Schizophrenie – Symptome, Ursachen & Therapie
Die Schizophrenie ist mit so vielen Vorurteilen behaftet wie sonst kaum eine andere psychische Erkrankung. Das mag nicht nur an der häufigen Verwendung des Begriffs schizophren im Sprachgebrauch liegen, sondern auch an der Vielzahl von Symptomen, mit denen sich die Erkrankung äußert. In akut psychotischen Phasen sind Wahrnehmung der Realität, Empfinden, Antrieb und Motorik massiv beeinträchtigt. Bei rascher Diagnose und engmaschiger Therapie ist die Prognose der Schizophrenie aber eine überraschend gute. Wir informieren über die Symptome und Behandlung der Erkrankung und beantworten die Frage, ob es verschiedene Arten der Schizophrenie gibt.
Definition: Was ist Schizophrenie?
Entgegen der landläufigen Meinung handelt es sich bei der Schizophrenie keineswegs um eine Identitäts- oder Persönlichkeitsstörung. So ist es nicht zuletzt die zugrundeliegende Wortbedeutung, die immer noch dafür sorgt, dass mit der psychischen Erkrankung allerhand Vorurteile verbunden sind. Aus dem Griechischen übersetzt heißt Schizophrenie nämlich so viel wie "gespaltener Geist".
Dabei hat Schizophrenie nichts mit einer Persönlichkeitsspaltung zu tun. Laut Definition handelt es sich vielmehr um eine schwerwiegende psychische Erkrankung, die den endogenen Psychosen zugerechnet wird – dies ist eine Gruppe von Erkrankungen, die nicht organisch bedingt sind. Die Schizophrenie selbst hat zwar ein sehr individuelles Erscheinungsbild, ist in der Regel aber durch Störungen der Wahrnehmung, des Denkens, des Erlebens, des Empfindens und des Antriebs gekennzeichnet. Auch kommt es zu Ich-Störungen sowie Störungen in der Motorik und Koordination.
Wer ist von Schizophrenie betroffen?
Weltweit erkranken etwa 0,5 bis ein Prozent aller Menschen im Laufe des Lebens an Schizophrenie. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen, wenngleich sich bei Männern die Krankheit im Schnitt etwa fünf Jahre früher bemerkbar macht. Der Krankheitsbeginn zeigt sich in der Regel zwischen der späten Pubertät und dem 30. Lebensjahr.
Welche Formen unterscheidet man bei Schizophrenie?
Wie verhält sich jemand, der schizophren ist? Eine pauschale Antwort auf diese Frage ist nicht möglich, denn die Beschwerden variieren so stark, dass es die "typische schizophrene Person" schlicht nicht gibt. So kommt es zwischen den verschiedenen Formen, in die man die Erkrankung bislang eingeteilt hat, nicht selten zu Überschneidungen. Deshalb wird nach ICD-11 – dem internationalen Klassifikationssystem für Krankheiten und Nachfolger des bislang geltenden ICD-10 – auch auf jegliche Einteilung verzichtet.
Zur besseren Orientierung finden Sie hier aber dennoch einen groben Überblick über die (bis dato unterschiedenen) häufigsten Arten der Schizophrenie:
- Paranoide Schizophrenie: Symptome wie Wahnvorstellungen und Halluzinationen sind zentral. Diese zeigen sich beim überwiegenden Anteil der Betroffenen.
- Hebephrene Schizophrenie: Veränderungen im Gefühlsleben stehen im Vordergrund. Affekte und Stimmungslage erscheinen für andere im Kontext unangemessen. Es kommt zu auffälligem Verhalten und fahrigem Denken.
- Katatone Schizophrenie: Motorische Auffälligkeiten wie Bewegungsdrang, Verlangsamung, plötzliches Erstarren oder auch das Ziehen von Grimassen sind zentrale Anzeichen. Katatone Symptome zeigen sich im Vergleich zu paranoiden oder hebephrenen Anzeichen seltener.
- Schizophrenes Residuum: Hiermit sind bleibende Symptome nach akuten Phasen der Psychose wie etwa Antriebslosigkeit, Affektarmut, depressive Verstimmung, Konzentrationsprobleme oder sozialer Rückzug gemeint.
Wie äußert sich eine Schizophrenie?
Nicht nur Symptome und Anzeichen sind individuell unterschiedlich, auch deren Ausprägung sowie der Verlauf von akuten Phasen variieren. Die Psychose kann plötzlich einsetzen, wenngleich häufiger ein schleichender Verlauf beobachtet wird. Nicht selten kündigt sich ein Krankheitsschub schon Wochen oder Monate zuvor an. Dann zeigen sich Anzeichen wie Zerstreutheit, Rastlosigkeit, Ruhelosigkeit, depressive Verstimmungen oder auch soziale Abschottung.
