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WHO stuft Süßstoff Aspartam als "möglicherweise krebserregend" ein

Quelle: Agence-France-Presse
Letzte Aktualisierung: 14.07.2023 - 09:20 Uhr

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Süßstoff Aspartam als "möglicherweise krebserregend für den Menschen" eingestuft. Aber: "Wir raten Unternehmen nicht dazu, ihre Produkte zurückzurufen, und wir raten Verbrauchern auch nicht, den Konsum komplett einzustellen", sagte Francesco Branca, Direktor für Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit bei der WHO. "Wir raten nur zu etwas Mäßigung". Die erlaubte Tagesdosis bleibe gleich.

Aspartam ist ein synthetisch hergestellter Süßstoff, der sich in zahlreichen Lebensmitteln findet, darunter vor allem Light-Getränke, Backwaren, Milchprodukte, Frühstücksflocken, zuckerfreie Kaugummi, Instantkaffee, Pudding und Fertiggerichte. Es ist auch in zahlreichen Medikamenten enthalten. Die WHO stellte am Freitag in Genf die Ergebnisse von zwei Arbeitsgruppen vor, die den Forschungsstand zu Aspartam auswerteten. 

Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), ein Gremium der WHO, bewertete Anfang Juni im französischen Lyon zum allerersten Mal die Kanzerogenität von Aspartam. Die Arbeitsgruppe habe Aspartam als "möglicherweise krebserregend für den Menschen" eingestuft, erklärte die WHO. Aufgrund der begrenzten Beweise für das hepatozelluläre Karzinom, eine Form von Leberkrebs, sei es in die Kategorie Gruppe 2B eingeordnet worden. Auch bei Versuchstieren habe es nur begrenzte Beweise für Krebs gegeben.

In der Gruppe 2B seien etwa auch Aloe-Vera-Extrakte und die in Kaffee und Tee enthaltene Kaffeesäure enthalten, sagte Paul Pharoah, Professor für Krebsepidemiologie, am Cedars-Sinai-Krankenhaus in Los Angeles. Die breite Öffentlichkeit müsse sich bei einer Chemikalie, die der Gruppe 2B zugeordnet werde, keine Sorgen über das Krebsrisiko machen.

Eine zweite Arbeitsgruppe, der von der WHO und der UN-Lebensmittelbehörde FAO gebildete Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA), beriet Ende Juni bis Anfang Juli über die Risiken im Zusammenhang mit Aspartam. Sie kam zu dem Schluss, dass aufgrund der vorliegenden Daten kein Anlass zur Änderung der zulässigen Tagesdosis besteht. Sie liegt seit 1981 bei maximal 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht. 

Da eine Dose Softdrink zwischen 200 oder 300 Milligramm Aspartam-Süßstoff enthält, müsste ein 70 Kilogramm schwerer Mensch mehr als neun und bis zu 14 Dosen trinken, um über die zulässige Tagesdosis zu kommen, vorausgesetzt, es werden keine weiteren Lebensmittel mit Aspartam konsumiert. 

"Das Problem liegt bei Verbrauchern mit hohem Konsum", sagte Branca. Wer nur hin und wieder eine Diätlimo trinke, müsse sich keine Sorgen machen. Branca plädierte dafür, insgesamt den Konsum von Zucker und Süßstoffen zu reduzieren. Wer sich die Frage stelle, einen Softdrink lieber mit Zucker oder lieber mit Süßstoff zu trinken, sollte eine dritte Option bedenken: nämlich Wasser zu trinken.

"Wer glaubt, dass Cola Light ein gesunder Durstlöscher ist, ist auf dem Holzweg", erklärte auch Manuel Wiemann von Foodwatch. Zur Gewichtskontrolle auf zuckerfreie Süßstoffe zu setzen, davon rate die WHO grundsätzlich ab.  

Wiemann forderte von den Herstellern, den Zuckergehalt in Lebensmitteln zu reduzieren. Zucker durch Süßstoffe zu ersetzen, sei keine Lösung. 

Schätzungen zufolge wird Aspartam von 200 Millionen Menschen weltweit regelmäßig konsumiert. Der Zusatzstoff hat in der EU den Code E 951.