Frau bei einer Dialyse
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Dialyse: Verfahren zur Nierenersatztherapie

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.10.2021

Wenn die Nieren es nicht mehr schaffen, ihrer Funktion der Gift- und Wasserausscheidung nachzukommen, müssen ihre Aufgaben anderweitig übernommen werden. Die Dialyse, eine Form der Blutwäsche (Apherese), kommt dann zum Einsatz. Dabei wird zwischen Hämodialyse und Peritonealdialyse unterschieden. Was sind die Vorteile und Nebenwirkungen der verschiedenen Verfahren und was müssen Betroffene bezüglich Alltag und Ernährung beachten? Lesen Sie mehr zum Leben mit Dialyse.

Wann wird eine Dialyse durchgeführt?

Die Antwort ist im Prinzip einfach: immer dann, wenn die Nierenfunktion so schlecht ist, dass die betroffene Person ohne Therapie eine Harnvergiftung entwickeln würde. Häufigste Ursache ist das chronische Nierenversagen, im Fachjargon auch als chronische Niereninsuffizienz bezeichnet. Dieser liegen viele mögliche Auslöser zugrunde – an erster Stelle ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus und Bluthochdruck. Aber auch Entzündungsprozesse in der Niere oder bestimmte Medikamente können zu chronischem Nierenversagen führen.

Neben deutlich wahrnehmbaren Symptomen, wie Erbrechen, Übelkeit, Juckreiz oder Hautentzündungen, können auch erhöhte Harnstoff- oder Kreatininwerte auf eine Funktionsstörung der Nieren hinweisen. Ebenso kann ein Eisenmangel durch eine chronische Niereninsuffizienz verursacht werden.

Bei der chronischen Niereninsuffizienz muss entweder eine Dialyse lebenslang durchgeführt werden oder der Patient erhält eine neue Niere (Nierentransplantation).

Auch beim akuten Nierenversagen kommt die Nierenersatztherapie zum Einsatz. Mit der Dialyse wird die Zeit überbrückt, bis die eigentliche Ursache überwunden und die Nierenfunktion wieder hergestellt ist. Eine Blutvergiftung, Operationen oder bestimmte Erkrankungen können akutes Nierenversagen auslösen und zeitweise eine Dialyse notwendig machen.

Daneben wird die Blutwäsche auch bei Vergiftungen angewendet, um die schädlichen Substanzen möglichst schnell wieder aus dem Körper zu entfernen.

Ab welchem Harnstoff- und Kreatininwert muss man an die Dialyse?

Sind Harnstoff- und Kreatininwert erhöht, kann dies ein Hinweis auf eine Funktionsstörung der Nieren sein. Inwieweit diese durch eine Dialyse behandelt werden muss, muss der*die behandelnde Arzt*Ärztin im Einzelfall entscheiden.

Bei Kreatinin handelt es sich um ein Abbauprodukt von Kreatininphosphat. Dieses wirkt unter anderem als Energielieferant in den Skelettmuskeln. Kreatinin wird normalerweise über die Nieren ausgeschieden. Ist die Nierenfunktion gestört, sammelt sich Kreatinin im Blutserum an.

Folgende Kreatininwerte gelten als erhöht:

  • Männer über 50: > 1,25 mg/dl
  • Erwachsene Männer unter 50: > 1,44 mg/dl
  • Erwachsene Frauen: > 1,09 mg/dl

Dabei muss der Kreatininwert aber immer in Bezug auf die Muskelmasse interpretiert werden. Ist wenig Muskelmasse vorhanden, können auch niedrigere Werte bereits auf eine Niereninsuffizienz hinweisen. Umgekehrt ist bei erhöhter Muskelmasse auch der Kreatininwert immer leicht erhöht.

Auch erhöhte Harnstoffwerte können einen Hinweis auf ein akutes oder chronisches Nierenversagen liefern. Als erhöht gelten bei Männern und Frauen Werte über 50 mg/dl.

Wie funktioniert die Dialyse?

Das Prinzip aller Dialyseformen ist gleich: Das Blut fließt durch sehr kleine Röhrchen (Kapillare) die von einer Austauschflüssigkeit (Dialysat) umgeben sind. Die Wände dieser Röhrchen sind aus einer teilweise durchlässigen Membran aufgebaut. Teilchen und Wasser gelangen durch Konzentrationsunterschiede und/oder aktiv ausgeübten Druck auf die andere Seite der Membran.

