ISG-Blockade: Schmerzen im Iliosakralgelenk
Ein stechender oder drückender Schmerz im unteren Rücken, der bestimmte Bewegungen unmöglich macht, kann durch eine Blockade des Iliosakralgelenks, auch bekannt als ISG-Blockade oder ISG-Syndrom, ausgelöst werden. Hinter der Störung können unterschiedliche Ursachen stecken. Da die auftretenden Symptome denen bei anderen Krankheiten des unteren Rückens ähneln, ist die Diagnose oft nicht leicht zu stellen. Welche Tests helfen, das ISG-Syndrom zu erkennen und mit welchen Übungen kann man die Blockade lösen?
Iliosakralgelenk und ISG-Blockade: Was ist das eigentlich?
Das Iliosakralgelenk liegt im unteren Rücken und stellt auf beiden Seiten der Wirbelsäule die Verbindung zwischen Beckenknochen (Darmbein) und dem zur Wirbelsäule gehörenden Kreuzbein dar. Das Gelenk besteht aus den beiden Gelenkflächen (den von Knorpel überzogenen Enden eines Knochens) von Kreuzbein und Darmbein. Es wird deshalb auch Kreuzbein-Darmbein-Gelenk genannt.
Das Iliosakralgelenk ist wenig beweglich, da es durch einige Bänder sowie den Piriformis-Muskel und den großen Gesäßmuskel, den sogenannten Musculus gluteus maximus, gehalten wird. Dennoch ist es für reibungslose Bewegungsabläufe von großer Wichtigkeit, da es für die Kraftübertragung zwischen der Wirbelsäule und dem Becken sowie den Beinen zuständig ist. Das heißt, es federt Aufprallbewegungen der Beine ab und leitet Druck beim Heben und Tragen vom Rumpf an die Beine weiter.
Bei einer ISG-Blockade, auch ISG-Syndrom, kommt es durch äußere Einflüsse zu einer Verschiebung der Gelenkflächen von Kreuz- und Darmbein. Dadurch ist das Iliosakralgelenk in der Beweglichkeit eingeschränkt und die Knorpelflächen von Knochen und Gelenk reiben aneinander. In der Folge schmerzt das Iliosakralgelenk, also der Bereich des unteren Rückens.
ISG-Blockade: Welche Ursachen gibt es?
Eine ISG-Blockade wird in der Regel durch eine Fehlbelastung des Iliosakralgelenks ausgelöst. Dazu gehören abruptes Abbremsen oder Drehen (beispielsweise beim Sport) oder falsches Heben schwerer Gegenstände.
Verschiedene Risikofaktoren können die Entstehung einer Iliosakralgelenk-Blockade begünstigen. Solche Faktoren sind beispielsweise:
- eine falsche Sitzhaltung und häufiges, langes Sitzen
- eine Schwangerschaft, da dabei Bänderstrukturen am Becken an Spannkraft verlieren
- unterschiedliche Beinlängen, die eine Fehlstellung der Hüfte auslösen
- Skoliose, eine Verkrümmung der Wirbelsäule
- eine Schwäche des Bindegewebes
- ein muskuläres Ungleichgewicht destabilisiert das ISG, beispielsweise durch eine zu stark oder zu schwach ausgeprägte Gesäß- oder Oberschenkelmuskulatur
- Operationen, bei denen Wirbel oder das Iliosakralgelenk versteift wurden
Können seelische Ursachen hinter einer ISG-Blockade stecken?
Psychische Belastungen, wie Stress oder Ängste, können nachweislich das Risiko für Rückenschmerzen erhöhen. Denn bei innerer Anspannung spannt man oftmals auch die Muskeln an, was auch die Muskulatur im Rücken betrifft. Dies kann auf Dauer zu Schmerzen führen.
Ob auch eine ISG-Blockade auf seelische Ursachen zurückgeführt werden kann, ist noch nicht geklärt. Starke Verspannungen rund um das Iliosakralgelenk könnten aber eine Entstehung des ISG-Syndroms begünstigen.
Entzündungen als Ursachen für Schmerzen im Iliosakralgelenk
Neben einer ISG-Blockade können auch andere Ursachen hinter Schmerzen im Iliosakralgelenk stecken.
