Arzt zeigt Patientin Röntgenbild eines Bandscheibenvorfalls
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Bandscheibenvorfall an HWS und LWS

Von: Kristina Klement, Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 13.09.2023

Viele Menschen trifft ein Bandscheibenvorfall ganz plötzlich als stechender Schmerz, andere leben jahrelang damit, ohne ihn zu bemerken: Die Erkrankung der Wirbelsäule kann sich durch die unterschiedlichsten Anzeichen bemerkbar machen. Ebenso vielfältig sind auch die Arten der Behandlung bei einem Bandscheibenvorfall. Während in den meisten Fällen eine Physiotherapie sowie Schmerzmittel ausreichen, ist gelegentlich sogar eine Operation vonnöten. Dabei kann man diesem Leiden mit einer gesunden Lebensweise sowie gezieltem Rückentraining gut vorbeugen. Welche Symptome für einen Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule (HWS) oder Lendenwirbelsäule (LWS) typisch sind, welche Therapiemöglichkeiten es gibt und was man selbst tun kann, lesen Sie im Folgenden.

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

Ohne die 23 Bandscheiben wäre unsere Wirbelsäule steif. Beweglich ist die Wirbelsäule nämlich nur dank der kleinen elastischen Scheiben, welche als Puffer zwischen den einzelnen Wirbeln liegen. Sie bestehen aus einem Gallertkern, welcher von einem festen Faserring umschlossen sowie zusammengehalten wird. Diese Stoßdämpfer saugen nachts bei langem Liegen wie Schwämme Flüssigkeit und Nährstoffe aus der Gewebeflüssigkeit auf, um sie tagsüber bei Belastung wieder abzugeben.

Mit zunehmendem Alter verlieren die Bandscheiben jedoch teilweise die Fähigkeit, Flüssigkeit zu speichern und nutzen sich so schneller ab. Dadurch wird nicht nur der weiche Kern weniger elastisch, sondern auch der schützende Ring wird porös und bildet Risse. So kann Flüssigkeit aus dem Kern austreten und sich im umliegenden Gewebe verbreiten. Die Bandscheibe "fällt vor", ein Bandscheibenvorfall (medizinisch Bandscheibenprolaps) ist die Folge.

Je nachdem, wohin der Kern rutscht, entstehen bei der betroffenen Person nun Beschwerden. Drückt er gegen einen Nerv oder das Rückenmark, kann es zu stechenden, lähmenden Schmerzen kommen. Andernfalls kann es auch sein, dass ein Bandscheibenvorfall keinerlei Beschwerden verursacht und man ihn über Jahre hinweg nicht bemerkt.

Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall

Dass die Bandscheiben im Laufe des Lebens an Beweglichkeit und Geschmeidigkeit verlieren, ist einer der möglichen Risikofaktoren für einen Bandscheibenvorfall. Daneben gibt es aber weitere Faktoren, die das Risiko der Entstehung erhöhen können. Dazu gehören:

  • Über- und Fehlbelastungen der Wirbelsäule und/oder eine fehlerhafte Haltung
  • Übergewicht
  • Sportarten, bei denen die Wirbelsäule starke Erschütterungen aushalten muss (beispielsweise Mountainbikefahren) oder durch ruckartige Bewegungen stark verdreht wird (zum Beispiel Tennis)
  • Bindegewebsschwäche (beispielsweise in der Schwangerschaft)
  • eine schwache Rücken-, Gesäß- und Bauchmuskulatur, die die Wirbelsäule nicht ausreichend entlastet

Symptome: Wie fühlt sich ein Bandscheibenvorfall an?

Für die Ausprägung der Symptome spielt der Bereich, in dem ein Bandscheibenvorfall auftritt, eine Rolle. Am häufigsten kommt er an der Lendenwirbelsäule vor, relativ selten ist die Halswirbelsäule betroffen. Demnach sind merkliche Anzeichen beim Bandscheibenvorfall an HWS oder LWS auch unterschiedlich.

Diese Symptome können bei einem Bandscheibenvorfall an der HWS auftreten:

  • starke Nackenschmerzen, die sich je nach Haltung des Kopfes verstärken oder abmildern können
  • Schmerzen in einem Arm, seltener in beiden
  • Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen im betroffenen Arm sind möglich
  • Schmerzen hinter dem Schulterblatt

Diese Beschwerden können plötzlich auftreten oder sich über einen längeren Zeitraum verschlimmern. Nacken- und Schulterblattschmerzen sind dann meist die ersten Symptome.

