Anomalien der Zähne und des Kiefers
Dass richtige und regelmäßige Zahnpflege ein wichtiger Bestandteil des täglichen Hygienerituals sein sollte, ist kein Geheimnis. Aber viele Zahnprobleme lassen sich nicht ausschließlich auf schlechte Zahnputz-Gewohnheiten reduzieren: Wer gut kauen will, braucht auch einen funktionstüchtigen Ober- und Unterkiefer. Im Bereich der Zähne und des Kiefern können jedoch zahlreiche Anomalien auftreten. Was steckt dahinter und wie erfolgt die Behandlung?
Ursachen für schiefe Zähne und Kieferanomalien
Es gibt zahlreiche Anomalien bei Zähnen und im Kiefer. Die meisten können mit einer kieferorthopädischen Behandlung über einen mehrjährigen Zeitraum behoben werden.
Die Ursachen für die Fehlstellungen sind in etwa zur Hälfte genetisch bedingt, bei den übrigen 50 Prozent sind aber Daumenlutschen und schlechte Nuckelgewohnheiten der Grund für schiefe Zähne. Karies im Kleinkind-Alter oder sogar der Verlust von Milchzähnen führen ebenfalls zu Problemen in Ober- und Unterkiefer.
Folgen von Zahnfehlstellungen und Kieferproblemen
Wenn Zähne sich überschneiden, schief oder zu eng stehen, dann fällt den Betroffenen meist nicht nur das strahlende Lächeln schwer. Häufige Folgen sind:
- Das Putzen und die Entfernung von Zahnbelägen mit Zahnseide werden erschwert. Ein sogenannter Zahnfehlstand erhöht das Risiko für Karies und Paradontose erheblich.
- Wenn die Zähne in Ober- und Unterkiefer beim Beißen nicht richtig aufeinandertreffen, dann sind sowohl Kau- als auch Verdauungsleistungen des Körpers betroffen. Im schlimmsten Fall können Magen-Darm-Reizungen die Folge sein.
- Auch Sprachfehler können auftreten.
- Zudem werden auch eine größere Anfälligkeit gegenüber Erkältungen und Entzündungen im Mund-Rachen-Raum auf Zahnfehlstellungen und Probleme im Kiefer zurückgeführt.
- Kopfschmerzen und Verspannungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, vor allem im Mund-Nacken-Bereich, haben ihre Ursache häufig in Fehlbelastungen des Kiefers.
Es gibt also genügend Gründe, um sich frühzeitig mit möglichen Problemen im Kiefer zu beschäftigen.
Diagnose beim Zahnarzt und Kieferorthopäden
Schiefe Zähne werden von den Eltern oft schon früh bemerkt. Auch wenn kieferorthopädische Behandlungen in der Regel frühestens mit acht oder neun Jahren beginnen, wird der Zahnarzt möglicherweise schon früher – eventuell im Kindergartenalter – einen Vorstellungstermin bei einem Kieferorthopäden empfehlen.
Ein früher Besuch beim Kieferorthopäden kann für den Verlauf einer Behandlung, die während des Zahnwechsels und vor Abschluss des Kieferknochen-Wachstums beginnt, wichtig sein. Oft sind zu einem frühen Zeitpunkt einfache Eingriffe wie Mundvorhofplatten oder herausnehmbare Spangen eine gute Vorbereitung auf die spätere Behandlung, die dann weniger aufwändig sein kann.
Eine kieferorthopädische Behandlung ist in jedem Lebensjahr möglich, wenn die Zähne kariesfrei sind und das Zahnfleisch entzündungsfrei ist.
Mittlerweile tragen auch immer mehr Erwachsene eine Zahnspange. Materialien wie Keramik- oder Glasfaserbrackets kommen den ästhetischen Ansprüchen der älteren Generationen eher entgegen als bunte Gummibänder oder Metallbrackets. Zudem müssen bei Erwachsenen eher Kiefergelenksbeschwerden behandelt werden.
Auch bei der Vorbereitung auf spätere Prothesen kann der Kieferorthopäde helfen und Zahnfehlstellungen korrigieren.
Behandlung gut vorbereiten
Zur exakten Diagnose werden Abdrücke von den Zahnreihen, Röntgenaufnahmen und unter Umständen Fotos angefertigt, die im Laufe der drei- bis fünfjährigen Behandlung wiederholt werden. Anschließend wird ein Behandlungs- und Kostenplan erstellt, der mit dem Patienten besprochen wird. Der kieferorthopädische Behandlungsplan wird von den Kostenerstattungsstellen – in der Regel den Krankenkassen oder die Service-Center der Zusatzversicherer – geprüft und genehmigt. Danach müssen der Patient und bei Minderjährigen auch die Eltern einen Behandlungsvertrag unterschreiben. Erst dann kommt es zu einer Terminabsprache für den eigentlichen Behandlungsbeginn.
