Arzt untersucht jungen Mann
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Heilberufe und Gesundheitsfachberufe – was gehört dazu?

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 17.09.2013

Bei dem Begriff Heilberuf denken die meisten wohl an das Arbeitsfeld des Arztes. Doch in Deutschland zählen noch andere Berufsgruppen dazu – manche mit, andere ohne akademische Ausbildung. Darüber hinaus gibt es auch Gesundheitsfachberufe oder Heilpraktiker. Welche berufe stehen auf welcher Liste? Hier ein Pfad durch diesen Dschungel im Gesundheitswesen.

Heilberufe und Gesundheitsfachberufe: Begriffserklärung

Nicht jeder, der Krankheiten erkennt, heilt oder lindert, ist ein Angehöriger der Heilberufe – schließlich versorgen auch Mütter kleine Wehwehchen ihres Kindes oft selbst. Auf der anderen Seite zählen in Deutschland zu den anerkannten Heilberufen auch Berufsgruppen wie die Apotheker oder Kosmetikerinnen, an die man spontan nicht unbedingt denkt. Was genau sind also Heilberufe?

Die oben genannte Beschreibung ist eine wichtige Säule zur Charakterisierung von Heilberufen: Dies sind berufliche Tätigkeiten, die der Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten oder Behinderungen dienen oder Leistungen der vorbeugenden Gesundheitspflege erbringen. Dabei wird unterschieden zwischen den Heilberufen im engeren Sinn, den akademischen Heilberufen, und den Heilberufen ohne akademische Ausbildung, die auch als Gesundheitsfachberufe oder Medizinalfachberufe bezeichnet werden. Die Gruppe der Heilpraktiker nimmt eine Sonderstellung ein.

Akademische Heilberufe

Diese zeichnen sich durch eine bundesgesetzlich geregelte universitäre Ausbildung aus, und zwar zum Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Psychotherapeuten (psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut). Die Erlaubnis zur Ausübung des Berufs heißt Approbation und ist zwingende Voraussetzung dafür, in dem jeweiligen Beruf tätig zu werden.

Regelungen

Ausbildung, Zulassung und Berufstätigkeit sind in Bundes- und Landesgesetzen geregelt, für die Regelung der Berufsausübung und Weiterbildung sind die Länder zuständig. In manchen Bundesländern sind die einzelnen Gesetze für akademische Heilberufe zu einem Heilberufekammergesetz zusammengefasst. Akademische Heilberufe sind typischerweise in öffentlich-rechtlichen Berufsorganisationen ("Kammern“, z.B. Ärztekammer) organisiert, die auf landesrechtlicher Ebene die Berufsausübung, Berufsvertretung und Berufsgerichtsbarkeit regeln.

Leistungen

Ein Arzt ist berechtigt, alle aus seiner Sicht notwendigen und angemessenen Tätigkeiten auszuführen, die den medizinischen Standards und Regeln der Heilkunst entsprechen müssen. Dabei ist er verpflichtet, Dienlichkeit und Risiken sowie Alternativen gewissenhaft zu prüfen und den Patienten über seine Überlegungen und Schritte genau informieren. Nicht bei all solchen Leistungen werden die Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sondern etliche müssen als individuelle Gesundheitsleistungen (IgeL) vom Patienten selbst bezahlt werden.

Gesundheitsfachberufe

Diese werden auch als Medizinalfachberufe bezeichnet und umfassen eine Vielzahl mehr oder weniger bekannter, ganz unterschiedlicher Berufe. Andere Bezeichnungen wie nichtärztliche Heilberufe, Heilhilfsberufe, Heilergänzungsberufe oder medizinische Assistenzberufe werden von den verschiedenen Berufsgruppen oft als diskriminierend empfunden, da sie weder die große Palette der Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten, noch die rechtlichen Regelungen angemessen spiegeln.

