Frau hyperventiliert
© istockphoto, Zinkevych

Hyperventilation

Von: Dr. Ute Hillmann
Letzte Aktualisierung: 09.10.2012

Eine stressige Situation, große Hektik oder Aufregung, und schon kann es passieren: Ein Mensch gerät in Panik, hat plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, nicht mehr atmen zu können, als ob der Brustkorb auf einmal zu eng wäre. Und um sich zu helfen, fängt er an immer tiefer und schneller zu atmen, stoßweise und unnormal, über mehrere Minuten, bis sich die Finger und Hände verkrampfen und im schlimmsten Fall, bis er das Bewusstsein verliert und in Ohnmacht fällt.

Ursachen und Statistik

Hyperventilations-Syndrom nennt man das, etwa 5-10 % aller Erwachsenen sind von dieser psychogenen Störung betroffen. Vorzugsweise sind es junge Erwachsene im zweiten oder dritten Lebensjahrzehnt, im höheren Lebensalter tritt diese Störung nur noch selten zum ersten Mal auf.

Tendenziell geht man meist davon aus, dass junge Frauen häufiger betroffen sind als Männer, aber verschiedenen Untersuchungen ergaben, dass das Syndrom bei beiden Geschlechtern etwa gleich häufig anzutreffen ist. Angst, Panik oder akute Stresssituationen sind häufige Ursachen für das Hyperventilations-Syndrom.

Symptome einer Hyperventilation

Hyperventilation bedeutet übermäßige Atmung, also eine Atmung, die über das Maß dessen hinausgeht, was der Körper benötigt. Das hat verschiedene Störungen im Körper zur Folge, die sich als Symptome bemerkbar machen. Denn durch die schnellere und tiefere Atmung wird vermehrt Kohlendioxid abgeatmet, und das führt zu einem Anstieg des pH-Wertes im Blut.

Dadurch verschlechtert sich die Durchblutung beispielsweise an den Händen und Füßen, aber ebenso im Gehirn. Deshalb sind auch Kopfschmerzen, Nervosität und Schwindel oder kalte, feuchte Haut Symptome einer Hyperventilation. Und es kommt zu verschiedenen Stoffwechselreaktionen, unter anderem zu einer Verschiebung der Elektrolyte im Blut.

Hiervon ist auch das Kalzium betroffen, und das führt zu einer Übererregbarkeit der Muskulatur bis hin zu Muskelkrämpfen, beispielsweise zur so genannten Pfötchenstellung der Hände. All das sind Symptome einer Hyperventilation. Außerdem bestehen als Symptome Gefühlsstörungen wie Kribbeln, Ameisenlaufen oder Zittern. Normalisiert sich die Atmung wieder, sind alle Veränderungen und Störungen rückläufig.

Ausschluss anderer Ursachen

Ein Hyperventilations-Syndrom kann akut oder chronisch sein. Im Gegensatz zu einem akuten Syndrom, das der Arzt meist schon durch eine eingehende Befragung feststellen kann, sind die Beschwerden und Symptome bei chronischer Hyperventilation nur diffus und leicht, da der Körper sich meist an die veränderten Bedingungen gewöhnt hat. Die Veränderungen sind dann jedoch über eine Blutgasanalyse nachweisbar.

Bevor man aber davon ausgehen kann, dass es sich um ein Hyperventilations-Syndrom mit psychogener Ursache handelt, müssen körperliche Erkrankungen, die eine dem Bedarf angepasste und sinnvolle Steigerung der Atmung zur Folge haben, ausgeschlossen werden. Diese Form der sinnvollen Hyperventilation findet man beispielsweise bei Asthma, Herzschwäche oder Elektrolytstörungen.

Wie kann man im Anfall helfen

Das allerwichtigste ist, eine Person, die akut hyperventiliert, zu beruhigen und dabei selbst ruhig zu bleiben. Man sollte versuchen, der oder dem Betroffenen zu erklären, dass die Symptome wie Kribbeln oder Ameisenlaufen auf der Haut völlig harmlos sind und weggehen, wenn wieder normal geatmet wird.

Sehr hilfreich ist es, wenn man Blickkontakt mit der betroffenen Person bekommt, man sollte dann versuchen, ruhig und bestimmt die Aufmerksamkeit auf die Atmung zu richten, und mit klarer Stimme Anweisungen geben wie: ausatmen, einatmen. Dabei ist darauf zu achten, die Ausatmungszeit zu verlängern, also beispielsweise: Einatmen durch den geöffneten Mund, aber ausatmen mit geschlossenem Mund und durch die Nase. Hilft dies nichts, ist es manchmal angeraten, Hyperventilierende in eine Papiertüte oder eine Plastiktüte atmen zu lassen, die leicht vor Nase und Mund gehalten wird.

Ist keine Tüte vorhanden, kann man es mit der gewölbten, vorgehaltenen Hand probieren. Damit wird das zuviel ausgeatmete Kohlendioxid aufgefangen und kann vom Körper wieder aufgenommen werden. Das führt zu einem Ausgleich des Säure-Basen-Haushalts und der Zustand des Betroffenen normalisiert sich wieder. Aber Vorsicht, denn jemandem, der das Gefühl von Luftnot hat, eine Tüte vor Mund und Nase zu halten, kann erneut Angst und Panik auslösen. Deshalb sollte dies nur geschehen, wenn der Betroffene ansprechbar ist und selbst mitmacht.

Hilft alles nichts, muss ein Arzt gerufen werden, der ggf. ein Beruhigungsmittel gibt. Achtung! Liegt der Hyperventilation eine ernsthafte körperliche Erkrankung zugrunde, darf nicht in eine Tüte geatmet werden, da dies einen lebensbedrohlichen Sauerstoffmangel zur Folge haben könnte.

Weitere Artikel

Hilfe durch Atemtechnik und Verhaltensänderung

Eine große Bedeutung bei der Therapie kommt der Atemschulung zu, bei der die Betroffenen lernen sollen, auch im Anfall ihre Atmung zu kontrollieren. Hilfreich bei der Behandlung sind auch Entspannungsübungen wie Yoga oder autogenes Training. Kommt es aber immer wieder in bestimmten Situationen zu einer Hyperventilation oder ist das Hyperventilationssyndrom chronisch, sollte eine psychotherapeutische bzw. eine psychosomatische Behandlung angestrebt werden, um die Ursache zu erkennen und die Reaktionsweise mittels einer Therapie zu verändern.