Mikroplastik in Kosmetik
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Mikroplastik: Schädlich für unsere Gesundheit?

Von: Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 17.07.2020

Mikroplastik ist ein Stoff, der in den letzten Jahren zunehmend in das Bewusstsein der Menschen gerückt ist, denn immer häufiger finden sich seine Spuren in der Umwelt. Mikroplastik steckt in zahlreichen Produkten des Alltags, beispielsweise in Kosmetika wie Duschgel, Peeling oder Zahnpasta. Jedoch können die winzigen Plastikpartikel über Umwege auch in unsere Nahrung gelangen. Wie wirkt sich das auf unsere Gesundheit aus? Und wie erkennt man Produkte ohne Mikroplastik? Erfahren Sie hier, was zu diesen Fragen bislang bekannt ist.

Was ist Mikroplastik?

Mikroplastik ist, wie der Name schon vermuten lässt, mikroskopisch kleines Plastik. Gemäß einer gängigen Definition haben die winzigen Plastikteilchen eine Größe von weniger als fünf Millimetern im Durchmesser, wobei sie tatsächlich oftmals deutlich kleiner sind.

Mikroplastik besteht aus festem, unlöslichem und nicht biologisch abbaubarem Kunststoff wie Polyethylen – man spricht von synthetischen Polymeren.

Wie entsteht Mikroplastik?

Anhand seiner Entstehung unterscheidet man zwei verschiedene Arten von Mikroplastik: primäres und sekundäres Mikroplastik.

Bei der primären Form handelt es sich um industriell hergestellte Plastikpellets und -pulver. In Kosmetika wie Duschgel oder Peelings werden die kleinen Kügelchen beispielsweise zugesetzt, um eine massierende oder "schmirgelnde" Wirkung zu erzielen. Sie bilden aber auch das Ausgangsmaterial für die Herstellung von Plastikprodukten. Man nennt dies auch primäres Mikroplastik vom Typ A.

Zudem werden zu dieser Art von Mikroplastik auch Fasern gezählt, die beispielsweise beim Waschen eines Kleidungsstücks aus Polyester ins Waschwasser gelangen, sowie der Abrieb von Autoreifen, Fahrbahnmarkierungen, Schuhsohlen oder Kunstrasen. Dies wird auch als primäres Mikroplastik vom Typ B bezeichnet – je nach Definition wird es jedoch auch manchmal zum sekundären Mikroplastik gezählt.

Sekundäres Mikroplastik entsteht beim Zerfall größerer Kunststoffteile beziehungsweise Plastikmüll, beispielsweise wenn Plastiktüten oder Fischernetze durch Sonne und Witterung langsam zersetzt werden.

Gefahren für die Umwelt

Umweltschützer kritisieren die industrielle Verwendung von Mikroplastik scharf. Denn die kleinen Plastikteile in unseren Alltagsprodukten werden über das Abwasser in die Kläranlagen gespült, wo sie nicht vollständig herausgefiltert werden können.

Mit der Zeit gelangen sie über Flüsse ins Meer. Sind sie erst einmal dort angelangt, kann man sie nicht wieder entfernen und sie stellen über Jahrhunderte eine Belastung für die Umwelt dar.

Aufgrund seiner strukturellen Beschaffenheit zieht das im Meer treibende Mikroplastik Umweltgifte und Bakterien an und sammelt diese an seiner Oberfläche. Die Plastikteilchen werden anschließend von Meereslebewesen wie Fischen oder Muscheln gefressen. So beeinträchtigt das mit Schadstoffen angereicherte Mikroplastik nicht nur die Meeresorganismen, sondern landet auch letztlich wieder auf unseren Tellern.

Auch über die Düngung landwirtschaftlicher Flächen mit Klärschlamm oder die Verwendung von Kompost aus Biogasanlagen landet Mikroplastik in unserer Umwelt – dann allerdings in die Böden.

Wie gelangt Mikroplastik in unseren Körper?

Auf welchen Wegen Mikroplastik in unseren Körper gelangen kann, ist noch nicht eindeutig geklärt. Unstrittig ist, dass es nahezu überall in der Umwelt nachgewiesen werden kann. Nicht nur in Böden, Gewässern und Meerestieren, auch in der Luft lassen sich die Plastikpartikel finden. So können sie theoretisch nicht nur über den Verzehr von Meerestieren in unsere Nahrungskette gelangen, sondern auch über Anbauprodukte wie Gemüse. Auch wird vermutet, dass wir Mikroplastik mit der Luft einatmen beziehungsweise verzehren, wenn sich die Partikel auf der Nahrung absetzen.