So kann sich das Gelenk einseitig oder beidseitig entzünden. Auslöser für eine einseitige Entzündung des Iliosakralgelenks können Infektionen mit Bakterien sein. Bei einer beidseitigen Entzündung liegen die Ursachen oftmals im Bereich der rheumatischen Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise Morbus Bechterew, Morbus Reiter sowie die Psoriasis-Arthritis. Eine (entzündliche oder nicht-entzündliche) Arthrose im ISG kann ebenfalls für die Schmerzen verantwortlich sein.
Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn, kann es zu einer Entzündung des Iliosakralgelenks kommen. Die genauen Zusammenhänge zwischen diesen Krankheitsbildern sind noch nicht geklärt. Vermutlich kann die chronische Entzündung des Darms das Risiko für Entzündungen anderer Gelenk- und Gewebestrukturen erhöhen.
Die Symptome bei einer Entzündung des Iliosakralgelenks unterscheiden sich nicht von denen einer ISG-Blockade.
Symptome: Wie äußert sich eine ISG-Blockade?
Bei einer ISG-Blockade sind stechende oder drückende, meist einseitig auftretende Schmerzen im Bereich des Iliosakralgelenks das wichtigste Symptom. Die Beschwerden können allmählich einsetzen, aber auch plötzlich auftreten. Im Liegen und Stehen nimmt der Schmerz meist ab, während er sich durch längeres Sitzen und bei bestimmten Bewegungen verschlimmert. Beispielsweise fällt das Bücken oder Treppensteigen vielen Betroffenen schwer. Die Schmerzen können auch ins Bein abstrahlen.
Viele Menschen fragen sich, ob eine ISG-Blockade negative Auswirkungen auf die Verdauung haben kann. Dies ist jedoch nur indirekt der Fall. So können die durch das Iliosakralgelenk-Syndrom ausgelösten Schmerzen Stress verursachen oder dazu führen, dass man sich weniger bewegt. Beide Faktoren können sich negativ auf die Verdauung auswirken und Darmprobleme, wie Durchfall oder Verstopfung, mit sich bringen.
Ein vermehrter Harndrang kann bei einer Verspannung der Muskulatur im Beckenboden auftreten. Solche Verspannungen können durch die ISG-Blockade begünstigt werden. Blasenprobleme deuten aber eher auf eine Verengung des entlang der Wirbelsäule verlaufenden Spinalkanals oder einen Bandscheibenvorfall hin, insbesondere bei Inkontinenz.
Diagnose und Tests bei einer ISG-Blockade
Vermutet man, an einer Blockade des Iliosakralgelenks zu leiden, kann eine Hausarztpraxis die erste Anlaufstelle sein. Alternativ kann auch direkt eine orthopädische Facharztpraxis aufgesucht werden. Der*die Orthopäde*Orthopädin kann dann anhand einer Reihe verschiedener Tests feststellen, ob eine ISG-Blockade vorliegt. Dazu gehören:
- Abtasten des Iliosakralgelenks: Bei Druck auf das ISG und Abtasten des Gelenks sowie dessen Umgebung kommt es zu Schmerzen.
- Drei-Stufen-Test: Der Test dient zur genaueren Verortung der Schmerzen. Dabei wird einmal die Lendenwirbelsäule, einmal das ISG und einmal das Hüftgelenk durch Druck fixiert und das Bein zeitgleich überstreckt. Der*die Patient*in liegt währenddessen auf dem Bauch.
- Mennell-Zeichen: Dabei liegt die betroffene Person auf der Seite oder dem Bauch. Der*die Arzt*Ärztin drückt auf das Kreuzbein und überstreckt gleichzeitig das Bein auf der schmerzenden Seite. Verstärkt dies die Beschwerden, kann dies ein Anzeichen für eine ISG-Blockade oder eine andere Schädigung des ISG sein.
- Bestimmung der freien Bewegungsrichtung: Bei diesem Test werden verschiedene Bewegungen durchgeführt. Dadurch wird festgestellt, in welchen Positionen es zu einer Schmerzfreiheit kommt. Auch dies kann Aufschluss über die zugrundeliegende Ursache geben.
- Viererzeichen: Das sogenannte Viererzeichen kann auf eine Störung des ISG oder der Hüfte hinweisen. Die betroffene Person legt sich dazu auf den Rücken. Dann wird der Fuß auf der schmerzenden Seite seitlich auf dem Knie des anderen Beins abgelegt. Die Beugung des Knies beträgt 90 Grad, von oben betrachtet ergeben Beine und Hüfte das Bild einer "4". Nun neigt die betroffene Person das angewinkelte Knie so weit zur Unterlage, dass der Abstand maximal 20 Zentimeter beträgt. Ist dies nicht möglich, kann dies auf eine Erkrankung hinweisen.