Regelungen

Die Ausbildung und Ausübung der Gesundheitsfachberufe ist mittels Rechtsvorschriften geregelt – der Zugang zum Beruf auf bundesrechtlicher Ebene durch das Erteilen einer Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung. Da die Bundesländer Spielraum bei der Umsetzung der Gesetze haben, können sich Ausbildungsinhalte und Qualifikationsstandards unterscheiden. Die etwa 50 Berufsbezeichnungen sind in Gruppen zusammengefasst:

  • Geburtshilfe (z.B. Hebamme)
  • Alten- und Krankenpflege (z.B. Kinderkrankenschwester)
  • Assistenzberufe in Arztpraxen und Apotheken (z.B. pharmazeutisch-technischer Assistent)
  • Medizinisch-technischer Bereich (z.B. medizinisch-technischer Radiologieassistent)
  • Rehabilitation (z.B. Physiotherapeut, Diätassistent)
  • Im weiteren Sinn auch Gesundheitshandwerk (z.B. Hörgeräteakustiker)
  • Sonstige wie Hygieneberufe (z.B. Desinfektor) und Berufe mit sozialer Prägung (z.B. Heilerzieher)

Heilpraktiker

Heilpraktiker nehmen eine Sonderstellung ein: Sie durchlaufen keine akademische oder anderweitig gesetzlich geregelte Ausbildung und im Gegensatz zu allen anderen Heilberufen bedarf es keines staatlichen Examens zur Berufsausübung. Einzige gesetzliche Voraussetzung sind eine abgeschlossene Hauptschulausbildung, die Vollendung des 25. Lebensjahres und eine – nicht geregelte – Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragsstellers durch das Gesundheitsamt. Ist diese positiv ausgefallen, erhält er eine staatliche Genehmigung zur beruflichen Ausübung der Heilkunde, wird im zuständigen Gesundheitsamt registriert und ist – wie die akademischen Heilberufe – selbständig tätig.

Regelungen

Der Beruf des Heilpraktikers ist in Deutschland durch das Heilpraktikergesetz und die Erste Durchführungsverordnung dazu geregelt. Allerdings wird er nicht explizit definiert, sondern nur durch die Abgrenzung zum Berufsbild des Arztes bestimmt ("Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“, also ohne Approbation). Auch um die Qualität und Seriosität ihres Berufsstandes zu sichern, sind viele Heilpraktiker freiwillig in Berufsverbänden organisiert. Dies sind bürgerlich-rechtliche Vereine, von denen wiederum die sechs größten als Gemeinschaftsinitiative "Die Deutschen Heilpraktikerverbände“ (DDH) nach außen zusammen auftreten. Die Heilpraktikerverbände haben auch ein Gebührenverzeichnis herausgegeben, an dem sich seriöse Heilpraktiker in der Regel orientieren.

Leistungen

Heilpraktiker dürfen - wie Ärzte und Psychotherapeuten - "Heilkunde am Menschen ausüben“ (im Heilpraktikergesetz definiert als "berufs- oder gewerbsmäßiges Feststellen, Heilen oder Lindern von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen“), unterliegen dabei aber einigen Beschränkungen: Sie dürfen nicht meldepflichtige Infektionskrankheiten und Geschlechtskrankheiten sowie Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten therapieren, untersagt ist ihnen auch die Geburtshilfe, die Untersuchung und Therapie von Geschlechtsorganen, die Verordnung verschreibungspflichtiger Medikamente, die Anwendung von Röntgenstrahlen, die Transplantation von Geweben und Organen, die Durchführung von Bluttransfusionen und die Leichenschau mit dem Ausstellen von Totenscheinen.

Ansonsten dürfen Heilpraktiker z.B. spritzen, Knochenbrüche behandeln sowie vielfältige Diagnose- und Therapieverfahren einsetzen. Sie dürfen eine Praxis führen und eine Klinik leiten. Heilpraktiker dürfen damit – auch ohne gesetzlich geregelte Ausbildung – mehr tun als z.B. eine Gesundheits- und Krankenpflegerin (früher Krankenschwester)! Allerdings gilt auch hier: Ein Heilpraktiker darf wie jeder andere Angehörige eines Heilberufs nur gemäß seiner Kenntnisse und Fähigkeiten agieren und kann für das, was er tut, genauso zur Verantwortung gezogen werden. Ein Heilpraktiker unterliegt wie ein Arzt der Schweigepflicht, allerdings in geringerem Ausmaß.