Frau mit Atemnot greift sich an Brustkorb
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Dyspnoe: Was steckt hinter Atemnot?

Von: Constantin Weichert (Arzt), Marina Bierbrauer (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 15.04.2024

Atemnot (Dyspnoe) ist ein häufiges Symptom, das Ausdruck verschiedener körperlicher oder psychischer Erkrankungen sein kann. Wichtig ist, beim Auftreten von Beschwerden richtig zu handeln, Risiken zu erkennen und Gefahren vorzubeugen. Welche Ursachen es für eine Dyspnoe gibt, welche Symptomen für die Krankheit typisch sind und was man gegen Atemnot tun kann, lesen Sie in diesem Artikel.

Dyspnoe: Was ist das?

Atemnot oder Dyspnoe bezeichnet per Definition das subjektive Gefühl, keine oder nicht ausreichend Luft zu bekommen oder Schwierigkeiten bei der Atmung zu haben. Wichtig ist dabei der Begriff subjektiv. Es zählt also das, was die betroffene Person wahrnimmt und nicht das, was (objektiv) mittels Tests gemessen werden kann.

Der Fachbegriff Dyspnoe (Aussprache: Düspno-e) kommt aus dem Altgriechischen und setzt sich aus den Begriffen "dys" für "schwierig" und "pnoe" für "Atmung" zusammen. Es handelt sich um ein Symptom, das ganz unterschiedliche Krankheiten als Ursache haben kann.

Formen von Atemnot

Je nach Art der Beschwerden werden für das Symptom unterschiedliche Bezeichnungen verwendet:

  • in Ruhe: Ruhedyspnoe
  • lageabhängig: Orthopnoe (Atemnot im Liegen) oder Platypnoe (im Sitzen oder Stehen)
  • beim Sprechen: Sprechdyspnoe
  • bei körperlicher Belastung: Belastungsdyspnoe (zum Beispiel beim Laufen oder Treppensteigen)
  • sich verstärkende oder fortschreitende Dyspnoe: progrediente Dyspnoe

Die Unterscheidung der verschiedenen Formen von Dyspnoe dient auch dazu, diese nach ihrer Schwere einzuteilen. Hierfür wird meistens das Maß an Belastung, ab der die Atemnot auftritt, zugrunde gelegt.

Hat der*die Betroffene bereits in Ruhe Luftnot, liegt eine Ruhedyspnoe vor. Hierbei kann dann noch unterschieden werden, ob die Dyspnoe erst beim Sprechen auftritt oder schon in absoluter Ruhe, zum Beispiel nachts. Die Sprechdyspnoe zeichnet sich dadurch aus, dass man beim Reden immer wieder nach Luft schnappen muss und dazwischen oft nur einzelne Wörter aussprechen kann.

Tritt die Dyspnoe erst bei Belastung auf, wird von Belastungsdyspnoe gesprochen. Hierbei ist wichtig, ab welcher Belastung es zu Beschwerden kommt. Tritt die Kurzatmigkeit bereits bei geringer Belastung wie beim Gehen ebener Strecken auf oder erst beim Treppensteigen? Hier wird zwischen leichter und schwerer Belastung unterschieden.

Die NYHA-Klassifikation

Für die Einteilung der Dyspnoe in verschiedene Schweregrade hat die New York Heart Association die sogenannte NYHA-Klassifikation entwickelt. Sie kommt jedoch nur in einem speziellen Fall zum Einsatz, und zwar bei Patient*innen mit Herzschwäche (Herzinsuffizienz). Sie dient dazu, deren Belastbarkeit zu beschreiben und umfasst vier Grade:

  • NYHA I entspricht voller Belastbarkeit
  • NYHA II entspricht leichter Einschränkung der Belastbarkeit und Dyspnoe bei starker Belastung
  • NYHA III entspricht erheblicher Einschränkung der Belastbarkeit und Dyspnoe bei leichter Belastung
  • NYHA IV entspricht einer dauerhaften Symptomatik, auch in Ruhe

Was sind die Ursachen für eine Dyspnoe?

