Forscher finden in Tieren von chinesischen Pelzfarmen dutzende Virusarten
Pelztierfarmen bergen nach Ansicht von Forschenden erhebliches Potenzial, zur Brutstätte für Krankheitserreger zu werden, die womöglich auch auf den Menschen überspringen. Laut einer am Mittwoch im Fachjournal "Nature" veröffentlichten Studie wurden bei einer Untersuchung von Tieren aus Pelzfarmen in China 125 Virusarten entdeckt. Darunter befanden sich demnach 36 neue Arten und 39 Virusstämme, bei denen ein potenziell "hohes Risiko" einer artübergreifenden Übertragung besteht.
Für die Untersuchung wertete das von chinesischen Wissenschaftlern geleitete Forscherteam Genmaterial aus Lungen- und Darmproben von 461 Tieren wie Nerzen, Kaninchen, Füchsen und Marderhunden aus, die zwischen 2021 und 2024 in China an Krankheiten starben. Die meisten der Tiere stammten von Pelzfarmen, einige wurden allerdings auch zur Fleischgewinnung oder für die traditionelle Medizin gehalten, während es sich bei etwa 50 um Wildtiere handelte.
Von einigen der entdeckten Viren - wie Hepatitis E und der Japanischen Enzephalitis - war eine mögliche Ausbreitung auf den Menschen bereits bekannt. Von den 39 bei der Untersuchung entdeckten Virusarten mit potenziell "hohem Risiko" einer artübergreifenden Übertragung seien allerdings 13 neu, heißt es in der Studie.
Bei Meerschweinchen, Nerzen und Bisamratten wurden zudem mehrere Arten der Vogelgrippe nachgewiesen. Außerdem wurden sieben Arten von Coronaviren entdeckt. Allerdings war keines dieser Viren eng mit SARS-CoV-2 verwandt, das Ende 2019 erstmals in China in Erscheinung getreten war und die weltweite Corona-Pandemie ausgelöst hatte.
Virologe Edward Holmes von der Universität Sydney, der in der Vergangenheit unter anderem zu Covid-19 forschte, sieht die Ergebnisse der Studie dennoch mit Sorge: Die globale Pelztierindustrie sei "eine der wahrscheinlichsten Möglichkeiten für den Ausbruch einer neuen Pandemie", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Persönlich sei er deshalb der Auffassung, dass diese Industrie geschlossen werden solle.
Die größte Sorge bereitet Holmes ist das Zwergfledermaus-Coronavirus HKU5, das bei der Untersuchung in zwei gezüchteten Nerzen entdeckt wurde und mit dem Coronavirus des Middle East Respiratory Syndrome (Mers) verwandt ist, welches für Menschen tödlich sein kann. "Dass wir jetzt sehen, dass es von Fledermäusen auf gezüchtete Nerze übergesprungen ist, muss die Alarmglocken schrillen lassen", sagte Holmes. "Dieses Virus muss überwacht werden", forderte er.
Es wird angenommen, dass tausende noch unbekannte Virusarten unter wildlebenden Säugetieren zirkulieren. Wissenschaftler befürchten, dass Pelzfarmen dazu führen könnten, dass sich Nutztiere mit solchen Viren infizieren, wodurch wiederum Menschen damit in Kontakt geraten.