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Bundeskabinett billigt teilweise Freigabe von Cannabis

Quelle: Agence-France-Presse
Letzte Aktualisierung: 16.08.2023 - 15:26 Uhr

Das Bundeskabinett hat die teilweise Freigabe von Cannabis zum privaten Gebrauch gebilligt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach nach der Entscheidung am Mittwoch in Berlin von einem "wichtigen Gesetz", mit dem "wir die Drogenpolitik der vergangenen Jahre komplett ändern". Mit Blick auf Kritik an der Neuregelung verwies er auf die zugleich geplante umfassende Präventionskampagne.

Der Gesetzentwurf sieht vor, ab 18 Jahren den Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei zu stellen. Der Bezug soll über sogenannte Cannabis-Clubs ermöglicht werden, für die es eine Reihe von Auflagen gibt. Die laut Lauterbach nach Art von Genossenschaften organisierten Clubs benötigen eine behördliche Genehmigung und dürfen maximal 500 Mitglieder haben. An diese dürfen maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Im Eigenanbau zu Hause sollen zudem bis zu drei Pflanzen erlaubt sein.

Bei Heranwachsenden zwischen 18 und 21 Jahren ist die Abgabemenge in den Clubs auf 30 Gramm pro Monat begrenzt. Der Gehalt des Rauschmittels THC darf bei ihnen nicht über zehn Prozent liegen. "Diese Einschränkung ist notwendig, denn Cannabis schadet besonders dem noch wachsenden Gehirn", betonte Lauterbach.

Für die Cannabis-Clubs gilt zudem ein Werbe- und Sponsoringverbot. Cannabis darf in den sogenannten Anbauvereinigungen selbst nicht konsumiert werden; erlaubt ist dies nur in einem Abstand von 200 Metern. Dieses Abstandsgebot gilt auch für Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie in öffentlich zugängliche Sportstätten.

Lauterbach begründete die Neuregelung mit dem trotz Illegalität wachsenden Konsum, Problemen der Beschaffungs- und Folgekriminalität sowie damit, dass illegalen Drogen häufig toxische Substanzen beigemischt würden oder die Konzentration der Rauschmittel zu hoch sei. Ziel des Gesetzes sei nicht mehr Cannabis-Konsum, sondern "wir wollen den Konsum begrenzen und sicherer machen". Zugleich sollten Schwarzmarkt und Drogenkriminalität zurückgedrängt werden.

Zu der geplanten Aufklärungskampagne sagte Lauterbach, diese solle das Augenmerk auf die Gefahr von Gesundheitsschäden besonders für junge Menschen lenken. Der Minister äußerte die Erwartung, dass die Teil-Legalisierung die Sensibilität für das Thema und damit auch die Aufmerksamkeit für drohende Gefahren durch Cannabis-Konsum erhöhen werde. "Cannabiskonsum wird legalisiert. Gefährlich bleibt er trotzdem", betonte der Minister.

Kritik an dem neuen Gesetz kam von unterschiedlichen Seiten. Gegen "kleinteilige Regularien" wandte sich die drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Kristine Lütke. Sie sprach von einem "Bürokratiemonster". "Eine Besitzobergrenze lehnen wir als FDP-Fraktion entschieden ab", erklärte Lütke weiter.

Grundsätzlich gegen eine Legalisierung von Cannabis wandte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Er sprach gegenüber der Nachrichtenagentur AFP von einem "Anschlag auf den Jugend und Gesundheitsschutz".  Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, äußerte die Befürchtung, die Neuregelung werde zu zusätzlichen Belastungen für Polizei und Justiz führen und nicht zu den von der Regierung geplanten Entlastungen.

Lob kam aus den Reihen der Grünen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sprach von einer "überfälligen Entkriminalisierung der zahlreichen Menschen, die Cannabis lediglich zum Eigenbedarf nutzen". Mit den Cannabis-Clubs würden "sichere, kontrollierte und legale Zugangsmöglichkeiten zu Cannabis für Volljährige" geschaffen. "So entziehen wir dem Dealer an der Straßenecke die Geschäftsgrundlage." Von einer "vernunftgeleiteten Drogenpolitik", die "den Jugend- und Gesundheitsschutz ins Zentrum stellt", sprach die Grünen-Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther.

Die Ampel-Koalition plant zur Cannabis-Legalisierung noch ein weiteres Gesetz, das unter bestimmten Bedingungen auch den Verkauf in Geschäften zulassen soll. Lauterbach kündigte dafür einen Entwurf noch vor Jahresende an.