Lagerungsschwindel: Ursachen, Symptome & was tun?
Schnelle Bewegungen des Kopfes führen zu Schwindelgefühlen? Das kann ein Anzeichen für etwas sein, das als gutartiger Lagerungsschwindel bezeichnet wird. Diese Form des Schwindels ist auf eine Störung des Gleichgewichtsorgans zurückzuführen. Bestimmte Übungen und sogenannte Lagerungsmanöver gehören zur Behandlung. Im Folgenden erfahren Sie Wissenswertes rund um den Lagerungsschwindel, zum Beispiel, wie er entsteht, welche Ursachen er haben kann, ob es auch bösartigen Lagerungsschwindel gibt und ob für die Behandlung Medikamente benötigt werden. Außerdem stellen wir Ihnen eine der Übungen vor, mit denen man die Beschwerden behandeln kann.
Was ist Lagerungsschwindel?
Schwindel (Vertigo) ist ein Symptom, das verschiedene Ursachen haben kann. Es beschreibt ein Gefühl, bei dem die Umgebung als schwankend oder drehend wahrgenommen wird. Eine spezielle Schwindelform ist der Lagerungsschwindel, der im Fachjargon auch als benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPL) bezeichnet wird.
Ändern Betroffene rasch die Lage ihres Kopfes, dann tritt einige Sekunden später ein Schwindelgefühl auf. Dies geschieht beispielsweise, wenn dieser zur Seite geneigt oder nach hinten gelegt wird, beim Vorbeugen und Bücken, beim Umdrehen oder beim Aufstehen aus dem Liegen.
Der benigne (gutartige) paroxysmale (anfallsartige) Lagerungsschwindel ist die am häufigsten auftretende Schwindelform. Vor allem ältere Menschen leiden daran.
Gibt es bösartigen Lagerungsschwindel?
Lagerungsschwindel ist grundsätzlich ungefährlich und wird daher immer als gutartig bezeichnet. Bösartigen Lagerungsschwindel gibt es aus medizinischer Sicht nicht. Es wird jedoch manchmal von bösartigem Lagerungsschwindel gesprochen, wenn der Schwindel beruflich und privat als sehr belastend empfunden wird. Er kann beispielsweise auf Dauer zu Stress und Arbeitsunfähigkeit führen, das Autofahren beeinträchtigen oder die Gefahr für Stürze erhöhen.
Symptome: Wie merke ich, dass ich Lagerungsschwindel habe?
Gutartiger Lagerungsschwindel geht mit einem Schwindelgefühl einher, das als Drehschwindel bezeichnet wird. Das bedeutet, die Betroffenen haben den Eindruck, dass sich um sie herum alles dreht, ähnlich wie bei einer Karussellfahrt. Der Schwindel tritt innerhalb einer Minute nach dem Positionswechsel des Kopfes auf und dauert in der Regel nicht lange an. Nach ein paar Sekunden oder Minuten geht der Schwindelanfall von alleine weg.
Gleichzeitig mit der Schwindelattacke können beim Lagerungsschwindel auch Übelkeit und Erbrechen sowie Schweißausbrüche und Angstgefühle auftreten.
Häufig kommt es auch zu einem unkontrollierten Zittern der Augen, was als Nystagmus bezeichnet wird. Der Nystagmus hält üblicherweise für 10 bis 20 Sekunden an, dauert aber nie länger als eine Minute.
Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel: Ursachen
Ursache des benignen paroxysmalen Lagerungsschwindels sind lose Ablagerungen in den Bogengängen des Innenohrs, einem der Gleichgewichtsorgane.
Das Innenohr ist ein Gangsystem, das mit Flüssigkeit gefüllt ist. Kleine Sinneshärchen in den Bogengängen werden bei Bewegung durch die Flüssigkeit umgebogen und nehmen so die Position des Kopfes wahr. Befinden sich im Innenohr lose Ablagerungen in Form von winzigen Steinchen (Ohrsteinchen, auch: Otolithen oder Otokonien), können diese durch Kopfbewegungen in die Bogengänge rieseln. Dies reizt die dort befindlichen Sinneszellen. Die Wahrnehmung und das Gleichgewichtsgefühl werden gestört und es werden falsche Informationen an das Gehirn gesendet. Eine Schwindelattacke ist die Folge.