Bei einem Bandscheibenvorfall an der LWS sind folgende Symptome möglich:

  • starke, ziehende Schmerzen im unteren Rücken
  • Ausstrahlen des Schmerzes in ein Bein, teilweise bis in den Fuß
  • Empfindungsstörungen an der Unterseite des Beines und/oder der Außenkante des Fußes
  • Kribbeln im Bein oder Fuß
  • Muskelschwäche im Fuß
  • bei starken Beschwerden Beeinträchtigung der Schließmuskulatur von Blase und Darm

Die starken Rückenschmerzen veranlassen häufig zu einer gekrümmten Schonhaltung. Diese Beschwerden lassen Betroffene häufig an einen Hexenschuss (Lumbago) denken. Ein Hexenschuss kann durch einen Bandscheibenvorfall ausgelöst werden. Häufiger hat er jedoch andere Ursachen (beispielsweise Wirbelblockaden).

Bandscheibenvorfall an der BWS: Symptome

Die Brustwirbelsäule (BWS) wird zusätzlich durch die Rippen gestützt, weshalb ein Bandscheibenvorfall in diesem Bereich eher selten ist. Die Symptome sind unspezifisch.

Häufig zeigen sich Schmerzen im Rücken, im Bauch oder in der Brust. Auch Gefühlsstörungen im Bereich des Brustkorbs sind möglich. Bei schweren Bandscheibenvorfällen an der Brustwirbelsäule kann es ebenfalls zu einer gestörten Entleerung von Blase und Darm oder zu Empfindungsstörungen an den Beinen kommen.

Bandscheibenvorfall: Diagnose und Tests

Die richtige Anlaufstelle bei einem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall ist eine neurologische oder orthopädische Praxis. In der Regel lässt sich mithilfe eines Gesprächs über die Beschwerden und einer körperlichen Untersuchung feststellen, ob ein Bandscheibenvorfall vorliegt. Die Art der Symptome und wo es zu Schmerzen kommt, lässt häufig schon Rückschlüsse darauf zu, ob ein Bandscheibenvorfall an der Hals- oder Lendenwirbelsäule vorliegt.

Für die Sicherung der Diagnose dienen körperliche Tests: Bei einem LWS-Bandscheibenvorfall wird die Sensibilität an Beinen und Füßen überprüft, indem man rechts und links gleichzeitig an der Außenseite des jeweiligen Beins entlang bis zu den Füßen streicht. So wird festgestellt, ob die Wahrnehmung dieser Berührung auf einer Seite vermindert ist. Auch die Funktion der Fuß- und Zehenmuskulatur wird kontrolliert. So wird geschaut, ob beim Zug an den Zehen diese auf beiden Seiten gleichermaßen einen Gegendruck bilden können. Auch wird überprüft, ob die betreffende Person problemlos auf den Fersen oder Zehenspitzen stehen kann.

Bei Verdacht auf einen HWS-Bandscheibenvorfall können ebenfalls verschiedene Tests durchgeführt werden. Hierbei wird geprüft, ob einer der beiden Arme im Vergleich zum anderen Sensibilitätsstörungen aufweist, also ob beispielsweise Berührungen weniger stark wahrgenommen werden. Auch die Beweglichkeit und die Funktion der Muskeln von Schultergelenk, Ellenbogen und Handgelenk werden getestet. Liegen Einschränkungen vor, kann ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule dahinterstecken.

Röntgen, MRT und CT bei Bandscheibenvorfall eher selten

Bildgebende Verfahren, wie die Erstellung eines Röntgenbilds, eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder eine Computertomografie (CT) werden bei Verdacht auf Bandscheibenvorfall eher selten eingesetzt.

Die Bandscheiben selbst sind zwar auf einem Röntgenbild nicht sichtbar. Ist der Abstand zwischen einzelnen Wirbelkörpern aber verkleinert (da die Bandscheibe an dieser Stelle vorgerutscht ist), kann dies ein Hinweis auf einen Bandscheibenvorfall darstellen.

Ein MRT oder CT wird in der Regel nur unter bestimmten Umständen durchgeführt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn es zu Störungen des Darms oder der Blase kommt, wenn sich immer weiter verschlimmernde Lähmungserscheinungen einstellen oder wenn eine andere Erkrankung als Ursache für die Beschwerden ausgeschlossen werden muss. Auch bei Verdacht auf eine Spinalkanalstenose können bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen. Dabei handelt es sich um eine Verengung des Wirbelkanals infolge des verrutschten Bandscheibenkerns, die zu einem Druck auf die Nerven führt.

Bandscheibenvorfall: Behandlung und Therapie

Die Behandlung ist abhängig von der Schwere des Bandscheibenvorfalls. In den meisten Fällen reicht eine Behandlung mit Wärmezufuhr, einer gezielten Physiotherapie aus und schmerzstillenden und/oder entzündungshemmenden Medikamenten aus. Normalerweise handelt es sich dabei um nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac. Alternativ kann auch Paracetamol eingesetzt werden.

