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Hausärzte warnen vor "Versorgungsnotstand" durch Infektwellen im Winter

Quelle: Agence-France-Presse
Letzte Aktualisierung: 20.09.2023 - 10:38 Uhr

Der Verband der deutschen Hausärztinnen und Hausärzte hat vor einem "Versorgungsnotstand" durch Überlastung von Arztpraxen in den kommenden Monaten gewarnt. "Mit Herbstbeginn füllen sich unsere Wartezimmer wieder mit Impfwilligen und Infektfällen", erklärte Präsident Markus Beier am Mittwoch in Berlin. Seine Stellvertreterin Nicola Buhlinger-Göpfarth ergänzte: "Der letzte Winter war bereits ein Vorgeschmack - die Versorgung ist am Kippen." Lediglich die Bereitschaft der Ärzte zu immer neuen Sonderschichten fange dies noch auf.

Schon heutzutage seien "immer mehr Praxen gezwungen, neue Patientinnen und Patienten, die kein Notfall sind, abzuweisen", fügte Beier hinzu. Der Verbandschef kritisierte die Politik in diesem Zusammenhang. Bundesweit seien bald 5000 Hausarztstellen unbesetzt, zudem sei mehr als ein Drittel aller Hausärztinnen und Hausärzte inzwischen über 60 Jahre alt. Die Politik müsste eigentlich "längst panisch eine Maßnahme nach der anderen anstoßen".

Stattdessen warteten die Praxen noch immer auf die Umsetzung von Reformen, die bereits vor Jahren beschlossen worden seien, kritisierte Beier. Die Politik müsse endlich aktiv werden und handeln. "Der Notfall ist längst da."

In den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sprach der Verbandschef von einer Unwucht in der Gesundheitspolitik. Die Politik scheine nur noch an die Krankenhäuser zu denken und die Hausärzte zu vergessen. "Viele Kollegen sind inzwischen extrem frustriert", sagte er. Hausärzte verbrächten zu viel Zeit mit Bürokratie und müssten Apotheken abtelefonieren, weil Medikamente fehlten. So könnten sie nicht einmal die Coronaimpfungen vernünftig planen.

Wenn in den kommenden Monaten viele Menschen durch Infektwellen gleichzeitig krank würden, müssten Hausärztinnen und -ärzte Abstriche bei der Versorgung machen, warnte Beier in den Funke-Zeitungen weiter. "Patienten werden telefonisch oft nicht durchkommen, sie werden länger auf Termine warten, es wird Warteschlangen vor den Praxen geben."

Das liege auch daran, dass sich die Lage für die Praxen seit dem vergangenen Winter nicht verbessert habe. Weiter sagte Beier: "Wir haben im vergangenen Winter gesehen, was passiert, wenn wir durch zeitgleiche Infektwellen sehr viele Menschen auf einmal betreuen müssen - die Hausarztpraxen sind dann schnell am Limit."

Am Donnerstag beginnt in Berlin der 44. Hausärztinnen- und Hausärztetag, auf dem der Verband unter anderem turnusmäßig seinen Bundesvorstand wählt. Bei der bis Freitag dauernden Veranstaltung wollen die Delegierten außerdem Forderungen an die Politik zur Stärkung und Entlastung der Hausarztpraxen beschließen und über die aktuelle Situation im Gesundheitssystem beraten.