Heparin: Nebenwirkungen von Thrombosespritzen & Co.
Heparin ist ein Gerinnungshemmer (Antikoagulans), der in der Regel gut verträglich ist. Er kann aber, genau wie viele andere Wirkstoffe auch, Nebenwirkungen haben. Eine schwerwiegende Nebenwirkung ist die Thrombozytopenie, die insbesondere bei der regelmäßigen Anwendung von Heparin in Form von Thrombosespritzen auftreten kann. Welche unerwünschten Effekte sind noch möglich und wann darf man Heparin nicht einsetzen?
Nebenwirkungen von Heparin
Zunächst einmal kann man festhalten, dass es bei dem sogenannten niedermolekularen Heparin (NMH) deutlich seltener zu Nebenwirkungen kommt als bei dem schneller wirkenden unfraktionierten Heparin (UFH). Letzteres wird insbesondere in Notfällen eingesetzt, beispielsweise in Form einer Injektion bei akuter Thrombose oder bei einem Herzinfarkt.
Generell kommt es durch die Verwendung des Wirkstoffes sehr häufig zu einer erhöhten Blutungsneigung. Aus diesem Grund muss während der Behandlung darauf geachtet werden, dass die Patient*innen möglichst keiner Verletzungsgefahr ausgesetzt sind. Gerade Kinder und ältere Personen sollten deswegen nur eingeschränkt mit Heparin behandelt werden.
Eine erhöhte Blutungsneigung ist vor allem zu beobachten, wenn Heparin gespritzt wird, etwa weil regelmäßige Injektionen gegen Thrombose verordnet wurden. Symptome wie Nasenbluten, Hautblutungen, Magen-Darm-Blutungen und Schleimhautblutungen treten dann verstärkt auf. Ob und wie stark diese Blutungen auftreten, hängt in erster Linie von der verabreichten Dosis ab. Heparin hat zwar keinen Einfluss auf den Stuhlgang. Da die genannten Blutungen jedoch auch den Verdauungstrakt betreffen können, ist es möglich, dass sich diese Blutspuren beim Stuhlgang zeigen. Bei Verdacht auf Blutungen im Magen-Darm-Trakt sollte das Medikament umgehend abgesetzt und zeitnah ärztlicher Rat gesucht werden.
Auch bei einer äußerlichen Anwendung sehr hoher Dosen des Wirkstoffes (ab 180.000 IE, Internationale Einheiten, eine Mengenangabe zur Dosierung von Medikamenten) kann laut Herstellerangaben eine erhöhte Blutungsneigung auftreten. Zudem kann es in seltenen Fällen zu allergischen Hautreaktionen kommen. Zusätzlich zu einer Rötung der Haut können die betroffenen Stellen dann jucken und brennen.
Auch beim Einsatz von Heparin in Form von Spritzen kann es an der Injektionsstelle zu lokalen Reaktionen wie Rötungen, Verhärtungen sowie kleineren Blutergüssen kommen. Zudem können sich die Gallen- und Leberwerte erhöhen, was sich meistens nach dem Absetzen des Medikaments von alleine wieder normalisiert.
Gelegentlich führt Heparin zu Schlafstörungen, was bei Betroffenen zu verstärkter Müdigkeit und Erschöpfung führen kann. Nur sehr selten sind bislang Nebenwirkungen wie vorübergehender Haarausfall, Osteoporose (bei längerer Anwendung) oder ein allergischer Schock aufgetreten.
Kommt es durch Heparin zu stärkeren Blutungen oder wurde das Medikament überdosiert, kann als Antidot (Gegenmittel) Protamin verabreicht werden. Dieses Mittel hebt die Wirkung von Heparin auf.
Führt Heparin zu einer Gewichtszunahme?