- Abtasten des Beckenkamms: Dabei steht die betroffene Person. Der*die Arzt*Ärztin legt beide Daumen auf die sogenannten Darmbeinhöcker, die sich oberhalb des Gesäßes befinden. Beim Vorbeugen lassen sich Dysbalancen im Gelenk ertasten.
Im Röntgenbild ist eine ISG-Blockade nicht sichtbar. Die oben genannten Tests sind deshalb (ergänzend zum Arzt-Patient-Gespräch) die einzige Möglichkeit, ein ISG-Syndrom zu diagnostizieren.
Differenzialdiagnose: Ausschluss anderer Erkrankungen wichtig
Die oben genannten Tests können auch bei anderen Erkrankungen positiv ausfallen. Deshalb ist es sehr wichtig, diese vor der Diagnose einer ISG-Blockade auszuschließen. Neben der bereits genannten Entzündung des Iliosakralgelenks kommen unter anderem die folgenden Krankheiten infrage.
Ein Bandscheibenvorfall oder eine Bandscheibenvorwölbung in der Lendenwirbelsäule kann ähnliche Symptome auslösen wie eine ISG-Blockade. Ein paar Hinweise sind jedoch spezifisch für einen Bandscheibenvorfall. So kann es Betroffenen schwerfallen, aus der Rückenlage heraus die Beine gerade nach oben zu heben. Auch das Stehen auf Zehenspitzen kann eingeschränkt oder gar nicht möglich sein. Zudem ist häufig die Weiterleitung von Nervenreizen auf einer Seite gestört. Das heißt, Reize wie ein Streichen über die Fußsohle werden auf einer Seite weniger stark wahrgenommen als auf der anderen. Dies liegt daran, dass die Bandscheibe meist zu einer Seite rutscht oder sich vorwölbt und damit dort auf den Spinalnerv drückt.
Beim sogenannten Piriformis-Syndrom ist der Piriformis-Muskel überlastet. Diese Fehlbelastung kann Schmerzen im Gesäß und im unteren Rücken sowie Hüftschmerzen auslösen, die in den Oberschenkel abstrahlen können. Durch das Abtasten bestimmter schmerzauslösender Punkte ("Triggerpunkte") kann ärztlich festgestellt werden, ob ein Piriformis-Syndrom die Symptome auslöst.
Die rheumatisch-entzündliche Erkrankung Morbus Bechterew macht sich zu Beginn ebenfalls mit Schmerzen im unteren Rücken bemerkbar. Diese treten auch nachts auf und bessern sich durch Bewegung. Bluttests und eine Magnetresonanztomografie (MRT) können dabei helfen, diese Erkrankung zu diagnostizieren. Im späteren Verlauf zeigen sich auch Veränderungen im Röntgenbild.
Generell können noch einige weitere Erkrankungen, wie eine Reizung oder Blockade des Ischias oder ein Hexenschuss (Lumbago), Schmerzen auslösen, die denen der ISG-Blockade ähneln. Im Zweifelsfall können also weitere Tests, zum Beispiel körperliche Untersuchungen, die Erhebung von Blutwerten oder bildgebende Verfahren, dabei helfen, die genaue Ursache der Beschwerden zu erkennen.
ISG-Blockade lösen – Übungen und Behandlung bei ISG-Syndrom
Eine ISG-Blockade wird meist physiotherapeutisch behandelt. Mithilfe einer manuellen Therapie versucht der*die Physiotheraupeut*in, die Blockade zu lösen. Auch in der Osteopathie gibt es passende Therapieansätze.
Gegen die Schmerzen können Schmerzmittel als Tabletten eingenommen oder (bei sehr starken Beschwerden) in Form einer Spritze ins Iliosakralgelenk injiziert werden. Auch Wärme kann zur Entspannung der betroffenen Region beitragen, beispielsweise in Form einer Wärmflasche oder eines Wärmekissens beziehungsweise -pflasters.
