengegend. Diese Schwellung kann schmerzhaft sein und wird normalerweise größer, wenn man hustet, niest oder anstrengende körperliche Aktivitäten ausübt. Grund dafür ist die Druckerhöhung im Bauchraum, die dessen Inhalt nach außen drängt. In selten Fällen kann es auch zu einem versteckten Leistenbruch ohne Schwellung kommen, welcher daher, falls keine Begleitsymptome auftreten, häufig nicht bemerkt wird.

Typische Begleitsymptome eines Leistenbruchs sind ein Fremdkörpergefühl oder ein unangenehmer Schmerz in der Leistengegend. Diese Symptome können sowohl bei Frauen als auch bei Männern auftreten. In einigen Fällen kann ein Leistenbruch auch ohne Schmerzen bestehen und nur durch die Vorwölbung bemerkt werden. Man spricht dann von einem asymptomatischen Leistenbruch.

Wenn ein Leistenbruch nicht sofort behandelt wird, kann er in einigen Fällen in die Bauchhöhle zurückkehren oder aber sich verschlimmern, indem sich die Organe in der Hernie einklemmen. Dies wird als Inkarzeration bezeichnet und kann beispielsweise zu einer Darmverschluss-Symptomatik führen. Dies äußert sich in sehr starken, kolikartigen Schmerzen und in schwallartiger Übelkeit mit Erbrechen.

Diagnostik: Wie kann man einen Leistenbruch erkennen?

Die Diagnose eines Leistenbruchs wird anhand einer Kombination von Anamnese (Arzt-Patient-Gespräch), typischen Beschwerden und einer körperlichen Untersuchung gestellt, die von einem*einer chirurgischen Facharzt*Fachärztin durchgeführt wird.

Patient*innen, die über eine inguinale Schwellung oder Vorwölbung klagen, insbesondere in Verbindung mit Beschwerden bei Belastung, sollten auf das Vorliegen einer Leistenhernie untersucht werden. Auch eine familiäre Vorbelastung (Prädisposition) und weitere Risikofaktoren, wie beispielsweise eine Muskelschwäche der Bauchwand, sollten berücksichtigt werden. Unspezifische Symptome wie Leistenschmerzen können alternativ auch auf eine Leistenzerrung nach sportlicher Betätigung hindeuten.

Erhärtet sich der Verdacht, so ist die körperliche Untersuchung der wichtigste Bestandteil der Diagnostik eines Leistenbruchs. Es sollte eine vergleichende Untersuchung im Liegen und im Stehen durchgeführt werden. Die Druckerhöhung im Bauchraum beim Stehen sorgt dafür, dass eine versteckte Leistenhernie nach außen verlagert wird. Zusätzlich kann eine Leistenhernie durch starkes Husten oder Anspannen des Bauches sichtbar werden.

Lässt sich der Bruchsack manuell mit dem Finger zurückdrücken (reponieren), so ist das ein deutliches Zeichen für einen Leistenbruch. Auch das Abhören mit dem Stethoskop kann Hinweise darauf liefern, ob Darmgeräusche im Bereich der Leiste auftreten. In der Regel ermöglicht die sorgfältige Durchführung der körperlichen Untersuchung eine sichere Diagnosestellung und die Planung der weiteren Therapie. Bildgebende Verfahren sind meistens nicht nötig.

Therapie: Muss ein Leistenbruch operiert werden?

Leistenhernien heilen nicht von selbst und müssen gegebenenfalls durch eine OP behandelt werden. Dies gilt insbesondere wenn sie Beschwerden verursachen oder fortschreitend sind. Andernfalls kann zunächst auch eine konservative Behandlung (ohne OP) ausreichen. Bei Frauen wird jeder Leistenbruch operativ versorgt. Es gibt verschiedene Methoden, um einen Leistenbruch operativ zu behandeln, wie offene oder minimalinvasive Verfahren. Diese Operationsverfahren erfordern unterschiedliche große Hautschnitte.

Konservative Behandlung

Eine konservative Therapie ist nur bei Männern möglich. Eine Option ist dabei das beobachtende Abwarten. Vor allem bei älteren Männern mit Vorerkrankungen, die eine Leistenhernie ohne Symptome haben, ist das die Therapie der Wahl. Nicht selten verlegt sich der Bruchinhalt spontan von alleine wieder zurück.

