Krankenkasse DAK: Weiterer Beitragssprung auf 20 Prozent droht bis 2035
Bei der gesetzlichen Krankenversicherung ist laut neuen Berechnungen nicht mit einem Ende der Beitragssteigerungen zu rechnen. Die Krankenkasse DAK geht in den kommenden zehn Jahren von einem Anstieg von derzeit 17,5 Prozent auf 20 Prozent aus - das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Projektion des Berliner Iges-Instituts für die DAK hervor. Von der nächsten Bundesregierung fordert die Krankenkasse daher "ein Sofortprogramm für stabile Kassenbeiträge".
Zum Jahreswechsel waren die Beiträge zur gesetzlichen Krankenkasse bereits von zuvor 16,3 Prozent auf durchschnittlich 17,5 Prozent gestiegen. Grund dafür sind stark gestiegene Kosten der Kassen: 2023 lagen diese bei insgesamt 306 Milliarden Euro - rund 100 Milliarden Euro mehr als 2015. DAK-Vorstandschef Andreas Storm sprach am Dienstag vom "höchsten Beitragssatzanstieg" in der Geschichte der Bundesrepublik.
Die so genannten Lohnnebenkosten - also die Summe aller Sozialversicherungen - stiegen damit 2025 auf insgesamt 42,3 Prozent. Diesen Beitrag teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber hälftig.
Die am Dienstag vorgestellte Berechnung geht nun von drei möglichen Szenarien bei der Beitragsentwicklung der Krankenversicherung aus. In allen drei Berechnungen wird im kommenden Jahr von einem weiteren Anstieg auf 18 Prozent ausgegangen. Dann sollen die gesetzlichen Krankenversicherungen erstmals in den sogenannten Transformationsfonds für Krankenhäuser auszahlen. Dieser ist Teil der Ende vergangenen Jahres beschlossenen Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
In der günstigsten Entwicklung werden danach weitgehend gleichbleibende Beiträge bis 2035 erwartet. Das ungünstigste Szenario hingegen prognostiziert fortan stetige und erhebliche Beitragssteigerungen bis 2035 auf dann 22,6 Prozent. Die mittlere Entwicklung, das sogenannte Basisszenario, geht ebenfalls von einem linearen, allerdings etwas geringeren Wachstum aus. Zwischen 2026 und 2035 steigen die Beiträge demnach von 18 auf 20 Prozent.
Die Studienautoren rechnen in der Renten-, der Pflege- und der Arbeitslosenversicherung ebenfalls mit Beitragssatzsteigerungen bis 2035. Prognostiziert wird damit in der Summe aller Sozialversicherungen eine mittlere Beitragssatzsteigerung auf 49,7 Prozent. Auch hier gehen die möglichen Szenarien aber zwischen 46,5 und 53,9 Prozent auseinander.
Angesichts des drohenden weiteren Beitragsanstiegs forderte DAK-Chef Storm von der nächsten Bundesregierung, die Beitragsspirale zu stoppen. "Wenn die Politik nicht gegensteuert, stehen wir auch im nächsten Jahr vor einem massiven Beitragsanstieg", sagte Storm. Er sprach von einem "gravierenden Finanzierungsproblem im Sozialsystem". Um diesem zu begegnen, müsse das Thema bei den Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl am 23. Februar priorisiert werden.
Dafür müssten kurzfristig die geplante Finanzierung der Krankenhausreform geändert und der Bundeszuschuss an die Krankenkassen deutlich angehoben werden, forderte Storm. Außerdem müssten sich Ausgaben künftig an den Einnahmen orientieren. Nötig seien zudem die geplante Reform der Notfallversorgung und "eine konsequente Steuerung der Patientenversorgung" wie kürzlich auch von der Bundesärztekammer gefordert.
Ohne Gegensteuern würden sich die Beitragssätze aller Sozialversicherungen auf die 50-Prozent-Marke zubewegen, warnte Storm. Doch auch mit "entschiedenem politischen Handeln" sei eine Rückkehr zum Niveau von rund 40 Prozent "wohl illusorisch".
Der Sozialverband VdK kommt in einer neuen Analyse zu dem Ergebnis, dass Sozialversicherungsbeiträge in den vergangenen Jahren vor allem zur Finanzierung politischer Vorhaben erhöht wurden, die eigentlich aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden müssten. "Zu sehen ist das unter anderem bei der Deutschen Rentenversicherung: Diese zahlt zum Beispiel momentan die Kosten, die für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, Mutterschutz und Ausbildungszeiten anfallen", teilte der VdK mit.
"Dass diese Rentenleistungen sinnvoll sind, bezweifelt der VdK nicht. Wir finden jedoch, die Kosten dafür sollten nicht allein von den Beitragszahlenden der Rentenversicherung, sondern von der gesamten Gesellschaft übernommen werden", erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Politische Vorhaben müssten generell von der gesamten Gesellschaft finanziert werden - "also aus den Steuereinnahmen".