Ermüdungsbruch – was tun bei einer Stressfraktur?
Ein Ermüdungsbruch entsteht durch Überlastung des Knochens und macht sich durch Schmerzen in der betroffenen Körperregion bemerkbar. Dies ist besonders oft bei Sportlern der Fall, die sich beim Training zu viel zumuten. Hier erfahren Sie, wie ein Ermüdungsbruch entsteht, wo er auftreten kann und wie er behandelt wird. Außerdem verraten wir Ihnen, was Sie tun können, um einen Ermüdungsbruch zu vermeiden und wie Sie die Heilung beschleunigen können.
Was ist ein Ermüdungsbruch?
Im Gegensatz zu einem klassischen Knochenbruch entsteht der sogenannte Ermüdungsbruch (auch Stressfraktur genannt) nicht durch ein einzelnes traumatisches Ereignis (etwa einen Sturz), sondern durch viele sogenannte Mikrotraumata. Das heißt, der Bruch entwickelt sich langsam, aufgrund immer wiederkehrender lokaler Überlastung.
Vor allem bei Sportlern tritt der Ermüdungsbruch als Folge einer Überlastung gehäuft auf. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die sogenannte Marschfraktur des Mittelfußknochens. Dieser Mittelfußbruch entsteht vor allem bei Menschen die viel laufen, tanzen oder, wie der Name schon andeutet, marschieren müssen.
Erstmals beschrieben wurde diese Verletzung bereits im Jahre 1855. Durch tagelanges Marschieren entstanden bei Soldaten vermehrt Brüche am Mittelfuß. Diese Brüche prägten die noch heute gängige Bezeichnung Marschfraktur.
Wie entsteht ein Ermüdungsbruch?
Ein Ermüdungsbruch entsteht durch anhaltende mechanische Belastung eines Knochens. Der Körper reagiert auf die Belastung, indem er den Knochen so umbaut, dass er der neuen Anforderung standhalten kann. Dies ist ein natürlicher Prozess, der im Körper tagtäglich vonstattengeht.
Diese Stressantwort kann als Vorstufe zum Ermüdungsbruch angesehen werden. Ist die Belastung zu hoch, kann es sein, dass die Schutzmechanismen des Körpers nicht mehr ausreichen. Der Knochen ist der Belastung nicht mehr gewachsen und es entsteht eine Ermüdungsfraktur.
Risikofaktoren und Ursachen einer Stressfraktur
Neben einer langanhaltenden Belastung des Knochens stellen bereits bestehende Fehlstellungen, zum Beispiel des Fußes oder der Wirbelsäule, weitere Risikofaktoren für die Entstehung einer Stressfraktur dar.
Frauen sind insgesamt häufiger von Stressfrakturen betroffen.1 Oft handelt es sich hierbei um junge Frauen, beispielsweise Tänzerinnen, die durch eine strikte Diät bei zeitgleicher körperlicher Überlastung, ihren Knochen zu viel zumuten.
Auf der anderen Seite neigen Frauen nach den Wechseljahren durch hormonelle Umstellungen zu Osteoporose. Bei Osteoporose nimmt die Knochendichte ab, was leichter zu einem Ermüdungsbruch führen kann.
Was ist eine Insuffizienzfraktur?
Als Sonderform des Ermüdungsbruches kann man die sogenannte Insuffizienzfraktur sehen. Ermüdungsbrüche im klassischen Sinne entstehen, wie beschrieben, durch eine zu starke Belastung des Knochens. Hierbei ist der Knochen selbst gesund.
Insuffizienzbrüche sind dagegen Brüche, die bei einer Belastung auftreten, die für einen gesunden Knochen aushaltbar wäre. Das Röntgenbild ist nicht von dem des klassischen Ermüdungsbruches zu unterscheiden, doch die Ursache für den Bruch ist eine andere. Der Knochen ist schwächer als gewöhnlich und hält aus diesem Grund der Belastung nicht stand.
Faktoren, die zu einem insuffizienten Knochen führen können, sind:
- eine unzureichende Ernährung
- ein Mangel an Vitamin D
- ein unausgeglichener Hormonhaushalt
- Osteoporose
Symptome: Wie erkennt man einen Ermüdungsbruch?
