Co-Sleeping: Frau, Mann und Baby liegen im Bett
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Co-Sleeping: Wenn Eltern und Kind gemeinsam schlafen

Von: Nadja Annerl (geb. Weber) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 12.10.2017

In vielen Kulturen ist es das Natürlichste der Welt, dass die Kinder im Bett der Eltern schlafen. In den westlichen Industrieländern ist dieses gemeinsame Schlafen, auch Co-Sleeping genannt, weniger üblich. Doch auch in Deutschland nimmt diese Praxis zu. Informieren Sie sich hier, was bei Co-Sleeping zu beachten ist.

Wie geht Co-Sleeping?

Beim Co-Sleeping schlafen Babys und Kleinkinder in der unmittelbaren Nähe der Eltern beziehungsweise eines Elternteils. Im engeren Sinne bedeutet dies, dass Säuglinge mit im Bett der Eltern schlafen. Diese Konstellation wird dann Familienbett genannt. Meistens haben Mutter und Kind dabei direkten Körperkontakt.

Eine andere Variante ist ein Beistellbett, das neben dem Elternbett angebracht wird. Ein Seitenteil des Bettgitters kann heruntergeklappt oder demontiert werden, sodass auch hier unmittelbarer Eltern-Kind-Kontakt möglich ist.

Was sind Vorteile des gemeinsamen Schlafens?

Die Mutter kann augenblicklich auf die Bedürfnisse ihres Kindes eingehen, ohne dass sie dabei aufstehen muss. Somit können bequemes Stillen nach Bedarf und eine schnelle Beruhigung ermöglicht werden, wenn das Baby aufwacht.

Schlaflabor-Studien zeigen, dass bei ihren Müttern schlafende Säuglinge zwar öfter aufwachen als allein schlafende Babys, doch schlafen sie auch schneller und ohne viel Geschrei wieder ein.

Zudem trinken bei ihren Müttern schlafende Säuglinge nachts doppelt so oft und beinahe dreimal so lange am Busen als allein schlafende Kinder. Entsprechend nehmen bei der Mutter schlafende Babys nachts ein Drittel mehr Kalorien zu sich, was sich sowohl auf die Gewichtszunahme als auch das Immunsystem positiv auswirkt.

Beeinträchtigt Co-Sleeping die Entwicklung des Kindes?

Viele Stimmen sehen in Co-Sleeping das Problem, dass die Kinder aufgrund der ständigen Nähe nicht selbstständig würden. Andere wiederum betonen, dass das gemeinsame Schlafen die Eltern-Kind-Bindung stärkt und Sicherheit vermittelt.

In der Forschung gibt es keinen Hinweis darauf, dass allein schlafende Kinder später sozial kompetenter oder unabhängiger sind als bei der Mutter schlafende Kinder. Eine US-amerikanische Studie belegte sogar, dass letztere besser tagsüber alleine sein können und neuen Situationen gegenüber offener eingestellt sind als die Alleinschläfer.

Ist Co-Sleeping nicht gefährlich?

Es ist der Alptraum aller Eltern: der Plötzliche Kindstod, auch SIDS (sudden infant death syndrome) genannt. Einige sehen darin den größten Risikofaktor des Co-Sleepings. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die genaue Ursache des Plötzlichen Kindstods ist noch nicht bekannt. Ersticken durch äußeres Erdrücken hängt damit jedoch nicht zusammen.

Stattdessen vermutet die Forschung, dass Babys aufgrund unvorteilhafter Einflüsse ihrer Schlafumgebung ihre Atmung nicht mehr kontrollieren können. Gemeinsames Schlafen wirkt dem entgegen, indem es einen stabilen Herzschlag und den Atemrhythmus des Säuglings unterstützt.

Darüber hinaus wurde beobachtet, dass Mütter instinktiv ihre Kinder umlagern und wieder auf den Rücken legen, wenn diese sich auf den Bauch drehen. Dies trägt zur Senkung des SIDS-Risikos bei, da die Bauchlage die Gefahr des Plötzlichen Kindstodes erhöht.