Auffällig ist ein deutlich erhöhtes Suizidrisiko, das bei rund zehn Prozent liegt. Entgegen einer häufigen Annahme neigen schizophrene Personen übrigens nicht zu fremdaggressiven Verhaltensweisen. Auch Lügen oder vermehrte Eifersucht gehören nicht zu den Symptomen einer Schizophrenie – diese Annahme basiert nur auf Vorurteilen. Sehr wohl zeichnen sich allerdings Symptome wie Wahn oder motorische Auffälligkeiten im Gesichtsausdruck oder den Augen Betroffener ab.
Ein akuter psychotischer Schub kann Tage oder Wochen bis hin zu Monaten andauern und ist von einer Vielzahl verschiedener Anzeichen geprägt. Auch in der Zeit davor und danach können Symptome deutlich erkennbar sein. Zentral sind Denkstörungen, Ich-Störungen und Störungen von Erleben, Sprechen, Affektivität und Motorik. Auch vegetative Funktionen können betroffen sein. Im Folgenden stellen wir Ihnen die wichtigsten Symptome des Krankheitsbildes näher vor.
Häufige Symptome einer Schizophrenie
Folgend finden Sie einen Überblick über die häufigsten Symptome, die bei einer Schizophrenie auftreten:
- Gedankenrasen oder verlangsamtes Denken sowie Wortneuschöpfungen und Gedankenabreißen
- Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen
- Wahngeschehen (Wahnzustände und wahnhafte Handlungen)
- Sinnestäuschungen – zumeist akustische Halluzinationen (etwa das Hören von Stimmen), aber auch optische, taktile (den Tastsinn betreffende), olfaktorische (den Geruchssinn betreffende) oder geschmackliche Halluzinationen sind möglich
- Störungen des Affekts (Stimmungs- und Gefühlserleben) wie depressive Verstimmung, Depressionen, Affektverflachung, unangemessene emotionale Reaktionen oder Gefühlslage, die einer Manie ähnelt
- Ich-Störungen – dabei verschwimmt die Grenze zwischen dem "Ich" und der Umwelt, man erlebt sich selbst als fremd oder fremdbestimmt (zum Beispiel Gefühl der Willensbeeinflussung)
- Störungen der Motorik: dazu zählen zum Beispiel Verlangsamung, übersteigerte Bewegungen, stereotype Bewegungsmuster, Nachahmen von Bewegungen, Erstarren oder Grimassieren)
- sozialer Rückzug, Isolation, erhöhte Suizidalität
Weitere mögliche Symptome sind Störungen des Magen-Darm-Trakts, des Schlaf-Wach-Rhythmus und des Herz-Kreislauf-Systems sowie Libidoverlust.
Was sind Positiv- und Negativsymptome?
Die Anzeichen einer Schizophrenie werden häufig in Positivsymptome und Negativsymptome unterteilt. Während bei der Positivsymptomatik etwas hinzukommt (etwa Wahnvorstellungen oder Halluzination), fällt bei der Negativsymptomatik etwas weg und Fähigkeiten lassen nach (zum Beispiel Konzentrationsstörungen oder verlangsamte Motorik).
Diagnose: Wann ist jemand schizophren?
Einen allgemeinen Test, um Schizophrenie festzustellen, gibt es nicht. Vielmehr erfolgt die Diagnose in der Regel nach bestimmten Kriterien (ICD-10) durch eine*n Fachärztin*Facharzt für Psychiatrie. So müssen aus bestimmten Symptomgruppen mindestens eines beziehungsweise mindestens zwei Symptome für eine Dauer von länger als einem Monat vorhanden sein. Außerdem gilt es, andere Gründe wie hirnorganische Erkrankungen oder Drogenkonsum beziehungsweise Entzugserscheinungen auszuschließen.
Die Diagnosekriterien sehen folgende Voraussetzungen vor:
Mindestens ein Symptom aus folgender Gruppe:
- Ich-Störungen wie Gedankeneingebung (Erkrankte nehmen die eigenen Gedanken als von Außenstehenden eingegeben wahr), Gedankenentzug (fehlende oder abgerissene Gedanken nähren den Verdacht, dass diese von außen zum Stillstand gebracht oder weggenommen werden) oder Gedankenlautwerden (Betroffene hören ihre Gedanken, als würden sie laut ausgesprochen werden)
- Wahnwahrnehmungen, Kontrollwahn, Beeinflussungswahn
- anhaltender bizarrer und völlig unrealistischer Wahn
- akustische Halluzinationen ("Stimmenhören")
Oder mindestens zwei Symptome aus folgender Gruppe:
- Halluzinationen (alle Sinneswahrnehmungen können betroffen sein)
- zerfahrenes Denken, abreißende Gedanken, Wortneuschöpfungen
- katatone Symptome (zum Beispiel Bewegungsdrang, stereotype Haltungs- oder Bewegungsmuster, Verlangsamen, Erstarren)
- Negativsymptome wie Sprachverarmung, Affektverflachung oder Apathie
Ursachen – wie entsteht Schizophrenie?