Die Symptome eines Ermüdungsbruchs können schleichend auftreten, da oft schon Vorstufen des Bruches bestehen. Dies kann sich in leichten Schmerzen in der betroffenen Körperregion nach dem Training äußern.
Oft bleibt eine Vorbelastung aber unentdeckt und die ersten Schmerzen treten plötzlich auf, zum Beispiel nach einem besonders harten Training. Die meisten Menschen beschreiben einen dumpfen Schmerz an der betroffenen Stelle, welcher unter Belastung stärker auftritt.
Die Schmerzen können in benachbarte Körperregionen ausstrahlen. So berichten Betroffene bei einem Bruch des Wadenbeins oftmals von Schmerzen im Knie. Meist sind auch eine lokale Schwellung und Rötung sichtbar.
Viele Betroffene halten ihre Symptome, bestehend aus Schmerzen, Schwellung und Rötung, erstmal für eine einfache Überlastung oder Überdehnung des Knöchels beziehungsweise der betroffenen Stelle. Auch bei einer Knochenhautentzündung zeigen sich sehr ähnliche Symptome.
Wie erfolgt die Diagnose?
Bei anhaltenden Schmerzen von mehr als einer Woche sollte in jedem Fall der Hausarzt oder ein Orthopäde aufgesucht werden. Meist kann ein geschulter Arzt schon durch die beschriebenen Symptome und ein ausführliches Gespräch über ausgeübte Sportarten seine Diagnose stellen.
Anschließend sichert ein Röntgenbild die Diagnose Stressfraktur. Dies ist allerdings erst circa drei bis vier Wochen nach Auftreten des Bruches möglich, da vorher der Bruch im Röntgenbild noch nicht sichtbar ist. Der Grund dafür ist, dass die Linien, entlang derer diese Brüche verlaufen, sehr fein sind. Erst durch natürliche Entkalkungs- und Abbauprozesse des Körpers werden diese Frakturlinien sichtbar, bevor sie dann wieder verheilen.
Ein MRT, CT oder eine sogenannte Knochenszintigraphie können schneller einen Beweis für eine Stressfraktur liefern. All diese Methoden sind jedoch deutlich aufwendiger und teurer als das Röntgen. Das CT geht zudem mit einer hohen Strahlenbelastung einher. Früher wurden diese daher Methoden fast ausschließlich bei Leistungssportlern, die auf eine schnelle Diagnose angewiesen sind, verwendet. Mittlerweile ist das MRT immer mehr als Standardverfahren zur Bildgebung verbreitet, sodass Betroffene heutzutage oftmals auch schneller eine Diagnose erhalten.
Treten nach einem erkannten Ermüdungsbruch wieder Schmerzen auf oder sind die Schmerzen so stark, dass sie nur schwer erträglich sind, sollte auf jeden Fall zeitnah ein Arzt kontaktiert werden.
Wo kann ein Ermüdungsbruch auftreten?
Ein Ermüdungsbruch kann an jedem Knochen auftreten. Die Lokalisation hängt vor allem von der jeweiligen Belastung ab. Die meisten Ermüdungsbrüche treten in der unteren Körperhälfte auf:
- Das Wadenbein (Tibia) ist mit 49 Prozent der am häufigsten betroffene Knochen.
- Dann folgen die sieben Fußwurzelknochen (Tarsus) mit 25 Prozent, zum Beispiel das sogenannte Würfelbein (Os cuboideum).
- Die Marschfraktur der Mittelfußknochen (Metatarsalbereich) ist mit 9 Prozent ebenfalls sehr häufig.
- Auch an der Ferse beziehungsweise am Fersenbein (Calcaneus) treten Stressfrakturen vermehrt auf. Auslösende Sportarten sind überwiegend Laufsportarten wie Wandern, Joggen, Tanzen und Leichtathletik.
- Bei Sportarten wie Radfahren oder Golf können mitunter auch die Rippen von einer Stressfraktur betroffen sein.
- Vor allem Turner können eine Ermüdungsfraktur der Handwurzelknochen erleiden, da die Hand bei dieser Sportart stark belastet wird.
Insgesamt geht man davon aus, dass jährlich bei circa 1,9 Prozent2 der Athleten eine Stressfraktur auftritt.
Wie wird ein Ermüdungsbruch behandelt?