Heparin selbst führt nicht zu einer Gewichtszunahme. Einzelne Erfahrungsberichte über eine Gewichtszunahme nach der Gabe von Heparin-Spritzen sind vermutlich darauf zurückzuführen, dass Heparin häufig nach Operationen verschrieben wird. Wenn Menschen sich vorübergehend nur eingeschränkt bewegen können und viel liegen müssen, werden weniger Kalorien verbraucht und die Muskelmasse nimmt ab. Isst man weiterhin gleichviel, kann daher eine Gewichtszunahme die Folge sein, auch wenn diese nicht durch das Medikament selbst verursacht wird.
Heparininduzierte Thrombozytopenie (HIT)
Eine gefährliche Nebenwirkung von Heparin ist die heparininduzierte Thrombozytopenie. Dabei kommt es zu einem Abfall der Thrombozytenzahl. Thrombozyten sind die Blutplättchen. Sie werden zur Blutgerinnung benötigt. Eine Thrombozytopenie ist bisher nur als Folge von Heparin-Spritzen bekannt. Ein Auftreten nach der Anwendung von Heparin-Salbe oder -Gel kann aber bislang nicht sicher ausgeschlossen werden.
Eine HIT tritt deutlich häufiger nach der Gabe von unfraktioniertem Heparin auf, weshalb die Nutzung von niedermolekularem Heparin möglichst bevorzugt werden sollte. Bei niedermolekularem Heparin tritt sie mit einer Häufigkeit von weniger als einem Prozent auf, beim unfraktioniertem Heparin liegt die Wahrscheinlichkeit bei fünf Prozent. Während der Heparin-Gabe und einige Zeit darüber hinaus sollte im Blut die Thrombozytenanzahl regelmäßig gemessen werden. So kann eine mögliche Thrombozytopenie frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Generell werden zwei verschiedene HIT-Typen unterschieden.
Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ I
In den ersten Tagen der Behandlung kommt es zu einem leichten Abfall der Thrombozytenzahl (Reduzierung um höchstens 30 Prozent), der sich jedoch von selbst wieder zurückbildet. Eine Behandlung ist deswegen in der Regel nicht nötig. Meist treten keine Symptome auf. Wird die HIT vom Typ I im Rahmen einer Kontrolluntersuchung bemerkt, wird die Therapie mit Heparin in der Regel unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle wie gewohnt fortgesetzt.
Heparininduzierte Thrombozytopenie Typ II
Das Auftreten einer heparininduzierten Thrombozytopenie vom Typ II hängt mit der Dauer der Heparin-Gabe zusammen. In den meisten Fällen tritt diese Nebenwirkung bei wiederholter Anwendung (etwa bei der vorbeugenden Anwendung von Thrombosespritzen) zwischen dem fünften und 14. Anwendungstag auf. Beim einmaligen Spritzen von Heparin kann diese aber auch erst nach zwei Wochen auftreten. Dieser potenziell lebensbedrohliche Typ II ist zum Glück seltener als Typ I.
Durch die Gabe des Wirkstoffes wird eine Antikörperreaktion ausgelöst. Diese sorgt dafür, dass die Blutgerinnung nicht gehemmt, sondern weiter aktiviert wird. Dadurch kann es zur Bildung von Blutgerinnseln (Thromben) kommen, die im schlimmsten Fall einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie auslösen können. Symptome, die auf eine HIT vom Typ II hinweisen können, sind Fieber, Kurzatmigkeit, Herzrasen sowie Gewebeschäden an der Einstichstelle.
Bei diesem Typ der heparininduzierten Thrombozytopenie kann die Anzahl der Blutplättchen in Extremfällen um über 50 Prozent abnehmen. Besteht der Verdacht, dass eine solche Erkrankung vorliegt, muss die Gabe des Wirkstoffes sofort abgebrochen und dringend ärztlicher Rat gesucht werden. Um die Grunderkrankung weiterhin behandeln zu können, sollte ein anderer Gerinnungshemmer eingenommen werden. Infrage kommen zum Beispiel Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine). Der Wirkstoff Danaproid ist darüber hinaus das einzige Mittel, das zur Vorbeugung und Behandlung einer heparininduzierten Thrombozytopenie zugelassen ist.
Gegenanzeigen beachten
Während Heparin in Salben und Cremes bis auf wenige Ausnahmen, die Sie im Zweifelsfall dem Beipackzettel des Medikamentes entnehmen können, bedenkenlos äußerlich angewendet werden kann, gibt es für den Gebrauch von Injektionslösungen wie Thrombosespritzen einige Gegenanzeigen.
So darf der Wirkstoff unter anderem in folgenden Fällen nicht injiziert werden:
- bei Vorliegen einer Thrombozytopenie – also eines Blutplättchenmangels – des Typs II
- bei schwerem Bluthochdruck
- bei Verdacht auf Erkrankungen, bei denen ein Gefäß verletzt wurde, wie beispielsweise eine Hirnblutung
- vor Operationen
- bei akuten, starken Blutungen, zum Beispiel nach einer Verletzung
- gemeinsam mit Betäubungsspritzen ins Rückenmark und Punktionen des Rückenmarks
- bei erkrankungsbedingter erhöhter Blutungsneigung
- bei einer akuten Entzündung der Herzinnenhaut (Endokarditis)
Wechselwirkungen von Heparin
Werden während der Behandlung mit Heparin weitere gerinnungshemmende Mittel – beispielsweise andere Antikoagulantien oder Wirkstoffe wie Acetylsalicylsäure (ASS) – verwendet, kann dadurch die Blutungsneigung zunehmen. Wird der Wirkstoff zusammen mit Propranolol eingenommen, kann eine Verstärkung der Wirkung des Betablockers die Folge sein.
Bei der gemeinsamen Einnahme mit bestimmten anderen Medikamenten kann es darüber hinaus auch zu einer gegenseitigen Abschwächung der Wirkung kommen. Zu diesen Mitteln zählen einige Allergie-Medikamente (H1-Antihistaminika) und trizyklische Antidepressiva. Antibiotika (Tetrazykline) sowie herzstärkende Mittel (Herzglykoside) schwächen die Wirkung von Heparin ebenfalls ab. Auch Nikotin und hohe Dosen Vitamin C können einen solchen Effekt haben.
Eine ausführliche Liste der Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen finden Sie im Beipackzettel Ihres Medikamentes. Suchen Sie zudem ärztlichen oder pharmazeutischen Rat, wenn Sie gleichzeitig weitere Arzneimittel einnehmen müssen.
Heparin in der Schwangerschaft und Stillzeit
Heparin kann sowohl während der Schwangerschaft als auch während der Stillzeit verwendet werden, da es nicht plazentagängig ist und auch nicht in die Muttermilch übergeht. Wegen der geringeren Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen, sollte niedermolekulares Heparin bevorzugt werden.
Wird der Wirkstoff während der Schwangerschaft über mehrere Monate innerlich angewendet, kann dies allerdings bei der werdenden Mutter zu einem Anstieg des Osteoporose-Risikos führen. Während der Stillzeit kann Heparin dagegen ohne Bedenken verwendet werden.
Heparin sollte vier bis sechs Stunden vor der Geburt beziehungsweise mit Einsetzen der Wehen abgesetzt werden. Etwa sechs bis zwölf Stunden nach der Geburt kann die Gabe fortgesetzt werden. Auch eine Periduralanästhesie (PDA) ist möglich, wenn seit der letzten Injektion mindestens zwölf Stunden vergangen sind. Besprechen Sie das Vorgehen jedoch immer mit Ihrem*Ihrer behandelnden Arzt*Ärztin.
Wird Heparin äußerlich als Salbe aufgetragen, bestehen die oben genannten Risiken nicht. Bei einer sehr hohen Dosierung des Wirkstoffes kann in der Folge jedoch die Blutungsneigung auch bei einer äußerlichen Anwendung steigen.