Untersuchungen der Ohren
Unsere Ohren spielen eine wichtige Rolle in unserem Alltag. Sie helfen uns bei der Orientierung im Raum, übermitteln Informationen und ermöglichen die Kommunikation mit anderen. Daneben hat dort auch das Gleichgewichtsorgan seinen Sitz. Welche Untersuchungen und Tests kann der Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO-Arzt) durchführen, wenn mit dem Ohr einmal etwas nicht stimmt? Das erfahren Sie hier.
Patientengespräch vor der Ohrenuntersuchung
Hauptbeschwerden, die Patienten zu einem Ohrenspezialisten führen, sind Hörverlust, Schmerzen, Ohrenlaufen, Ohrgeräusche und Schwindel. Zunächst wird sich der Arzt erkundigen, ob die Symptome plötzlich oder allmählich aufgetreten sind und eines oder beide Ohren betreffen. Interessant für ihn ist auch, ob weitere Beschwerden oder Krankheiten vorliegen, bestimme Medikamente eingenommen werden und der Betroffene in der Vergangenheit großem Lärm ausgesetzt war.
Auch ähnliche Beschwerden in der Familie können wichtige Hinweise auf die Erkrankungsursache geben. Oft wird bereits jetzt eine Verdachtsdiagnose gestellt; weitere Untersuchungen dienen dann dem Verfeinern der Diagnose und dem Erstellen beziehungsweise der Kontrolle des Behandlungskonzepts.
Die Grunddiagnostik: Grundlegende Untersuchungen
Die körperliche Untersuchung erfolgt überwiegend am sitzenden oder stehenden Patienten. Äußerlich sichtbare Krankheitszeichen (Inspektion) sind zum Beispiel Schwellungen hinter dem Ohr und Knötchen, Vernarbungen oder Krustenbildungen in der Ohrmuschel.
Eine wichtige Rolle spielt die Untersuchung des äußeren Gehörgangs und des Trommelfells mit einem trichterförmigen Ohrenmikroskop (Otoskopie). Dabei wird nach Ohrenschmalz und anderem Sekret, nach der Hautbeschaffenheit und nach Verengungen geschaut sowie das Trommelfell beurteilt. Dessen Farbe, Form, Oberflächenbeschaffenheit und Unversehrtheit geben bedeutende Hinweise auf bestimmte Erkrankungen wie Mittelohrentzündungen oder Belüftungsstörungen.
Die Verbindung der Ohren mit dem Nasen-Rachen-Raum wird bei einer Nasenspiegelung beurteilt.
Funktionstests der Ohren
Mit verschiedenen Untersuchungen lässt sich prüfen, wie weit man hören kann, welche Töne wie gut wahrgenommen werden und wie die Schalleitung im Ohr funktioniert. Wichtige Funktionstests zur Untersuchung der Ohren sind:
- Stimmgabeltests
- Audiometrie
Stimmgabeltests
Das Gehör kann mit einer Stimmgabel grob überprüft werden, allerdings nur, wenn der Patient dabei mitarbeitet. Deshalb sind diese Untersuchungen zum Beispiel für kleine Kinder nur bedingt geeignet.
Die Stimmgabel wird an einem festen Gegenstand zum Schwingen gebracht und dann – je nach Test – abwechselnd vor den äußeren Gehörgang und auf den Knochen hinter dem Ohr gehalten (Rinne-Versuch) oder auf die Schädelmitte gesetzt (Weber-Versuch). Der Patient muss dann sagen, wann und wo er den Ton besser hört. Der Untersucher kann dadurch unterscheiden, ob ein krankhafter Prozess vorliegt und an welcher Stelle im Ohr dieser vermutlich lokalisiert ist.
Audiometrie
Diese Hörtests sind genauer als die Untersuchung mit der Stimmgabel und einige lassen sich sogar unabhängig von der Kooperation der Patienten durchführen (objektive Audiometrie).