Die Therapie bei einem Ermüdungsbruch beschränkt sich in der Regel auf konservative Heilmethoden. Das bedeutet, abgesehen von der Einnahme von Schmerzmitteln und der Entlastung des betroffenen Knochens müssen Betroffene sich bis zur vollständigen Heilung hauptsächlich schonen.
Für den Betroffenen heißt das vor allem, den Sport zu unterlassen, der mutmaßlich zur Fraktur geführt hat. Auch körperliche Betätigungen, die den Körper auf ähnliche Art und Weise beanspruchen, sollten gemieden werden. Eine längere Krankschreibung kann bei Betroffenen, die körperlich arbeiten, erforderlich sein, um eine vollständige Heilung zu ermöglichen.
Während des Heilungsprozesses können schonende Sportarten, wie zum Beispiel Schwimmen oder Aqua-Gymnastik aufgenommen werden. Ab wann dies genau möglich ist, hängt von der Art des Bruches ab und sollte am besten mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Generell sollte eine behutsame Belastung nach circa zwei Wochen möglich sein.
Darüber hinaus können weitere konservative Behandlungsmöglichkeiten zum Einsatz kommen. Diese umfassen:
- stabilisierende Schienen
- Gipsverbände
- Einlagen für die Schuhe
- orthopädische Tapes (zum Beispiel kann man bei einer Mittelfußfraktur den Fuß tapen)
- Gehhilfen zur Entlastung ("Krücken")
Ermüdungsbruch: Wann muss man operieren?
Bei einer Stressfraktur des Oberschenkels oder der Hüfte, insbesondere am Oberschenkelhals, ist eine operative Behandlung notwendig. Brüche im Hüftbereich können verschoben wieder zusammenwachsen. Werden diese nicht operativ behandelt, kann es zu Fehlstellung im Becken kommen.
Selten kommt es auch zu komplexeren Ermüdungsbrüchen, die ebenfalls ohne Operation zu einer Fehlstellung beispielsweise des Fußes führen können. Auch hier ist eine operative Korrektur notwendig.
In den meisten Fällen ist eine OP allerdings nicht erforderlich.
Wie lange dauert ein Ermüdungsbruch?
Bis ein Ermüdungsbruch vollständig ausgeheilt ist, kann es mehrere Wochen bis Monate dauern. Ein weitläufiger Irrglaube vieler Betroffener ist, dass der Bruch ausgeheilt sei, sobald die Schmerzen verschwunden sind. Oftmals besteht zu diesem Zeitpunkt allerdings noch eine kleine Fraktur. Betroffene sollten also ihr Training erst einige Wochen nach Schmerzfreiheit langsam wieder aufnehmen.
Bei unkomplizierten Fällen kann man davon ausgehen, dass ein Wiedereinstieg sechs bis acht Wochen nach einem Ermüdungsbruch möglich ist. Allerdings sollte das Training langsam begonnen und kontinuierlich aufgebaut werden. Bis zur vollständigen Rehabilitation dauert es mitunter ein halbes Jahr.
Wie kann man einen Ermüdungsbruch verhindern?
Ermüdungsbrüche können vor allem durch ein angemessenes Training vermieden werden. Insbesondere ungeübte Sportler sollten ihr Training langsam steigern und ihrem Körper nicht zu viel auf einmal zumuten.
Bei bekannten Fußfehlstellungen sollten orthopädische Einlagen während des Trainings getragen werden.
Insbesondere in den Wintermonaten kann über eine Nahrungsergänzung mit Vitamin-D-Tabletten nachgedacht werden. Vitamin D ist entscheidend am Knochenaufbau beteiligt und wird vom menschlichen Körper nur unter ausreichender Sonneneinstrahlung gebildet. In der kalten Jahreszeit ist dies nicht gewährleistet und eine Ergänzung ist oftmals empfehlenswert. Eine Studie hat zudem herausgefunden, dass eine hochdosierte Vitamin-D-Therapie nach einer Stressfraktur zu einer besseren Heilung beitragen kann.3,4
Auch Kalzium ist am Knochenaufbau beteiligt und sollte ausreichend in der Ernährung (zum Beispiel durch Milchprodukte und Nüsse) vorhanden sein, um einen Ermüdungsbruch zu vermeiden beziehungsweise um die Heilung zu unterstützen.