Ginkgo: Wirkung und Nebenwirkungen
Ginkgo gilt in Asien seit jeher als Symbol für Hoffnung, langes Leben, Fruchtbarkeit, Lebenskraft und Unbesiegbarkeit. Dort wird Ginkgo biloba auch oft als Heilpflanze eingesetzt – unter anderem wird er zur Behandlung von Durchblutungsstörungen, Schwindel oder Tinnitus verwendet. Besonders wirksam soll er jedoch bei Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen sein. Welche Wirkungen werden dem Ginkgo noch zugeschrieben? Ist Ginkgo wirklich gesund und gut für das Gehirn? Welche Wechsel- oder Nebenwirkungen sind durch die Einnahme möglich? Das lesen Sie hier!
Was ist Ginkgo?
Ginkgo, eigentlich Ginkgo biloba, ist ein aus China stammender Baum, dem verschiedene Heilwirkungen zugesprochen werden. In Ostasien ist er nicht nur als Heilmittel, sondern auch als Tempelpflanze von Bedeutung. Der aus den Blättern gewonnene Ginkgo-Extrakt kommt auch hierzulande als Arzneimittel bei Störungen der Durchblutung oder zur Verbesserung der Gedächtnisleistung zur Anwendung.
Für was ist Ginkgo gut?
In Asien, vor allem in China, wird der "Wunderbaum" schon seit langem zur Schönheitspflege und vor allem als Heilpflanze eingesetzt. Die Samen beziehungsweise Früchte, aber auch die Wurzeln, Blätter und Baumrinde werden als Medizin bei Asthma, Bronchitis, Kreislaufstörungen, Hautkrankheiten oder Urin-Inkontinenz angewendet. Darüber hinaus soll Ginkgo der Hautalterung vorbeugen und eine positive Wirkung auf die Psyche und das Gehirn haben, unter anderem bei Angstzuständen, aber auch bei Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen. Sogar zur Insektenabwehr soll er sich eignen.
Auch bei uns hat die Pflanze seit Jahren einen festen Platz als Heilmittel – etwa als Medikament gegen Durchblutungsstörungen oder bei Ohrgeräuschen (Tinnitus). Doch auch zur Behandlung von Vergesslichkeit sowie Aufmerksamkeitsstörungen werden Ginkgo-Präparate genutzt.
Große Unterschiede bei Präparaten mit Ginkgo-Extrakt
Hierzulande wird Ginkgo biloba vor allem in Form von Extrakten aus getrockneten Ginkgoblättern (GBE) angeboten, die laut Arzneimittelbuch in mehrstufigen Verfahrensschritten gewonnen werden. Wirksam sind vor allem die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe, die Flavonoide und Terpenoide, die in dieser speziellen Form und Zusammensetzung als Ginkgolide und Bilobalide nur im Ginkgo zu finden sind.
Dass anstelle der Blätter bei uns Extrakte daraus zum Einsatz kommen, hat zwei Gründe:
- Die wertvollen Inhaltsstoffe der Blätter sind nur schwer wasserlöslich und können deshalb vom Organismus nur unzureichend verwertet werden.
- Außerdem kann der Verzehr der Blätter sogar schädlich sein, weil Ginkgo auch Substanzen enthält, die Allergien und andere gesundheitliche Beschwerden hervorrufen können (Ginkgolsäuren).
Arzneimittel aus Ginkgo enthalten deshalb einen Extrakt, dem die erwünschten Inhaltsstoffe zugefügt und aus dem die unerwünschten Substanzen entfernt wurden.
Unterschieden werden muss dabei zwischen Arzneimitteln mit Ginkgo und Nahrungsergänzungsmitteln. Zugelassene Medikamente enthalten ausschließlich hochwertige Extrakte, die gemäß den Vorgaben hergestellt sind und deren Wirksamkeit für den jeweiligen Anwendungsfall wissenschaftlich nachgewiesen ist. Dagegen können Nahrungsergänzungsmittel anders erzeugte Auszüge beinhalten, in denen die Inhaltsstoffe in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten sind und für deren Wirksamkeit es meist keinen Beleg gibt.
Wirkung des Ginkgo-Extrakts
Ginkgo soll verschiedene Wirkmechanismen haben, die jedoch noch nicht vollständig erforscht sind. Folgende Wirkungen werden dem Ginkgo-Extrakt zugeschrieben:
- Er soll den Blutfluss, also die Fließeigenschaften des Blutes, verbessern.
- Die Blutgefäße sollen erweitert und die Durchblutung in den Arterien, Venen und feinen Gefäßen (Mikrozirkulation) verbessert werden – und damit auch der Sauerstoff- und Nährstoffgehalt der "grauen Zellen".
- Das Verkleben von Blutplättchen soll verhindert und damit die Blutgerinnung reduziert werden (blutverdünnender Effekt).
- Ginkgo gilt als sogenannter Radikalfänger, das heißt aggressive Moleküle, die die Zellen angreifen, werden abgefangen.
- Die Nervenzellen sollen geschützt werden, denn Ginkgo soll dem Abbau von Nervenzellen entgegenwirken und die Leistungsfähigkeit der vorhandenen Zellen steigern, indem die Reizweiterleitung in den Nerven verbessert wird.
Wofür wird Ginkgo verwendet?
Aus diesen Wirkmechanismen ergeben sich die verschiedene Verwendungen des Ginkgos. Das sind vor allem Krankheiten, die mit der Störung der Durchblutung und der Leistungsfähigkeit des Gehirns zusammenhängen und die mit zunehmendem Alter häufiger auftreten. So soll Ginkgo unter anderem:
- die geistige Leistungsfähigkeit verbessern, die Konzentration steigern und bei Gedächtnisproblemen helfen
- einer altersbedingten Demenz vorbeugen oder den bereits eingetretenen Prozess verbessern beziehungsweise verlangsamen
- die Blutzufuhr in den Beinen verbessern und etwa bei der Schaufensterkrankheit (pAVK) schmerzfreieres Gehen ermöglichen
- bei Tinnitus oder einem Hörsturz helfen
- der Entstehung von Blutgerinnseln vorbeugen
- bei Schwindel helfen
- Migräne vorbeugen
- kognitive Einschränkungen durch eine Multiple Sklerose positiv beeinflussen
- prämenstruelle Beschwerden (PMS) bei Frauen lindern
- der Höhenkrankheit vorbeugen
- die Seheinschränkungen beim Glaukom (grüner Star) vermindern
- Bluthochdruck senken
Auch wenn nicht alle diese Effekte wissenschaftlich belegt sind, gibt es in Deutschland zugelassene Arzneimittel mit Ginkgo-Extrakt zur Behandlung bestimmter Formen der Demenz oder Hirnleistungsstörungen, Konzentrations- und Gedächtnisschwäche, Durchblutungsstörungen sowie zur unterstützenden Behandlung von Tinnitus oder Schwindel. Eine vorbeugende Wirkung bei Demenz oder ein tatsächlicher Nutzen bei der Schaufensterkrankheit gelten jedoch beispielsweise nicht als erwiesen.
Wirksamkeit in Studien untersucht
In den vergangenen Jahrzehnten wurden zahlreiche Studien zur Wirksamkeit von Ginkgo durchgeführt. Diese konnten die gesunde Wirkung der Pflanze nicht immer bestätigen.
Eine Meta-Analyse mehrerer klinische Studien aus dem Jahr 2009 kam aufgrund mangelnder Belege zu dem Schluss, dass die bis dahin immer wieder nachgewiesenen positiven Effekte auf Demenz und Gedächtnisstörung in Zweifel zu ziehen seien. Dennoch gibt es auch neuere Bewertungen, die ein positiveres Bild zeichnen, wobei unter anderem die richtige Dosierung sowie die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe eine Rolle zu spielen scheinen.
So spricht die 2016 veröffentlichte Leitlinie "Demenzen" dem Spezialextrakt EGb 761® (Tebonin®) eine mögliche Wirkung zu. Bei bestimmten Formen der Demenz könne eine Behandlung mit einer Dosis von 240 Milligramm täglich deshalb erwogen werden, während eine Dosis von 120 Milligramm wohl nicht ausreicht. Ein vorbeugender Effekt in Bezug auf Demenzerkrankungen wird nicht als belegt erachtet.
Viele der anderen propagierten Wirkungen sind wissenschaftlich ebenfalls umstritten – etwa in Bezug auf Schwindel oder Tinnitus. Die Studienlage ist oftmals widersprüchlich und kommt zu keinen eindeutigen Ergebnissen.
Die richtige Anwendung von Ginkgo biloba
Ginkgo-Präparate sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich oder lassen sich im Internet kaufen. Bestimmte Produkte können jedoch auch auf Rezept verordnet werden.
Zur Anwendung kommen Fertigpräparate aus Ginkgo-Extrakt. Darreichungsformen sind unter anderem Tabletten, Kapseln, Dragees, Säfte und Tropfen. Hinsichtlich Wirkstoffkonzentration und -zusammensetzung können die Mittel sich unterscheiden. Auf der sicheren Seite ist man daher mit zugelassenen Arzneimitteln aus der Apotheke. Von der Verwendung von Ginkgo-Tees wird abgeraten, da die wirksamen Substanzen nicht in ausreichender Menge enthalten sind und die bedenklichen Ginkgolsäuren enthalten sein können.
Bezüglich der geeigneten Dosis empfiehlt es sich, ärztliche Rücksprache zu halten.
Wie lange dauert es, bis Ginkgo wirkt?
Ginkgo entfaltet seine Wirkung erst mit der Zeit. Die Behandlung sollte über einen längeren Zeitraum von acht bis zwölf Wochen durchgeführt werden.
Mögliche Nebenwirkungen von Ginkgo
Folgende Nebenwirkungen können in seltenen Fällen auftreten, vor allem bei einem zu hohen Anteil an Ginkgolsäuren:
- Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
- allergische Hautreaktionen wie Jucken und Rötungen
- Kopfschmerzen
- Herz-Rhythmus-Störungen
Zu hohe Dosen an Ginkgolsäuren können nicht nur Allergien und Magenschleimhautentzündungen auslösen, sie gelten auch als möglicherweise zellschädigend und erbgutverändernd. In Arzneimitteln mit Ginkgo ist der Gehalt an diesen Säuren deshalb auf 5 ppm (parts per million, entspricht 1 Mikrogramm pro Gramm) beziehungsweise 0,6 bis 1,2 Mikrogramm Ginkgolsäure täglich beschränkt. Für Nahrungsergänzungsmittel gibt es keine vergleichbare Vorgabe, das Herstellungsverfahren ist nicht standardisiert.
Bereits länger bekannt ist das erhöhte Blutungsrisiko, vor allem wenn Ginkgo zusammen mit Blutverdünnern (wie niedrig dosierter Acetylsalicylsäure) oder NSAR (wie Ibuprofen oder Diclofenac) eingenommen wird. Zu kann es als Nebenwirkung beispielsweise zu Netzhautblutungen in den Augen kommen. Auch vor einer Operation oder für Menschen mit Krampfanfällen (Epilepsie) ist Ginkgo nicht geeignet.
Deshalb sollten Sie Ginkgo-Präparate nie ohne ärztliche Rücksprache einnehmen. In der Schwangerschaft und Stillzeit wird von der Anwendung abgeraten.
Kann ich von Ginkgo einen Schlaganfall bekommen?
Untersuchungen lieferten Hinweise darauf, dass durch die Einnahme von Ginkgo-Präparaten ein erhöhtes Risiko bestehen könnte, einen Schlaganfall oder eine seiner Vorstufen zu erleiden. Die Studienlage hierzu ist jedoch uneindeutig. Andere Studien wiederum bescheinigen Ginkgo sogar einen Nutzen nach einem Schlaganfall.
Ginkgo – ein Baum mit vielen Namen
Ginkgo – oder eigentlich Ginkyo – besitzt fast so viele Namen wie Blattfarben: Silberaprikose, Mädchenhaarbaum, Tempelbaum, Entenfußbaum, Fächerbaum, Fächerblattbaum, Elefantenohrbaum, Vierzig-Taler-Baum und Großvater-Enkel-Baum sind nur einige davon.
Der riesige Ginkgobaum mit den fächerförmigen, gekerbten Blättern stammt aus Asien und gehört zu den ältesten Pflanzenarten überhaupt – seine Vorfahren weilten bereits vor 300 Millionen Jahren auf der Erde. Ginkgo biloba ist der letzte seiner Art – alle seine Verwandten der Pflanzenfamilie "Ginkgoaceae" sind bereits vor Jahrtausenden ausgestorben.
Ginkgos sind normalerweise zweihäusig-getrenntgeschlechtlich – zur Vermehrung müssen sich Blüten eines männlichen und eines weiblichen Exemplars zusammenfinden. Wegen des unangenehmen Geruchs ihrer Frucht im Herbst sind weibliche Bäume jedoch seltener zu finden. Ein Exemplar des widerstandfähigen Ginkgobaums kann bis zu 40 Meter hoch und Hunderte von Jahren alt werden.