Viele Betroffene stellen sich die Frage, ob bei einer ISG-Blockade Bewegung oder Ruhe hilfreicher ist, um die Symptome zu lindern. Auch wenn die Beschwerden bei ruhigem Liegen in der Regel abnehmen, ist es am sinnvollsten, sich möglichst viel zu bewegen. Auf belastende Sportarten sollte verzichtet werden. Dagegen bieten sich vor allem Walken, Spazierengehen, Radfahren oder Schwimmen bei einer akuten ISG-Blockade an.
Daneben gibt es unterschiedliche Übungen, die Sie nach ärztlicher oder physiotherapeutischer Rücksprache anwenden können, um die ISG-Blockade selbst zu lösen.
ISG-Blockade: Übung 1
Legen Sie sich seitlich aufs Bett und rücken Sie an den äußeren Rand der Bettkante. Strecken Sie das untere Bein lang aus und ziehen Sie das oben liegende Bein an, bis das Knie sich etwa auf Höhe Ihrer Hüfte befindet. Ober- und Unterschenkel bilden einen 90-Grad-Winkel. Strecken Sie dann vorsichtig Ihren Fuß so weit es geht Richtung Boden. Stellen Sie ihn nach Möglichkeit mit der Fußspitze auf. Drehen Sie sich um und wiederholen Sie das Ganze auf der anderen Seite.
ISG-Blockade: Übung 2
Legen Sie sich auf einer Unterlage flach auf den Rücken und strecken Sie die Arme gerade zu beiden Seiten aus. Stellen Sie das rechte Bein auf, Ihr Fuß sollte sich auf Höhe Ihres linken Knies befinden. Legen Sie Ihre linke Hand auf Ihr rechtes Knie und ziehen Sie dieses nach links Richtung Boden. Ihr Oberkörper bleibt am Boden abgelegt, der Kopf ist nach rechts gedreht. Halten Sie diese Position für etwa eine halbe Minute. Wiederholen Sie die Übung danach mit dem linken Bein.
ISG-Blockade: Übung 3
Diese (einigen Menschen auch aus dem Yoga als "Katze-Kuh" bekannte) Übung kann auch bei einer ISG-Blockade zur Lockerung und Dehnung der Muskeln und Lösung der Blockade beitragen. Knien Sie sich dazu im Vierfüßlerstand auf eine Unterlage und stellen Sie die Fußballen auf dem Boden ab. Gehen Sie dann in ein Hohlkreuz und schieben Sie dabei die Schultern zurück, der Blick geht leicht zur Decke. Anschließend den Kopf leicht nach vorne senken und in einen Rundrücken wechseln. Diese beiden Bewegungen abwechselnd ausführen.
Welche Schlafposition bei ISG-Blockade?
Bei einer ISG-Blockade ist die Rückenlage empfehlenswert. Schläft man bevorzugt auf der Seite, kann ein Kissen zwischen den Beinen dabei helfen, die Wirbelsäule und das Iliosakralgelenk zu entlasten. Auf das Schlafen in Bauchlage sollte man bei einer akuten ISG-Blockade lieber verzichten.
Wie lange krank bei ISG-Blockade?
Wie lange es dauert, eine ISG-Blockade zu lösen und Symptomfreiheit zu erreichen, kann sehr unterschiedlich sein. Häufig wird eine Krankschreibung über circa eine Woche ausgestellt.
Ob die erkrankte Person danach wieder arbeitsfähig ist, hängt von den jeweiligen Beschwerden und der Art des Berufes ab. Bei körperlich sehr fordernden Berufen, bei denen das ISG beispielsweise durch Heben und Tragen stark belastet wird, ist eine längere Krankschreibung sinnvoll. Bei sitzenden Tätigkeiten sollte auf eine gute Sitzhaltung geachtet und es sollten regelmäßig kurze Bewegungspausen eingelegt werden.
Kann sich eine ISG-Blockade von selbst lösen?
Die oben beschriebenen Übungen und Tipps können dazu beitragen, eine ISG-Blockade zu lösen. Unbehandelt kann die Störung jedoch auch chronisch werden, weshalb eine Physiotherapie oftmals sinnvoll ist. Außerdem können zahlreiche andere Erkrankungen Symptome auslösen, die denen eines ISG-Syndroms ähneln.
Damit die Beschwerden richtig behandelt werden, sollte deshalb bei anhaltenden oder starken Schmerzen im Bereich des Iliosakralgelenks immer ärztlicher Rat gesucht werden. Nur so kann den Ursachen auf den Grund gegangen und eine passende Therapie gefunden werden.