Die Gründe für Atemnot können sehr vielfältig sein. Neben schweren und ernsthaften Erkrankungen können auch harmlose Auslöser dahinterstecken. Die zugrundeliegenden Krankheiten können dabei ganz verschiedene Organe und auch die Psyche betreffen.

Dyspnoe bei Erkrankungen der Lunge

Wenngleich auch schwerwiegende Ursachen hinter der Symptomatik stecken können, sind die häufigsten Auslöser jedoch nicht lebensbedrohlich. So können vergleichsweise harmlose Infektionen wie eine Bronchitis eine Atemnot auslösen. Aber auch schwerwiegendere Infektionen wie eine Lungenentzündung können die Ursache sein. In diesem Fall ist häufig eine antibiotische Therapie notwendig und es sollte unbedingt eine ärztliche Behandlung erfolgen.

Auch chronische Erkrankungen wie Asthma bronchiale und COPD sind häufige Ursachen. Beim Asthma bronchiale tritt die Dyspnoe anfallsartig in Form von Attacken auf. Menschen mit Asthma bronchiale haben für akute Asthma-Anfälle in der Regel sogenannte Notfallsprays dabei. Diese enthalten bronchienerweiternde und -entspannende Wirkstoffe wie zum Beispiel Salbutamol und wirken innerhalb sehr kurzer Zeit. Verschlimmert sich die Atemnot bei einer bestehenden chronischen Lungenerkrankung, sollte Rücksprache mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin gehalten werden.

Folgende pulmonalen (die Lunge betreffende) Ursachen können einer Dyspnoe zugrunde liegen:

  • Asthma bronchiale
  • akute oder chronische Bronchitis
  • Infekt der Atemwege (Erkältung)
  • Atelektasen (unbelüftete Bereiche in der Lunge)
  • Lungenkrebs
  • COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung)
  • eine Corona-Infektion (COVID-19)
  • Cor pulmonale (auch bekannt als Lungenherz: Herzüberlastung aufgrund einer Lungenerkrankung)
  • Lungenembolie (Blutgerinnsel in der Lunge)
  • Lungenemphysem (Überblähung der Lunge infolge von Entzündungsprozessen)
  • Lungenfibrose (Vernarbung des Lungengewebes)
  • Mukoviszidose (angeborene Erkrankung der Lunge)
  • Pneumothorax (Kollaps eines Lungenflügels)
  • Pleuraerguss (Flüssigkeitsansammlung zwischen Lunge und Brustwand)
  • Pleuramesotheliom (bösartiger Tumor des Rippenfells)
  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Trachealstenose (Verengung der Luftröhre)
  • Lungenödem (Wasseransammlung in der Lunge)

Dyspnoe besonders häufig bei Erkrankungen des Herzens

Von Bedeutung ist hier vor allem die Herzinsuffizienz. Das Herz ist dabei sozusagen zu schwach, um das Blut in ausreichender Menge durch den Körper zu pumpen. Dies kann sich in Atemnot niederschlagen, da der benötigte Sauerstoff nicht bis in die Zellen gelangt. Je nach Schwere treten die Beschwerden in diesen Fällen bei unterschiedlich starker Belastung auf (siehe NYHA-Klassifikation). Zudem kann eine Verschlimmerung der Atemnot im Liegen (Orthopnoe), also vor allem nachts, auf eine Herzschwäche hindeuten. Da es sich hierbei um eine ernstzunehmende chronische Erkrankung handelt, muss diese unbedingt ärztlich behandelt werden.

Außerdem tritt Atemnot bei lebensbedrohlichen Notfällen wie dem akuten Koronarsyndrom (Herzinfarkt) auf. Die Betroffenen äußern Todesängste, sind kaltschweißig (schwitzen stark bei gleichzeitig kalter Haut), hyperventilieren (atmen also zu schnell) und verspüren einen Druck oder Schmerz in der Brust, der in den linken Arm ausstrahlen kann. Hier ist sofort der Rettungsdienst zu verständigen.