- Tonaudiometrie: Dem Prüfling werden über einen Kopfhörer oder einen hinter den Ohren aufgesetzten Schallgeber Töne unterschiedlicher Höhe und Lautstärke übertragen. Sobald er etwas hört, muss er dies anzeigen, zum Beispiel durch Drücken eines Knopfes. Bei Kindern kann die Reaktion auf Töne zum Beispiel an dadurch ausgelösten Reflexen oder Bewegungen gemessen werden.
- Sprachaudiometrie: Statt der Töne werden mehrsilbige Zahlen und einsilbige Wörter vorgespielt. So lässt sich das Sprachverständnis überprüfen.
- Objektive Audiometrie: Diese Methode gehört zu den elektrophysiologischen Untersuchungen, bei denen elektrische Aktivitäten über kleine Elektroden registriert werden. Bei der elektrischen Reaktionsaudiometrie werden die durch Töne ausgelösten Reaktionen direkt an verschiedenen Stellen des Gehirns gemessen, zum Beispiel an der Hirnrinde (electric response audiometry = ERA) oder am Hirnstamm (brainstem evoked response audiometry = BERA). Dies gelingt mithilfe des Elektroenzephalogramms. Daneben können – mit hochempfindlichen Mikrofonen – die von den Haarzellen des Innenohrs produzierten Schallwellen am äußeren Gehörgang bestimmt werden (otoakustische Emissionen = OAE).
Zur Beurteilung des Mittelohrs lassen sich außerdem der Widerstand messen, den Trommelfell und Gehörknöchelchenkette dem von außen auftreffenden Schall entgegensetzen (Impedanzmessung), die Fähigkeit des Trommelfells, Schall weiterzuleiten (Tympanometrie), sowie den Schutzmechansimus des Steigbügelmuskels, sich bei Lärm zusammenzuziehen (Stapediusreflex). Veränderungen bei diesen Messungen können zum Beispiel durch Verkalkungen oder einen Unterdruck im Mittelohr bedingt sein.
Funktionstests des Gleichgewichtsorgans
Eine ganze Reihe von Untersuchungen dient dazu, Schwindelattacken auf den Grund zu gehen. Sie machen sich zunutze, dass zur Orientierung im Raum und Koordination das Gleichgewichtsorgan im Innenohr mit anderen Strukturen wie dem Gehirn, den Augen oder den Druckrezeptoren auf der Haut direkt oder indirekt verknüpft ist.
- Zu den Koordinationstests gehört der Romberg-Versuch, bei dem der Patient mit geschlossenen Augen und vorgestreckten Armen stehen muss, und der Unterberger-Versuch, bei dem er zusätzlich auf der Stelle tritt. Ob die Gleichgewichtsprobleme allerdings vom Vestibularisorgan im Innenohr oder von zentraler Stelle im Gehirn ausgehen, bedarf weiterer Untersuchungen.
- Bei Nystagmusprüfungen wird mithilfe einer speziellen Brille im Sitzen untersucht, wann und wie eine, auch beim Gesunden (zum Beispiel beim Blick aus einem sich bewegenden Fahrzeug) vorhandene, rhythmische Augenbewegung auftritt. Zusätzlich kann ein solches Augenzittern auch beim liegenden Patienten durch kaltes oder warmes, ins Ohr gespültes Wasser ausgelöst werden (kalorischer Nystagmus). Weichen die Seite und die Form des Nystagmus vom Üblichen ab, gibt dies Hinweise auf die Ursache einer Gleichgewichtsstörung.
Weitere Untersuchungen der Ohren
Bildgebende Verfahren werden vorwiegend dann eingesetzt, wenn man Veränderungen an den Knochen oder im Gehirngewebe vermutet:
- Da sich die Knochen im Bereich des Ohrs stark überlagern, gibt es einige spezielle Techniken vor allem für Röntgenbilder des Felsenbeins (Aufnahme nach Schüller beziehungsweise Stenvers).
- Die Computertomographie (CT) ist angezeigt, wenn der Verdacht auf Knochenbrüche (zum Beispiel nach einem Unfall), Fehlbildungen oder einen Tumor besteht.
- Bei letzterem wird auch die Magnetresonanztomographie eingesetzt. Spritzt man zusätzlich Kontrastmittel, lassen sich auch Gefäße darstellen.