Eine weitere Möglichkeit ist das Zurückdrücken (Reponieren) des Bruchsacks. Dies gilt insbesondere bei akuten Leistenhernien, bei denen der Bruchsack nicht länger als sechs Stunden eingeklemmt ist.

Das Tragen eines Bruchbandes (ein spezieller Gürtel, der verhindern soll, dass Organe durch die Lücke heraustreten) wird heutzutage nicht mehr empfohlen, weil die Bauchwand geschwächt wird und somit zukünftige Operationen erschwert werden.

Grundsätzlich ist bei der konservativen Therapie zu beachten, dass die Bruchlücke dadurch nicht geschlossen wird. Kommt es zu einer erneuten Hernie, kann daher eine OP erforderlich werden.

Operative Behandlung

Bei wiederkehrenden, symptomatischen Leistenbrüchen und bei jeglichen Leistenbrüchen der Frau sollte eine Operation erwogen werden. Der Grund dafür ist, dass bei Frauen eine Schenkelhernie (Femoralhernie), wobei Darmschlingen in den Oberschenkel rutschen, nicht sicher von einer Leistenhernie abgegrenzt werden kann. Schenkelhernien haben ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche Einklemmungen des Bruchinhalts. Auch bei Babys und Kindern erfolgt in der Regel eine OP, wobei die Dringlichkeit vom Alter des Kindes und der Schwere der Hernie anhängig ist.

Geplante Operationen können bei Erwachsenen ambulant und minimalinvasiv (endoskopisch) durchgeführt werden. Der Inhalt des Bruchsacks wird wieder in seine anatomisch korrekte Position zurückverlegt und die Schwachstellen der Bauchwand sowie des Leistenkanals werden je nach Operationstechnik entweder mit einer Naht oder einem Netz (meist einem Kunststoffnetz) stabilisiert. Die letztgenannte Form der Leistenbruchoperation wird auch als Hernioplastik bezeichnet.

Die Dauer der OP beträgt je nach Schwere des Leistenbruchs 30 bis 60 Minuten. Nach der Operation sollte man sich für mindestens fünf Tage körperlich schonen. Leichte Bewegung wie Spazierengehen ist möglich und sogar gewünscht. Sport sollte mindestens zwei bis drei Wochen pausiert werden. Nach einer offenen Operation wird eine längere Schonung empfohlen als nach einem minimalinvasiven Eingriff.

Komplikation: Kann ein Leistenbruch lebensbedrohlich werden?

Eine akute Einklemmung (Inkarzeration) der Hernie stellt einen Notfall dar und muss umgehend stationär operiert werden. Durch die Engstelle wird die Durchblutung des Bruchinhalts (meistens Darm) unterbrochen. Die Folge ist Sauerstoffmangel und dadurch ein endgültiges Absterben der Darmzellen. Die Toleranzzeit des Darms bis zum Gewebeuntergang beträgt ungefähr sechs Stunden, weshalb der Bruch in diesem Fall möglichst schnell operiert werden muss.

Verlauf und Prognose: Ist ein Leistenbruch heilbar?

Auch wenn ein Leistenbruch nicht von allein weggehen kann, so ist er durch eine OP gut heilbar.

Manchmal kann es nach einer Operation im Bereich der Leiste zu Beschwerden kommen. Diese können durch verschiedene Faktoren verursacht werden. Zum Beispiel kann es sein, dass bestimmte Nervenäste verletzt wurde. Auch kann das eingeführte Netz an der Bauchwand zu Nervenreizungen führen. Dadurch kann man eine veränderte Wahrnehmung der Haut im Bereich der Leiste oder auch ein Kribbelgefühl haben.

Die Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten eines Leistenbruchs (Rezidiv) an gleicher Stelle liegt nach einer Leistenhernieoperation je nach Verfahren bei 5 bis 15 Prozent. Je nachdem, wie hoch die eigene Gefährdung ist, kann das Risiko für einen erneuten Leistenbruch steigen. Risikofaktoren dafür sind Rauchen, weibliches Geschlecht oder wiederkehrende Leistenbrüche in der Vergangenheit.

Beim erneuten oder erstmaligen Auftreten eines Leistenbruchs sollte umgehend ein*e Arzt*Ärztin aufgesucht werden. Eine schnelle Behandlung erhöht die Heilungsaussicht.

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