Barmer-Report: Schmerzmitteltherapie oft unnötig riskant
Patientinnen und Patienten in Deutschland erhalten häufig eine für sie riskante Schmerzmitteltherapie. In falscher Kombination könnten Schmerzmittel gefährliche Wechselwirkungen haben, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Barmer-Arzneimittelreport. Auch entspreche die Schmerztherapie in vielen Fällen nicht den medizinischen Leitlinien. Das sind Handlungsempfehlungen, die Ärzten und Patienten bei der Entscheidungsfindung helfen sollen.
Die Kasse ließ die medikamentöse Schmerztherapie von ambulant behandelten Barmer-Versicherten ab 18 Jahren ohne Tumorerkrankung untersuchen. Auf Deutschland hochgerechnet erhielten demnach im Jahr 2021 rund 17,1 Millionen gesetzlich Versicherte eine solche Schmerztherapie.
Allerdings bekamen rund 526.000 Versicherte trotz Herzschwäche Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac verschrieben, obwohl die medizinischen Leitlinien davon abraten. Denn auch ein nur kurzer Einsatz dieser Medikamente kann die Leistung des Herzens deutlich verschlechtern. Dadurch kann die Zahl der Krankenhausaufenthalte steigen, ebenso das Sterberisiko.
Auch bei der Therapie mit Opioiden, also sehr starken Schmerzmitteln wie Morphin, kommt es dem Report zufolge zu vermeidbaren Fehlern. 2021 erhielten hochgerechnet rund 2,7 Millionen gesetzlich Versicherte ohne Tumorerkrankung ein Opioid. Drei von zehn Betroffene erhielten parallel dazu kein Abführmittel, obwohl dies die Leitlinien so vorsehen. Dadurch verfünffacht sich das Risiko für einen Darmverschluss. Fünf von 10.000 Patienten mit einer Opioidtherapie müssen jedes Jahr wegen dieser Komplikation ins Krankenhaus.
Beim Einsatz von sehr starken Schmerzmitteln gibt es dem Report zufolge weitere Risiken. So sollten Opioide nicht zusammen mit Beruhigungsmitteln, sogenannten Tranquilizern, angewendet werden, weil die Gefahr schwerer Nebenwirkungen bis hin zu vermehrten Todesfällen drohe. Dennoch habe rund jeder zehnte Barmer-Versicherte mit einer Opioidverordnung zugleich ein Beruhigungsmittel erhalten. Hier würden Patienten vermeidbar gefährdet, erklärte Studienautor Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken.
"Gerade die Kombination vermeintlich harmloser Schmerzmittel kann fatale Folgen haben", warnte Barmer-Chef Christoph Straub. Die meist durch mehrere Ärzte verordnete Therapie sei ohne digitale Unterstützung kaum überschaubar. Straub forderte einen verbindlichen Einsatz digitaler Helfer in der Arzneimittelversorgung, um den Überblick über die Gesamtmedikation und alle Neben- und Wechselwirkungen zu behalten.