Forscher konnten Mikroplastik auch in menschlichen Stuhlproben nachweisen. Aufgrund der kleinen Teilnehmerzahl an der Pilotstudie ließ sich jedoch nicht klären, ob die Partikel beispielsweise aus verzehrten Meereslebewesen, von in Plastik verpackten Lebensmitteln oder aus anderen Quellen stammten. Auch über die gesundheitliche Wirkung sagt der Fund nichts aus – nur, dass der Körper in der Lage ist, die Partikel wieder auszuscheiden.

Kosmetika tragen hingegen vermutlich nicht unmittelbar dazu bei, dass wir Mikroplastik aufnehmen. Nach Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sind Mikroplastikpartikel in Kosmetika zu groß, um durch die Haut zu dringen, sodass hiervon nach Einschätzung des BfR keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung ausgeht.1

Gesundheitliche Folgen für Tier und Mensch

Über die Folgen von Mikroplastik im Körper des Menschen ist bislang nur wenig bekannt. Erste Erkenntnisse liegen vor allem in Bezug auf Tiere vor. Bei Miesmuscheln ließ sich beispielsweise beobachten, dass das Mikroplastik in die Zellen gelangte und dort Entzündungsreaktionen auslöste.2

Wissenschaftler befürchten, dass die mikroskopisch kleinen Teilchen auch bei Menschen in die Körperzellen eindringen und dort Entzündungen verursachen könnten. So könnte möglicherweise das Lungengewebe durch eingeatmetes Mikroplastik geschädigt werden oder die Teilchen könnten sich in den Lymphknoten des Darms ansammeln.3

Des Weiteren liefern Laborversuche Hinweise darauf, dass Mikroplastik bei Tieren das Wachstum und die Fortpflanzung beeinträchtigen kann. Das Umweltbundesamt befürchtet darüber hinaus Verletzungen am Magen-Darm-Trakt, ebenso könnten sich die Partikel im Magen-Darm-Trakt ablagern, die Verdauung behindern und die Aufnahme von Nahrung blockieren.4

Aufnahme von Schadstoffen

Ein weiteres mögliches Risiko stellen die am Mikroplastik haftenden Schadstoffe (zum Beispiel Pestizide) und Krankheitserreger dar. Diese können im Magen-Darm-Trakt der Meereslebewesen freigesetzt werden und dort eine potenziell krebserregende oder erbgutverändernde Wirkung entfalten.

Auch können bei der Zersetzung von Kunststoff die darin enthaltenen Zusatzstoffe wie Weichmacher, Flammschutzmittel oder UV-Filter an den Körper der Tiere abgegeben werden, welche unter anderem giftig oder hormonell wirksam sein können.5

Durch den Verzehr so belasteter Fische und Meeresfrüchte können diese Stoffe auch in unseren Körper gelangen. Ob dabei eine gesundheitsgefährdende Dosis erreicht werden kann, ist noch nicht erforscht.

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) weist jedoch darauf hin, dass Lebensmittel mit einem erhöhten Schadstoffgehalt aufgrund der verbindlichen Grenzwerte ohnehin nicht in Umlauf sein dürfen. Zudem werden die Plastikpartikel nach Einschätzung des BMU vom Körper wieder ausgeschieden, sodass keine Gesundheitsgefährdung für den Menschen zu befürchten sei.6

Fördert Mikroplastik Antibiotikaresistenzen?

Bei einer Studie wurde die Ansiedelung von Bakterien auf Mikroplastik im Klärwerk untersucht.7 Es zeigte sich, dass die Bakteriengattung Sphingopyxis sich besonders gerne auf den Mikropartikeln ansiedelt. Hierbei handelt es sich um eine Gattung, die oft eine Antibiotika-Resistenz ausbildet.

Ob Mikroplastik auf diese Art zur Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen beitragen können, ist allerdings noch nicht geklärt.

Wo ist Mikroplastik drin?

Mikroplastik wird in verschiedenen Produkten aus dem Bereich der Kosmetik, Körperpflege und Reinigungsmittel verwendet. Laut einer Schätzung des Umweltbundesamts aus dem Jahr 2015 werden pro Jahr in Deutschland etwa 500 Tonnen Mikroplastik in kosmetischen Mitteln verwendet.8

Typische Produkte, die oftmals Mikroplastik enthalten, sind:

  • Peeling
  • Duschgel und Cremeseife
  • Shampoo, Pflegespülung und Haarspray
  • Creme und Bodylotion sowie Hand- und Fußpflege
  • Nagellack
  • Make-up und Schminke
  • Deo
  • Rasierschaum
  • Zahnpasta
  • Sonnencreme
  • Windeln
  • Waschmittel und Handwaschmittel

Auch in der Industrie oder der Medizin kommt Mikroplastik mitunter zum Einsatz.

