Krankenhäuser fordern bei bundesweitem Protesttag mehr Geld vom Staat
Mit einem bundesweiten Protesttag haben die Krankenhäuser am Mittwoch auf ihre schwierige finanzielle Situation aufmerksam gemacht. In der Krankenhausfinanzierung klaffe eine "riesige Lücke", die zu "Schließungen von Krankenhäusern und damit Lücken in der Patientenversorgung" führen werde, sagte der Vorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, am Rande der Kundgebung in Berlin der Nachrichtenagentur AFP.
Der Protest sei nötig, "weil die Politik die Krankenhäuser in Deutschland im Regen stehen lässt", sagte Gaß. Begleitet wird der Protesttag vor eindringlichen Warnungen vor einem Klinik-Sterben. Kundgebungen gab es in Berlin und sechs weiteren deutschen Städten.
Die Krankenhäuser fordern einen staatlichen Inflationsausgleich, um mit den steigenden Kosten Schritt halten zu können. Die Krankenhäuser machten derzeit jeden Monat 500 Millionen Euro Verlust, sagte Gaß zu AFP. "Das geht nicht mehr lange gut. 50 Krankenhäuser sind bereits in dem Insolvenzverfahren, und etlichen von ihnen droht die Schließung."
Gaß wies darauf hin, dass die Krankenhäuser die Inflation nicht einfach selbst ausgleichen könnten, indem sie höhere Preise berechneten. Krankenhäuser hätten "staatlich festgelegte Preise, und deswegen klafft diese große Lücke - und deshalb muss Politik handeln."
Laut dem aktuellen Krankenhaus Rating Report könnten 2024 knapp 80 Prozent der Kliniken rote Zahlen schreiben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die Finanzierung der Krankenhäuser durch eine tief greifende Reform auf eine tragfähigere Basis stellen - die Kliniken argumentieren jedoch, dass dies für viele Häuser zu spät kommen könnte.
Sie fordern deshalb Soforthilfen und eine Brückenfinanzierung, bis die Krankenhausreform wirksam wird. Lauterbach sieht dafür aber keine finanziellen Spielräume - und weist den Bundesländern eine Mitschuld an der Misere zu, weil diese zu lange ihrer Pflicht zu Investitionen in Krankenhäusern nicht nachgekommen seien.
Der Deutsche Städtetag schloss sich den Forderungen der Krankenhäuser an. Nötig seien nun "Sofortmaßnamen und schnelles Geld", sagte Städtetagspräsident Markus Lewe (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Neben dem Inflationsausgleich sei auch eine "vollständige Finanzierung der vereinbarten Tarifsteigerungen im Jahr 2024 von rund zehn Prozent" nötig.
Auch die Ärztegewerkschaft Marburger Bund unterstützte den Protest der Krankenhäuser. "Wenn Krankenhäuser angesichts dieser Lage ums finanzielle Überleben kämpfen, kann man nicht einfach die Hände in den Schoß legen und tatenlos zusehen, wie bedarfsnotwendige Strukturen verloren gehen", erklärte die Vorsitzende Susanne Johna.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi warnte: "Es droht ein Kliniksterben, noch bevor die geplante Reform überhaupt greift." Krankenhäuser in wirtschaftlicher Schieflage bräuchten "sofort zweckgebundene Hilfen zur Finanzierung steigender Preise und Personalkosten", erklärte Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler.
Unterschiedliche Signale kamen aus der Ampel-Koalition. Der Krankenhaus-Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, Armin Grau, wollte weitere Bundeshilfen nicht ausschließen. "Gegebenenfalls muss über weitere Unterstützungen nachgedacht werden", erklärte er. Er habe "großes Verständnis für den Unmut vieler Krankenhäuser". Zugleich wies Grau aber auch auf die begrenzten Mittel im Bundeshaushalt hin.
Von der FDP kam ein klares Nein. "Der Ruf nach immer mehr Mitteln ist vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage und des GKV-Defizits wirklichkeitsfern", erklärte die Gesundheitsexperten der FDP-Fraktion, Christine Aschenberg-Dugnus. Auch Überbrückungshilfen bis zum Wirksamwerden der Krankenhausreform lehnte sie ab.
Die "Rheinische Post" zitierte am Mittwoch aus einer noch unveröffentlichte Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts. Demnach bewerteten 68 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als schlecht oder sehr schlecht. Nur noch vier Prozent beschreiben sie als gut. Fast die Hälfte der Häuser (48 Prozent) sieht demnach ihre Liquidität bis zum Jahresende 2024 gefährdet.