Mann mit Schmerzen in der Leber
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Leber: Störungen und Schäden frühzeitig erkennen

Von: Dr. med. Vinzenz Mansmann (Arzt)
Letzte Aktualisierung: 01.07.2021

Die Leber ist das zentrale Organ des menschlichen Stoffwechsels. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei Verwertung, Speicherung und Abbau von Nährstoffen und produziert zahlreiche wichtige Substanzen wie Gerinnungsfaktoren und Abwehrstoffe. Als bedeutendes Entgiftungsorgan ist sie einer Vielzahl von schädigenden Einflüssen ausgesetzt und verfügt über eine enorme Regenerationsfähigkeit. Da sie zudem selbst keinerlei Nerven enthält und deshalb keine Schmerzsignale aussendet, machen sich Schäden an der Leber oft erst spät bemerkbar. Kann ein Druckgefühl unter den Rippen auf eine Leberstörung hinweisen? Welche Symptome sind typisch für eine Erkrankung der Leber und wie gefährden fettiges Essen und Alkohol die Lebergesundheit?

Dr. med. Vinzenz Mansmann beantwortet in diesem Interview die häufigsten Fragen zur Vorbeugung von Lebererkrankungen.

Wenn Sie an Ihren Praxisalltag denken – wie viel Ahnung haben Patienten von ihrer Leber?

Mansmann: Leider kennen viele Menschen ihre Leber überhaupt nicht und nur ein Teil weiß, dass sie rechts unterhalb der Rippen liegt. Sie hat über 370 Abteilungen, 500 Milliarden Zellen und ist die große Chemiefabrik des Körpers. Leider oder besser glücklicherweise hat sie keine Schmerznerven, sonst würde jeder Schluck Alkohol ja wehtun. Ein Sprichwort aber sagt es so: "Der Schmerz der Leber ist Müdigkeit."

Bezeichnenderweise entsteht oft eine trügerische Sicherheit, wenn der Hausarzt die drei bekannten Leberwerte GOT, GPT und GGT macht. Sind sie normal, heißt das noch lange nicht, dass alle 370 Abteilungen der Firma Leber in Ordnung sind.

Die Gallenblase, also der Vorratsbehälter der Leber, hingegen hat viele Schmerznerven und ein eingeklemmter Gallenstein kann fürchterliche Koliken verursachen, die einen sehr schnell zum Arzt treiben.

Wie kann man selbst feststellen, ob die Leber in Ordnung ist?

Mansmann: Wie erwähnt macht eine schwache oder kranke Leber müde, besonders nach dem Mittagessen – dann braucht man fast einen Mittagsschlaf. Am Abend müssen viele dann vor dem Fernseher vorschlafen.

In der Nacht hingegen ist gemäß der 2.000 Jahre alten Akupunkturlehre die Hauptarbeitszeit der Leber von 1 bis 3 Uhr und ab einem bestimmten Grad der Schädigung hat man genau in dieser Zeit Durchschlafstörungen. Es kann auch einmal 4 Uhr werden, wenn die Leber die Sommerzeitumstellung nicht mitgemacht hat.

Viele Leberzeichen kann man aber schon am Gesicht ablesen:

  • bräunliche Ränder um die Augen wie nach einer durchgezechten Nacht
  • kleine gelbliche Fettgeschwülste um die Augen (Xanthelasmen)
  • gelblich-braune Verfärbungen um den Mund
  • punktförmige Einblutungen auf den Wangen
  • gelbliche Verfärbung des Augenweiß ("Gelbsucht")

Manchmal sind spinnennetzartige Gefäßerweiterungen (Spider naevi) am Körper zu finden, die ebenfalls auf eine Leberkrankheit hinweisen können. Leberstörungen können auch Juckreiz auf der Haut und Kribbeln verursachen, auch ohne dass eine Allergie vorliegt. Auch "Brennnesselausschläge" (Urtikaria) haben etwas mit der Leber zu tun und können durch eine Leberbehandlung wieder ausheilen.

Wie äußern sich Leberbeschwerden noch?

Mansmann: Das häufigste Zeichen aber sind Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung oder Durchfall – manchmal im Wechsel, Fettunverträglichkeit, Alkoholunverträglichkeit. Relativ selten nur besteht ein Druckgefühl unter dem rechten Rippenbogen, besonders im Liegen oder beim Bücken, wenn ein Gallenstau oder eine Gallenblasenentzündung gleichzeitig besteht.

Da die Leber für den Hormonabbau zuständig ist, treten auch oft unerkannte Lebererkrankungen auf wie verminderte Libido beziehungsweise Potenzstörungen, Brustansatz bei Männern und vor allem Migräne.

Was sind Erste-Hilfe-Maßnahmen für den Leberschutz?

Mansmann: Die besten Pflanzen zur Leberregeneration sind die Mariendistel (Carduus marianus) und die Artischocke (Cynaria scolymus). Mariendistel als Tee ist sehr bitter und wird von den Patienten nicht lange durchgehalten, sodass man Kapseln bevorzugen sollte, denn man sollte sie meist ein ganzes Jahr einnehmen.

Bitterstoffe in Lebensmitteln

Was kann man tun, um seine Leber vorbeugend und dauerhaft gesund zu halten?

Mansmann: Selbstverständlich Alkohol weglassen, sich fettarm ernähren und vor allem Stress und Überforderung reduzieren. Einige der heutigen Lebererkrankungen sind stressbedingt und Folge von heruntergeschlucktem Ärger. "Da kommt einem die Galle hoch" oder "Es ist einem die Laus über die Leber gelaufen" sagt ja der Volksmund.

Wer muss besonders auf seine Leber achten?

Mansmann: Natürlich die Alkoholiker, aber das ist ja klar. Nicht so bekannt ist, dass oft Stress und Ärger Leberschäden machen und dass durch langjährigen Verzehr von größeren Mengen Rohkost am Abend die Leber belastet werden kann. Also nach 19.00 Uhr möglichst wenig Rohkost wie Salate und rohes Gemüse essen.

Eine Hepatitis kann auch unerkannt ablaufen, denn einige junge und gesunde Menschen werden bei einer Hepatitis nicht gelb, sondern sind zum Beispiel nur drei Monate lang müde.

Außerdem gibt es auch noch andere Viren, zum Beispiel der Epstein-Barr-Virus, Morbus Pfeiffer, der sehr oft unerkannte Leberentzündungen verursacht und dort lebenslange Schäden zurücklassen kann. Dies kann aber beim Arzt im Blut genau untersucht werden, wenn man speziell darauf hinweist.

Ab wann wird Alkoholkonsum kritisch für die Leber?

Mansmann: Männer vertragen durch ihre größere Leber und größere Muskelmasse im Vergleich zur Fettmasse in der Regel mehr Alkohol als Frauen. Dabei ist auch entscheidend, ob der Alkoholkonsum selten oder täglich ist.

Als Faustregel kann gelten: Ein halber Liter Bier oder ein viertel Liter Wein am Tag macht bei Männern keinen Leberschaden. Aber täglich ein ganzer Liter Bier oder ein halber Liter Wein macht im Laufe der Zeit bereits deutlich messbare Leberschäden.

Wer am Wochenende einmal 2 bis 3 Liter Bier trinkt, dann aber 6 Tage keinen Alkohol, braucht kaum einen Leberschaden zu befürchten. Anders ist es, wenn zusätzlich Schnaps getrunken wird. Bei Frauen gilt etwas weniger, abhängig vom Körpergewicht. Eine 50 kg schwere Frau verträgt nur die Hälfte von einem 80 kg schweren Mann.

Fettes Essen: Ab wann wird es kritisch für die Leber?

Mansmann: Wenn die Galle-Abteilung der Leber gestört ist, äußert es sich in Druckgefühl im rechten Oberbauch, in hellem Stuhl, in Darmrumoren, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Bei Verstopfung des Gallenganges durch Steine, Entzündung oder Verkrampfung, die auch seelisch bedingt sein kann, kann der Stuhl sogar ganz grauweiß werden.

Diese Patienten sollten unbedingt Öle meiden, besonders wenn sie über 60 Grad erhitzt werden. Sie sollten Butter essen, mit Butter oder Butterschmalz kochen und braten und im Salat nur kalt gepresstes Distelöl oder Olivenöl verwenden.

Sind Lebererkrankungen ein Wohlstandsyndrom?

Mansmann: Dies kann man durchaus bejahen. Zu viel Alkohol, zu viel Gift wie zum Beispiel Umweltgifte, chemische Medikamente, Schwermetalle in Zähnen oder Kosmetik, und zu viel Stress und heruntergeschluckter Ärger. Dazu noch eine Überernährung mit zu viel Fett und Fleisch sowie zu wenig Flüssigkeit am Tag bei gleichzeitigem Bewegungsmangel.

Der Körper entgiftet über die Leber, den Darm, die Nieren und vor allem das Schwitzen. Jede Woche Sauna würde auf jeden Fall viel zur Entgiftung beitragen.

Wie erklärt sich die für Leberbeschwerden typische Gelbfärbung der Haut und oder Bindehaut?

Mansmann: Beim Abbau von roten Blutkörperchen entsteht der sogenannte Blutfarbstoff Hämoglobin. Er wird als gelb-grünliches Bilirubin von der Leber über den Gallensaft in den Darm abgegeben.

Bei einer Leberschwäche oder Leberentzündung oder einem Gallengangsverschluss bleibt dieser gelbe Farbstoff im Blut und staut sich im ganzen Körper, besonders in der Haut. In den sogenannten strömungsarmen Gebieten wie im Auge und in seiner direkten Umgebung sowie in Hand- und Fußrücken erkennt man dann die intensive gelbe Färbung am besten.

Was können noch die Ursachen von Lebererkrankungen sein?

Mansmann: Zu fettreiche Ernährung kann Fettleber-Hepatitis machen, auch Autoimmunerkrankungen der Leber und Tumorleiden, die aber insgesamt eher seltene Erkrankungen sind.

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