Mikroplastik in Trinkwasser und Mineralwasser

Es ist davon auszugehen, dass unser Trinkwasser kein Mikroplastik enthält, da der Gehalt durch die Wasseraufbereitung nahezu vollständig reduziert werden kann. Das zeigten Untersuchungen von deutschem Trinkwasser.

Falls überhaupt Mikroplastik im Trinkwasser vorhanden ist, ist die Menge so gering, dass das Umweltbundesamt keine Beeinträchtigung der Qualität sieht. Wer Leitungswasser trinken möchte, ist daher also nicht auf die Verwendung eines Wasserfilters angewiesen, um sicherzugehen, dass kein Mikroplastik enthalten ist.

Anders verhält es sich mit Mineralwasser. In einer Studie wurden in jedem der getesteten Mineralwasser Mikroplastikpartikel gefunden. Die Forscher vermuten, dass diese aus dem Plastik der Flaschen oder Deckel stammen. Eine Anreicherung mit Schadstoffen ist hier allerdings nicht zu befürchten.9

Auch Plastik-Wasserkocher stehen im Verdacht, Mikroplastik an das Wasser abzugeben.

Mikroplastik in Lebensmitteln?

In Lebensmitteln konnte bislang kein Mikroplastik nachgewiesen werden – Studien, die zu anderen Einschätzungen kamen, gelten in der Regel aufgrund von methodischen Mängeln als widerlegt.

Eine Ausnahme bilden hier Meersalz sowie Meerestiere wie Fische, Muscheln oder Krebse, in denen bereits mehrfach Mikroplastik nachgewiesen werden konnte. Das BfR betont jedoch, dass die Plastikpartikel zumindest bei Fischen bislang nur im Magen-Darm-Trakt gefunden wurden, welcher üblicherweise ohnehin nicht verzehrt wird.1

Mikroplastik vermeiden – was kann man selbst tun?

Der größte Teil des Mikroplastiks in den Ozeanen ist sekundäres Mikroplastik oder stammt aus dem Abrieb von Autoreifen sowie vom Waschen synthetischer Textilien. Letzteres macht schätzungsweise 35 Prozent des primären Mikroplastiks in den Meeren aus – Mikroplastik aus Kosmetikprodukten dagegen nur etwa zwei Prozent.

Als Verbraucher kann man dennoch dazu beitragen, Mikroplastik zu reduzieren:

  1. Versuchen Sie, keine Kosmetikprodukte zu kaufen, die Mikroplastik enthalten. Tipps zur Erkennung solcher Produkte und Alternativen stellen wir Ihnen im Folgenden vor.
  2. Wer bereits Kosmetika mit Mikroplastik besitzt, sollte diese am besten geschlossen im Hausmüll entsorgen, empfiehlt der BUND e. V.
  3. Beim Waschen synthetischer Textilien wie Fleece gelangen Plastikfasern ins Abwasser. Mit dem Kauf von Kleidung aus natürlichen Materialien können Sie dazu beitragen, Mikroplastik zu vermeiden. Auch sind spezielle Waschbeutel beziehungsweise Wäschesäcke erhältlich, welche die Fasern aus dem Waschwasser filtern sollen – deren Wirksamkeit schätzen Experten jedoch als eher gering ein.
  4. Die größte Quelle für Mikroplastik stellt Plastikmüll dar. Wer dazu beiträgt, auf Plastik möglichst zu verzichten und Plastikmüll zu vermeiden, der hilft gleichzeitig, die Umwelt vor Mikroplastik zu schützen.

Welche Inhaltsstoffe kennzeichnen Mikroplastik?

Für Verbraucher ist es anhand der Inhaltsstoffe oft nicht möglich, enthaltenes Mikroplastik in Produkten zu erkennen, denn eine Kennzeichnungspflicht für enthaltene Kunststoffe gibt es nicht. Erste Hinweise liefern können aber unter anderem Bezeichnungen und Abkürzungen wie:

  • Acrylates Copolymer (AC)
  • Nylon-12
  • Polyethylen (PE)
  • Polypropylen (PP)
  • Polyacrylat (PA)

Verbraucher können jedoch nicht erkennen, ob es sich bei diesen Inhaltsstoffen tatsächlich um Mikroplastik oder beispielsweise um eine flüssige Form des jeweiligen Stoffes handelt.