In seltenen Fällen kann auch der Einsatz von Opioiden, Mitteln mit Kortison oder von Antikonvulsiva (Mittel gegen Epilepsie, die teilweise auch zur Therapie von Nervenschmerzen zugelassen sind) sowie von schmerzstillenden Antidepressiva nötig sein. Dies ist in der Regel der Fall, wenn NSAR oder Paracetamol keine ausreichende Wirkung zeigen.

Sind die Beschwerden sehr stark oder helfen die genannten Medikamente nicht, kann auch ein Schmerzmittel an die Stelle gespritzt werden, wo die betroffene Nervenwurzel aus dem Wirbelkanal austritt. Dabei handelt es sich um die sogenannte Spinalnervenanalgesie.

Auch eine Injektion in den sogenannten Periduralraum ist möglich (lumbale Periduralanalgesie). Dieser umschließt im Wirbelkanal die Rückenmarksflüssigkeit und das Rückenmark. Diese Behandlung muss mithilfe einer Röntgenaufnahme oder eines CTs durchgeführt werden, damit die Injektion wirklich punktgenau durchgeführt und der Nerv nicht verletzt wird.

Bandscheibenvorfall: Operation selten nötig

Nur selten ist eine Operation (Bandscheiben-OP) nötig. Dies ist in der Regel der Fall, wenn Störungen der Darm- und Blasenfunktion auftreten und/oder es zu schweren motorischen Ausfallerscheinungen, wie Lähmungen der Arme, Problemen beim Greifen von Gegenständen oder starken Gangstörungen kommt. Auch wenn sich die Schmerzen durch die konservative Behandlung über Monate nicht bessern, kann eine OP in Betracht gezogen werden.

Dabei stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Meist wird dabei ein Teil des betroffenen Bandscheibengewebes oder die komplette Bandscheibe entfernt. Nicht immer tritt nach dem Eingriff aber auch eine Schmerzminderung ein. Das Narbengewebe kann wuchern und selbst auf den Nerv drücken, was die Symptome wiederkehren lässt. Je nach Studie liegt die Erfolgsquote der Bandscheiben-OP – im Sinne der Zufriedenheit von Patient*innen mit dem Ergebnis – bei 80 bis 90 Prozent.

Bandscheibenvorfall – was kann man selbst tun?

Bei akuten Schmerzen kann es kurzzeitig helfen, sich in Rückenlage zu begeben und die Beine im 90-Grad-Winkel auf einen Stuhl oder eine andere Unterlage abzulegen.

Um Beschwerden nach einem Bandscheibenvorfall aber langfristig loszuwerden und die Heilung im Idealfall zu beschleunigen, müssen Betroffene zum einen ärztlichen Rat suchen und zum anderen selbst aktiv werden. Besonders gut ist es, sich viel zu bewegen. Denn alles, was die Rücken- und Bauchmuskulatur aufbaut, hilft auch den Bandscheiben. Keine Operation und kein Schmerzmittel kann ein stabiles Muskelkorsett ersetzen, das den Bandscheiben die nötige Stabilität verleiht. Neben gezielten Übungen zur Stärkung der Bauch- und Rückenmuskulatur können rückenfreundliche Sportarten helfen. Dazu gehören Walken, Radfahren oder Rückenschwimmen. Wer berufsbedingt viel sitzt, sollte zwischendurch immer wieder kurze Bewegungspausen einlegen und auf einen ergonomischen Arbeitsplatz achten.

Auch progressive Muskelentspannung oder andere Entspannungsübungen können dabei helfen, die durch Schmerzen und Fehlhaltungen häufig verkrampfte Muskulatur zu lockern.

Diese Maßnahmen können auch dabei helfen, einem ersten oder erneuten Bandscheibenvorfall vorzubeugen.

Was darf man bei einem Bandscheibenvorfall nicht machen?

Im Gegensatz zu früheren Auffassungen wird bei einem Bandscheibenvorfall heute keine Bettruhe mehr empfohlen, um die Muskulatur nicht weiter zu schwächen. Stattdessen sollte sich die betroffene Person rückenschonend und im Rahmen ihrer Möglichkeiten bewegen. Selbst nach einer Operation der Bandscheiben werden maximal vier Tage Bettruhe empfohlen.

Auf das Heben von schweren Gegenständen und belastende Sportarten mit starken Erschütterungen und/oder ruckartigen Bewegungen sollte verzichtet werden. Im Idealfall besprechen Sie das richtige Verhalten mit Ihrem*Ihrer Arzt*Ärztin oder Physiotherapeut*in.

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