Auf diese Weise können harnpflichtige Schlackenstoffe, andere Abfallstoffe und überschüssiges Wasser sowie überschüssige Mineralstoffe aus dem Blut entfernt werden. Größere Stoffe, wie Blutzellen, Fett oder Kohlenhydrate, können nicht durch die Membran wandern. Die Membran kann außerhalb (extrakorporal) oder innerhalb (intrakorporal) des Körpers liegen.

Welche Dialyseverfahren gibt es?

Man unterscheidet zwei Formen der Dialyse: Die Hämodialyse, zu der auch die Hämodialfiltration und die Hämofiltration zählen, sowie die Peritonealdialyse. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Formen genauer erklärt.

Hämodialyse: Ablauf und Nebenwirkungen

In Deutschland überwiegt die Anwendung der Hämodialyse (HD). Dabei wird direkt an den Blutkreislauf eine "künstliche Niere" (= Hämodialysator) angeschlossen, die zwar keine optische Ähnlichkeit mit den richtigen Nieren hat, aber in gewissen Grenzen deren Funktion nachahmen kann.

Der Hämodialysator besteht aus einem System mehrerer Kunststoffmembranen, an denen das gerinnungsunfähig gemachte Blut mittels einer Pumpe vorbeigeführt wird. Auf deren anderen Seite befindet sich ein Dialysat, in welches die Schlackenstoffe durch den Konzentrationsunterschied übertreten. Zusätzlich wird Wasser abgepresst ("Ultrafiltration"). Eine Maschine überwacht den genauen Ablauf, die Funktionen, Temperatur, Blutdruck und andere Parameter. Die Prozedur dauert 3 bis 5 Stunden und benötigt etwa 120 Liter Wasser.

Die Behandlung wird meist in speziellen Dialysezentren durchgeführt. Relativ häufige Nebenwirkungen der Dialyse sind Kreislaufstörungen mit Blutdruckabfall und Übelkeit und Muskelkrämpfen, Herzrhythmusstörungen, eine erhöhte Blutungsneigung sowie Unverträglichkeiten auf Bestandteile des Dialysates.

Hämofiltration (HF)

Im Gegensatz zur normalen Hämodialyse gibt es bei der Hämofiltration kein Dialysat. Stattdessen passieren bei dieser Form der Dialyse die Abfallstoffe die Membran nicht passiv, sondern werden mit dem Blutserum aktiv hindurch gepresst. Dabei werden größere Stoffe, die ansonsten langsam durch die Membran wandern würden, besser entfernt, kleinere aber schlechter.

Auch geht während des Verfahrens viel Flüssigkeit verloren. Die entfernte Flüssigkeit wird durch eine Infusionslösung ersetzt. Die HF wird nur selten eingesetzt und findet meist auf der Intensivstation Anwendung, beispielsweise bei akutem Nierenversagen infolge eines Schocks.

Hämodiafiltration (HDF)

Wie der Name vermuten lässt, ist dieses Verfahren eine Kombination der beiden oben genannten Verfahren. Während der HDF können sowohl kleine als auch größere Stoffe gut aus dem Blutserum entfernt werden. Wie die Hämodialyse findet sie in der Regel dreimal wöchentlich statt.

Hämoperfusion

Bei dieser Art der Dialyse wird das Blut durch Substanzen geleitet, die Schadstoffe absorbieren können. Dazu zählt beispielsweise Aktivkohle. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Vergiftungen zum Einsatz.

Peritonealdialyse (PD): Ablauf und Nebenwirkungen

Dieses Verfahren macht sich die halbdurchlässigen Eigenschaften des Bauchfells (Peritoneum) und der Gefäßwände zunutze. Betroffenen wird ein dauerhaft liegender Kunststoffkatheter eingepflanzt, über den vier- bis sechsmal täglich die sterile Spülflüssigkeit in die Bauchhöhle eingeleitet, dort 5 bis 8 Stunden belassen und wieder abgelassen wird. Die Giftstoffe aus dem Blut wandern durch das Bauchfell in die Flüssigkeit und können so entfernt werden. Im Gegensatz zur Membran bei der Hämodialyse können Proteine das Bauchfell passieren. Deshalb muss dieser Proteinverlust durch die Ernährung ausgeglichen werden.