Vor Beginn der eigentlichen Behandlung werden also folgende Schritte abgeklärt:
- Die Zielsetzung der Behandlung
- der Behandlungsplan
- die Art der Therapie (festsitzende oder herausnehmbare Hilfsmittel)
- die Festlegung von Beginn und Dauer
- die Folgeabschätzung
- die Kostenplanung
Behandlung von Zahn- und Kieferanomalien
Während der gesamten Behandlungszeit muss der Patient intensiv mitarbeiten. Das bedeutet, dass Kontrollbesuche alle 3 bis 8 Wochen eingehalten werden müssen, und das die Spangen, Klammern, Headgears oder übrigen Behandlungsgeräte entsprechend den Anweisungen tagsüber und/oder während der ganzen Nacht getragen werden müssen. Die gute Zahnpflege und regelmäßige Kontrollbesuche beim Zahnarzt sind ebenfalls ein fester Bestandteil des Behandlungsprogramms.
Spangen, Brackets & Co.
Ob feste Spangen, Brackets oder sogenannte Non-compliance-Geräte (Apparaturen, die ohne aktive Mitwirkung des Patienten die Zähne bewegen) zur Behandlung eingesetzt werden, entscheidet der Kieferorthopäde. In der Regel wird diese Entscheidung unter Einbeziehung des Patienten und der Eltern getroffen.
Wichtig ist vor allem, dass die Tragezeiten eingehalten werden. Das gilt vor allem für die sogenannte Retentionsphase, in der die neue Zahn- und Kieferstellung mit entsprechenden Retentionsgeräten gesichert und stabilisiert werden muss, bis die Zähne in der gewünschten Stellung bleiben. Diese Stabilisierungszeit ist in der Regel länger als die aktive Behandlungsphase, aber entscheidend für den dauerhaften Erfolg der Behandlung.
Die unsichtbare Zahnspange
Seit 1997 gibt es eine Behandlungsmethode für Zahnfehlstellungen, die sich aufgrund ihre Unauffälligkeit großer Beliebtheit erfreut. Die Invisalign®-Schienen sind fast unsichtbar und kommen ohne Drähte und Metall aus. Nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie bietet das neue System einige, nicht unwesentliche Vorteile:
- Die herausnehmbaren Schienen sind nahezu unsichtbar.
- Die häusliche Zahnpflege (Bürste, Zahnseide) ist uneingeschränkt möglich.
- Auch beim Tragekomfort und beim Sprechen bietet das Invisalign®-System Vorteile, insofern ist es für bestimmte Berufsgruppen mit besonderen ästhetischen und funktionellen Bedürfnissen (zum Beispiel Personen des öffentlichen Lebens, Blasmusiker) eine Bereicherung des Behandlungsinstrumentariums.
Auch anfängliche Bedenken, das Tragen der Schienen könne negative Effekte auf den Zustand des Zahnfleisches oder die Kiefergelenksfunktion haben, sind nach derzeitigem Kenntnisstand unbegründet. Allerdings ist das System nur unter bestimmten Voraussetzungen einsetzbar:
- alle Milchzähne müssen durch bleibende Zähne ersetzt sein
- das skelettale Wachstum abgeschlossen sein
Damit ist die unsichtbare Zahnspange für fast alle Teenager über 15 Jahre und alle Erwachsenen geeignet. Der Verband der Kieferorthopäden sieht jedoch auch einen nicht unerheblichen Behandlungsaufwand, der auch mit erhöhten Labor- und Materialkosten verbunden ist. Die Schienen werden im 3D-Verfahren hergestellt und müssen immer individuell gefertigt werden. Hersteller und Kieferorthopäde kommunizieren dabei interaktiv, der Hersteller übernimmt die Aufgaben eines Zahnlabors. Das Invisalign®-Verfahren ist deshalb nur gut ausgebildeten Behandlern zu empfehlen, die in Diagnostik und Therapie das gesamte kieferorthopädische Spektrum beherrschen.
Kostenübernahme bei einer kieferorthopädischen Behandlung
Die Kosten einer vertragszahnärztlichen kieferorthopädischen Behandlung werden bei Kindern und Jugendlichen von den gesetzlichen Krankenkassen in voller Höhe übernommen, wenn die Behandlung ordnungsgemäß durchgeführt und abgeschlossen wird. Dazu zahlen die Versicherten in der Regel während der Behandlung einen zehnprozentigen Eigenanteil pro Quartal, der nach dem Abschlussbericht des Kieferorthopäden erstattet wird. Werden in einer Familie mehrere Kinder gleichzeitig behandelt, sinkt der Eigenanteil.
Für über 18-jährige Versicherte werden die Kosten übernommen, wenn schwere Kieferanomalien vorliegen, die kombinierte kieferchirurgische und kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen erfordern. Die unsichtbare Zahnspange wird in der Regel nicht komplett von den Krankenkassen übernommen – auch hier lohnt sich ein Gespräch mit dem Versicherer.