Folgende kardialen (das Herz betreffende) Ursachen können hinter einer Dyspnoe stecken:

Knochen und Muskeln als Ursache einer Dyspnoe

Auch muskuläre oder knöcherne Ursachen können hinter einer Atemnot stecken. Ist der Thorax (Brustkorb) in Mitleidenschaft gezogen, beispielsweise durch eine Prellung oder einen Bruch (Fraktur), kann das die Atemmechanik derart behindern, dass man Luftnot verspürt.

Zudem können muskuläre Verspannungen oder blockierte Wirbel, insbesondere im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS-Syndrom), zu Atemproblemen führen. Typisch ist hierfür, dass neben den Atembeschwerden auch Rückenschmerzen auftreten.

Diese muskuloskelettalen (Skelett und Muskeln betreffende) Ursachen können eine Dyspnoe auslösen:

  • Thoraxtrauma (zum Beispiel Rippenbruch, Rippenprellung)
  • Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew, eine rheumatische Erkrankung)
  • Thoraxschmerzen (Schmerzen im Brustkorb) durch muskuläre Verspannungen
  • Blockade der Brustwirbelsäule (BWS-Syndrom)

Neuromuskuläre und neurologische Ursachen einer Dyspnoe

Der Atemvorgang läuft unterbewusst ab und wird unterbewusst gesteuert – das heißt, wir müssen nicht ans Atmen "denken", es passiert sozusagen automatisch. Dennoch sind Nervenzentren und Nervenfasern notwendig, damit wir atmen. Diese Nervenzentren liegen im Gehirn und senden elektrische Impulse über Nervenfasern an die beteiligten Muskeln und Strukturen.

Zum Beispiel müssen die Stimmlippen offengehalten werden, damit Luft hindurchströmen kann. Dies geschieht über den Nerven mit dem Namen "Laryngeus recurrens", der bei einer sogenannten Rekurrensparese ausfallen kann – dabei handelt es sich um eine Nervenschädigung. Auch das Zwerchfell bekommt über Nervenfasern Signale. Krankheiten, die die Kommunikation zwischen Nerv und Muskel (neuromuskuläre Erregung) stören, führen dazu, dass die Muskeln aufgrund fehlender Signale des Nerven nicht mehr (richtig) arbeiten. Betrifft dies die für die Atmung erforderlichen Nerven und Muskeln, kann eine Atemnot die Folge sein.

Diese neuromuskulären Ursachen und neurologischen Erkrankungen kommen als Auslöser einer Dyspnoe infrage:

  • Amyotrophische Lateralsklerose (Erkrankung mit fortschreitenden Muskellähmungen)
  • Myasthenia gravis (Erkrankung der neuromuskulären Erregung)
  • Poliomyelitis (Kinderlähmung)
  • Rekurrensparese (Schädigung eines Nerven)
  • Tumorkachexie (extremer Gewichtsverlust aufgrund einer Krebserkrankung)

Psychische Ursachen von Atemnot

Auch ein starker Erregungszustand, zum Beispiel bei einer Panikattacke, kann Atemnot auslösen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine eingebildete Atemnot, da sie für Betroffene absolut real ist. Vielmehr sind zwar Herz und Lunge völlig in Ordnung, die Psyche sorgt aber dennoch für eine ausgeprägte Symptomatik. Diese Form der Dyspnoe wird dann auch als psychogene Atemnot bezeichnet.

Folgende psychogene Ursachen können einer Dyspnoe zugrunde liegen:

Weitere Ursachen von Atemnot

Sonstige Ursachen einer Dyspnoe können sein:

  • Azidose (Übersäuerung des Blutes)
  • allergische Reaktion, Anaphylaxie (allergischer Schock)
  • Anämie (Blutarmut)
  • Adipositas (starkes Übergewicht)
  • Aspiration (Einatmen von Fremdkörpern oder Flüssigkeit)
  • Glottisödem (Schleimhautschwellung im Kehlkopfbereich)
  • Struma (Schilddrüsenvergrößerung)
  • starke Schmerzen

Symptome: Wie äußert sich eine Dyspnoe?