Otolithen können entweder rechts, links oder beidseitig in den Ohren vorkommen. Davon ist abhängig, welches Ohr den Lagerungsschwindel auslöst oder ob es sogar beide Ohren sind.
Oft tritt die Schwindelform im Alter zunehmend auf, dann stecken meist Alterungsprozesse im Gleichgewichtsorgan dahinter. Doch auch bei Migräne, nach Stürzen oder infolge eines Schädel-Hirn-Traumas kann es vermehrt zu den Schwindelattacken kommen. Auch eine längere Bettlägerigkeit, etwa infolge einer Erkrankung, gehört zu den möglichen Auslösern.
Diagnose des Lagerungsschwindels
Der benigne paroxysmale Lagerungsschwindel ist recht einfach zu diagnostizieren. Er wird jedoch oft nicht richtig erkannt, weil es viele verschiedene Schwindelarten und Ursachen für das Symptom Schwindel gibt, die sich mitunter ähneln können.
Bei Schwindelsymptomen ist es immer ratsam, eine Hausarztpraxis oder eine Praxis für Hals-Nasen- und Ohrenheilkunde (HNO) aufzusuchen. Zur Beschreibung der Schwindelbeschwerden sollten Betroffene folgende Fragen beantworten können:
- Wann tritt der Schwindel auf?
- Wie lange dauert eine Schwindelattacke?
- Wie häufig kommt es zu Schwindel?
- Wie fühlt sich der Schwindel an?
Oft kann der*die behandelnde Arzt*Ärztin bereits anhand der Schilderung typischer Symptome und Situationen einen entsprechenden Verdacht äußern. Zusätzlich können folgende Untersuchungen notwendig werden:
- Ohrmikroskopie
- Prüfung auf Nystagmus (Augenzittern)
- Funktionsprüfungen des Gleichgewichtsorgans
Zur Prüfung der Funktionen des Gleichgewichtsorgans wird der Kopf der betroffenen Person in bestimmte Positionen gebracht, die einen Schwindelanfall hervorrufen sollen (Lagerungsprüfung). Zu diesen sogenannten Diagnosemanövern gehören:
- Dix-Hallpike-Manöver
- Hallpike-Stenger-Manöver
Wenn ein solches Manöver Schwindel auslöst, kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Lagerungsschwindel handelt.
Selbsttest zur Diagnose
Die oben genannten Testmanöver können bei einem Verdacht auf Lagerungsschwindel auch selbst durchgeführt werden, um die Beschwerden selbst besser einschätzen zu können. Für eine sichere Diagnose ist es jedoch unumgänglich, dass eine ärztliche Untersuchung durchgeführt wird.
So geht das Hallpike-Stenger Manöver:
- Setzen Sie sich aufrecht mit gestreckten Beinen auf eine hohe Bettkante, eine Liege oder ein Sofa.
- Drehen Sie Ihren Kopf um 45 Grad nach rechts oder links.
- Lassen Sie sich vorsichtig, aber dennoch zügig nach hinten sinken und behalten Sie dabei die Kopfhaltung bei, sodass es zu einer Überstreckung der Halswirbelsäule kommt.
- Liegt ein Lagerungsschwindel vor, tritt ein Schwindelgefühl auf. Auch die Augen können unkontrolliert zittern.
- Schwindel tritt nur auf, wenn der Kopf zu der Seite gedreht ist, auf der das Gleichgewichtsorgan betroffen ist. Daher kann es sinnvoll sein, den Test mit der anderen Seite zu wiederholen.
So geht das Dix-Hallpike Manöver:
- Suchen Sie sich zunächst eine Person, die Sie bei diesem Manöver beaufsichtigt und Ihnen behilflich ist.
- Setzen Sie sich aufrecht auf eine hohe Bettkante oder eine Liege, direkt gegenüber Ihrer Hilfsperson.
- Drehen Sie den Kopf um 45 Grad nach rechts oder links.
- Lassen Sie sich vorsichtig, aber rasch auf die jeweils andere Seite sinken. Das bedeutet, wenn Sie den Kopf nach links gedreht haben, dann kippen Sie mit den Oberkörper nach rechts. Hierbei sollte der Kopf die Matratze oder Liege überragen, sodass es zu einer seitlichen Kopfhängelage kommt.
- Liegt ein Lagerungsschwindel vor, tritt nun ein Schwindelgefühl ein. Auch kann es zu unkontrollierten Augenbewegungen kommen.
