Fingolimod: Anwendung, Wirkung und Nebenwirkungen
Seit 2011 ist in Deutschland ein neues Medikament gegen Multiple Sklerose (MS) zugelassen: Der Wirkstoff Fingolimod erlaubt erstmals eine Einnahme als Kapsel zum Schlucken – bis dato mussten MS-Präparate injiziert werden. Außerdem bietet Fingolimod eine innovative Wirkungsweise. Indem es die Verteilung der weißen Blutkörperchen beeinflusst, verhindert Fingolimod eine Zerstörung der Myelinscheiben im Gehirn und so die für Multiple Sklerose typischen Entzündungen am Nervensystem.
Anwendung und Wirkung von Fingolimod
Ursprünglich wurde Fingolimod als künstlich hergestellte Form des Wirkstoffs Myriocin entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Stoffwechselprodukt aus Isaria sinclairii, einem Pilz, der in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) verwendet wird. Da Myriocin immunsuppresiv wirkt, sollte Fingolimod zur Unterdrückung des Immunsystems nach Nierentransplantationen dienen. Hier war seine Wirkweise jedoch nicht besser als die der herkömmlichen Produkte.
Als MS-Präparat wird der Wirkstoff nun als Zweitlinientherapie bei Patienten eingesetzt, die auf eine Behandlung mit Interferon beta nicht ansprechen. Außerdem darf Fingolimod von Multiple Sklerose-Patienten mit einer rasch fortschreitenden oder sehr aggressiven Form der Erkrankung eingenommen werden.
Der Wirkstoff setzt dabei im Blut an: Hier werden die Lymphozyten daran gehindert, aus den Lymphknoten ins Blut überzutreten. Gelangen nämlich fehlgeleitete T-Lymphozyten in die Myelinschicht der Nervenzellen, können sie diese zerstören und so die MS-typischen Symptome wie motorische Störungen, Parästhesie, psychische Probleme und Sehstörungen auslösen.
In Deutschland wird Fingolimod bislang ausschließlich unter dem Handelsnamen Gilenya® vertrieben. Der Hersteller empfiehlt, unabhängig von den Mahlzeiten täglich eine Kapsel des Medikaments einzunehmen. In einer Kapsel stecken 0,5 Milligramm Fingolimod.
Nebenwirkungen von Fingolimod
Im Zuge der Studien konnten einige Nebenwirkungen von Fingolimod nachgewiesen werden. Der Wirkstoff unterdrückt nämlich auch erwünschte Reaktionen der Immunabwehr, weshalb es häufiger zu Infektionen kommen kann. Nebenwirkungen von Fingolimod können daher sein:
- Influenza
- Pilzerkrankungen
- Durchfall
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Erhöhte Leberwerte
- Lymphozytenmangel
Außerdem kam es im Zuge der Studien zu zwei Todesfällen – ein Patient starb an einer Herpesinfektion, der andere an Windpocken. Allerdings hatten diese Patienten eine höhere Dosis Fingolimod eingenommen, als sie heute erhältlich ist. Dennoch ist Fingolimod aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen in der EU nur zur Zweitlinientherapie von Multiple Sklerose zugelassen.
Schwangerschaft und Fingolimod
Durch Fingolimod besteht ein sehr hohes Risiko von Fehlbildungen beim ungeborenen Kind. Deshalb darf es nicht angewendet werden bei:
- Frauen in der Schwangerschaft
- Frauen im gebärfähigen Alter, die keine sichere Verhütungsmethode anwenden
Aufrgund der erhöhten Fehlbildungsrate bei Fingolimod müssen Frauen mit Multipler Sklerose vor Therapiebeginn einen negativen Schwangerschaftstest vorlegen. Die sichere Verhütung muss während und mindestens zwei Monate nach der Behandlung erfolgen. Besteht ein Kinderwunsch, muss die Therapie mit Fingolimod mindestens zwei Monate vor einer angestrebten Schwangerschaft abgesetzt werden.
Tritt unter der Behandlung mit Fingolimod eine Schwangerschaft ein, muss die Behandlung sofort beendet werden und die schwangere Frau muss engmaschig überwacht und beraten werden.