Die Dyspnoesymptomatik ist für andere nicht immer leicht zu erkennen. Wenn Betroffene sich äußern können, berichten sie typischerweise von einer erschwerten Atmung und Angst. Die Angst vor dem Ersticken ist eine der Urängste des Menschen und daher sehr stark ausgeprägt.

Manchmal können sich Betroffene bei akuter Atemnot nicht äußern. Dann sollte auf körperliche Symptome geachtet werden, um die Atemnot zu erkennen. Diese umfassen:

  • vermehrte Anstrengung beim Atmen: Die Betroffenen setzen sich in der Regel auf und stützen die Arme ab, um die sogenannte Atemhilfsmuskulatur einzusetzen. Außerdem ist eine größere "Atemexkursion" zu beobachten, also ein deutliches Heben und Senken des Brustkorbs.
  • schnellere Atmung (Tachypnoe): Bei Erwachsenen gilt dies ab einer Atemfrequenz von mehr als 20 bis 25 Atemzügen pro Minute.
  • vertiefte Atmung: Betroffene nehmen auffallend tiefe, lange Atemzüge.
  • Zyanose: Es zeigt sich eine Blaufärbung von Haut und/oder Schleimhäuten durch einen Sauerstoffmangel des Blutes.
  • Begleitsymptome: Der Stress und teilweise auch der Sauerstoffmangel, unter denen der Körper steht, können zu Herzrasen, Schwindel oder Bewusstlosigkeit führen.
  • bei Kindern: Insbesondere bei Kindern (teilweise auch bei Erwachsenen) können Einziehungen zwischen den Rippen (thorakale Einziehungen) und den Nasenflügeln (deutliche Bewegung der Nasenflügel) beobachtet werden.

Ist Atemnot gefährlich?

Grundsätzlich ist es gefährlich, keine Luft zu bekommen. Dennoch bedeutet nicht jede Atemnot, dass Lebensgefahr besteht. Ob es sich um eine lebensbedrohliche Situation handelt oder nicht, hängt von der jeweiligen Ursache ab. Manche Probleme lassen sich schnell und folgenlos beseitigen, für andere ist eine intensive medizinische Versorgung notwendig. Grundsätzlich sollte das Symptom Atemnot ernst genommen werden.

Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?

Treten die Symptome einer Dyspnoe plötzlich oder sehr heftig auf oder ist der Grund unbekannt, sollte unverzüglich ärztliche oder sogar notärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Eine Abklärung der Beschwerden muss aber in jedem Fall erfolgen, wenn Sie an Atemnot leiden.

Was tun bei Atemnot?

Grundsätzlich richten sich die Therapie und kurzfristige Maßnahmen bei einer Dyspnoe nach der Schwere und Art der Symptome sowie nach den Auslösern. Traten die Beschwerden plötzlich oder über einen längeren Zeitraum auf? Ist eine Erkrankung des Herzes oder der Lunge bekannt? Ist die betroffene Person noch ansprechbar? 

Bestehende Grunderkrankungen wie Herzkrankheiten oder solche der Lunge müssen entsprechend behandelt werden. Sind diese medikamentös und durch die richtige Therapie gut im Griff, bessern sich auch die Beschwerden der Atemnot beziehungsweise sollten diese seltener oder gar nicht mehr auftreten.

So können Sie in einer akuten Situation helfen: Versuchen Sie, die Person zu beruhigen und bringen Sie sie, wenn möglich, in eine atementlastende Position wie den Kutschersitz. Dabei sitzt man, beugt den Oberkörper und den Kopf leicht nach vorn und stützt die Unterarme auf den Oberschenkeln ab. Fragen Sie zudem unbedingt nach einer Notfallmedikation oder einem Notfallspray. Viele Menschen mit Allergien, Asthma bronchiale oder COPD haben immer Medikamente für den Notfall dabei. Diese Frage sollte man daher stets zuerst beantworten.

Ist man sich unsicher, sollte in jedem Fall unverzüglich der Notruf gewählt werden. Das gilt auch, wenn die Person nicht mehr richtig ansprechbar ist oder wenn sich die Symptomatik nicht innerhalb kurzer Zeit deutlich bessert.

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