10 Regeln für sicheres Schlafen im Familienbett

So viele Vorteile Co-Sleeping auch mit sich bringt, sollten Sie nichtsdestotrotz auf einige Dinge achten, damit Ihr Baby sicher bei Ihnen schlafen kann. Wir haben daher 10 Co-Sleeping-Regeln für Sie zusammengestellt:

  1. Verwenden Sie keine zu weiche oder unebene Matratze und kein Wasserbett.
  2. Entfernen Sie dicke Felle, Decken und Kissen und Kuscheltiere aus dem Bett.
  3. Sind Sie übergewichtig oder leiden an Schlafapnoe, sollte Ihr Baby in einem Beistellbett schlafen.
  4. Legen Sie Ihr Baby auf den Rücken.
  5. Wenn Sie Raucher sind, sollte Ihr Baby nicht neben Ihnen schlafen. Ihre ausgeatmete Luft enthält Nikotin- und Schadstoffreste.
  6. Konsumieren Sie keine Beruhigungsmittel, Drogen, Alkohol oder sonstige Ihr Bewusstsein beeinträchtigende Substanzen.
  7. Sichern Sie das Bett so ab, dass Ihr Baby weder herausfallen noch irgendwo hineinrutschen kann. Am besten legen Sie Ihr Kind zwischen sich und die Wand. Füllen Sie Matratzenlücken mit Decken etc. aus.
  8. Die Liegefläche muss genügend Bewegungsfreiraum für Eltern und Kind bieten.
  9. Geschwister und Haustiere sollten in einem anderen Zimmer schlafen.
  10. Die Temperatur im Schlafzimmer sollte zwischen 16 °C und 18 °C liegen. Im Familienbett ist es wärmer als allein im Kinderbett. Ziehen Sie Ihr Baby also nicht zu warm an.

Interview: Drei Fragen an Dr. Herbert Renz-Polster

Dr. Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt und assoziierter Wissenschaftler am Mannheimer Institut für Public Health der Universität Heidelberg. Dr. Renz-Polsters neuester Ratgeber "Schlaf gut, Baby" hat es in die Bestseller-Liste der Elternratgeber geschafft. In unserem Kurz-Interview beantwortet er drei Fragen zum Thema Co-Sleeping.

1. Wie lange beziehungsweise bis zu welchem Alter sollten Kindern bei ihren Eltern schlafen?

Dr. Renz-Polster: Für solche Fragen gilt für mich generell: Niemand "soll" und niemand "muss". Wer soll das auch festlegen? Familien machen das sehr unterschiedlich, auch weil die Bedingungen für jede Familie anders sind.

Ist zum Beispiel ein älteres Geschwisterkind da, fällt manchen Kindern der Auszug aus dem Elternbett leichter, weil in ihrem neuen Zuhause eventuell schon jemand ist. Und Kinder wollen ja auch von sich aus irgendwann ihr eigenes Nest haben – manche früher, manche später. Oft geht das mit drei oder vier Jahren los, dann kommen schon mal stolze Berichte: "Ich schlafe jetzt in meinem eigenen Bett!" Und: "Jetzt ist es bei uns nur noch der Papa, der das noch nicht schafft!"

Grundsätzlich ist es aber immer so: Keiner bringt einmal seinen Freund oder seine Freundin mit ins Elternbett.

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2. Wie beende ich als Eltern Co-Sleeping?

Dr. Renz-Polster: In vielen Familien redet man darüber und befragt das Kind, wie es sich das vorstellt. Vielleicht darf es sich selbst einen Schlafort gestalten, oder ein Bett mit den Eltern bauen? Bestimmt hilft ihm auch, dass es weiß: Wenn ich das nicht gleich packe, darf ich nachts wieder reinschlupfen.

Immer ist es gut, wenn da kein großes Seilziehen entsteht – Zwang und Druck funktionieren nicht. Viel eher hilft die Gewissheit: In einer Familie, wo man freundlich miteinander umgeht, machen die Kinder das gleiche wie die Großen: Sie geben ihr Bestes. Dass nicht alles immer gleich klappt, kennen wir alle.

3. Was ist Re-Co-Sleeping und wie gehe ich als Eltern am besten damit um?

Dr. Renz-Polster: Gemeint ist hier, dass die Kinder schon mal in einem eigenen Bett geschlafen haben und dann wieder bei den Eltern anklopfen. Das kommt vor, weil vielleicht etwas Beängstigendes im Leben passiert, weil die Kinder krank oder anderwärtig belastet sind.

Umso wichtiger, dass man sich fragt, warum ihr "Bindungsgummi" gerade so angespannt ist, und wie als Familie da gemeinsam für Entspannung und emotionale Sicherheit gesorgt werden kann.