Bei Kosmetik- und Körperpflegeprodukten kann es daher ratsam sein, zu Naturkosmetik zu greifen. Auch Siegel wie der "Blaue Engel", das EU-Ecolabel oder Label für zertifizierte Naturkosmetik können helfen, Produkte zu erkennen, die kein oder nur wenig Mikroplastik enthalten.

Liste von Produkten ohne Mikroplastik

Es kann den Einkauf erleichtern, wenn man sich gezielt vorab informiert, welche Produkte Mikroplastik enthalten und welche nicht. Diverse Stellen bieten Listen mit Produkten mit oder ohne Mikroplastik an – meist sind diese Ratgeber online oder als App verfügbar und werden ständig aktualisiert.

Eine solche Liste von Produkten, die Mikroplastik und andere Kunststoffe enthalten, findet sich unter anderem beim BUND e.V.

Eine beliebte Alternative ist die App CodeCheck, welche (unter anderen basierend auf Daten von Greenpeace und dem WWF) anhand des Strichcodes Hinweise zu den Inhaltsstoffen liefert.

Neben Mikroplastik können Kosmetika auch andere synthetische Kunststoffe enthalten, die teils flüssig oder wasserlöslich sind und beispielsweise als Füll- oder Bindemittel dienen. Da völlig ungeklärt ist, wie diese in der Umwelt abgebaut werden und was sie für Auswirkungen auf die Natur haben, stehen auch diese in der Kritik. Oft unterscheiden die verfügbaren Listen daher nicht zwischen Mikroplastik und anderen Kunststoffen.

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Was sind die Alternativen zu Mikroplastik?

Das Umweltbundesamt hält Mikroplastik in Kosmetika und Waschmitteln für verzichtbar. Tatsächlich gibt es in diesem Anwendungsfeld zahlreiche Alternativen. Im Folgenden stellen wir Ihne einige Beispiele vor:

  • Peelings ohne Mikroplastik enthalten beispielsweise Kieselsäure, Zuckertenside oder Heilerde. Alternativ kann man ein Peeling selbst herstellen oder Hilfsmittel wie ein Bürstchen oder einen Peelinghandschuh verwenden.
  • Mittlerweile ist Zahnpasta ohne Mikroplastik fast die Regel – nur noch wenige Hersteller setzen Mikroplastik als sogenanntes "Schleifmittel" in ihrer Zahncreme ein.
  • Duschgel ist oftmals auch ohne Mikroplastik erhältlich. Alternativ lässt es sich beispielsweise durch ein Stück Seife ersetzen – so verzichtet man zugleich auch auf die Plastikflasche.
  • Gleiches gilt fürs Shampoo: Hier sind neben Shampoos ohne Mikroplastik auch spezielle Haarseifen am Stück erhältlich.

Fazit: Ist Mikroplastik schädlich für die Gesundheit?

Ob Mikroplastik schädlich für die Gesundheit ist, ist derzeit noch nicht eindeutig zu beantworten. Obwohl auf dem Gebiet immer mehr geforscht wird, fehlt es noch an einheitlichen Definitionen und Messmethoden, sodass es kaum vergleichbare Studien gibt.

Parallel wird auf Gesetzesebene daran gearbeitet, die Verwendung von Mikroplastik zu verringern. Im Jahr 2018 hat die EU eine Strategie veröffentlicht, um die Vermüllung der Meere mit Kunststoff zu reduzieren. Auch der Einsatz von Mikroplastik soll langfristig eingedämmt werden.

Das deutsche Umweltbundesamt, das in Mikroplastik ein Risiko für Umwelt und Gewässer sieht, setzt sich in Gesprächen mit der Kosmetikindustrie für einen freiwilligen Verzicht auf Mikroplastik ein und plädiert zudem für ein EU-weites Verbot der Kunststoffpartikel.

Einige Hersteller von Kosmetika und anderen Produkten, die bislang Mikroplastik enthielten, haben bereits angekündigt, zukünftig auf den Inhaltsstoff zu verzichten oder haben dies bereits umgesetzt. Auch in anderen Bereichen, zum Beispiel bei der Textilherstellung, wird derzeit zu Möglichkeiten der Vermeidung von Mikroplastik geforscht.