- Nach wenigen Sekunden oder Minuten sollte der Schwindel abklingen und Sie sich wieder aufsetzen.
Behandlung des Lagerungsschwindels: Übungen
Die Therapie des Lagerungsschwindels besteht in erster Linie aus speziellen physiotherapeutischen Übungen im Sitzen oder Liegen, den sogenannten Befreiungsmanövern. Mithilfe dieser Übungen werden die losen Otolithen aus den Bogengängen entfernt und an ihren ursprünglichen Ort zurückverlagert. Die Übungen müssen in der Regel nur wenige Male durchgeführt werden und haben eine Erfolgsquote von nahezu 100 Prozent. Medikamente werden zur Therapie des Schwindels normalerweise nicht benötigt.
Die wichtigsten Befreiungsmanöver sind die Lagerungsmanöver nach:
- Epley
- Sémont
- Berbeque
Handelt es sich um einen ärztlich diagnostizierten Lagerungsschwindel, werden die Manöver in einer Praxis für Physiotherapie erlernt. Die Übungen können nach Anleitung auch alleine zu Hause durchgeführt werden.
Auch ohne Behandlung klingt der Schwindel n den meisten Fällen nach einer Dauer von einigen Wochen bis Monaten von alleine ab. Eine geeignete Therapie kann die Heilung jedoch erheblich beschleunigen.
Beispiel-Übung: Lagerungsübung nach Sémont
Die Manöver sollten am besten unter fachkundiger Aufsicht erlernt werden. Um Ihnen einen ersten Eindruck von der Art der Übungen zu vermitteln, stellen wir Ihnen im Folgenden das Lagerungsmanöver nach Sémont für das rechte Ohr vor. Ist das linke Ohr betroffen, müssen die Bewegungen entsprechend spiegelbildlich ausgeführt werden.
- Setzen Sie sich mittig auf die Bettkante oder Liege, sodass rechts und links von Ihnen genügend Platz bleibt, und entfernen Sie vorher Kissen oder Decken, die das Manöver behindern könnten. Drehen Sie den Kopf um 45 Grad nach links.
- Lassen Sie sich bei unveränderter Kopfhaltung zügig auf die rechte Seite sinken, Ihr Kopf liegt dabei auf der Matratze auf, Ihr Blick ist schräg nach oben gerichtet. Lassen Sie den auftretenden Schwindel abklingen, dies dauert meist ein bis zwei Minuten.
- Nun legen Sie den Oberkörper so rasch und schwungvoll wie möglich auf der linken Körperseite ab. Die Kopfposition bleibt dabei unverändert, sodass Ihr Blick nun zur Matratze gerichtet ist. Warten Sie erneut einige Minuten, bis der Schwindel abgeklungen ist.
- Kommen Sie langsam wieder in die aufrecht sitzende Position und lassen das Schwindelgefühl abklingen.
Dieses Manöver sollte jeweils dreimal hintereinander und mehrmals täglich ausgeführt werden. Ein geeigneter Zeitpunkt ist morgens nach dem Aufwachen. Verschwinden die Beschwerden dadurch, sollten die Übungen nicht länger angewendet werden.
Schlafposition bei Lagerungsschwindel
Bis heute ist nicht genau bekannt, welche Abläufe zum Lagerungsschwindel führen. Die Ergebnisse verschiedener Studien weisen darauf hin, dass es einen Zusammenhang geben könnte zwischen der Position des Kopfes während des Schlafs und dem Auftreten von Lagerungsschwindel. So konnte gezeigt werden, dass viele Betroffene auf dem Ohr schlafen, von dem der Schwindel ausgeht.
Es wird den Betroffenen mit Lagerungsschwindel daher geraten, auf die richtige Schlafposition zu achten. Empfohlen wird das Schlafen in Rückenlage.
Welches Kissen bei Lagerungsschwindel am besten geeignet ist, das muss jeder Mensch für sich selbst ausprobieren und entscheiden. Wichtig ist, dass Kopf und Nacken gut stabilisiert werden und die Halswirbelsäure ihre natürliche Form einnehmen kann.
Um zu klären, ob man mit einer Veränderung der Schlafpositionen einem Lagerungsschwindel sogar vorbeugen kann, werden weitere Studien benötigt.