Das Verfahren kann in verschiedenen Modifikationen und mit zusätzlichen Geräten durchgeführt werden und zwar von der betroffenen Person selbst. Das hat den Vorteil der Unabhängigkeit und Flexibilität, eine gleichmäßigere Konzentration der Giftstoffe im Blut und weniger strikte Diäterfordernisse. Damit ist die PD besonders für Kinder geeignet. Nachteil ist, dass die Gefahr einer Bauchfellentzündung sowie von Nabel- oder Leistenbrüchen erhöht ist. Zudem kann es zu Infektionen am Katheter kommen oder dieser kann sich verschieben oder verstopfen.

Wozu dient ein Shunt bei der Dialyse?

Da sich die Giftstoffe nach und nach wieder im Blut ansammeln, muss die Dialyse etwa dreimal pro Woche durchgeführt werden. Da dafür regelmäßig ein Zugang zum Blutsystem nötig ist, wird bei Patient*innen ein sogenannter Shunt gelegt– eine ständige Verbindung zwischen einer Arterie und Vene, in der Regel am Unterarm, wodurch sich die Vene stark weitet und deshalb gut punktiert werden kann.

Mögliche Komplikationen sind Infektionen und Verschlüsse des Shunts. Als Alternative kann ein zentralvenöser Katheter gelegt werden.

Kann man trotz Dialyse normal leben?

2019 gab es in Deutschland es knapp 80.000 Dialysepatient*innen. Für Betroffene bedeutet eine solche Blutwäsche eine immense Veränderung des normalen Alltags sowohl im Privaten als auch im Beruf. Zwar sind flächendeckende und wohnortnahe Behandlungen in Dialysezentren möglich und vielerorts erlauben Angebote zur Spät- und Nachtdialyse eine gewisse Flexibilität, trotzdem muss das Leben stark auf die Therapie abgestimmt werden und diese vereinnahmt viel Zeit.

Glücklicherweise sind mittlerweile auch weltweit zunehmend Behandlungseinrichtungen zu finden, sodass Dialysepatient*innen auch reisen können. Betroffene müssen auch ihre Ernährung der Nierenerkrankung anpassen, was die meisten als weitere Einschränkung der Lebensqualität empfinden.

Größere Flexibilität kann zudem die Peritonealdialyse bieten, da diese Form der Dialyse zu Hause durchgeführt werden kann. Betroffene werden vorher entsprechend geschult. Können die Hygienevoraussetzungen eingehalten werden, ist eine Peritonealdialyse auch im Urlaub oder am Arbeitsplatz möglich.

Ernährung bei Dialyse

Betroffene, die regelmäßig eine Dialyse-Behandlung erhalten, müssen einige Ernährungsregeln beachten. Bei der Trinkmenge, die pro Tag aufgenommen werden darf, gibt es eine einfache Faustregel:

  • Hämodialysepatient*innen: Ausscheidungsvolumen + 500 ml/Tag
  • Peritonealdialysepatient*innen: Ausscheidungsvolumen + 800 ml/Tag

Tee, Limonade, oder Mineralwasser sind dabei beispielsweise gut geeignet. Ungeeignet sind beispielsweise Wein und Bier, Cola-Getränke oder Fruchtsaft.

Da es zum vermehrten Abbau von Proteinen kommen kann, müssen Betroffene auf eine eiweißreiche Ernährung achten. Insbesondere Lebensmittel mit tierischem Eiweiß, wie Eier, Fleisch oder Fisch, sollten häufiger verzehrt werden.

Kalium und Phosphat in Lebensmitteln sollten reduziert werden. Reis oder Nudeln sind eine geeignetere Beilage als beispielsweise Kartoffeln. Milch und frisches Obst (vor allem Obstpüree) sollten gemieden und Gemüse ausreichend durchgegart werden.

Es empfiehlt sich in jedem Fall, mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin einen passenden Ernährungsplan aufzustellen oder auch eine Ernährungsberatung wahrzunehmen.

Nebenwirkungen und Spätfolgen der Therapie

Da trotz optimaler Therapie nie die Leistung einer gesunden Niere erreicht wird, sind Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit der Betroffenen trotz der Behandlung eingeschränkt. Als Spätschäden können Gefäßverkalkungen, Herzerkrankungen, Knochen- und Gelenkschäden auftreten.

Eine Nierentransplantation ist eine alternative Therapiemöglichkeit. Allerdings ist auch diese mit Risiken verbunden und erfordert auch nach einer erfolgreichen Operation die lebenslange Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken.