Darstellung einer Stent-Implantation im Herzen
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Stent setzen: OP und Lebenserwartung

Von: Yannis Diener (Arzt)
Letzte Aktualisierung: 16.09.2024

Stents sind aus der Medizin nicht mehr wegzudenken und können lebensrettend sein. Wenn sich beispielsweise bei einem Herzinfarkt ein Gefäß verschließt, kann dieses mithilfe eines Stents wieder geöffnet werden. Aber auch in anderen Fachbereichen sind die kleinen Drahtröhrchen von großer Bedeutung. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die medizinischen Hintergründe: Wann benötigt man einen Stent, wie erfolgt die OP und wie beeinflusst der Eingriff die Lebenserwartung?

Was ist ein Stent? 

Um besser zu verstehen, wofür in der Medizin Stents benutzt werden, hilft es, sich den genauen Aufbau anzuschauen. Ein Stent ist ein dünnes Drahtgeflecht in Röhrchenform aus Metall oder Polymer (Kunststoff), das dazu dient, verengte oder blockierte Gefäße oder Kanäle im Körper offenzuhalten. Der Einsatz eines Stents wird als Stent-Implantation bezeichnet. Diese Stents sind entweder selbstexpandierend (das heißt, sie dehnen sich von selbst aus) oder werden von einem Ballon aufgeblasen, der anschließend wieder entfernt wird. Sie helfen, den normalen Blut- oder Flüssigkeitsfluss wiederherzustellen. Stents können in verschiedenen Organen eingesetzt werden. Am häufigsten kommen sie bei Herzerkrankungen zum Einsatz.

Wann benötigt man einen Stent?

Stents werden verwendet, um Blockaden oder Verengungen in Blutgefäßen oder anderen Strukturen zu behandeln. Dies kann unter anderem notwendig sein bei:

  • Koronararterienverengung (Verengung der Herzkranzarterien)
  • Gallenwegsobstruktion (Verengung oder Verschluss im Gallengang)
  • Speiseröhrenverengung
  • Verschluss von Blutgefäßen generell

Stents im Herzen

Die wohl bekanntesten Stents sind die sogenannten Koronarstents, die man in die Herzkranzarterien einsetzt, um den Blutfluss aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Die Herzkranzarterien verlaufen kranzförmig um das Herz und versorgen den Herzmuskel mit Blut.

Bis in die 1980er-Jahre gab es nur die Möglichkeit, am offenen Herzen zu operieren und ein "verstopftes" Gefäß durch ein neues zu ersetzen oder dieses umzuleiten. Diese OP ist als Bypass-Operation bekannt. Sie hat auch in der heutigen Medizin noch ihren Platz, da nicht alle Gefäßverengungen gestentet werden können. Die Nachteile einer so umfassenden Operation sind allerdings die lange Erholungszeit und auch die große OP-Narbe.

Die Grundlagen für die heutige Stent-Implantation wurden in Zürich gelegt. Dort konnte 1977 zum ersten Mal eine sogenannte Ballondilatation an den Herzkranzgefäßen durchgeführt werden. Über den Arm wurde ein Draht eingeführt, an dessen Ende sich ein aufblasbarer Ballon befand. An der Engstelle angekommen, wurde dieser Ballon aufgeblasen und die betroffene Stelle aufgedehnt. Damit diese danach nicht wieder zusammenfällt, wurden die Koronarstents entwickelt. Diese wurden 1986 zum ersten Mal bei einem Menschen eingesetzt.

Herzinfarkt und Stents

Während eines Herzinfarkts können eine oder mehrere Koronararterien blockiert sein, was zur Minderversorgung des Herzmuskels mit Sauerstoff (Ischämie) und zu einer Schädigung des Herzmuskels führt. In solchen Fällen kann ein Stent eingesetzt werden, um die Blockade zu beseitigen und den Blutfluss wiederherzustellen. Dies geschieht in der Regel durch die perkutane Koronarintervention (PCI), auch bekannt als Angioplastie. Diese ist mittlerweile das Standardverfahren in der Kardiologie und wird weltweit millionenfach durchgeführt. Die Kardiologie ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit Erkrankungen des Herzens und des Herz-Kreislauf-Systems befasst.

Stent ohne Herzinfarkt

Auch ohne akuten Herzinfarkt kann ein Stent notwendig sein, am häufigsten bei der koronaren Herzerkrankung oder nachgewiesener Koronararterienstenose. Bei diesen Erkrankungen kommt es durch verengte Herzkranzgefäße zu Durchblutungsstörungen, die einen Infarkt zur Folge haben können. Auch eine Angina pectoris kann durch diese Durchblutungsstörungen ausgelöst werden. Darunter versteht man in der Medizin ein Symptom, bei dem klassischerweise Schmerzen und ein Engegefühl retrosternal (hinter dem Brustbein) auftreten. Dies kann in Ruhe oder bei Belastung auftreten und ist meistens anfallsartig.

Im Rahmen einer Koronarangiografie, bei der man die Herzkranzgefäße darstellen kann, wird dann untersucht, wie hoch der Stenosegrad ist, also wie viel Blut noch durch das verengte Gefäß fließen kann. Hier gibt es Richtlinien, die empfehlen, ab wann man einen Stent auch ohne Herzinfarkt einsetzen sollte. Das wichtigste Kriterium ist der Grad der Stenose, der mehr als 50 Prozent betragen muss.

Stent setzen: Wie läuft die OP ab?

Der Vorteil einer Stent-OP ist, dass dafür keine Vollnarkose notwendig ist. Der*die Patient*in erhält lediglich ein Beruhigungsmittel und eine örtliche Betäubung. Der Eingriff erfolgt mittels Herzkatheter. Der Katheter (ein langer, dünner Draht) wird durch die Armarterie (transradialer Zugang) oder Leistenarterie (transfemoraler Zugang) eingeführt. Der Eingriff dauert in der Regel etwa eine Stunde. Die Inzision (der Hautschnitt) für den Zugang zum Blutgefäß ist minimal und hinterlässt meist nur eine kleine Narbe an der Einstichstelle.

Über diesen Schnitt wird der Katheter in das Blutgefäß eingeführt. Der Draht wird dann bis zur betroffenen Engstelle vorgeschoben. Sehen kann man dies mithilfe von Röntgenbildern, die während des Eingriffs wiederholt unter Gabe von Kontrastmitteln gemacht werden. Ist man an der Engstelle angekommen, beginnt die Ballonangioplastie: Ein kleiner Ballon an der Spitze des Katheters wird aufgeblasen, um die verengte Arterie zu erweitern.

Anschließend wird der Stent über den Ballon in die Arterie eingebracht. Das Gefäß ist durch den Ballon schon aufgedehnt worden. Damit dies von Dauer ist, wird der Stent nun ebenfalls "aufgeblasen" und verankert sich so in der Gefäßwand, um diese offen zu halten.

Abschließend wird noch einmal geprüft, ob das Gefäß offen ist. Dann können der Katheter und der Ballon entfernt werden und die Operation ist beendet. Direkt danach bekommt man für etwa einen Tag einen Druckverband um die Einstichstelle, damit es nicht zu Nachblutungen kommt.

Verhalten nach Stent-OP

Wird der Stent vorsorglich eingesetzt und handelt es sich um einen Routine-Eingriff, können die meisten Patient*innen bereits am nächsten Tag das Krankenhaus verlassen. Musste der Stent aufgrund eines schweren Herzinfarkts implantiert werden, ist ein etwas längerer Aufenthalt im Krankenhaus, zum Teil auf der Intensivstation, nötig, bis der*die Betroffene wieder stabil ist. Nach dem Routine-Eingriff können die meisten aber dennoch innerhalb weniger Tage bis Wochen zu normaler Aktivität zurückkehren, abhängig von ihrer allgemeinen Gesundheit und dem Ausmaß der Operation. Es wird empfohlen, schwere körperliche Anstrengungen für mindestens eine Woche zu vermeiden.

Warum muss man nach einer Stent-OP Blutverdünner nehmen?

Nach einer Stent-Implantation muss man zwischen sechs und zwölf Monate lang blutverdünnende Medikamente einnehmen. Damit möchte man verhindern, dass der neu eingesetzte Stent zuwächst (Restenose). Gerade bei den älteren Metallstents war die Gefahr eines erneuten Stentverschlusses relativ hoch. Moderne Stents, wie sie heutzutage meistens verwendet werden, besitzen eine Schicht aus Medikamenten, die das übermäßige Wachstum von neuen Zellen verhindert. Aus diesem Grund nennt man sie "drug-eluting stents", kurz DES. Mit diesen ist es möglich, das Restenose-Risiko auf unter zehn Prozent zu verringern.

Aktivität und Belastbarkeit mit Stent

Es wird empfohlen, die körperliche Aktivität langsam zu steigern und sich bei Bedarf an ein Rehabilitationsprogramm zu halten, um die Belastbarkeit nach der Operation zu verbessern. Wie schnell man nach einer Stent-OP wieder fit ist, hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem vom Alter und welche weiteren Vorerkrankungen es gibt. In der Regel ist man aber schnell wieder belastbar und kann in den gewohnten Alltag zurückkehren.

Für gewöhnlich darf man nach einer Stent-Implantation moderat Sport betreiben. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass man nicht an die maximale Belastungsgrenze geht, da in diesem Fall eine Minderversorgung des Herzmuskels droht. Langsam und kontinuierlich steigern, am besten in Rücksprache mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin, ist hier das Stichwort.

Komplikationen nach einer Stent-Implantation

Es ist normal, sich nach dem Eingriff für einige Zeit schlapp und müde zu fühlen. Dies kann durch den Eingriff selbst und die Medikation bedingt sein.

Weitere mögliche Probleme sind:

  • Restenose: Wiederverengung der Arterie
  • Stentthrombose: Bildung eines Blutgerinnsels im Stent
  • Verrutschen eines Stents

Symptome eines verrutschten Stents können Brustschmerzen, Kurzatmigkeit oder Herzrhythmusstörungen sein. Ein verrutschter Stent erfordert sofortige ärztliche Maßnahmen. Insgesamt sind die Komplikationen aber glücklicherweise selten.

Lebenserwartung und Prognose mit Stent

Die Lebenserwartung nach einer Stent-Implantation ist in der Regel gut, insbesondere wenn der*die Betroffene eine gesunde Lebensweise pflegt und die ärztlichen Empfehlungen befolgt. Wichtig ist es, die zugrundeliegende Ursache auch anzugehen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland nach wie vor die häufigste Todesursache. In der Regel führt eine Mischung aus Genetik, Alter und Lebensstil zu einer Verengung und Verkalkung der Gefäße (Arteriosklerose).

Während man auf die Genetik und das Alter keinen Einfluss hat, sieht das bei den sogenannten Lebensstilfaktoren anders aus. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Rauchen können das Risiko für eine Arteriosklerose deutlich senken und so zu einer höheren Lebensqualität und einer verlängerten Lebenserwartung beitragen.

Die Sterberate nach einer Stent-Implantation ist niedrig, insbesondere bei Patient*innen, bei denen präventiv ein Stent aufgrund einer bestehenden Stenose gesetzt wurde.

Prognose nach Herzinfarkt mit Stent

Die Prognose nach einem Herzinfarkt mit Stent-Implantation ist im Allgemeinen ebenfalls gut, besonders wenn die ursprüngliche Blockade schnell und effektiv behandelt wird. Eine konsequente Nachsorge und Rehabilitation sind entscheidend, um weitere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und einen erneuten Herzinfarkt zu verhindern. Wichtig ist dabei die Umstellung von Lebensstilfaktoren und die richtige, medikamentöse Therapie, um Risikofaktoren so gering wie möglich zu halten.

Insgesamt ist die Sterberate nach einem Herzinfarkt und anschließender Stent-OP jedoch etwas höher als bei einer rein präventiven Stent-Implantation.

Stents im Gallengang und in der Speiseröhre

Das Herz ist zwar das Haupteinsatzgebiet von Stents, doch auch in anderen Organen und Gefäßen können sie eingesetzt werden.

Gallengangstents werden verwendet, um Verengungen oder Blockaden in den Gallengängen zu beheben, die häufig durch Gallensteine oder Tumoren verursacht werden. Sie verbessern den Gallenfluss und lindern Symptome wie Gelbsucht und Bauchschmerzen. Solche Stents können zum Beispiel im Rahmen einer endoskopischen retrograden Cholangiografie (ERCP) gelegt werden. Die Prognose nach dem Setzen eines Gallengangstents hängt stark von der zugrundeliegenden Ursache der Blockade ab.

Speiseröhrenstents werden verwendet, um Verengungen der Speiseröhre zu behandeln, die oft durch Speiseröhrenkrebs verursacht werden. Sie erleichtern das Schlucken und verbessern die Lebensqualität der Betroffenen. Ähnlich wie bei den Gallengangstents hängt die Lebenserwartung von der Ursache der Verengung und der Reaktion auf die Behandlung ab.

Fazit: Bedeutung von Stents in der Medizin

Ein Stent kann in einer Vielzahl von medizinischen Situationen lebensrettend und lebensverbessernd sein. Die korrekte Umsetzung und Nachsorge sind entscheidend, um das Risiko für Komplikationen herabzusetzen und die bestmöglichen Langzeitergebnisse zu erzielen. Die Implantation von Stents wird allein in Deutschland mehr als 300.000 Mal pro Jahr durchgeführt. Ob im Herzen, Gallengang oder in der Speiseröhre – Stents tragen erheblich zur Verbesserung der Versorgung und der allgemeinen Lebensqualität von Betroffenen bei.

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