Wie fängt eine Schizophrenie überhaupt an? Wo liegen Ursachen und Risikofaktoren für die Entstehung der Krankheit? Grundsätzlich lässt sich – wie bei den meisten anderen psychischen Erkrankungen auch – kein konkreter Auslöser festmachen. Vielmehr geht man von einem Geschehen aus, bei dem mehrere Faktoren ungünstig zusammenspielen.
Dass die Schizophrenie zu einem gewissen Anteil vererbbar ist, gilt heute als gesichert. So zeigen Studien deutlich auf, dass die Wahrscheinlichkeit zu erkranken signifikant erhöht ist, wenn Elternteile oder Geschwister ebenfalls betroffen sind. Bei eineiigen Zwillingen liegt die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung dann sogar bei 50 Prozent, was deutlich für einen genetischen Einfluss spricht.
Weitere Faktoren sind Veränderungen in der Hirnstruktur (beispielsweise im limbischen System), Ungleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn (etwa Dopaminüberschuss) sowie psychosoziale Belastungen in der Kindheit und danach (zum Beispiel Verlusterfahrungen, Traumata, Vernachlässigung oder Missbrauch). Ein Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Drogenkonsum wird ebenfalls diskutiert.
Wie wird die Schizophrenie behandelt?
Ziel der Behandlung der Schizophrenie ist es stets, die Symptomatik zu beseitigen beziehungsweise abzuschwächen und die Phasen zwischen akuten Psychosen möglichst zu verlängern. Hierzu hat sich die Einnahme von bestimmten Medikamenten (Neuroleptika) in Kombination mit einer Psychotherapie bewährt. In den meisten Fällen ist eine ambulante Behandlung möglich, während akuter Psychosen kann allerdings auch ein Klinikaufenthalt ratsam sein.
Neuroleptika der neuen Generation, wie sie heute verschrieben werden, gleichen den Botenstoffwechsel im Gehirn aus und wirken antipsychotisch. Im Vergleich zu früheren Präparaten haben sie weit weniger Nebenwirkungen und sind durchaus gut verträglich. Als Dauermedikation eingesetzt, sorgen sie auch nach akuten Phasen für eine möglichst lange Beschwerdefreiheit.
Akute Symptome einer Schizophrenie beseitigt eine Psychotherapie zwar nicht, sie kann aber dabei helfen, den Leidensdruck zu reduzieren. Besondere Bedeutung kommt dieser Therapie in beschwerdefreien Zeiten zu, da hier vor allem der Umgang mit der Erkrankung im Fokus steht. Verhaltenstherapeutische Ansätze, Psychoedukation sowie Familientherapie sind zentrale Bestandteile der Behandlung.
Schizophrenie: Prognose und Verlauf
Eine Schizophrenie gilt im Prinzip als kaum heilbar, wenngleich es bei etwa 25 Prozent aller Betroffenen bei einer einzigen psychotischen Phase bleibt. Meist ist die Erkrankung aber durch das periodische Auftreten mehrerer Schübe gekennzeichnet, wobei zwischen den Krankheitsschüben mitunter viele beschwerdefreie Jahre liegen können. Manchmal bleiben Symptome zwischen einzelnen Episoden auch latent bestehen.
Da außerhalb akuter psychotischer Phasen eine gute Krankheitseinsicht gegeben und Dauermedikation mittlerweile gut verträglich ist, sind Einweisungen in die Psychiatrie seltener geworden. Schizophrenie gilt als gut behandelbar, wenngleich die Lebenserwartung dennoch etwa zehn bis fünfzehn Jahre unter dem Durchschnitt liegt. Das lässt sich damit erklären, dass häufig auch Suchterkrankungen vorliegen und die Suizidalität erhöht ist. Leider trifft dies auch auf andere psychische Erkrankungen zu.
Eine gute soziale Einbindung sowie eine durchgehende therapeutische Behandlung halten den Leidensdruck durch die Erkrankung meist gering. Entgegen einer verbreiteten Annahme sind Menschen mit Schizophrenie weder beziehungsunfähig noch außerstande, Liebe und Sexualität zu leben. Vielmehr tragen wertschätzende Beziehungen als stabilisierende Faktoren ebenfalls zu einer guten Prognose bei.